Beiträge von Michael de Moriba

    Der Hausherr schaute ebenso in die Richtung, in der seine Tochter schaute und erblickte zum ersten Mal den kaotischen Ritter, der noch mitten in der Tür stand.


    "Herr Noyau de Guet-Clermont! Ich habe Euch nicht gesehen! Verzeiht und tritt bitte ein!"


    Ihm war es ungemein peinlich, dass er den hohen Herrn "übersehen" hatte. Schnell ging er zu dem Ritter und verbeugte sich vor ihm.


    "Bitte, darf man Euch den Mantel abnehmen?!"


    Auch Isabell de Moriba erblickte den kaotischen Ritter und kam elegant die Treppe herunter: "Herr Noyau de Guet-Clermont! Wie schön, Euch wieder in unserem bescheidenem Heim wiederzusehen!" Sie stellte sich neben ihren Mann und klimperte mit den Augen.

    "Alleine?!! Zum Hafen!?!" Michael fasste sich entsetzt an seine Stirn und rieb sie sich...


    "Du bist alleine durch unsere Stadt und dann auch noch in den Hafen gegangen? Du meine Güte! Da hätte ja sonst was passieren können! Bitte tu das nie wieder. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass Deine Mutter Dir erlaubt hat, zuhause alleine in einer Stadt wie dieser herumzulaufen. Die Rendorianer an sich sind freundlich gesonnen, aber hier laufen einfach zuviele Ausländer durch die Gegend - Seeleute, denen man nicht über den Weg trauen sollte. Und wenn ich da erst an die Piraten denke, die gerade ihr Unwesen treiben und keiner weiß, wer sie sind!"


    Er konnte Clarisse nicht sehr böse sein, schließlich kannte sie sich nicht mit den den Geflogenheiten in seinem Haushalt aus. Aber bei Marie verhielt es sich ganz anders. Er ging zu seiner Tochter und blieb direkt vor ihr stehen:


    "Und warum hast Du keine männliche Begleitung mitgenommen, Marie? Fanny sagte, Du hättest zum Einkaufen nur Prya mitgenommen. Wie unverantwortlich von Dir! Und dann treibst Du Dich auch noch im Hafen herum. Was wolltest Du überhaupt alleine im Hafen? Stell Dir vor, Dir wäre etwas passiert. Dein Ruf wäre ruiniert. Und dann? Glaubst Du etwa, die Fürstin würde Dich dann noch als Hofdame akzeptieren können! Ich bin wirklich enttäuscht von Dir. Ich wünsche, dass Du bis zu Deiner Abreise morgen das Haus nicht mehr verlässt."


    Dann fiel ihm die Worte seiner Nichte ein: "Wie soll ich das verstehen, dass Du, Clarisse, verloren gegangen bist? Ich dachte, Ihr ward zusammen unterwegs... ich bin verwirrt... erst heißt es von Fanny, Marie und Prya sind unterwegs, dann wieder, Du, Marie und Prya und nun doch alleine? Könntet Ihr mich bitte aufklären!"


    Er sah seine Tochter streng an.

    Als die Haustür geöffnet wurde, drehte sich Michael just in dem Moment um und sah wütend seine Tochter an, die ihn mit großen Augen und schuldbewusst ansah. Hinter ihr kam gerade Prya herein.


    Aha! Sie wusste genau, dass er wütend war. Sie senkte ihren Kopf und schaute auf ihre Füße.


    "Marie! Weißt Du eigentlich wie spät es ist! Seit Stunden erwarte ich Dich. Nicht mal eine Nachricht von Dir! Was hast Du mir dazu zu sagen! Schnell, ich warte!" sagte er sehr laut und wütend. Seine aufgestaute Besorgnis verwandelte sich in Wut, auch wenn er heilfroh war, seine Tochter wiederzusehen. Aber dass er sich erst so aufregen musste, war ihre Schuld gewesen. Ihm schmerzte schon wieder der Magen...


    Noch bevor seine Tochter den Mund aufmachen konnte, , kam dann auch Clarisse durch die Tür... Herrn Bedevere hatte er hinter Clarisse noch nicht wahrgenommen.


    "Ahhh... da ist ja auch Clarisse! Auch Dich haben wir seit Stunden vermisst. Wäre es denn zuviel verlangt, Bescheid zu geben, wenn Du das Haus verlässt?! Könnt Ihr Euch überhaupt vorstellen, was ich mir für Sorgen gemacht habe, als Fanny alleine nach Hause kam und nicht genau wusste, wo Ihr ward! Ich wollte gerade los, um Euch zu suchen! Ich hätte sogar die Stadtwache eingeschaltet!"


