Beiträge von Marie Babette de Moriba

    Einer der Piraten hatte sich unter Deck geschmuggelt und kundschaftete die Lage hier aus. Er öffnete jede Kabine vorsichtig und luckte hinein. Was er sah, erfreute ihn... ab und an steckte er schon einmal etwas in seine Taschen.


    Als er in der Kabine von Flora und Marie war, nahm er Schmuck aus einer Schatulle und stopfte es in seine Hose. Dabei fiel ihm ein weißer Mantel mit goldener Bordüre auf, der an einem Haken an der Tür hing. Diesen Mantel kannte er doch... ihm kam ein Bild vor Auge von einer jungen Dame. Marie Babette de Moriba! Nein, was für ein glücklicher Zufall. Nun könnte er sich revanchieren für alles, was diese Familie ihm angetan hatte.


    Zielstriebig ging er hinaus und suchte weiter die Kabinen ab, bis er vor der Messe stehenblieb, die - wie er bemerkte - verschlossen war. Er zog eine Augenbraue hoch und lauschte an der Tür. Da war doch jemand drin! Und er ahnte auch schon, wer!


    Mit voller Wucht stemmte er sich immer wieder gegen die Tür und schaffte es, sie aufzusprengen. In dem Moment kamen hinter ihm zwei Männer. Er drehte sich um, erkannte aber sofort seine Kompanen und grinste. Er betrat mit ihnen den Raum.


    Sofort begann ein Kampf zwischen den Verwundeten, die noch halbwegs kämpfen konnten.


    Da stand sie... mit Fräulein von Bloom, was ihn nicht sonderlich erstaunte, wusste doch jeder, dass die beiden Familien eng befreundet waren, und einem Mann - wohl der Arzt, dem der Schweiß auf der Stirn stand, während die Damen ihn ängstlich anschauten.


    Er musste laut lachen: "Guten Abend, Fräulein de Moriba, Fräulein von Bloom!"

    Nach einem letzten großen Knall, der sehr nah schien, wurde es wirklich laut an Bord.


    Marie schaute zu Flora rüber. Der Arzt bemerkte, dass es wohl soweit sei. Marie und Flora keuchten kurz vor Schreck laut auf und klammerten sich aneinander.


    Der Arzt ordnete an, die Tür zu verriegeln und sich mit Operationsbesteck oder sonstigen Waffen zu bewaffnen. Wenn hier jemand von diesem Pack rein wollte, dann nicht kampflos. Die Verletzten, die noch ihre Arme bewegen konnten, machten sich ebenfalls bereit und starrten die Tür an.


    Marie griff nach einem Dolch, den einer der Patienten am Gürtel hatte und sowieso nicht benötigte, da er unmächtig war. Sie stellte sich zu dem Arzt und Flora, die in der Mitte des Raumes schützend hinter dem Tisch standen. Marie wollten die Tränen kommen, doch sie schluckte sie schwer runter. Nur jetzt nicht heulen, dachte sie.


    Sie musste immer an die kämpfenden Männer an Deck denken. Wie sich wohl die Kapitänin schlug? Und wie es Herrn Bedevere erging? Ob sie überleben würden - sie alle?

    Der Kapitän des Piratenschiffs feuerte unermüdlich Salven ab. Sie kamen ihrem Beuteschiff immer näher. Nicht mehr lange und ein Enterkampf würde beginnen. Er rieb sich die schwieligen Fäuste. Er liebte den Kampf - genau wie seine Männer.


    Ein Mast seines Schiffes war gebrochen und umso mehr war ehrgeiziger, das andere unversehen in die Hände zu bekommen. Daher - nachdem sie nur noch zwei Schiffslängen entfernt waren - gab er den Befehl, mit dem Kanonenschießen aufzuhören. Seine Mannschaft bewaffnete sich mit Säbeln und Dolchen. Nun standen die meisten seiner Leute schon an der Reling, bereit, mit Seilen rüberzuspringen. Er gab den Befehl, rüberzusetzen.


    Der Lärm wurde immer lauter durch das Kampfgeschreie der Männer.


    Unermüdlich kämpften die Piraten mit der Mannschaft des Beuteschiffes. Der Kapitän suchte das Schiff ab und suchte nach dem Kapitän, den er sich persönlich vornehmen wollte.

    "Enterkampf!?" Marie wurde kurzatmig. Oh, bei der Heiligen! Sie schaute zu Flora. Sollte sie es ihr sagen?


