Beiträge von Lian

    "Du bist jederzeit herzlich willkommen. Und Du wirst immer in meinen Gebeten sein."


    Er deutet mit der Laterne in Richtung der Treppe und begleitet Keela wieder nach oben. Dort finden sie die anderen bereits zum Aufbruch bereit. Lian schaut Keela einen Moment an, dann umarmt er sie.


    "Möge Lukranis Dich ewig begleiten und mögest Du ein Licht bleiben in dunklen Zeiten."


    Er hält sie einen Moment fest, dann schaut er zu Thalion, der Keelas Zügel hält.


    "Auch Euch möge der Herr segnen, es ist gut, dass gerade Ihr in dieser Zeit zu uns steht."

    Tatsächlich geht es Keela schon weit besser als sie dachte, nachdem sie Lians Hand genommen hat.


    Lian nickt Thalion zu: "Ich werde Euch erwarten."


    Mit einem Lächeln bittet er Keela, ihm zu folgen. Gemeinsam betreten sie wieder das alte Gemäuer von Asbraven Keep. Durch eine Tür, die Keela bisher nicht aufgefallen war, betreten sie eine Treppe, die tief in die Keller zu führen scheint. Lians Anwesenheit lässt Keela die Ängste, die sie kurz vereinnahmen wollen, schnell wieder vergessen. Lian nimmt eine Laterne vom Boden auf und führt sie in die dunklen Gänge.


    "Asbraven Keep ist schon seit vielen Jahrhunderten von wechselnden Besitzern immer wieder weitergebaut und verändert worden. Die ältesten Teile finden sich weit unten und auch ich habe noch lange nicht alles erkunden können. Und so ist es auch mit der Geschichte, in der wir alle uns momentan befinden. Der Kampf reicht schon sehr lange zurück, es gab und gibt Prophezeiungen, Siege und Niederlagen. Und auch wenn ich vieles weiß, liegt doch noch so vieles im Dunkeln. Doch vor Kurzem fand ich etwas, dass ich Dir zeigen möchte. Ich weiß, dass Dich immer noch viele Fragen quälen. Und ich glaube, alle Antworten, die Du suchst, finden sich in diesem Bild."


    Bei diesen Worten erreichen sie einen größeren Raum, in dem eine Wand schon vor langer Zeit bemalt wurde. Das Laternenlicht, das Lian in die Höhe hält, schafft es auf sonderbare Weise, das ganze Bild zu erhellen, auch wenn an einigen Stellen die Farbe abblättert und im unteren Teile Moose und Flechten ihren Platz zurückerobern wollen. Das Bild ist zweigeteilt und der untere Teil wird von einer Träne in einem Dreieck beherrscht.

    "Ich denke, Ihr solltet Euch tatsächlich um Eure Leute kümmern, Thalion. Ich möchte Euch natürlich nicht verbieten, Euch uns anzuschließen, aber ich glaube, Keela wird noch etwas mehr damit anfangen können."


    Lian bietet Keela seine Hand zum Aufstehen.

    "'Frei' ist sehr gut. Und glaubt mir, Ihr tut viel mehr für mich und den Orden, als Ihr annehmt."


    Er lächelt. Kurz geht sein Blick in Richtung Loghain.


    "Eure Begleiter scheinen langsam unruhig zu werden. Doch ich möchte Euch gerne noch etwas zeigen, bevor Ihr weiterreist, Keela."

    Lian führt Keela in den Kreis. Er deutet Ihr, sich zu setzen.


    Dann nimmt er erst eine und dann die andere Wasserschale in die Hand, streicht über den Rand und spricht ein kurzes Gebet.


    "Lichtbringer, Dein ist dies Wasser,
    das Unreine hinaus, zu heilen und zu schützen.
    Credo in aeternum"


    Dann gibt Lian Keela eine der Schalen zu trinken, während er mit einigen Tropfen aus der anderen die Salzkristalle benetzt. Dabei beginnt er, ein weiteres Gebet zu sprechen.


    Ohne mit dem Gebet zu enden, setzt er sich gegenüber von Keela, schaut ihr in die Augen und beginnt mit dem restlichen Wasser die Stelle in ihrem Gesicht abzuwaschen.


