Beiträge von Eniya

    Eniya überlegte. Sie wollte nichts versprechen, was sie nicht halten konnte. Mit niemandem reden war - schwierig. Schließlich sagt sie:


    Si, ich werde es keinem erzählen, vorausgesetzt zu bist keine direkte Gefahr für mich oder meine Familie.

    Sie runzelt die Stirn.


    Du meinst, ob meine Sippe über die Ahnen versucht, in Deiner Geschichte herumzuwühlen?


    Eniya sucht nach ihren Rauchkräutern.


    Das ist... eine schwierige Frage. Die Ahnen sind sehr... sensibel für Schwingungen dieser Art. Vielleicht spüren sie, was in Dir liegt, vielleicht nicht. Wenn sie es tun, besteht die Möglichkeit, dass sie es einer von uns in einer Vision anvertrauen.


    Wie zur Gewohnheit geworden, bietet sie auch Irush ein Rauchkraut an. Es wird langsam wieder Zeit für eine Shisha, dachte sie.


    Aber an sich würde ich davon ausgehen, dass sie das nur tun, wenn sie eine Gefahr in Dir sehen, eine Gefahr für uns. Ich will mich nicht zu weit hinauslehnen, aber ich glaube, dass Du das nicht bist.


    Sie überlegt kurz.


    Außerdem ist es ja nicht so, dass die Ahnen nur in Dargaras über mich wachen. Wäre das so, könnte ich sie ja auch nur dort anrufen. Also wenn Du etwas zu verbergen hast und wenn Du mit einer unserer Frauen zusammen bist, kann es unter Umständen überall passieren, dass es jemand erfährt.


    Nach kurzem Schweigen fährt sie fort.


    Außerdem ist es sehr schwer, Informationen über jemanden zu bekommen, der seinen Geist versperrt. Zumindest, wenn ich es versuchen würde.


    Dann sieht sie ihn unverwandt an.


    Aber ganz ehrlich: Zumindet ich habe genug davon, Dinge nicht zu wissen, die mich in Gefahr bringen können, wenn Du verstehst, was ich meine...

    Nachdem Alessia und Rimas sich für die Nacht verabschiedet hatten, zog sich auch Eniya wieder in sich zurück. Dann würde es also jetzt wieder Richtung Heimat gehen. Nach dem ersten Schreck war sie nun unheimlich erleichtert, Alessia in ihrer Nähe zu wissen. In den nächsten Tagen würde eine angemessene Entschuldigung nötig sein, überlegte sie.


    So unangenehm ihr auch der Gedanke war, bald den anderen unter die Augen zu treten, sie freute sich sehr, dass wenigstens Irush sie begleiten würde.

    Eniya lacht laut auf.


    Ist doch immer das selbe mit euch Männern, non? Verliert immer eure Bindis! Wenn ihr nicht uns Mädchen hättet, die das immer für euch regeln...


    Sie grinst, nimmt ihm das Bindi weg, geht zu ihrer Tasche und wühlt darin herum. Dann wendet sie sich ihm wieder zu, das Bindi mit einer klebenden Masse bestrichen.


    Stillhalten!


    Sie drückt ihm vorsichtig das Bindi auf die Stirn und lächelt ihn zufrieden an.


    Und sag nicht immer "Ding" dazu, das ist ein Geschenk von mir, kein Ding!

    Endlich lacht Eniya wieder.


    Non, vorerst wird nicht genügen, fürchte ich! Am besten erfährt er es nie!


    Dann fällt ihr noch etwas ein.


    Und um Himmels Willen, sag Ian nicht, was ich Dir alles erzählt habe! Wir haben uns geschworen, dass es unter uns bleibt.

    Eniya schüttelte verwirrt den Kopf und lehnte sich nachdenklich zurück. So einfach würde es bestimmt nicht werden. Es war schwer, die richtigen Worte zu finden, ohne Alessia noch mehr zu verletzen.


    Natürlich wollte sie, dass sich etwas veränderte, aber Schuld an diesen Veränderungen zu sein, stand auf einem ganz anderen Blatt. Ihr Leben lang war sie vorsichtig gewesen und hatte sich ganz genau überlegt, was von ihren Ausflügen sie der Sippe erzählte, und was nicht. Und jetzt sollte sie einfach vor sie treten und sagen "Si, da draußen sieht es ziemlich übel aus, und ich stecke mitten drin."


    Eniya wählte ihre Worte mit Bedacht:


    Ich will mich nicht in Daynon verstecken, sagte sie langsam. Zumindest nicht vor der Sippe. Ich will zur Ruhe kommen und über das, was passiert ist, nachdenken. Ich will nicht mehr jeden Tag daran denken müssen, und der beste Weg dahin ist in meinen Augen, darüber zu reden, non? Und zwar am besten mit Menschen, die dabei waren, um nicht noch mehr Freunde hineinzuziehen.


    Sie machte eine kurze Pause in der Hoffnung, dass sie auch bei ihren nächsten Worten die Sensibilität nicht verließ.


