Beiträge von Vittoria

    Vittoria schaut verwirrt. "Wer? Ich? Warum bin ich auf einmal 'euch'? Keine Aufregung, es ist nicht weiter schlimm. Der Biss am Bein ist recht tief, aber das andere ist nur ne Prellung. Ich hab beides schon versorgt." Vittoria lächelt beruhigend. "So was passiert recht häufig, wenn man im und vom Wald lebt. Wenns was Schlimmes gewesen wäre, hätte ich die Wildschweinstücke nicht so einfach tragen können. Ganz ruhig, Elli. Ich humpel ein paar Tage und hab dann einfach eine Narbe mehr, nichts weiter." Sie wickelt das Bündel aus und zeigt Elli die Wildschweinteile. "Einen Lappen Bauchspeck für den Wintervorrat, ein Rückenteil und etwas vom Po. Ich hab auch ne Stelle mit Lauchzwiebeln gefunden, die kann ich morgen oder übermorgen ausgraben. Ich hör die Kinder gar nicht. Wo stecken die? Und ist Kassandra da?"

    "Keine Sorge, ist schon erledigt. Ganz hätte ich das Biest auch nicht einfach so auf der Schulter." Sie lässt ihr Bündel auf den Tisch plumpsen. "Da hast du einmal eine komplette Keule mit Oberlauf vom Jungtier und einige ausgesuchte Stücke von der Muttersau." Sie setzt sich, krempelt ihre Hose hoch und zeigt auf einen frischen Verband um den Oberschenkel. " Als ich das Jungtier gefunden hab, hat die Muttersau mich im selben Moment gefunden. Einen Pfeil konnt ich noch anbringen, dann hat sie mich erwischt, da und -" Sie zeigt auf ihren Brustkorb. "da. Dann hab ich sie mit dem Messer erwischt und habs auf nen Baum geschafft. Als sie verblutet war, hab ich beide zur Hütte geschafft und ausgenommen."

    Kurz nach Mittag kommt Vittoria mit dem Bollerwagen im Schlepptau bei Malglins Haus an. Sie hievt sich ein in eine Matte aus geflochtenen Rohrkolbenblättern gewickeltes Paket auf die Schulter und ächzt in die Küche. "Bestellt war einmal Wildsau," ruft sie ins Haus. "Die gabs aber nur im Doppelpack. Ist das ein Problem für irgendwen?"

    "Mach ich irgendwann die nächsten Tage," ruft Vittoria über die Schulter zurück. Dann geht sie die Kinder zum Händewaschen antreten lassen. Am nächsten Morgen sitzt sie schon lange vor Sonnenaufgang in einem Baum neben der Suhle der Wildschweine, nachdem sie ihre Spuren auf dem Weg dorthin sorgfältig verwischt hat. "Warten wir mal," murmelt sie, lehnt sich etwas bequemer zurück und beginnt, in Gedanken die Umsetzung einer Idee - ein Buch mit den verschiedensten Nutzpflanzen, nicht nur Heil- und Würzkräutern - durchzudenken. Kurz vor Sonnenaufgang legt sie sich ihre Saupfeile griffbereit in eine Astgabel neben sich und legt einen davon auf die Sehne ihres Bogens. Unter lautstarkem Grunzen, Schmatzen, Knurren und Ächzen tritt die Wildschweinrotte auf die kleine Lichtung. Eine halbe Stunde später haben sich die Tiere etwas verteilt und mehr oder weniger 'häuslich' in ihren Suhlen eingerichtet. Vittoria zielt sorgfältig auf ihr Zieltier und läßt den Pfeil fliegen. Sofort legt sie den nächsten Pfeil auf. Das getroffene Tier quiekt, springt auf und flieht. Am Rand der Lichtung trifft es noch der zweite Pfeil, bevor es im Unterholz verschwindet. Der Rest der Rotte ist in heller Aufregung. Vittoria seufzt. "Kann nicht jeder Schuss ein Blattschuss sein," murmelt sie und lehnt sich wieder zurück, um zu warten, bis die Rotte endlich das Feld räumt. Erst dann kann sie ihre Beute suchen gehen.