    Sie bedankte sich bei dem Matrosen und ging zum Arzt und flüsterte ihm den Stand der Dinge ins Ohr. Eine tiefe Falte bildete sich auf seiner Stirn und er nickte nur.


    Und so ging sie der Arbeit weiter nach... immer wieder Richtung Decke schauend...

    Marie hatte gerade ihre Arbeit beendet, eins ihrer Unterkleider zu zerreißen, denn Verbandsmaterial wurde inzwischen rar. Auch Flora zerriss eines ihrer Unterkleider.


    Mittlerweile wurde es immer stickiger in der Messe, wo die Patienten sich die Klinke in die Hand gaben... es roch nach verfaulten Fleisch und Schweiß. Kaum waren die nicht so schwer verletzten versorgt, gingen sie auch schon wieder an Deck, um weiterzukämpfen.


    Sie schaute sich um, da rief sie auch schon der Arzt zu sich. Sie half ihm, ein Bein zu operieren, was übel aussah, da mehrere Holzspäne sich hereingebohrt hatten. Wie gut, dass sie im Kloster immer brav aufgepasst und dort im Lazarett ausgeholfen hatte. Ihr Wissen war hier von Nutzen. Sie schaute über die Schulter zu Flora, die dabei war, Wunden mit Wasser auszuwaschen. Auch ihr stand die Angst ins Gesicht geschrieben. Der Arzt wollte das Bein amputieren, doch Marie verweigerte diese Handlung: "Nein, wir werden das Bein retten. Ich werde jeden Span herausziehen!" Der Arzt schüttelte den Kopf und bemerkte nur, dass es vergebene Mühe sei und dafür auch keine Zeit sei. Mit einem Blick auf den Matrosen, der sie Panik erfüllt ansah, entgegnete sie dem Arzt, dass sie nicht derzeit aufgeben würde... Der Arzt zuckte mit den Schultern und drehte sich zum nächsten um.


    Innerlich betete sie immer noch gen Himmel und bat um Beistand. Sie war froh, dass sie noch am Leben waren und das Schiff noch nicht übernommen wurde. Sie lächelte den Matrosen zuversichtlich an: "Wir werden das schon schaffen, habt Vertrauen und betet. Es sind gleich alle entfernt. Dann werde ich versuchen, das Bein zu richten. Da, beißt auf das Stück Holz und krallt Euch an den Tisch - es wird schmerzhaft! Flora! Ich brauche Deine Hilfe! Halt ihn bitte fest und lenk ihn ab!" Flora kam und tat, was Marie sie bat, nämlich den Matrosen am Oberkörper festzuhalten und beruhigend auf ihn einzureden. Knack... Marie hatte das gebrochene Bein wieder zusammengeschoben, es mit Wasser und Gin gereinigt und schiente es nun mit Holzplanken. Dann gab sie dem Matrosen ebenfalls einen Gin. Sie bat zwei Matrosen, den Mann an die Seite zu legen, denn der Tisch würde wieder benötigt werden.


    Der Arzt schaute zu ihr rüber und lächelte sie an. Wahrscheinlich hätte er nicht gedacht, dass die junge Dame so hartnäckig war - dazu noch solches Wissen inne hatte.


    Sie versuchte Informationen zu ergattern bei jedem Mann, der herein kam. Einen, der einen Verletzten hereinbrachte, fragte sie:


    "Wie sieht es aus? Halten wir stand? Wie geht es Herrn Bedevere?"

    Flora und Marie wurden in ihre Kabine gebracht. Vor ihrer Tür blieb ein Mann stehen. Flora krallte sich an Maries Arm, genauso wie Marie ihr beschützend den Arm um die Schultern legte. Sie knieten vor dem Bett und beteten.


    Immer wieder Donnergegröll und Einschläge - der laut von zerbestendem Holz. Jedes Mal zuckten die beiden Frauen zusammen.


    Marie hielt es kaum aus, hier zu sitzen und zu beten. Aus der Nähe hörte sie immer wieder Schreie von Männern.


    Sie schaute Flora an:


    "Flora, schnell... wir sollten uns Praktisches anziehen und den Verwundeten helfen. Sie werden jetzt jede Hand benötigen."


    Marie zog ihren Hosenrock und eine Bluse sowie eine Weste aus einer Truhe und Flora tat es ihr gleich, sich umzuziehen, was gar nicht so einfach war, denn das Schiff schwankte ab und zu kräftig.