    Michael ging auf und ab, während er sprach und so sah er nicht, dass Herr Bedevere sein Haus hinter Clarisse betrat.

    Fanny war vor Stunden, kurz vor dem Abendessen alleine nach Hause gekommen. Diese hatte lange auf Marie in deren neuem Heim gewartet... aber sie kam und kam nicht zurück vom Waisenheim. Also entschied sie sich, ins alte Heim zurückzukehren. Vielleicht hatte sie ja etwas missverstanden und Marie war direkt dorthin zurückgekehrt.


    Als die alte Kinderfrau eintrat, ohne seine Tochter und Prya, wunderte sich der Hausherr und sprach diese an. Fanny erzählte, Marie und Prya wollten noch letzte Besorgungen machen. Natürlich würde sie nicht erzählen, dass Marie sich im Waisenheim herumtrieb.


    Dann wurde zum Essen geläutet und seine Tochter war immer noch nicht da. Das war ganz untypisch für sie. Herr de Moriba saß an der Tafel mit seiner Gattin und wartete, dass wenigstes seine Nichte auftauchte. Doch auch die war nicht im Haushalt auffindbar. Keiner wusste, wo sie war und man vermutete, dass sie vielleicht mit Marie mitgegangen wäre.


    Nach dem Essen lief Herr de Moriba stundenlang im Salon auf und ab... ab und zu horchte er auf, wenn er glaubte, jemand sei auf dem Flur. Doch jedes Mal, wenn er nachschaute, war es nur das Personal, das dem üblichen Treiben nachging. Irgendwann ging dieses Gebahren Isabell furchtbar auf die Nerven, die mit ihrem Mann im Salon wartete. Sie freute sich schon, was passieren würde, wenn die Damen nach Hause kamen, denn Herr de Moriba wurde von Minute zu Minute wütender, wenn er auf die Uhr über dem Kamin schaute, und auch besorgter.


    Michael verstand einfach nicht, dass seine Tochter oder gar Clarisse sich zu so später Stunde in der Stadt herumtrieben, und das noch ihne männliche Begleitung ihres Personals. Wie oft hatte er Marie gepredigt, dass es in der Stadt alleine zu gefährlich wäre, gerade wenn es dunkel wurde! Bei den Göttern! Hoffentlich war ihnen nichts passiert... gar nicht auszumalen, wenn... ihm wurde schlecht und der Stress schlug ihm auf den Magen, den er sich ab und an streichelte, damit der Schmerz aufhörte... aber nicht nur der Magen schmerzte... bei dem Gedanken daran, dass seiner geliebten Tochter etwas passiert wäre, schmerzte auch sein Herz...


    Er beschloss gerade, er würde höchstens noch 15 Augenblicke warten, dann würde er sich selbst auf die Suche machen und die Stadtwache einschalten, als er wieder auf dem Flur Geräusche hörte... er trat hinaus in den Flur... aber wieder nur das Personal...

    Michael betrachtete seine Tochter.


    Er bemerkte, dass ihr der Gesprächsstoff unangenehm war, sowohl bezüglich Prya und Fanny, aber auch des Herrn Bedevere.


    "Nun ja. Deine Ausführungen sind schlüssig zutreffend. Und ich denke auch, dass es Zeit ist, Fanny in den Ruhestand zu schicken. Aber was Prya betrifft... hmmm... und Fanny ist wirklich einverstanden, sich Pryas anzunehmen? Ich habe die Verantwortung für sie..."


    Marie nickte heftig.


    "Nun denn. Wir werden ja wieder viel auf Reisen sein - selbst Clarisse wird mitkommen. Wer sollte dann hier ein Auge auf sie haben. Sie soll zu Dir in den Haushalt überwechseln. Und Fanny wird eine angemessene Rente erhalten."

    Michael saß dort an seinem Tisch und schaute mit Erstaunen seine Tochter an, die offensichtlich nun ihren Vortrag beendet hatte.


    "Ich bin überrascht, Marie. Dachte ich doch, Du würdest mir hier etwas anderes offerieren."


    Nun war es Marie, die eine Stirnfalte bekam.


    "Naja, also ich dachte, Du würdest mir etwas bezüglich unseres Besuch von eben berichten wollen. Er ist doch ein sehr netter Herr Ritter...?"


    Er zog fragend eine Augenbraue hoch und schaute seine Tochter an.

    Michael konnte das Grinsen einfach nicht unterdrücken. Was für ein stattlicher Ritter. Hmmm...


