Beiträge von Astos

    "Endlich mal wieder keine Verpflichtungen und ein wenig Zeit für die immer fröhlichen Schäfchen im Hafenbezirk" , dachte sich Astos, als er sich nach langer Abwesenheit wieder dem Eingang der Flunder näherte.
    Während er in seinen ersten Tagen in Renascân noch bemüht war seinen Stand bei seinen Besuchen in der Flunder nicht preiszugeben, trug er nun schon seit einigen Monden seine, mit der Layatatze bestickten, Spruchbänder am Gürtel und auch das Zinnabzeichen in Form einer Bärentatze an seiner Mütze legte die Vermutung nahe, man habe es mit jemandem zu tun, der im Dienste der lächelnden Herrin steht.
    Eigentlich war es für den größten Teil der Hafenbevölkerung noch zu früh um das am Tage verdiente Kupfer in Alkohol umzusetzen, doch der ein oder andere Tortuga-Libre schon bevor der Laden richtig in Schwung kam konnte schließlich nicht schaden.
    Munter stieß der junge Priester die Tür zum Schankraum auf und ließ den Blick schweifen. Er staunte nicht schlecht, als er den Raum recht "sauber" und zudem nicht menschenleer vorfand.
    Näher an den gut besetzen Tisch herantretend verbeugte er sich knapp vor den beiden Schankmaiden und rundete die Geste mit einem schelmischen Lächeln und einem gesäuselten "Die Damen" ab.
    Mit einem Blick in die Runde fügte er hinzu "Und die Ay'neil, das nenne ich doch eine erfreuliche Überraschung. Zum Gruße."

    Der an kärgliches Quartier gewöhnte junge Mann nickte bei der Auflistung seiner Ansprüche, doch nicht ohne einen Hauch von Bitterkeit auf seiner Mine zu zeigen. Zum Glück hatte er sich nie der Phantasie hingegeben Renascân sei das gelobte Land für einen viel zu jung viel zu erfahrenen Kämpfer wie ihn.
    Die Erwähnung seiner Einstufung quittierte er dann wieder mit einem gewinnenden Lächeln, ohne den Anflug von Freude auf dem Gesicht des Schreibers bewusst wahrzunehmen.
    Reinmar wandte sich sodann um, folgte zielstrebig dem beschriebenen Weg und nach kurzem Gespräch mit dem Wachhabenden verließ er das Quartier auch schon wieder. Nach einer so langen Zeit auf dem Meer, umgeben von Wasser und Ratten, zweibeinigen wie vierbeinigen, brauchte er vor allem eins: Ein Badehaus. Danach ginge es frühzeitig ins Bett um am nächsten Morgen bei der Einstufung zu glänzen.

    Reinmar legte den Kopf leicht schief und sah den Schreiber kurz verdutzt an. Sodann griff er aber nach dem Stift und tat wie ihm aufgetragen wurde. Den Stift und das mit den Kreuzen versehene Papier schob er danach mit einem leisen Räuspern wieder zu Frederico.

    Der "Scherz" des Schreibers wird nur mit einem sehr knappen lächeln quittiert. Blieb zu hoffen, dass der Humor dieses Mannes genauso ausgefallen war wie seine Vorstellungen von Raumgestaltung, ansonsten verspräche die neue Heimat wenig Unterhaltsamkeit.
    "Mein Name ist Reinmar. Ich komme geradewegs aus Rokono. Alter: 23. Meinen bisherigen Beruf würdet ihr wohl als den eines gerichtlichen Zweikämpfers bezeichnen. Waffengattungen; hm ich nenne mal nur die, auf die ich mich gut verstehe. Das wären nur das lange Schwert, kurzes Schwert mit Buckler, das lange Messer, die Mordaxt und der Fußstreithammer. Grundkenntnisse im Kampf mit dem Scheibendolch verstehen sich da von selbst. Und mit dem Jagdbogen weiss ich umzugehen, wie es sich für einen Mann von Format nunmal gehört."
    Die ganze Aufzählung war in einem bewusst nüchternen und beiläufigen Ton vorgetragen. "Ja, das sollte es auch schon sein. Was müsst ihr sonst noch wissen?"

    "Ich, ehm", Reinmars Gesichtszüge nahmen langsam wieder ihre gewohnte Strenge an, "Ich bin hier um mich für die Garde einzuschreiben."
    Gemessenen Schritts und bemüht sich nicht weiter von den Papiermassen ablenken zu lassen trat er direkt vor den Tisch des Schreibers.

    Nach der Begutachtung und der knappen Beschreibung wo er sich einzufinden haben nickte Reinmar den Gardisten abermals zu und schritt langsam weiter, darauf bedacht nicht allzu suchend zu wirken. Glücklicherweise war das beschriebene Zimmer schnell gefunden. Unmittelbar nach einem recht leisen anklopfen öffnete er die Tür und überschritt sogleich die Schwelle.
    Er hatte den Mund schon zu einem Gruß geöffnet, als er der bedrohlichen Zettelberge gewahr wurde. Einen Moment verharrte er so, schaffte es dann aber zumindest sich daran zu erinnern, dass er den Mund der Optik wegen besser wieder schließen sollte. Der Blick schwankte fortwährend zwischen dem Papierunrat und dem kleinen Schreiber hinter seinem überdiemensionierten Tisch.

    Am frühen Nachmittag dieses ausgesprochen sonnigen Sommertages hatten Reinmars Füße zum ersten mal renascânischen Boden berührt. Nun bewegte er sich zügigen Schritts vom Hafen her auf das Gebäude zu, dass nach den Beschreibungen des hrayländischen Kapitäns seiner "Mitfahrgelegenheit" das Einschreibungsgebäude der Garde war. "Mitfahrgelegenheit" war zu Reinmars Leidwesen auch die einzig mögliche neutrale Bezeichnung für den an mehr als einer Stelle geflickten Bretterhaufen, mit dem er sich von Rokono aus auf den Weg gemacht hatte. Als er in sicht- und hörweite des wachgebäudes kam verschwand der hoch gewachsene Mann noch einmal kurz aus den Augen der wachhabenden Gardisten.
    Beinlinge, Bruche und Doublet mussten noch ein letztes Mal unauffällig gerichtet werden, wenn schon keine Zeit war sich in vollem Umfang von den, doch nicht unwesentlichen, Spuren der Überfahrt zu befreien. Noch einmal den Staub abklopfen, die Haltung straffen und schon trat er aus der Gasse, in die er sich zurückgezogen hatte, wieder in das Sichtfeld der Gardisten. Erhobenen Hauptes trat der junge Lorenier an das Wachpersonal heran.
    "Die fünfte zum Gruße", seine Worte bedachte er mit einem knappen Kopfnicken "Ihr könnt mir doch sicher sagen, wo ich den Schreiber finde, bei dem ich mich für die renascâner Garde verpflichten kann."