    "Erschaffer, Herr der inneren Einheit,
    In Deine Hände empfehle ich meinen Geist.
    Lichtbringer, Schöpfer unseres Lebens
    In Deine Hände empfehle ich den Geist Keelas.
    Credo in aeternum!


    Lass uns nicht wanken und nicht straucheln
    im Angesicht Größerer als wir.
    Schenke uns Deine Nähe, geliebter Herr,
    denn Deiner schützenden Hand bedürfen wir.
    Credo in aeternum!


    Sei unsere Stärke, wenn die unsrige uns zu verlassen droht,
    sei unser Heil, in der Stunde großer Not.
    Sei unsere Hoffnung, wenn wir schaudern
    Und unser Trost, wenn die Trauer uns übermannt.
    Credo in aeternum!


    Du bist unser Licht in der Welt der Dunkelheit und des Bösen.
    Du bist unsere Kraft, die alles behütet und alles bewahrt.
    Du bist er, der uns sich trägt,
    der uns leitet und beschützt.
    Credo in aeternum!


    Durch Dich werden wir über das Unreine und Böse triumphieren!
    Durch Dich werden wir die Widersacher des Lichts zu ihrer gerechten Strafe führen!
    Durch Dich werden wir sie in ihre Abgründe bannen und sie entflammen!
    Durch Dich wird der Dunkelheit Furcht gelehrt und Demut vor deinem Licht!
    Credo in aeternum!"


    Nach einer weiteren kurzen Meditation, entsteht ein sanftes Licht in den zum Gebet erhobenen Händen Lians. Zeigefinger beider Hände und Daumen tippen sich an, so das ein Dreieck entsteht, das mit zunehmender Inbrunst des folgenden Gebetes an Intensivität gewinnt und letztlich wie ein verbrennendes Feuer erscheint. Während des Rituals vor allem der letzten Worte beginnt das Mal aufzuleuchten und zu zischen. Es wird nach verbranntem Fleisch riechen. Die Worte werden mit zunehmender Lautstärke und Härte gesprochen, die Keela und Thalion so noch nie von Lian gehört haben. Zum Schluss lässt sich Lians Stimme gar nicht mehr erkennen, jemand anders Stimme scheint durch den Tempel zu hallen.


    (leise gesprochen, sanft wie ein Versprechen)
    Siehst du es… ich bin seine richtende Hand!
    Hörst du es… ich bin sein Wunden reißendes Wort!
    Fühlst du es… ich bin seine Fleisch gewordene Waffe!
    Erkennst du es… ich bin sein verbrennendes Licht!
    Ich bin der Wille und die Tat!


    (inbrünstiger und lauter werdend)
    Als seine Hand läutere ich.
    Durch sein Wort befehle ich dir, unreine Kraft, hebe dich hinfort!
    Als Waffe entreiße ich dich der untoten Schlächterin.
    Als sein Licht verbrenne ich dein schändliches Mal.


    Wisse, ich bin die richtende Hand!
    wisse, ich bin das Wunden reißendes Wort!
    Wisse, ich bin die Fleisch gewordene Waffe!
    Wisse, ich bin das verbrennende Licht!
    Wisse, ich bin der Wille und die Tat!
    Hebe dich hinfort Schatten, ich verdamme dich und verbanne dich ins Dunkel!


    Ich treibe dich aus, denn ich bin die Fackel, die die Finsternis zurücktreibt!
    Weiche hinfort in den stinkenden Abgrund!
    Aus deinen Klauen gib sie frei, denn du kannst sie nicht halten!


    Der Geruch nach verbranntem Fleisch hängt wie eine Wolke über dem Ritualkreis. Thalion war zwischenzeitlich aufgesprungen, aber da Keela nicht reagierte, sondern weiterhin ruhig sitzen blieb, beruhigte sich der große Mann auch wieder.


    Keela spürte keinen Schmerz, sie sah nur das Licht, spürte immer noch die kühle Feuchte des Wassers in ihrem Gesicht.


    Als das Licht erlischt und Thalion Keela wieder betrachten kann, sieht er die Brandwunde, die sich statt des Males gebildet hat.