    "Aber natürlich, Marie. Lass und gleich in mein Arbeitszimmer gehen, denn später habe ich noch Termine."


    Er wandte sich an seine Frau und Clarisse:


    "Ihr entschuldigt uns bitte kurz."


    Und so gingen er und Marie hinaus in sein Arbeitszimmer hinüber. Er schloss die Tür hinter Marie und setzte sich an seinen Schreibtisch und wartete ab, was seine Tochter von ihm wollte.

    Michael hörte den Ausführungen des Herrn Bedevere interessiert zu. Als der Name Tuoks fiel sagte er schmunzelnd:


    "Ach ja, mein lieber Freund Tuok von Tjoster. Der hat ja auch wohl überall seine Hände drin."


    Michael überlegte, ob er dem Reichskanzler vielleicht ebenfalls vorstellig werden sollte. Zumindest wäre eine Reise irgendwann zu Marie in ihre neue Heimat am Hofe sicherlich interessant....

    Michael bekam Schweiß auf die Stirn.


    "Nun ja - bei uns ist es nicht üblich, dass Frauen solche Positionen bekleiden. Für eine Rendorianerin wäre das sehr unüblich - eigentlich nicht machbar. Frauen sind bei uns in mancher Gesellschaft hoch angesehen, doch nicht in solchen Positionen. Sie sind meist nicht beschaffen, schwere Arbeit zu tätigen," räusperte er sich bei dem letzten Satz...


    Er schaute zu seiner Frau, die ihn mit strengen strafenden Blick ansah und den Kopf schüttelte.


    Er wechselte schnell das Thema:


    "Liebe Clarisse - wie hat Dir denn heute das Haus von Marie gefallen. Wie ich hörte, hast Du sie begleitet. Und Marie - gefallen Dir Umarbeiten. Wenn ich mir die Rechnungen ansehe," zwinkerte er ihr zu: "dann scheint es sich ja hoffentlich gelohnt zu haben."

    "Nun ja - wenn dem so ist. Ich höre so etwas nur das erste Mal. Wie verträgt sich das denn mit der Mannschaft, Männern... Ihr wisst schon..." gab Michael de Moriba zurück.


    Isabell war geschockt darüber, welche Wendung das Thema zu nehmen schien und sagte im strengen Ton:


    "Michael! Ich bitte Dich! Darf ich Dich daran erinnern, dass dieses Thema nicht an diesen Tisch gehört, schon gar nicht, wenn wir junge Damen anwesend haben!"


    Sie zeigte mit ihrem Kopf in Richtung ihrer Stieftochter und seiner Nichte.


    Michael reagierte prompt wie ein Schoßhündchen, auch wenn er sich über den Tonfall seiner Frau wunderte, hatte sie ihn bisher nie angeschlagen:


    "Verzeih, meine Liebe - Du hast ja Recht. Ich war nur so verwundert... und es hätte mich interessiert... - nun gut, lieber Herr Bedevere, vielleicht unterhalten wir uns ein anderes Mal darüber weiter."

    Michael dachte, er hätte sich verhört und fragte prompt:


    "Frau Kapitän? Herr Bedevere - Ihr habt eine Frau als Kapitän auf Eurem Schiff?"


    Michael musste unweigerlich den Kopf schütteln. Sowas hatte er ja noch nicht gehört. Ein weiblicher Kapitän und wahrscheinlich trug sie auch noch Hosen... er war zwar ein viel bereister Mann, aber er konnte der Rolle der Frau einfach nicht mehr zugestehen, als sie nunmal hier Sitte war. Unweigerlich fragte er sich, ob es üblich war, in Kaotien Frauen Männerrollen zuzugestehen.

    Isabella schaute zu ihrem Gatten hinüber, der sich wieder gesetzt hatte. Er sah sehr zufrieden aus und schaute ständig zwischen seiner Tochter und dem Gast hin und her mit diesem gewissen Lächeln.


    Sie selbst sah sich Herrn Bedevere genau an. Wenn er Interesse an ihrer Stieftochter hätte, könnte Marie doch noch ihre Pläne durchkreuzen. Sie bekam schlechte Laune bei diesem Gedanken und musste sich beherrschen, gute Miene zu machen.


    Sie sah Clarisse an, die schüchternd mit Herrn Bedevere plauderte. Vielleicht, ja vielleicht würde sie ja noch Glück haben...

    "Ahh... Glessar - das war für uns ganz schön ein Schock gewesen, als Tuok sagte, Du seiest "verschwunden"."