    "Okay, dann seh ich morgen mal zu, dass ich ne Wildsau kriege und die Fenster einsetze, dann kann ich die nächsten Tage ganz gemütlich mit Kind und Kegel - sprich Ziege oder Bollerwagen - sammeln gehen. Ancale oder die größeren Kinder sind herzlich willkommen, dabei mitzukommen. Letzte Woche war Ancale total überrascht, was man im Wald und auf der Wiese so alles essen kann. Wäre vielleicht auch für andere Kinder interessant. Ob ich mich damit als Vorschlag mal an die Akademie wende?" Sie zuckt die Schultern und geht nach den Kindern gucken.

    "Das war aber sehr großzügig von dir, Ancale. Deine beste Feder, also wirklich." Sie nimmt die Maronenmasse vom Herd, als das Wasser verkocht ist. Sie holt die zähe Masse aus dem Topf auf ein Holzbrett, formt sie zu einer dicken Rolle. "So, abkühlen lassen und in Scheiben schneiden. Mit Soße oder auf dem Brot - lecker." Sie geht Richtung Tür, hält dann nochmal an. "Gibts hier irgendwelche Gegenden, von denen ich mich besser fernhalten sollte beim Vorräte sammeln? Weil da jemand wohnt der keinen Besuch will, oder wegen der Schaben oder so?"

    "Super." Vittoria lacht. Die letzten Tage hats mich schon ziemlich in den Fingern gejuckt, wenn sich da in den Büschen was bewegt hat. Aber ich hatte immer die Kinder dabei, da ist das zu gefährlich. So ein verwundetes Tier kann gefährlich werden." Sie verzieht das Gesicht und reibt sich eine Narbe am Unterarm. "Oder auch seine Mutter. Damals war ich doof genug, am Boden zu bleiben, als ich auf ein junges Wildschwein geschossen hab. Nie wieder." Sie lacht wieder. "Inzwischen hab ich viel Übung im Auf-Bäume-klettern. Und von da oben hat man ein tolles Schussfeld - egal ob auf Wildschweine, sonstiges Wild, Untote, Skaven oder sonstiges Gewürm. Nur, wenn sie entdecken, von wo man auf sie schießt, kanns eng werden. Bei den zweibeinigen Gegnern zumindest."

    Vittoria knuddelt erst mal Kassandra zur Begrüßung, setzt einen kleinen Topf mit Wasser auf den Herd und läßt sich dann mit Schneidbrett, Messer und Topf seufzend auf die Bank fallen. "Uh, meine Füße." Sie fängt an, die Pilze zu reinigen und in Scheiben zu schneiden. "Wie war die Reise? Habt ihr alles erledigt? Ancale hat euch sehr vermisst." Auch einige Rohrkolbenstengel werden in dünne Scheiben geschnitten. Als das Wasser kocht, wirft Vittoria die Esskastanien in den Topf. Nach einigen Minuten holt sie sie wieder heraus, schält und stückelt sie. Anschließend kommen alle drei Zutaten mit etwas Wasser und Gewürzen auf den Herd. "Übermorgen werden wir übrigens ausziehen. Morgen will ich die Fenster einsetzen, dann kann der Mörtel über Nacht trocknen, und dann" sie grinst schief "könnt ihr hier mal wieder nachts durchschlafen, ohne die übliche Mitternachts-Fellis-Serenade." Vittoria schaut nachdenklich. "Meinst du, ihr könnt morgen früh auf die Kinder aufpassen? Dann würde ich versuchen, ein Wildschwein zu erwischen - zur Feier des Umzugs. Da müsste ich aber vor Sonnenaufgang schon im Baum sein, ich hab heute ihre Morgensuhle gefunden. Wenn ich mich daneben in einen Baum verdrücke, eh die kommen, hab ich freie Auswahl und ein gutes Schussfeld. Es sind mindestens 9 Jungtiere dabei, davon hätt ich gerne eins."