    Dann öffneten sie beide die Tür. Der Mann vor ihrer Tür wollte sie gar nicht erst raus lassen, doch Marie war energisch, so dass Flora sie verdutzt ansah, denn so kannte sie Marie gar nicht:


    "Lasst uns vorbei! Wir wollen helfen, die Verwundeten zu entsorgen. Ihr wollt doch auch nicht, dass Eure Kameraden qualvoll verenden!"


    Und damit schob sie sich an den Wachposten vorbei und ging in Richtung, wo die Schreie lauter wurden. Der Schiffsarzt hatte alle Hände voll zu tun und war sehr überrascht, als die beiden Damen eintraten.


    Marie: "Sagt uns, was zu tun ist, wir wollen helfen!"


    Der Arzt instruierte die Damen und sie hatten alle Hände voll zu tun. Trotz dessen, dass Marie immer wieder zusammenzuckte, wenn Kanonenkugeln irgendwo in der Nähe einschlugen war sie doch froh, nicht in ihrer kleinen Kabine gefangen zu sein, sondern wenigstens noch etwas Sinnvolles zu tun - selbst wenn sie das hier nicht überleben sollte.


    Mittlerweile kam ihr der Kampf an Deck wie eine Ewigkeit vor und sie wischte sich die Stirn mit dem Unterarm ab... erst jetzt bemerkte sie, dass sie am Arm und am Körper voller Blut war und schaute an sich herunter. Sie bekam Gänsehaut...

    Ein fettiger, nach Bier und Rum stinkender Kapitän des fremden Schiffes stand am Bug seines Schiffes und schaute durch ein Fernrohr auf das Schiff vor ihm. Er erkannte die Flagge zwar nicht, aber das war ihm eigentlich auch egal. Es sah schwer beladen aus und lag daher gut im Wasser.


    Sie fuhren schon eine Weile seit dem Hafen von Rendor hinter dem Schiff hinterher... immer im gebührenden Abstand. Einer seiner Männer hatte beim Hafenmeister aufgeschnappt, dass an Bord reiche Herrschaften aus Rendor sein mussten. Die würden gutes Lösegeld geben - und wenn nicht, so würde aber sichlich mit solchen Herrschaften gute Beute an Bord verfrachtet sein.


    Er schaute zurück auf sein Schiff und war stolz auf seine Mannschaft. Dieses Pack. Aber sie waren gute Männer und verhielten sich leise. Alle Lichter waren gelöscht und der Himmel hatte sich zu ihren Gunsten seit dem Sonnenuntergang mit Wolken verhangen, so dass das Mondlicht sie nicht verraten würde - zumindest bis sie nahe genug kamen.


    Mittlerweile waren sie bis auf 12 Schiffslängen herangekommen und steuerten längsseits, als sie entdeckt wurden. Sofort wurde zum Angriff geschrien. Seine Männer standen an den Kanonen und mit Säbeln bewaffnet bereit. Noch wenige Meter und die Kanonen würden ertönen...


    "JETZT!" schrie er. Und die Kanonen wurden abgefeuert.

    Im Dunkeln der Nacht näherte sich gefährlich nah ein fremdes Schiff ohne Beleuchtung der 'Nebelfalke'. Es hießte eine schwarze zerschlissene Flagge. Es wurde bemerkt und es erklang sofort eine Schiffsglocke, die Alarm auslöste.


    Marie wartete gerade auf eine Antwort, da hörte sie vom Deck her die Glocke, dann lautes Geschreie, dann sogar ein Grollen aus der Ferne.
    Marie schaute an die Decke. Was war das?


    Fragend schaute sie zu Flora und dann zu Herrn Bedevere, als auch schon die Tür aufgerissen wurde...

    Flora schien sich prächtig zu amüsieren. Marie blieb still und genoss das Essen, denn sie hatte wirklich Hunger gehabt. Selbst den Nachtisch aß sie, obwohl sie Süßspeisen nicht sonderlich mochte. Der Smutje hatte gute Arbeit geleistet und einiges aufgetischt. Ob die Gewürze die aus ihrem Kontor waren? Ihr Vater hatte ja angeordnet, Diverses liefern zu lassen.


    Nach dem Nachtisch nahm sie das Gespräch zum ersten Mal an diesem Mahl ebenfalls in die Hand und fragte: "Wie lange werden wir nach Kaotien benötigen? Und in welchem Hafen werden wir anlegen? Werden wir von dort aus weiterreisen oder werden wir dort bereits erwartet?"


    Fragend schaute sie in die Runde, doch ihr Blick endete auf den Gesichtszügen des Herrn Bedevere...

