Beiträge von Anderer Magonier

    "Bei ihr gewohnt?" Ein sachtes Stirnrunzeln folgte. Die Missbilligung des jungen Mädchens schien sich wohl eher noch zu vertiefen als sich aufzulösen. Dann jedoch zuckte sie mit den Schultern. "Gesehen hab ich Euch nicht, nur von Euch gehört. Mein Vater lässt mich nicht so viel raus. Er meint, dass Frauen ins Haus gehören, wo man auf sie aufpassen kann." Was das Stirnrunzeln erklärte. Dann jedoch schien sie sich einen Ruck zu geben.


    "Meine Mutter meinte sie sei zu einem Ritter gezogen. Irgendwo im Ausland. Nach.... ." Sie grübelte. "Irgendwas mit Rot... . Rotauen. Oder so. Sie will da als Ärztin arbeiten."

    Thraxas Gesprächspartnerin war die Tochter der Nachbarn, die neugierig geworden war, als der Fremde den Stichweg entlang kam. Das hübsche Ding, irgendwo an der Schwelle des Erwachsenseins verharrend, trug einen Korb am Arm, in dem einige erdbedeckte Kartoffeln lagen.


    "Es war ein gutes Jahr für Kürbisse", bestätigte sie mit einem enthusiastischen Nicken. Doch als der Landsknecht eine Frage nach der anderen stellte, wurde der anfangs freundliche Gesichtsausdruck des Mädchens deutlich verschlossener.


    "Sie...ehm.... ." Sie wirkte überfahren. "Sie ist seit ein paar Wochen weg. Und hat alles mitgenommen, nur die Möbel nicht. Also ist sie wirklich weg, denke ich." Nun runzelte sie wirklich die Stirn. "Ich weiß nicht, wo sie hin ist. Also, sie hat es schon erzählt, aber das habe ich wohl vergessen." So skeptisch, wie sie schaute, schien sie es möglicherweise doch nicht vergessen zu haben, sondern es nicht erzählen zu wollen.

    Niemand antwortete. Das Haus lag still da, kein Rauch drang aus dem Kamin und das Gras im Vorgarten war lang und von der Sommerhitze verdorrt.


    Jemand räusperte sich einige Meter entfernt, an der Grenze zum Nachbargrundstück, wo prächtige, bunte Kürbisse zu allen Seiten des dort befindlichen Hauses wuchsen.


    "Sie ist ausgezogen", erklärte eine junge, weibliche Stimme.

    Ganz perplex übergibt der Halbstarke den Brief an Alanis, während er seinen Blick noch mal über ihren Leib wandern lässt, aber ihren Blick vermeidet.


    Relativ eilig, wendet er sich wieder ab und eilt murmelnd den Stich weg hinab.
    "Gar nicht mal so schlecht für ne Ungläubige. Bleibt nur zu hoffen dass sie doch mal über Nacht am Pranger landet. Da kann auch die Herrin Laya nix dagegen haben....."


    Der Brief ist offensichtlich leicht zerknittert durch den achtlosen Umgang des Boten, aber unversehrt prangt noch das Siegel der Academia Artis Ingeniae ad Renascân auf ihm.

    Schnellen Schrittes eilt von der Unterstadt kommend ein Halbstarker den Stichweg hinauf. Immer wieder spielt er mit dem Stück gefalteten Papier in seiner Hand. Kurz bleibt sein Blick an Ashabas Hütte hängen, dann schweift sein Blick auf Alanis, die gebückt in Gartenarbeit vertieft ist. Nach einem anerkennenden Pfiff ruft er rotzig zu ihr hinüber:


    "Heda, gute Frau - ich hätt da einen Brief für euch."

    Die junge Späherin Diana war vor einiger Zeit aufs Dach des Spähergebäudes geklettert und schnitzte an einem Löffel. Während sie die letzten Sonnenstrahlen des Jahres genoss hatte sie dem Geschehen um Lamask und Emma keine große Aufmerksamkeit gewidmet. Nur mäßig interessiert beobachtete sie, wie Narvi und Emma zusammen weg gingen. Eine Katze hätte wohl leicht mit der Schwanzspitze gewippt. So schnitzte Diana nur weiter.

    "DUUUUDUUUUUDUUUUUUUUUUUUU!!!"


    röhrte der Knirps. Neben ihm hatte ein anderer Junge Stellung bezogen und sah sehr wichtig aus. Er wies nach links.


    "An der rechten Seite: Herr Geralt vom Auwald auf seinem stattlichen .. Pferd Nepomuk."


    Der Junge hob seinen Stock an den löchrigen Eimer, den er als Helm trug. Ein grüner Lappen, auf den große Augen gemalt waren, war oben auf das Holz genagelt. Mit der linken Hand tätschelte er stolz sein Steckenpferd. Die "Damen" mit den geflochtenen Blumenkränzen auf dem Kopf kicherten. Eine winkte gönnerisch mit der Hand. Wo sie sich das wohl abgeschaut hatte?


    " Und an der linken Seite..."


    Er wies nach rechts.


    "...der Herr Veit von Saarweiler auf Boren."


    Das Steckenpferd des Herrn Veit hatte sehr verdächtige Hörner und weiß angestrichen war es auch. Wieder kicherten die Damen und die eine grüßte gönnerisch.


    Auf einen Wink des "Herolds" ging es los. Wild rannten die Jungen aufeinander zu und landeten beide einen Treffer auf dem jeweils anderen Eimer, die ein kleines Stück weiter über die Ohren rutschten.


    Die Dame winkte gönnerhaft. Das Mädchen neben ihr steckte sich den Zeigefinger in den Mund, lutschte ihn ab und steckte ihn mit einem befriedigten Grinsen in das Ohr der Nebenfraul. Die quiekte entsetzt auf und verlor prompt alles gönnerhafte. Sie holte aus und watschte dem Fingermädchen die flache Hand an den Hinterkopf. Als die kurzerhand anfing lautstark zu heulen, brachte sich eine weitere ein und revangierte sich an ihrer statt. Sofort entstand ein Handgemenge.


    Die zwei Ritter hatten, der Aufmerksamkeit der Damen so prompt beraubt, verdutzt innegehalten. Ihre hilflosen Versuche Frieden zu stiften endeten in einer lautstarken Diskussion über die Ehre der anwesenden Weiblichkeit und wer denn nun im Recht war. Ein wilder Kampf zu Pferde entbrannte.


    Der Herold stand einige Meter daneben und versuchte möglichst unauffällig zu sein. Der Knirps neben ihm formte schon den Mund zu seinem weitere Fanfarenstoß, ließ sich davon aber durch einen Rippenknuffer seines Nebenmanns abhalten.


    Ein wunderschöner Sommertag in Renascân.