    Vittoria nimmt heute zusätzlich zu ihren normalen Pfeilen noch fünf mit vierklingigen großen Spitzen mit - Sauspitzen. Während sie vormittags mit Fellis im Tragetuch auf dem Rücken und Alexander immer in ihrer Nähe den Wald durchstreift, Pilze, Kräuter - überwiegend mit Wurzelballen - Wildäpfel, späte Him- und Brombeeren sammelt und nachmittags sogar noch drei Esskastanienbäume findet und plündert, hält sie aufmerksam Ausschau nach Wildschweinspuren. Nach einer etwa dreistündigen Mittagspause in der inzwischen fast fertiggestellten Hütte - die auf Rahmen gespannten Tierblasen müssen noch etwas trocknen, bevor sie eingesetzt werden können - in der die Kinder schlafen, während Vittoria im Ofen das Obst und die Pilze trocknet und die Kräuter neben der Hütte einpflanzt, gehen sie nicht über die Strasse, sondern am Fluss entlang nach Amonlonde zurück. Am Üfer gräbt Vittoria Kleewurzeln und Rohrkolben aus. Die langen Blätter des Rohrkolbens hängt sie sich gebündelt um, während die unteren fleischigen Stengelbereiche in ihren großen Umhängebeutel wandern. Gerade als es beginnt zu dämmern, kommen die drei müde und Vittoria schwer beladen, bei Malglins Haus an. "Hallo, alle zusammen." Rufts ins Haus als Ganzes und geht in die Küche, um einen Beutel Esskastanien und Steinpilze abzugeben. Ausserdem muss sie neuen Hustensaft für Fellis kochen. Und überhaupt - den Kleinen mal wieder vom Rücken zu kriegen . . . Alexander düst in Richtung Ancales Zimmer los.

    Vittoria holt sich das Brotmesser und das Brot. "Wirklich? Das ist toll." Sie schneidet Scheiben ab und schmiert Butter und Marmelade drauf. Dann legt sie die Stullen auf Bretter auf dem Tisch, von allen Sitzplätzen aus erreichbar - damits kein Gerangel gibt. "Elli, soll ich heut wieder irgendwelche Kinder mitnehmen? Wir werden wieder den Wald unsicher machen und Materialien sammeln. Wie ist das hier eigentlich mit Jagdrechten? Gibts hier ne Regelung dazu oder ist das Jagen für den Eigenbedarf generell erlaubt oder verboten? Im Wald bei der Hütte treibt sich eine große Rotte Wildschweine rum. Ich fürchte, die werden bald versuchen, uns zu 'besuchen', wenn ich sie nicht ein bißchen verscheuche. Und Herbst-Wildsau schmeckt toll." Sie leckt sich demonstrativ die Lippen.

    "Morgen" antwortet Vittoria und gähnt. "Dachte, ich mach mal Feuer und was zu Trinken, wenn Fellis schon alle weckt. Aber tja . . . Kann ich helfen? Milch holen, Holz holen, Brot schneiden . . ."

    Am nächsten Morgen wird das Haus schon früh geweckt - Fellis schreit vor Zahnweh, dass die Schlafkiste wackelt. Vittoria versucht ihn möglichst schnell zu beruhigen, doch als es ihr endlich gelungen ist, verraten ihr die Geräusche aus anderen Teilen des Hauses, dass sie jetzt nicht mehr die einzige Geweckte ist. "Oweh, Kleiner, du strapazierst die Gastfreundschaft im Haus ganz schön. Gut, dass wir bald ausziehn können, dann weckst du nicht mehr so viele Leute." Mit dem Kleinen im Tragetuch vor dem Bauch - so ist er in der Regel am ruhigsten - flitzt sie in die Küche und macht Feuer, um Wasser aufzusetzen. Wenn sie schon alle weckt, will sie ihnen dann wenigstens Kaffee oder Tee anbieten können.

    Vittoria packt Fellis, den Korb und das Werkzeug in den Bollerwagen, ermahnt die neiden anderen, immer eine Hand am Rand des Wagens zu haben, solange sie in der Stadt unterwegs sind, und dann ziehen die vier los. Bei der Hütte angekommen, zwinkert Vittoria ihnen zu, sagt "Jetzt bauen wir eine Babygrenze" und schneidet einige dicke Schlehenäste ab. Diese steckt sie in der Lücke der Hecke um die Hütte in den Boden, sodass ein geschlossener 'Zaun' entsteht. Während die Kinder innerhalb der Hecke spielen, bindet Vittoria Schilfbündel. Sander findet heraus, dass man die Bündel herlich stapeln kann und baut zusammen mit Ancale eine Hütte daraus. In der Mittagspause bindet sich Vittoria Fellis in ein Tuch auf den Rücken und spaziert mit den Kindern durch den Wald. Sie suchen Nüsse und bauen an einem kleinen Bach einen Staudamm. Abends ziehen alle vier müde nach Hause.

