Beiträge von Eniya

    Das könnte interessant werden, denn ich sehe Zeit ganz anders, als die meisten anderen Menschen. Ich bin gespannt...


    Eniya wühlt in ihrer Tasche und zaubert ein silbernes Etui, gefüllt mit Rauchkräutern hervor, welches sie auch Irush anbietet.


    Sag mal, wie lange kennst Du Merasin eigentlich schon?

    Lustig? Mein Freund, Du unterschätzt die Lage! Ich glaube, zur Zeit ist Dargaras ein Pulverfass! Und ich bin die Lunte, zumindest komme ich mir so vor...


    Eniya dreht sie Sanduhr um.


    Aber wenn es einmal ruhig ist, würde ich nirgendwo lieber sein. Das Land, wo Milch und Honig fließt!


    Ein Grinsen stiehlt sich beim Gedanken an einen gemütlichen Abend in Nepomuks Rauchstube auf ihr Gesicht. Apfeltee und eine Shisha, das wäre der krönende Abschluss für diesen Frühlingstag.


    Würde sie denn alleine mit mir reden? Ist sie überhaupt... ein... Mensch? Ich meine, in einem menschlichen Körper? Wie sieht die Zeit aus?

    Eniya beginnt, mit der kleinen hölzernen Sanduhr, die sie immer mit sich trägt, herumzuspielen.


    Das muss ich mir nicht überlegen! So eine Möglichkeit bekommt nicht jeder geboten. Sein... Element persönlich kennen zu lernen.


    Sie geinst breit.


    Und launischer als Jari kann sie auch nicht sein! Ach ja, die kennst Du ja auch nicht... Irgendwann müsst ihr beiden mich einmal nach Dargaras begleiten. Es würde euch dort gefallen!


    Sie macht eine Pause, bis der Sand in dem zerbrechlichen Glasgefäß bis zum letzten Korn in das untere Ende gerieselt ist.


    Sag mir, wann und wo, und ich bin bereit, sie zu treffen!, meint sie entschlossen.

    Ich glaube nicht, dass Du mir helfen kannst. Es ist einfach alles zu festgefahren...


    Eniya leert ihre Tasche aus und verteilt den Inhalt chaotisch auf dem Boden, um nach einem passenden Bindi zu suchen. Sie hält zwei verschiedene, mit den kleinen Schmuckstücken versehene Blättchen mit prüfendem Blick neben Irushs Gesicht, ehe sie schließlich mit triumphierendem Blick ein Bindi von einem dritten Blättchen abzieht und es Irush vorsichtig auf die Stirn drückt.


    Ich hoffe, Du magst rosa?, grinst sie und weidet sich an seinem entsetzten Gesichtsausdruck. Non, es war nur ein Scherz, lass es dran! Es ist dunkelgrün, kein Sorge!

    Eniya schmunzelt.


    Das Bindi an sich ist bei uns ein traditioneller Schmuck. Es ist eine Art... Segenszeichen. Bei Frauen kann er auch für das Dritte Auge stehen.


    Eniya streckt sich in der warmen Frühlingssonne aus.


    Aber die eigentliche Bedeutung erhält es erst dadurch, dass Du es von mir bekommst. Es ist ein Zeichen der Freundschaft, des Respekts und des Vertrauens.
    Jaffir hat eines bekommen, um die neu aufkeimende Freundschaft zwischen Dargaras und Samarkand zu bestätigen, Ranon hat eines bekommen als Andenken an die Erlebnisse in Eridmea und als Zeichen dafür, dass er in meinen Augen ein voll anerkenntes Mitglied unserer Gruppe ist. Merasin hat eins bekommen, weil er mir schon zum zweiten mal in einer schwierigen Situation beigestanden hat und Dir biete ich eines an, weil Dich mag.


    Ein paar Augenblicke schweigt sie, um dann wieder auf das unangenehme Thema zu sprechen kommt, welches sie seit Tagen beschäftigte.


    Ob es nun Zufall oder Schicksal war, macht keinen Unterschied. Einige Dargaresen versuchen gerade, mit bestehenden Traditionen zu brechen. Aber sie versuchen es auf politischem Wege, während ich einfach meinen Kopf durchgesetzt habe und in schlimme Dinge hineingeraten bin. Damit bin ich ihnen in den Rücken gefallen.
    Wenn ich jetzt nach Hause gehe, erwartet mich ein Donnerwetter ohnegleichen.


    Eniya runzelt die Stirn.


    Und sie dürfen unter gar keinen Umständen davon erfahren, dass Ian bei mir war. Das macht alles nur noch schlimmer, weil er auf mich hätte aufpassen müssen... Aber manchmal geht das eben nicht.


    Sie sieht einem Schmetterling hinterher, der gerade Richtung Bucht verschwindet. Wenn es doch nur so einfach wäre, überlegte sie...

    Sie können es auf dem selben Wege erfahren, auf dem ich meine Informationen bekomme: Durch die Ahnen. Sie werden sich Gedanken machen, warum ich nicht nach Hause komme.


    Nervös blickt Eniya sich um.


    Ich kann mir kaum vorstellen, dass sie in Dargaras begeistert davon sein werden, dass ich mich in Dinge eingemischt habe, die von so weitreichender Bedeutung sind. Dargaras ist in den Augen vieler das behütete Land hinter den Nebeln, dem nie eine Gefahr droht. Es passt nicht in ihr Weltbild, dass eine Frau alleine loszieht und solche Dinge erlebt...


