Beiträge von Eniya

    Eniya lächelt nun ebenfalls.


    „Ich werde Dich an Deine Worte erinnern. Sollten wir irgendwann einmal im strahlenden Sonnenschein über einen Jahrmarkt spazieren oder an einem See auf einer Blumenwiese picknicken, werde ich Dich fragen, ob Du Dich wohl fühlst…“


    Einen Moment versucht sie sich zu beherrschen, doch dann prustet sie laut los, als sie die entsprechenden Bilder in ihren Kopf geradezu vor sich sieht.

    „Das will ich Dir auch geraten haben“ erwidert sie mit hochgezogener Augenbraue.


    „Aber trotz der Tatsache, dass ich ungerne sehe, dass Du dorthin reist, werde ich nicht lange bleiben, denke ich. Ich… gehöre hier nicht hin…“

    Einige Momente ruhen ihre Augen nachdenklich auf ihm, ehe sie wieder zu sprechen beginnt.


    „Wann ziehst Du weiter? Heute? Morgen?“


    In ihrer Frage mischen sich Unsicherheit, Beunruhigung und… Resignation.

    Ernst sieht Eniya ihn an.


    „Du hast vollkommen Recht. Für seine Heimat lohnt es sich immer zu kämpfen.“


    Ein sachtes Lächeln legt sich über ihre Züge.


    „Selbst ich würde es tun.“


    Wo seine Worte über den Kampf um die Heimat hart klingen, weil er an den Kampf denkt, sind ihre weich, weil sie an die Heimat denkt.

    „Genau das meine ich“, erklärt sie. „Den Krieg. Die Angst. Die Ungewissheit. Ich kann mir nicht einmal vorstellen, wie es sein muss, ein solches Leben zu führen. Wenn ich hier alles erledigt habe, kann ich meine Sachen packen und die Stadt verlassen, das Land verlassen…aber die Menschen hier…“


    Kurz überwältigen sie die Gedanken an ihre Heimat, die sie nun schon wieder so lange nicht gesehen hat. Es wurde Zeit, nach Hause zu gehen.

    Skeptisch zieht Eniya die rechte Augenbraue in die Höhe.


    „Das hört sich…. Na ja, es wäre kein Satz, den man jemals von mir hören würde…“


    Noch einmal nippt Eniya an ihrem Becher.


    „Diese Stadt ist wirklich interessant. Nicht in einem Sinn, dass ich hier gerne mehr meiner Zeit verbringen würde. Aber die Menschen hier sind so… anders.“

    Auch Eniya müht sich umständlich aus den Tiefen des Sessels nach oben, um nach ihrem Glas zu greifen.


    „Si, ich bin ein großer Freund dunkler Ecken“, antwortet sie, ebenfalls mit einem Zwinkern.
    „Aber auf die Kephrams kann ich verzichten, denke ich.“


    Lächelnd prostet sie ihm zu und nimmt einen vorsichtigen Schluck aus dem Glas. Sie hatte lange keinen Absinth mehr getrunken und es würde definitiv noch einige weitere Schlücke brauchen, ehe sie sich wieder an den Geschmack gewöhnte.


    „Und hier lebst Du also… in dieser Stadt? Oder treffe ich Dich nur zufällig hier?“

    Eniya grinst.


    „Si, das ist wirklich bedauerlich… Vielleicht sollten wir das gleich nachholen. In der Dunkelheit der Nacht haben diese Dinge doch sicher ihren eigenen Charme. Ich kann Kephram unmöglich verlassen, ohne das gesehen zu haben.“


    Die heitere Ironie in ihrer Stimme macht deutlich, dass sie jetzt nichts auf der Welt dazu veranlassen könnte, den bequemen, weichen, gemütlichen Sessel in diesem warmen Raum gegen die kalten, dunklen Straßen der Stadt einzutauschen.

    Eniya wird von seinem Grinsen angesteckt.


    „Hm, ich weiß nicht… was gibt es denn hier alles zu sehen? Ich habe den Pranger, das Gefängnis und den Friedhof noch gar nicht besichtigt…“


    Lachend kommt sie seinem Beispiel nach und rutscht tiefer in den Sessel.

    „Äh… für mich auch… aber mit mehr Zucker…bitte.“


    Eniya kuschelt sich tiefer in den Sessel hinein und merkt, wie die Spannung der letzten Tage mehr und mehr von ihr abfällt.