    "Nicht so viel Wasser, nur ein bißchen. Wenn du meinst, dass noch jemand mit sollte, frag ich Ai, aber an sich kann nichts passieren. Ich muss morgen nicht aufs Dach, bin also die ganze Zeit unten bei den Kindern. Ausserdem ist die Hecke ums Haus doch fast geschlossen. Und durch ein Schlehengestrüpp krabbelt nicht mal das unternehmungslustigste Kind durch, um abzuhauen." Als das Wasser kocht, gibt sie es schlückchenweise zur Hagebuttenpampe, rührt dabei ständig um, bis die Soße die richtige Konsistenz hat. "Ausserdem sind Ancale und Sander doch schon groß. " Sie schaut Alli verschwörerisch an. "Sie können auch mal etwas Freiheit genießen."

    "Ich brauche gleich etwas kochendes Wasser, Elli." Vittoria setzt sich und beginnt die Hagebutten aufzuschneiden und die Kerne herauszukratzen, während sie Alexander aufmerksam zuhört und gelegentlich nach Details fragt. Plötzlich klopft sie Alexander auf die Finger. "Leg die Kerne zurück, Sander. Hier wird kein Juckpulver verteilt. Wehe dir, wenn hier jemand Juckanfälle kriegt." Sie droht ihm mit erhobenem Finger, dann muss sie lachen. "Rabauke. Geh spielen. " Sie putzt die Hagebutten fertig, wirft die sauberen Hälften dann kurz in kochendes, danach in kaltes Wasser und beginnt damit, die feine Schale abzuziehen. "Hab heute ein Viertel der Dachfläche gedeckt und schon einen ordentlichen Vorrat an Schilfbündeln geschnürt. Morgen nehm ich die Kinder mit, Elli, und binde noch mehr Bündel. Wenn du dann nochmal einen Tag auf die Kleinen oder zumindest auf Fellis aufpassen kannst, dann sollte ich fertig werden. Ancale, wenn Elli es erlaubt, willst du dann morgen auch mit zur Hütte kommen? Dann wären meine zwei nicht so allein." Kleingeschnitten kommen die Hagebutten zuletzt in einem Topf mit etwas Wasser auf den Herd. Als sie weichgekocht sind, zerdrückt Vittoria sie mit einem Holzstampfer und fügt einige Kräuter und etwas Salz als Würze hinzu.

    Vittoria krault Fellis unterm Kinn. "Hallo, Zwerg. iss schön." Dann hebt sie Alexander aus der Kinderecke raus, drückt ihn und setzt ihn zurück. "Ja, ist etwas später geworden. Beim Schilfbündel binden hab ich die Zeit vergessen, das ist so monoton. Hier hab ich Schirmpilze und Kleewurzeln zum Dünsten, ausserdem wilden Majoran und Thymian zum Würzen. Wieviel Zeit ist denn noch bis zum Essen? Ich hab Hagebutten mitgebracht für eine Hagebuttensoße, aber dafür müssen die erst entkernt, geschält, gekocht und püriert werden. Das dauert ne Weile."

    Vittoria melkt die Ziege, füttert Fellis und verabschiedet sich von ihm und seinem Bruder. Mit ihrem Werkzeug im Bollerwagen macht sie sich die Südstrasse runter auf den Weg zur Hütte. Sie bindet feste Schilfbündel, hievt sie mit einem Seilzug aufs Dach und bindet sie dicht beieinander und überlappend auf dem Holzgerüst des Dachstuhls fest. In der Mittagspause spaziert sie durch den Wald neben der Hütte und sammelt Schirmpilze, Kräuter und Hagebutten. Gegen Abend hat sie ein Viertel der Dachfläche gedeckt und macht sich auf den Heimweg.
    Zurück bei Malglins Haus stellt sie den Bollerwagen unter, nimmt den Korb mit ihren Sammelergebnissen, klopft an und tritt ein. "Hallo, alle zusammen. Jemand da?"

    "Klasse. Dann geh ich mal melken." Sie steht auf und geht Richtung Tür. " Soll ich im Wäldchen nach irgendwelchen Kräutern oder Pilzen fürs Abendessen gucken?"