    Ich konnte nicht einfach zurück kehren. "Hier bin ich bunt, hier kann ich sein!" So einfach war es für mich auf einmal nicht mehr. Bevor ich wieder Spaß an Musik, tanzen und Shishas habe, muss ich einige Dinge verarbeiten und nicht mehr jede Nacht mit Alpträumen aufwachen...

    Ian hat mich darauf hingewiesen. Was würdest Du von einer Heilung von einer tödlichen Krankheit halten, durchgeführt von zehntausend Jahre alten Wesen, oder älter noch, die vor kurzer Zeit noch ein erbitterter, alles vernichtender Feind waren? Was würdest Du dazu sagen, dass uns nun - zumindest aus ihrer Sicht - ein freundschaftliches Band verbindet?


    Eniya vergewissert sich mit einem kurzen Blick bei ihren Begleitern, dass sie mit Alessia darüber sprechen darf, wartet aber keine Antwort ab.


    Du könntest es vielleicht verstehen. Aber können das auch Conner und Rimas? Können die Ahnen es verstehen? Sie fanden es noch nie amüsant, wenn ihre kleinen Mädchen in solche Dinge hineingeschlittert sind, non? Vielleicht sehen sie es nicht einmal als Strafe, mich von der Welt, wie sie außerhalb von Dargaras ist, fernzuhalten, aber für mich ist es das!

    Eniya setzt sich wieder ans Feuer und übernimmt Merasins bisherige Tätigkeit, darin herum zu stochern.


    Was genau meinst Du? Dass ihr wieder zurück geht, oder dass wir wieder zurück gehen? Ich denke, Du kennst das Gefühl, dass man Deine Probleme dort nicht ernst nimmt. Außerdem, was würde denn passieren, wenn ich Heim komme? Was würde Conner sagen? Dürfte ich überhaupt je wieder raus?


    Sie weist erneut auf ihre beiden Begleiter.


    Irush und Merasin haben immer ein Auge auf mich. Mir kann eigentlich hier nichts passieren. Wer weiß, ob ich euch zu Hause nicht sogar in Gefahr bringe...

    Eniya entspannt sich ein wenig. Sie versuchte, ihre Gefühle zu unterdrücken. Alessia hatte es sicher nicht verdient, dass Eniya sie so anfuhr. Es war immerhin nicht ihr Schuld.


    Du bist nicht als Tochter der Checharis hier, nicht als Teil der Sippe? Wissen sie, dass ihr hier seid? Was hast Du ihnen erzählt wo Du hingehst?

    Eine lange Zeit schweigt Eniya nachdenklich. Dann sprudelt es nur so aus ihr heraus:


    Du hast gesehen, was mir passiert ist? Ich habe es erlebt! Menschen um mich herum, die Sterben, eine tödliche Krankheit, die uns hätte dahinraffen können. Es ist ein Mann daran gestorben, direkt auf unserer Terrasse, und ich konnte nichts dagegen tun! Und schlimmer noch, ich konnte mich nicht alleine schützen! Ich bin hilflos, Alessia! Und das ist die Schuld all derer, die verhindern, dass wir Frauen Waffen tragen dürfen!


    Wütend springt Eniya auf.


    Ich hatte Angst um mein Leben und um das meiner Freunde! Ich habe Dinge gesehen und gehört, die Du Dir nicht einmal vorstellen kannst! Und Du solltest mich am besten verstehen! Ian hat mir eindrucksvoll ausgemalt, was passiert, wenn das jemand zu Hause erfährt! In bunt! Er hat mir gesagt, wie Jari, Rimas und Conner reagieren werden. Ich lasse mich nicht mehr einsperren und ich bin es leid, dass sich niemand zu Hause um meine Probleme kümmert!


    Sie weist auf Merasin und Irush.


    Non, ich war nicht alleine. Ich brauche jemanden zum reden, Alessia! Jemanden, der mir hilft meine Probleme zu lösen und niemanden, den die Ursache meiner Sorgen nicht interessiert und der mir einfach verbietet, das Lager zu verlassen, dann wird schon alles gut werden!


    Eniya schreit nun fast und erneut steigen Tränen in ihre Augen.

    Einige Augenblicke geht Eniyas Blick zwischen Alessia und Merasin hind und her. Ganz offentlichtlich ringt sie mit der Angst vor dem plötzlichen Auftauchen der beiden und mit der Freude, gerade Alessia wieder zu sehen.


    Nach einem zögerlichen Schritt auf die Feuerstelle zu setzt sie sich demonstrativ Alessia gegenüber neben Merasin und schweigt.

    Wie sie es seit ihrem Aufenthalt in Luxburg immer tat, schreckte Eniya schon bei der kleinsten Berührung von Merasin aus dem Schlaf. Verwirrt und erschrocken blickte sie sich um. Als ihr Blick auf Alessia und Rimas fällt, weiten sich ihre Augen vor Entsetzen.


    Ihr... hier? Merasin, was... ?


    Verwirrt zieht Eniya sich einige Schritte zurück.