Scrum lief auf Connar zu. Wie zu erwarten, war er so gut wie unverletzt. Außerdem hatte er eine liebreizende Elbe im Arm, deren Gesicht tränennass war. Innerlich schüttelte Scrum mit dem Kopf. Wie macht er das immer? fragte er sich. Keine Schramme abbekommen und noch eine schöne Frau in der Nähe. Seis drum.
Er ging auf beide zu und schloss sie in seine Arme.
Ein Glück, dass Du unverletzt geblieben bist. Ich habe es fast nicht anders erwartet. Wie mir scheint, hast Du jemanden gerettet? Ich hoffe, es geht Euch gut?
Ein eingehender Blick verriet ihm, dass der Elbe wohl nichts geschehen war.
Über die Schulter von Connar hinweg sah er Talris auf sie alle zuwanken. Sein Arm stand unnatürlich vom Körper ab.
Komm mit, wenn Du kannst, rief er Connar zu und lief auf Talris zu. Er hielt den offensichtlich etwas verwirrten Talris an.
Dein Arm sieht schlimm aus. Wir müssen sofort etwas unternehmen. Wo ist Ancalima?
Talris sah Scrum etwas verständnislos an. Zu viele Dinge schienen ihn zu beschäftigen. Er murmelte etwas von Krankenhaus und zeigte irgendwo hinter sich. Scrum nahm Talris am unverletzten Arm mit sich. Zwischendurch fragte er nach dem Krankenhaus. Welch Errungenschaft, dass es hier so etwas gibt, dachte er.
Als sie nach einiger Zeit dort angekommen waren, zog es Talris in einen bestimmten Raum. Scrum gab ihm nach und sie kamen in einen sonnendurchfluteten Raum. Doch der schöne Eindruck währte nur kurz. Schmerzenslaute und Stöhnen aus vielen Kehlen waren zu hören. Eilig liefen viele Leute durch die Gegend, um zu helfen, wo es vonnöten war. Talris stolperte voran und hielt vor einem Bett. Erst auf den zweiten Blick erkannte Scrum, dass es Ancalima war.
Er hieß einen vorbeilaufenden Elb ein Bett für Talris heranzubringen. Offensichtlich war zu diesem Elb schon die Nachricht vorgedrungen, bei wem es sich um Talris handelte. Innerhalb weniger Augenblicke war das Bett da.
Scrum hieß die Elben das Bett neben das von Ancalima zu stellen.
Das sollte die Heilung beider begünstigten, dachte Scrum.
Er drückte Talris auf das Bett und schnitt mit einem Messer den Ärmel am gebrochenen Arm auf. Der Oberarmknochen drückte stark gegen die Haut und war kurz vor dem Durchbrechen. Ein Wunder, dass Talris noch bei Bewußtsein war.
Scrum wusch vorsichtig Blut und Schmutz vom Arm. Dann vergewisserte sich Scrum, dass Talris keine anderen gravierenden Verletzungen hatte und sagte zu ihm:
Ich werde Dich nun in einen heilsamen Tiefschlaf versetzen. Doch wehr Dich nicht, ansonsten wirkt der Zauber nicht wie vorgesehenen.
Talris sank herab. Scrum öffnete seinen Beutel und holte einige Holzstäbchen heraus, die er an alle vier Ecken des Bettes band. Dann zündete er alle mit einem
Fulumbar
an und pustete sie nach einem kurzen Aufflammen wieder aus. Alle Stäbchen glimmten und innerhalb weniger Augenblicke war das Bett in einen beruhigenden Duft gehüllt. Scrum nahm etwas schwarzen Sand aus einem braunen Lederbeutel und streute diesen über Talris Stirn. Dann legte Scrum beide Hände auf Talris Schläfen und sprach
Nex Magia Perdo Mentem
Talris entspannte sich unter Scrums Händen und fiel in tiefen Schlaf. Ein weiterer Griff in die Tasche brachte ein kleines Päckchen zum Vorschein, welches aus Blättern bestand. Er wickelte die Blätter auseinander und entnahm vorsichtig ein winziges Messer aus bläulichem Metall. Mit einer geübtem Blick schnitt er die Haut über dem gebrochenen Knochen auf. Dunkles Blut quoll aus dem Schnitt hervor.
Wie ich es mir gedacht hatte, eine beginnende Blutvergiftung, schoß es Scrum durch den Kopf.
Scrum vergrößerte den Schnitt und rief nach warmen Wasser. Man reichte ihm eine Schüssel mit Wasser. Scrum goß etwas Wasser über die Wunde und fing die Flüssigkeit in einem Lappen auf, damit das Bett trocken blieb. Dann drückte er sachte auf die Wundränder und weiteres dunkles Blut quoll hervor. Talris zuckte kurz, doch er wachte nicht auf.
Scrum hieß einen neben ihm stehenden Elben Talris aufzusetzen und unter der Brust festzuhalten. Dann nahm Scrum den gebrochenen Arm vorsichtig in die Hände und zog ihn langsam aber stetig zu sich. Der Knochen rastete mit einem hörbaren Knirschen wieder ein. Scrum ließ Talris wieder hinlegen lassen. Weiteres dunkles Blut lief aus der Wunde, doch waren die Finger nun wieder rosig und gut durchblutet. Der Arm schien wieder Leben in sich zu haben. Scrum wischte sich einige Schweißperlen von der Stirn. Alles schien gut zu verlaufen.
Wie bei dem Elb im Turm säuberte er die Wunde. Ein Knochensplitter kam hervor. Diese Kraft ist schon unersetzbar, dachte er. Mit weiterem Wasser wusch er das Blut weg. Aus einem kleinen, hölzernen Tiegelchen entnahm er etwas Salbe und bestrich die Wundränder. Dann zeichnete er mit dem Finger vier Runen mit der Wundsalbe um die Wunde herum. Er verschloss die Wunde mit einem Zauber:
Creo Corporem Medicam Magia
Schließlich schnitt er aus Talris abgetrenntem Ärmel eine provisorische Schlinge und befestigte den Arm vorsichtig am Körper. Talris hatte nun einen zufriedenen Gesichtsausdruck.
Erschöpft sank Scrum zurück. Mit dem restlichen Wasser reinigte er sich Hände und Gesicht und sank neben dem Bett auf den Boden. Fast wie berechnet verlöschten alle Holzstäbchen an den Bettpfosten.
Ich sollte dringend den Zauber erlernen, der auch Knochen wieder einrichtet, dachte Scrum und glitt hinüber in einen traumlosen Schlaf.