Beiträge von Neugieriges Waschweib

    <<< Vom Dorfplatz


    Die Tür des Zaunkönig öffnete sich, und eine Frau trat ein. Sie trug einen Weidenkorb, der fast leer war. Nur ein einzelnes rot-weiß gemustertes Tuch lag sauber gefaltet darin. Sie schloß die Tür wieder hinter sich und sagte halblaut:


    "N'Abend!"


    Dann rieb sie sich die Hände, die knochig weiß aussahen, bis sie wieder ein wenig Farbe bekamen und pustete ein wenig hinein. Neugierig ließ sie ihren Blick durch die Taverne streifen und versuchte die Stimmung zu erfassen. Ihr Blick blieb am Kamin bei Jesche hängen und ein kurzes Strahlen lief über ihr Gesicht. Mit kurzen Schritten kam sie auf Jesche zu und setzte sich neben Ihr an den Kamin.


    "Hallo Jesche", grüßte sie fröhlich. "Ist verdammt kalt geworden. Und durch's Wäsche aufhängen wird einem noch kälter. Bin richtig durchgefroren..."


    Sie nahm ihren Umhang ab und schüttelte ihn ein wenig aus. Dann streckte sie die Hände gierig nach der Wärme des Kaminfeuers aus, um sie zu wärmen, und begann wohlig zu seufzen.

    <<< Von irgendwo her...


    Es war ein naßkalter Tag gewesen. Wäsche bei dieser Kälte aufzuhängen, so dass sie über Nacht durchfror und trocken wurde, war kein Zuckerschlecken. Ihr schmerzten die Finger von der Kälte. Das Los einer Waschfrau war hart in dieser Jahreszeit.


    Obwohl... noch schlimmer war, dass sie immer noch keine Neuigkeiten wegen des unschicklichen Geliebten der Merquatores-Schwestern erfahren hatte. Einmal meinte sie ihn von Ferne auf dem Dorfplatz gesehen zu haben. Aber vielleicht war das auch Einbildung gewesen.


    Natürlich hatte sie die Geschichte sofort herumerzählt. Dabei war sogar die scharfzüngige Waschfrau Aische vor Neid erblasst, die normalerweise die skandalösesten Geschichten zum Besten gab. Andererseits hatte Aische ihr nicht geglaubt - bzw. nicht glauben wollen - und behauptet, sie lüge. Ausgerechnet diese Person, die selbst die größten Lügengeschichten erzählte!


    Es gab nur eins: Sie musste diesen Mann finden, dann konnte sie ihn zur Rede stellen und er würde seine Schandtat in aller Öffentlichkeit zugeben müssen!


    Die Taverne zum Zaunkönig strahlte ein warmes Licht aus. Dort würde sie sich ein wenig ausruhen und die durchgefrorenen Glieder am Kamin wärmen. Außerdem konnte sie da vielleicht noch ein wenig Klatsch aufschnappen.


    >>> Die Taverne "Zum Zaunkönig (5)

    Eine Frau mit Waschkorb im Arm betrat den Platz. Sie wollte die frische Wäsche bei einer Kundin in der Oberstadt abliefern.


    Da entdeckte sie am anderen Ende des Platzes einen Mann, der ihr bekannt vorkam. War das nicht der Kerl, der neulich haarsträubendes mit den Merquatores Schwestern getrieben hatte? Oder täuschte sie sich? Er war so weit weg gewesen. Schnell lief sie über den Platz, aber der Mann war nirgends mehr zu sehen.


    Wahrscheinlich wohnte er in der Oberstadt... Sie würde ihn schon finden...

    "Es ist ein Skandal!!! Ich habe es genau gesehen! Die Merquatores Schwestern! Sie haben es ganz wild mit einem Mann getrieben! Wie die wilden Tiere haben sie sich besprungen und sind auf dem Boden herumgekugelt! Unglaublich! Ein Skandal! Und die machen eine Zeitung! Sollen sie doch mal über diese Dinge etwas schreiben! Ach, und eine Dienerschaft haben die feinen Damen jetzt auch..."