    Der Hausherr stand auf und ging zu dem Ritter herüber und bot ihm die Hand zum schütteln an: "Dann bin ich Euch umso mehr zu Dank verpflichet, dass ihr meiner Tochter beigestanden habt. Wir hatten ja solche Angst um sie!"

    Michael de Moriba beeilte sich, schnell zu vergewissern:


    "Aber nein, aber nein... Bitte folgt mir. Meine Gattin wird erfreut sein, hohen Besuch an ihrer Tafel zu haben. So könnt Ihr uns vielleicht auch aus Kaotien berichten... wir wissen noch nicht sehr viel über die neue Heimat, die meine Tochter nunmehr bewohnen wird."


    Der Hausherr ging voran, um die Tür zum Wintergarten zu öffnen. Herr Bedevere trat hindurch.


    Er sah einen schönen Wintergarten, wenn auch wenig Pflanzen hier drin standen.


    Der Hausherr stellte dem Ritter seine Gattin vor:


    "Das ist meine liebreizende Frau, Isabella de Moriba! Meine Liebe, das ist Herr Bedevere Noyau de Guet-Clermont, ein kaozischer Ritter, der Marie abholen kommt. Ist das nicht nett!"


    Isabell stand auf und knickste vor dem edlen Herrn. In der Nähe sah er noch größer aus und sie war beeindruckt, wie er da vor ihr stand in seinem eleganten Waffenrock. Sie gab sich von ihrer charmantesten Seite und hielt Blickkontakt zu dem Herrn Ritter:


    "Ich bin hoch erfreut, Eure Bekanntschaft zu machen. Bitte setzt Euch doch. Was dürfen wir Euch anbieten?"

    "Wie kommt Ihr denn darauf, Umstände zu bereiten? Meine Gatinn und ich würde uns freuen, wenn Ihr uns Gesellschaft leistet... und vielleicht kommt Marie in der Zwischenzeit mit ihrer Cousine auch wieder zurück."


    Herr de Moriba war neugierig auf den Ritter vor ihn. Wenn alle Herren in Kaotien so stattlich waren, würde es vielleicht nicht so schwer werden, seine Tochter zu verheiraten.


    Einstweilen hatte Michael nur den Eindruck, dass seine Tochter nicht so leicht gewillt war, sich zu verehelichen. Er wusste, dass sie eine sehr pflichtbewusste Tochter war, doch manchmal... da kam es ihm vor, als hätte sie Geheimnisse vor ihm. Wenn er mehr Zeit für seine Tochter gehabt hätte, wäre er diesen Geheimnissen vielleicht auch die Spur gekommen. Aber so hoffte er immer noch inständig, dass sie bald einen Gatten fand und ihm den ersehnten Enkelsohn schenkte.


    Erwartungsvoll schaute er den Ritter an und zeigte in Richtung Wintergarten mit seinem Arm.


    Isabell, die heimlich aufgestanden war und an der Tür zum Wintergarten gelauscht hatte, schaute durch den kleinen Spalt in den Salon. Ihre Neugier war zu groß gewesen. Mit zusammengekniffenen Augen musterte sie den kaozischen Ritter in seinem dunkelroten Wappenrock und den großen grauen Adler. Sie erschrak, als ihr Gatte den Ritter einlud, in den Wintergarten zu kommen, um ihnen zu speisen. Schnell setzte sie sich wieder an den Tisch und las die Zeitung.

    Michael war überrascht und auch beeindruckt. Ein Reichsritter Kaotiens!


    "Ich bin hoch erfreut, Eure Bekanntschaft zu machen, verehrter Herr! Und ich finde es sehr großzügig, dass die Fürstin Marie abholen lässt. Meine Tochter ist zur Zeit nicht zugegen. Darf ich Euch etwas anßbieten?"


    Er musterte den kaozischen Ritter vor ihn. Ein stattlicher junger Mann...

    Das Hausmädchen wiederholte nochmal leise den Namen und bat den edlen Herrn herein in den Flur.


    "Ich werde meinen Herren gleich holen, darf ich um Euren Mantel bitten?"


    Sie nahm den Mantel des Besuchers ab und legte ihn auf einen Stuhl. Dann bat sie ihn, ihr zu folgen und führte ihn in den Salon, deutete auf die Sofasitzgruppe hin.


    "Mein Herr wird Euch gleich empfangen. Bitte setzt Euch, mein Herr."


    Sie wartete, bis sich der Fremde hingesetzt hatte und ging durch eine Seitentür in den Wintergarten, wo die de Moribas beim Frühstücken saßen.