    Flora und Marie begrüßten die Herren ebenfalls und ließen sich zu Tisch führen.


    Flora starte sogleich Konversation und es wurde gelacht. Marie hielt sich etwas im Hintergrund. Wenn Flora anwesend war, übernahm diese eh immer die Gespräche... sie schaute heimlich zu Herrn Bedevere. Er schien doch nichts zu wissen, denn er machte keine Anstalten. Also hatte ihr Vater wohl nichts über die letzte Nacht verraten.


    Es wurde eingeschenkt und Marie war dafür sehr dankbar, wenn ihr Hals schien staubtrocken zu sein.

    "Oh, das wäre ganz wundervoll. Bitte lasst uns holen, wenn es soweit ist. Vielen Dank!" lächelte sie ihn an.


    Dann knickste sie kurz und ging wieder in ihre Kabine. Gerade als sie die ersten Stufen abwärts ging, traf sie auf die Kapitänin. Marie musterte sie vorsichtig... und nickte ihr zu: "Frau Fernandez."

    'Lernen muss ich gewahr noch Vieles', dachte Marie. Sie hatte das Gefühl, manchmal von einem Fettnäpfchen ins nächste zu treten.


    "Lieber Herr Bedevere, ich werde wieder nach unten gehen. Nun ist die Sonne gänzlich verschwunden und mir fröstelt es. Außerdem möchte ich Flora nicht zu lange alleine lassen. Ist es vielleicht möglich, uns ein Tablett Erfrischungen zukommen zu lassen - oder werden wir noch denieren?" fragte Marie hoffnungsvoll...

    *knurr...


    Upss... Marie streichelte sich unter dem Mantel den Bauch. Hoffentlich hatte er das nicht gehört. In der ganzen Aufregung hatte sie vergessen, etwas zu sich zu nehmen.


    "Ich hoffe sehr, dass ich viele nette Menschen kennenlerne. Ich habe schon Einiges vom Hofe vernehmen können. Dort halten sich wohl aller Arten von 'Wesen' auf. Das wird sicherlich sehr spannend."

    Marie dachte gerade an die Waisenkinder, die sie durch die Vorfälle nicht mehr besuchen gehen konnte, obwohl sie es eigentlich versprochen hatte. Aber wenn sie nun wieder nicht ihrem Vater Folge geleistet hätte, das Haus nicht mehr zu verlassen... sie mochte gar nicht daran denken. Sie dachte an die Backpfeife zurück. Er hatte sie nie zuvor geschlagen.


    Wenigstens hatte sie Fanny noch vor ihrer Abreise den vollen Geldbeutel aus ihrer Rocktasche, den sie eigentlich Clarisse in der Nacht überreichen wollte, geben können für das Waisenhaus. Von nun an würden sich Fanny und Prya um die Kinder mitkümmern. Wie gerne hätte sie noch ihren kleinen Sonnenschein gesehen. Dieses Mädchen mit den großen Augen war ihr damals sofort ans Herz gewachsen, als es an einem sehr kalten Wintertage als Babv vor die Schwelle des Waisenheims gelegt worden war. Es war lange Zeit ungewiss, ob sie es überhaupt schaffen würde. Doch sie war eine Kämpferin - und wissbegierig, genau wie Marie. Hoffentlich würde sie bald gute Eltern bekommen - das wünschte sie allen Waisenkindern.


    Marie zuckte kurz zusammen, da sie so in Gedanken war, dass sie Herrn Bedevere sich nicht nähern hören hatte. Sie drehte sich zu ihm um.


    "Ja, danke, Herr Bedevere. Die Kabine ist sehr komvortabel. Und das Schiff liegt so seicht im Wasser, dass ich tatsächlich noch eingeschlafen bin."


    Unsicher schaute sie ihn an, da sie immer noch nicht wusste, was er wusste... was hatte ihr Vater von ihm gewollt? Hatte er ihm vermutlich etwas gesagt?


    "Ich vermisse meine Heimat wahrlich schon jetzt - vor allem Fanny und Prya. Sie sind neben meinem Vater meine wahre Familie..." sie riss die Augen auf und hielt sich die Hand vor dem Mund... den letzten Satz wollte sie nicht so ausdrücken.


    "Äh... also, ich meine... nun, mein Vater war immer viel auf Reisen und sie immer für mich da..." versuchte sie noch schnell zu erklären.

    Marie erwachte in ihrer Kabine. Sie hatte sich nach dem Auslaufen nochmal schlafen gelegt, während Flora summend daneben saß und summte.