    An dieser Stelle gerät Ihre Erzählung ins Stocken und sie überlegt kurz, in wie weit die Dienerschaft wohl auch in die skandalösen Zustände involviert ist. Sie beschließt, dass nachzuprüfen, in dem sie ein paar weitere Klatsch-Quellen anzapft.


    Bevor noch einer der Gäste sich von seiner Überraschung erholen kann, sagt sie nur hastig:


    "Ich muss weiter..."


    und stürmt wieder aus der Tür heraus.

    Da flog die Tür zum Zaunkönig auf und eine Frau betrat die Taverne. Sie trug einen Korb frischer Wäsche im Arm und hat ein weißes, gestärktes Häubchen auf. Über ihrer weißen Bluse trug sie eine dunkelblaue Weste. Vor ihrem graublauen Rock war eine weiße Schürze geschnallt. Eine Weile rang sie um Atem - offenbar hatte sie schwer zu schleppen gehabt oder war gerannt. Sie sah sich um, um einzuschätzen, ob ihr dramatischer Auftritt für die nötige Aufmerksamkeit gesorgt hatte. Dann rief sie:


    "Wisst Ihr schon das Neuste?!"


    Ein triumphierendes Lächeln um ihren spitzen Mund und ihre spitze Nase sagte allen Anwesenden, dass es sich nur um eine rhetorische Frage handeln konnte.

    Sie hatte von der Straße beobachtet, wie der junge Mann das Haus der Merquatores Schwestern betrat. Die Schwestern waren noch nicht verheiratet. Was suchte ein junger Mann dort? Cecilie hatte ihn gleich, wie selbstverständlich, ins Haus geführt.


    Schnell lief sie, ihren Korb mit frischer Wäsche am Arm - sicher abgedeckt durch ein Tuch - zum Haus der Schwestern. Vielleicht konnte sie ein paar Neuigkeiten aufschnappen, wenn sie sich geschickt anstellte.


    Die Fenster waren zu hoch, um hinein zu sehen. Aber sie hörte die Schwestern laut nach einer Bediensteten rufen. Die Schwestern hatten seit neustem Hauspersonal? Eine Neuigkeit hatte sie also schon erfahren! Schließlich fand sie einen Eimer in der Nähe, stellte ihn vor das Fenster und sich darauf. Es war etwas wackelig wegen ihrer Schuhe und dem Matsch, in dem der Eimer etwas schräg einsank.


    Leider war ein Vorhang hinter dem Fenster halb zugezogen, so dass sie nur einen kleinen Teil des Geschehens sehen konnte. Außerdem waren die Fenster so schmutzig! Diese Schwestern schienen nicht viel von Putzen zu halten - typisch hochnäsiges, gebildetes Pack! Was sie dann aber sah ließ ihr den Atem stocken: Der Mann sprang auf Cecilie zu! Und Cecilie auf ihn!


    Verdammt! Der Eimer wackelte, sie schaute nach unten und versuchte ihr Gleichgewicht zu halten. Als sie wieder durch das Fenster schauen konnte, war es noch spektakulärer! Der Mann schien mit Cecilie zu tanzen und dann warf er sich auf Felizitas und die drei kugelten eng umschlungen auf dem Boden herum! Ein SKANDAL!!!


    In diesem Moment kippte ihr Eimer weg. Sie versuchte sich noch an dem Fensterbrett festzuhalten, der Eimer sprang mit Getöse gegen die Hauswand, und sie fiel in den Schlamm. So ein Mist! Ihre Kleidung war von oben bis unten besudelt und die Wäsche war auch in den Dreck gekippt! Aber sie hatte genug gesehen. Nun schnell weiter und die Neuigkeit verbreiten...