    Das Hausmädchen trat an den Hausherren heran und meldete den Besucher.


    Michael hob eine Augenbraue bei der Nennung des Namens des Besuchers: "Hmm... ich kenne zwar keinen Herrn mit diesem Namen... er sitzt nebenan? Gut, ich komme..."


    Isabell war neugierig und versuchte, durch den Spalt in der Tür einen Blick auf den Gast zu werfen. Sie fragte ihren Mann, ob sie ihn denn begleiten solle - dieser jedoch verneinte und legte ihr die Zeitung hin mit der Bemerkung, dass sie nun den Gesellschaftsteil lesen könne.


    Michael ging durch die Tür des Wintergartens und stand im Salon. Da saß er - der feine Herr... Michael ging um die Sofagruppe herum, so dass er direkt vor dem Besucher stand.


    "Willkommen, Herr Noyau de Guet-Clermont, in meinem Heim. Ich bin Michael de Moriba. Darf ich fragen, was Euch zu mir führt. Ich glaube nicht, dass wir uns vorher schon einmal begegnet sind?"


    Der Besucher stand auf und stand in voller Größe vor dem um einiges kleineren Hausherrn, der sich vor ihm verbeugte.

    Michael de Moriba und seine junge Gattin saßen im Wintergarten beim ausführlichen Frühstück. Der Hausherr las die örtliche Gazette und schüttelte den Kopf.


    "Wenn das so weiter geht, wird es großen Ärger geben. Schon wieder ein Schiff, dass geplündert wurde von diesem Pack!"


    Isabell schaute von ihrem Buch auf und nahm einen Schluck Tee aus ihrer Tasse. Sie interessierte solche Themen nicht im Mindestens. Statt dessen fragte sie: "Wenn Du fertig bist, könnte ich dann den Gesellschaftsteil bekommen?"


    Michael schnaubte leicht verächtlich. Frauenzimmer! So hörte er auch nicht die Türglocke, die betätigt wurde und einen Besucher ankündigte.


    Ein Hausmädchen öffnete die Tür und sah einen sehr großen, stark wirkenden Mann mittleren Alters, der sie persönlich einschüchterte und den sie zuvor hier noch nie gesehen hatte.


    Sie knickste und fragte: "Ja bitte, der Herr? Sie wünschen?"

    Michael, der in einem Sessel saß, erwiderte:


    "Oh, Kinder! Ich merke doch, dass meine Knochen alt und müde sind. Aber, warum schnappt Ihr Euch nicht Fanny oder Prya oder wer da auch immer noch in der Küche rumlungert und nimmt Euch die Paare, die ihr braucht. Ich sehe sehr gerne zu."


    Er schaute zu seiner Gattin: "Und ich denke, dass Isabell Euch musikalisch begleiten möchte, nicht wahr - meine Liebe?"


    Isabell drehte sich zu ihm. Sie bejahte - wollte sie ihn nicht verärgern, wenn sie heute Nacht nochmal was von ihm wollte... schließlich wollte sie ihr Ziel erreichen.


    Fanny klatschte in die Hände. Zwar war sie nicht viel jünger als der Hausherr, doch sie mochte das Tanzen schon immer. Sie ging schnell in die Küche und holte Prya und noch zwei weitere Mägde, die sich erst sträubten, mitzukommen. Doch als Fanny ihnen versicherte, dass der Hausherr es sogar ausdrücklich wünschte, kamen sie schnell herbei.

    Michael ging auf seine Tochter zu, nahm ihre Hand und führte sie zu einer freien Fläche im Raum.


    "Hmmm... ich denke nicht, dass Du den Walzer beherrscht."


    Marie schüttelte wortlos den Kopf.


    "Hätte ich auch nicht angenommen, dass Floras Tante es Euch erlaubt hätte, es zu erlernen. Ich hoffe dennoch, Du wirst ihn jetzt am Hofe erlernen und vielleicht auch irgendwann in den Genuss kommen, diesen Tanz mit einer Person zu tanzen, die in Deinem Herzen ein Platz findet. Es war der Lieblingstanz Deiner Mutter und mir. Nun denn... da ich nicht mehr der Jüngste bin, versuchen wir eine Pavane d'Honeur? Ich hoffe, dass ich noch runter komme," zwinkerte er ihr zu.


    "Isabell, mein Liebling - bist Du so nett und begleitest uns musikalisch?"


    Isabell drehte sich wieder zum Klavier um und begann zu spielen. Wie gut, dass keiner sehen konnte, wie sie ihre Augen verengte. Nein, das passte ihr gar nicht.