    Nachdem sie sich umständlich ihrer Winterkleidung entledigt hatte, löste sie die Schnalle des Gürtels, der den Dolch hielt, und ließ beides auf den Haufen Kleidung fallen. Dann steuerte sie auf sie einen der gemütlich aussehenden Sessel zu, lümmelte sich quer darauf und ließ die Beine über die Lehne baumeln.


    Entspannt lächelnd lehnte sie den Kopf seitlich an die Rückenlehne des weichen Sessels.


    „Das ist also dieses Ash’bad’s“, stellt sie grinsend fest. „Schön hier.“

    Eniya wirft einen letzten Blick durch den Raum. Einer der Männer mustert sie deutlich intensiver, als ihr lieb ist. Sie wollte sich gar nicht vorstellen, in welcher Weise ein guter Wein, Rauschkräuter und die leichten Mädchen seine Phantasie beflügelten.


    „Dort entlang?“, fragt sie deshalb nur mit hochgezogener Augenbraue und bedeutet Irush, vorzugehen und sie zu führen.

    „No, ich würde gerne noch ein wenig… noch etwas trinken…“


    Lächelnd sieht sie zu ihm auf, ehe ihr Blick abschätzig durch den Raum wandert.


    „Gibt es hier einen… gemütlicheren Ort?“


    Deutlich sieht man, dass die ganzen Fremden ihr nicht behagen.

    Amüsiert beobachtet Eniya die Szene. Manche können einfach nicht aus ihrer Haut, denkt sie grinsend. Sie bezweifelte nicht, dass der Wirt sich seinen Teil dazu dachte.


    „Ich weiß nicht… was möchtest Du?“, antwortet sie schließlich lächelnd mit einer Gegenfrage.

    Neugierig sieht Eniya sich in dem Etablissement um. Ohne Erstaunen registriert sie, dass leicht bekleidete Mädchen in dieser Stadt, oder besser, in diesem Viertel, offensichtlich in jedem Gasthaus auf Beutezug waren. Ihre Nasenflügel zucken abfällig, aber es ist ihr keinen weiteren Gedanken wert.


    Interessiert mustert sie auch die anderen Gäste. Hier schienen sich Menschen verschiedenen Schlags zu treffen, die jedoch eines verband: Geld, und der Wunsch auszugeben.

    Unmittelbar vor ihm bleibt sie stehen, dreht sich zu ihm um und grinst.


    „Hm, Charme…. Nett, steht Dir, wirklich.“


    Noch einen Herzschlag lang grinst sie ihn provozierend an, dann tritt sie durch den Vorhang, die einladende Behaglichkeit des Separees verlassend.

    „No, wir können aufbrechen.“


    Eniya bemüht sich, auf den weichen Kissen aufzustehen, ohne den kleinen Tisch umzustoßen. Nach und nach sammelt sie die ganzen Sachen ein, die sie in dem behaglichen Separee verstreut hat. Irgendetwas scheint immer zu fehlen und taucht schließlich doch zwischen irgendwelchen Kissen auf.

    In Gedanken geht Eniya die letzten Wochen durch… In den letzten Nächten mit Sicherheit nicht. Die Wochen zuvor waren von einer ganz eigenen Angst geprägt, die ihre Träume mit Sorgen gefüllt hatten. Die Feierlichkeiten zur Jahreswende brachten ebenfalls nur unruhigen Schlaf, von ständigen Unwidrigkeiten unterbrochen…


    Ihr wird bewusst, dass Irush auf eine Antwort wartet.


    „Äh….“

    Bei dem Gedanken an ein weiches Bett in einem Raum mit einer Türe, die man womöglich sogar verriegeln konnte, wird sich Eniya wieder deutlich ihrer Müdigkeit bewusst. Die weichen Kissen und Decken, der warme Tee und die entspannte Stimmung zwischen ihnen trugen ihren Teil dazu bei.


    „Das wäre wunderbar. Danke!“

    Für einen Augenblick verliert sich Eniya in seinen Augen, dann lächelt sie.


    “Das… darüber hatte ich mir keine Gedanken gemacht. Ash’bad’s klingt….gut.“


    Einen Moment schweigt sie, dann fügt sie hinzu: „Ich werde auch nicht lange in der Stadt bleiben. Ich… will Dich nicht aufhalten.“