    Doch dann nimmt Lian Keelas Gesicht in seine Hände und legt seine Stirn an ihre. Als er sie wieder loslässt und ihr aufhilft, ist die Wunde verschwunden. Dafür erkennt Thalion eine sehr ähnliche Wunde in Lians Gesicht.


    "Ihr seid nun frei, Keela. Würdet Ihr sie wieder in den Garten begleiten, Thalion? Ich komme gleich nach."

    Vor dem Altar ist der Platz völlig freigeräumt von den Bänken, die dort normalerweise stehen. Stattdessen wurde ein Kreis aus kleinen und großen Salzkristallen gebildet. Zwei Schalen Wasser stehen darin und warten auf den Beginn des Rituals. Außer den dreien ist niemand im Tempel.


    Lian deutet auf eine der zur Seite gerückten Bänke.


    "Setzt Euch, Thalion, es wird sicherlich einige Zeit in Anspruch nehmen."


    Dann sieht er Keela an, wie so oft strahlt er diese angenehme Ruhe aus.


    "Seid Ihr bereit?"

    Er nickt aufmunternd, als sie das Tuch entfernt und den ersten Satz spricht.


    "Ich sehe, Ihr seid bereit. Habt keine Angst, Keela, Lukranis wird mir die Möglichkeit geben, das Zeichen mit seinem heiligen Feuer auszubrennen. Aber Ihr werdet keinen Schmerz verspüren, denn dieses Mal ist nicht Teil von Euch."


    Er wendet sich Thalion zu.


    "Seid dabei, Freund, gebt Ihr Kraft und betet für uns."


    Wieder zu Keela, spricht er weiter:


    "Ich habe alles bereits vorbereitet, folgt mir in den Tempel."

    Als das Essen beendet ist, bittet Lian die beiden mitzukommen. Er führt sie in einen kleinen Kräutergarten hinter dem Hauptgebäude.


    "Ich bin immer gerne hier, hier kann ich Ruhe finden."


    Er sieht Keela an.


    "Wenn Ihr bereit seid, können wir uns heute um das Mal kümmern, dass Euch zeichnet. Aber es liegt an Euch, Ihr müsst dafür bereit sein."

    Kurz nach Sonnenaufgang weckt ein leises Klopfen die beiden Reisenden. Als sie in den Speiseraum kommen, sitzen dort schon die Soldaten, die sie nach Asbraven Keep begleitet haben, auch Loghain schaut auf, als Keela den Raum betritt. Einige wenige junge Mitglieder des Ordens essen und trinken dort ebenfalls gemeinsam mit Lian. mit einer Geste bittet er sie an den Tisch, woraufhin ein Novize ihnen Wasser und Brot bringt.

    "Ich würde Euch gerne mehr helfen, Thalion."


    Er führt ihn durch die bekannten Gänge des alten Gemäuers.


    "Ich bin mir nicht sicher, ob dies eine Entscheidung ist, die Ihr treffen müsst, Thalion. Als Ordensvorsteher des Ordens der Träne sage ich natürlich, bringt sie her. Aber auch da muss ich Eurem Urteil vertrauen. Wenn sie dort oder auch an einem anderen Ort gebraucht wird, dann muss sie diesen Weg gehen. Lukranis wird uns beistehen."


    Er öffnet die Tür zu Thalions Raum.


    "Kann ich sonst noch etwas für Euch tun?"

    "Es tut mir leid, Thalion, aber dazu kann ich Euch nicht mehr sagen. Ich weiß, dass es sie gibt und dass sie entscheidend sein wird im Kampf gegen die Chaosmaid, aber auch ich habe sie nie gesehen. Ich bin mir jedoch sicher, Ihr werdet sie erkennen."


    Langsam erhebt er sich.


    "Ich denke, es ist nun auch Zeit für Euch, Ruhe zu finden. Ich bringe Euch in Euer Quartier."

    Lian hatte ihm zugehört. Als Thalion fertig ist und sich entschuldigt, schaut Lian ihn lange an. Und trotz des Geständnisses spürt Thalion Ruhe und Vertrauen in diesem Blick.