    Es musste bereits Abend sein. Sie reckte ihre Glieder und zog sich wieder an. Ihr gelüstete es nach frischer Luft und so fragte sie Flora, ob sie mit an Deck kommen wollte. Doch diese wollte das Kapitel, in dem sie gerade las, noch zu Ende lesen - ein spannendes Buch, behauptete sie.


    Also ging Marie alleine an Deck und stellte sich so an die Reling, dass sie niemanden im Weg war. Der Wind bläste in die vollen Segel und legte sich in die Wellen. Sie beobachtete die Mannschaft, die ihrem Treiben nachging. Die ersten Lichter wurden entzündet, denn die Sonne ging am Horizont unter und tauchte den Himmel in alle Schattierungen von Rot. Darüber leuchteten schon die ersten Sterne hinten den Wolkengebilden.


    Marie zog ihren Mantel enger an sich und schaute aufs Meer. Sie dachte wieder an ihre Stadt, ihren Vater und Clarisse...

    Marie war sehr traurig, als ihr Vater ihr nur eine sehr kurze Umarmung gönnte. Sie wusste ja, dass er nicht gut auf sie zu sprechen war. Aber sie konnte doch nichts für Clarisse's Verschwinden...


    Er ging von Bord und Flora und sie standen an der Reling und schauten ihm nach. Marie seufzte laut. Flora streichelte ihr den Rücken.


    Unten am Pier stand abgehetzt Fanny und Prya, die ihr winkten. Wenigstens die beiden waren da... Isabell war nicht mitgekommen. Eigentlich sollte nun da unten Clarisse stehen... sie schaute in die Ferne und ließ ihren Blick über ihre geliebte Stadt wandern. Wo sie wohl war? War sie wohl noch hier? Oder war sie schon weit weg?


    Der Wind frischte auf und sie zog sich ihr Cape enger an den Hals.


    Flora und sie winkten ihrem Vater, Fanny und Prya zu. Ihr Vater erwiderte nur kurz und stieg in seine Kutsche ein, die dann wieder Richtung zuhause fortfuhr, während die anderen beiden noch immer dort unten standen.

    Marie schaute unsicher Herrn Bedevere an, knickste und antwortete:


    "Ja, Sir. Bereit!" Und wie, dachte sie noch im Stillen. Sie wollte weg von hier, endlich in eine andere Welt, eine neue Zeit...


    "Darf ich Euch meine liebe Freundin Florentina Constanze von Bloom vorstellen?!"

    Marie ging an Bord und schaute sich um. Aus dem Augenwinkel kommend tauchte die Kapitänin auf. Marie schaute sie an und ihr wuchs wieder ein Kloß im Hals. Ob sie Herrn Bedevere etwas von heute Nacht erzählt hatte? Was er wohl über sie denken würde?


    Sie atmete tief ein und sah zu ihrer Freundin. Flora bestaunte das Schiff.

    Marie war vor einer Stunde aufgewacht. Sie hatte wieder diesen Traum wie in der Nacht gehabt. Sie wurde wieder im Nebel verfolgt und erreichte ihre Cousine nicht. Diese Augen, die sie ständig sah... warum wurde sie nur immer wieder von diesen Augen verfolgt?


    Nun ging sie in ihrem Zimmer auf und ab. Florentine Constanze von Bloom - kurz Flora - saß auf ihrem Bett und verfolgte sie mit ihrem Blick. Kurz zuvor war ihre Freundin bei ihr eingetroffen und bereit, mit ihr nach Kaotien zu reisen. Marie hatte ihr alles erzählt. Flora versuchte, ihre Freundin aufzumundern und versicherte ihr, dass ihrer Cousine bestimmt nichts passiert sei.


    Marie hörte die Kaminuhr schlagen. Drei Uhr am Nachmittag. Sie hoffte, ihr Vater würde bald erscheinen, da er angeordnet hatte, er würde sie in den Hafen zum Schiff begleiten wollen. Sie schaute immer wieder aus dem Fenster...


    Dann sah sie ihren Vater und einige seiner Männer die Straße heraufkommen. Aber keine Clarisse. Schnell ging sie aus ihrem Zimmer zur Treppe, blieb aber auf den ersten Stufen stehen. Flora folgte ihr.


    Marie traute sich nicht, zu ihrem Vater zu gehen.


    Er kam durch die Tür, zog seinen Mantel aus. Sein Blick wanderte unvermittelt auf Marie. Marie hielt den Atem an. Flora hielt ihre Hand.