    Mit einer Handbewegung versucht Eniya, die trüben Gedanken wegzufegen. Dann grinst sie:


    Bindi?

    Eniya zögert.


    Na ja, so schnell geht es eben nicht. Ich meine, ich habe noch nie so etwas gesehen, wie in Luxburg. Wölfe, Stammesmenschen, Dämonen, Kultisten, Todesfeen, Drow, Kranke und dann noch siebentausend Jahre alte Wesen, die uns heilen.


    Sie versucht, die Erinnerung an diese Ereignisse abzuschütteln.


    Aber was noch schlimmer ist: Wenn irgendjemand in Dargaras herausfindet, in was ich mal wieder reingeraten bin, bekomme ich Dargaras-Verbot. Für immer. Verstehst Du?

    Sofort springt Eniya auf und wirbelt herum.


    Irush! Was fällt Dir ein, mich so zu erschrecken!


    Eniya schlägt ihn vor die Brust, reibt sich aber sogleich die schmerzende Hand. Dann sieht sie auf die beiden toten Tiere und schiebt sie mit dem Fuß weiter zu Merasin.


    Ich mach das nicht!

    Eniyas Augen leuchten auf.


    Essen? Großartige Idee!


    Auch die Aussicht auf ein Bad ließ ihre Laune wieder steigen. Während Merasin im Feuer stocherte, zog sich Eniya zur Bucht zurück. Das kalte Wasser half dabei, wieder einen klaren Kopf zu bekommen.


    Dennoch ließen sich manch trübe Gedanken nicht vertreiben. Ob die Sippe sich sorgen würde? Wie es wohl Damaris geht? Ob Ancalima wirklich ihre wahre Liebe gefunden hatte?


    Schließlich treibt der Hunger sie zurück zum Feuer. Das Klimpern zahlreicher Münzen an ihrem Hüfttuch kündigt wie immer ihr Kommen an.

    Eniya runzelt die Stirn.


    Ein Leben ohne Liebe? Dann tun sie mir leid!


    Ein Lächeln stiehlt sich zaghaft in ihr Gesicht.


    Ich beneide niemanden, der so viele Jahre lebt ohne zu wissen, was Liebe ist! Da ziehe ich doch ein erfülltes aber kurzes Leben vor!


    Endlich scheint der Druck von der jungen Fahrenden abzufallen.

    Merasin, nicht nur dieser Krieg wird uns lange überdauern! Diese Wesen sind siebentausend Jahre alt, und sogar dann sind sie noch fast Kinder! Siebentausend Jahre, Merasin! Was sind wir schon dagegen? Nichts! Wir sind doch nach einem kurzen Zwinkern von ihnen wieder von dieser Welt verschwunden!


    Verzweiflung steigt wieder in Eniyas Augen auf. Mit zitternden Händen zündet sie sich ein Rauchkraut an.


    Ich wollte das alles gar nicht wissen! Ich habe wirklich gedacht, wir könnten etwas bewegen auf dieser Welt. Und nun stellt sich heraus, dass es Wesen gibt, die uns einfach aussitzen können! Sie warten einfach, bis wir wieder weg sind, und nehmen sich dann das, was sie haben wollen!


    Eniya lacht trocken auf.


    Wenn das Rimas erfährt, oder schlimmer noch Conner, dann brauche ich nie wieder nach Dargaras zurück zu kehren! Ein freundschaftliches Band mit siebentausend Jahre alten Wesen ist einfach nicht akzeptabel!

    Langes Schweigen breitete sich aus, ehe Eniya erneut das Wort ergriff:


    Ich.... es ist eben nicht leicht zu verstehen. Ich meine, ich bin wirklich dankbar für die Heilung, dankbar, nicht so enden zu müssen, wie der Mann, der im Haus des Schmieds wohnte...


    Bei dem Gedanken an den furchtbaren Tod des Mannses auf der Terasse ihrer Unterkunft steigen Eniya erneut Tränen in die Augen. Es war alles so verdammt knapp gewesen.


    Warum hätten es die anderen nicht verstanden? Ich meine, dass diese... Wesen nun auf unserer Seite stehen, wenn man es so ausdrücken möchte. Warum war es so gefährlich, es offen auszusprechen? Das alles, die Konflikte und der Krieg, liegen doch schon so lange zurück!

    Warum sind diese.... Wesen zu Euch gekommen und zu Damaris und Jaffir? Was verbindet euch? Und sagt mir nicht, dass es ein Zufall war!


    Eniya wirft wütend einen kleinen Stock ins Feuer.


    Und was bei allen Göttern meinte er mit einem Band, dass wir durch die Heilung mit ihnen knüpfen müssen?

    Mit zitternden Händen goss sich Eniya einen hastig erwärmten Tee ein. Es war eine unruhige Nacht gewesen, so wie alle Nächte seit den Ereignissen in Luxburg. Alpträume plagten sie Nacht für Nacht, oft wachte sie schreiend auf.


    Nirgendwo wäre sie jetzt lieber gewesen, als in Dargaras, zu Hause. Aber dort konnte sie nach all dem unmöglich hin. Somit war die Gesellschaft von Merasin und I`hab alles, was ihr im Moment Kraft gab.