    "Ein jeder von uns trägt Schuld in sich, Thalion. Besonders jene, die Entscheidungen fällen müssen. Oft ist es nur ein Lidschlag, in dem man sich entscheiden muss. Und niemand kann sagen, was passiert wäre, wenn man sich anders entschieden hätte. Vielleicht würde Tharea noch leben. Vielleicht wäre sie aber dennoch tot - und viele andere mit ihr. Entscheidungen fällen zu müssen, besonders über andere, ist eine schwere Bürde."


    Lian strahlt eine Welle von Ruhe und Kraft aus, als er die nächsten Worte spricht.


    "Ihr wisst, die schwersten Entscheidungen stehen Euch noch bevor. Handelt in Eurem Glaube mit Eurem Herzen und Ihr werdet die richtigen Entscheidungen treffen. Doch eines ist sicher, es wird viele Opfer geben, die Ihr nicht verhindern könnt. Und es werden Eure Freunde darunter sein, manche von ihnen werden diesen Weg nur für Euch gehen. Aber sie gehen ihn, weil sie Euch vertrauen, weil sie wissen, dass Ihr den richtigen Weg geht. Ich wünsche Euch von ganzem Herzen, dass Lukranis über Euch wachen werde, damit Eure Entscheidungen nicht allzu bitter werden. Ich würde jederzeit mit Euch gehen, aber ich habe einen anderen Weg zu beschreiten. Vergesst Tharea nicht, genauso wie die anderen, die schon vorangegangen sind, aber grämt Euch nicht, sondern haltet sie im Herzen, damit Ihr nicht vergesst, wofür Ihr kämpft."

    Lian zeigt ihr den Raum, in dem sie auch bei ihrem letzten Besuch untergebracht war. Wie immer ist er sehr spartanisch, aber die Aussicht ist besonders und das Wasser im Krug auf dem Tisch ist frisch.


    "Ruht Euch aus. Ihr werdet morgen Eure Kraft brauchen. Bevor ihr in den Osten aufbrecht, wird Lukranis Euch von diesem Mal befreien. Denn sie kann und wird es benutzen. Habt keine Angst, ich werde bei Euch sein.


    Noch einmal schaut er ihr in die Augen.


    Und sobald das geschafft ist, möchte ich Euch noch etwas zeigen. Aber jetzt schlaft. Möge Lukranis Euren Schlaf bewachen. Bis morgen!"


    Er lächelt sie an, während er langsam die Tür schließt.


    Einige Zeit später kommt er mit einem frischen Krug Wasser zu Thalion, der schon in Gedanken damit begonnen hatte, das zu ordnen, was er Lian sagen wollte. Dieser füllt die Becher neu und setzt sich ihm gegenüber.

    "Ich würde vorschlagen, Ihr ruht Euch ein wenig aus. Ich hoffe, Ihr könnt hier etwas Kraft gewinnen. Ihr müsst auch nicht mit mir darüber reden, aber werdet Euch dieses Mareks bewusst. Was auch immer passiert ist und noch passieren wird, ihn und die Zeit mit ihm kann Euch keiner nehmen. Das wird Euch die Kraft geben, die Ihr braucht. Das, was sich jetzt Marek nennt, ist schon lange nicht mehr der, der Euch liebte. Aber es gab diese Liebe und sie soll Euch führen."


    Er schaut Keela noch einen Moment an, sein Blick ist wie so oft durchdringend und doch beruhigend. Dann wendet er sich an Thalion.


    "Wenn Ihr mögt, könnt Ihr noch heute abend Eure Beichte ablegen oder erst, bevor Ihr weiterzieht. Es liegt an Euch."

    "Von dem, der in Eurem Herzen ist. Ich glaube nicht, dass das einer dieser beiden ist..."


    Er schaut sie einen Moment an.


    "Aber wir können auch einfach das Mal beseitigen, das Ihr tragt. Ich kann verstehen, dass Euch das andere nicht so leicht fällt - und ich bin Euch fremd. Fühlt Euch also bitte nicht dazu genötigt. Ich möchte nur, dass Ihr Euch das bewahrt, denn manchmal frisst das reinigende Feuer Lukranis' mehr als uns lieb ist."