Beiträge von Tschazzar ad'Orares

    Doch sobald Alanis das Kind berührt weicht die Angst wieder dem Wissen, daß sie, Ancale und Tarant die einzig wirklichen Personen hier sind. Die Kälte läßt schlagartig nach.
    Ancale fühlt sich wärmer an als eben noch. Alanis fühlt wie sich seine Hand vor Zorn verkrampft, Zorn auf diesen fremden Mann. Ziemlich hilfloser Zorn. Erwachsene hören Kindern einfach nie zu! So eine himmelschreiende Ungerechtigkeit.
    Statt dessen schießt dieser Mann jetzt mit einer ausgedachten Armbrust auf einen ausgedachten Soldaten, den er selber durch seinen eigenen Zorn auf sich selbst gerichtet hat. Das ist so als ob jemand versucht mit einem Schwert in jeder Hand, rechte gegen linke Hand mit sich selbst zu kämpfen.

    Stirnrunzelnd beobachtet Ancale das seltsame Vorgehen. Jetzt stürzte sich die Figur, die der zornige Mann geschaffen hatte mit seinem Zorn auf ihn. Wenn er nicht bald anfing vernünftig zu werden dann würde er sich noch weh tun.


    Mit einem Mal ist das Kind vom Hügel verschwunden und taucht völlig unvermittelt vor Tarant auf.
    "Du bist dumm", fährt es den Gardisten zornbebend an. Die Flammen in seinen Augen schlagen höher.
    "Hör auf damit! Du machst alles schlimmer!"

    Ancale schaut den beiden verständnislos hinterher. Vor allem als Alanis sich hinsetzt und den Hügel hinunterrutschte. Wollte sie jetzt also doch rodeln.
    Er schaut sich um. Eigentlich ist das gar kein schöner Traum hier. Alles so weiß und kalt. Man muß sich echt immer wieder daran erinnern, daß das nur geträumt ist damit man nicht friert. Er wäre sicher lieber woanders. Er könnte ja gehen, aber er hat das Gefühl daß die beiden Erwachsenen Hilfe brauchen, damit sie auch gehen können. Auch wenn er keine Ahnung hat wie er das anstellen soll wenn sie das nicht selber schaffen und sich auch noch so festhalten. Und streiten. Er seufzt und schaut wieder in ihre Richtung, unentschlossen was er tun soll.

    Ancale tut einen überraschten Schritt rückwärts und setzt sich mit einem Plumps in den Schnee. Der um ihn her sofort zu Wasser wird.
    Mit großen Augen schaut er den Erwachsenen beim Streiten zu, zu perplex um irgend etwas zu der Unterhaltung beizutragen.

    Ancale schaut Alanis überrascht an. "Doch, klar machst du das."
    Er schaut sie prüfend an und nimmt dann ihre Hand. Die Berührung ist warm und trocken - und mit einem Mal scheinen das Kind und Tarant das einzig Reale an der Szenerie zu sein. Er nickt, läßt ihre Hand wieder los und das Gefühl vergeht.
    Er wendet sich Tarant zu und der Blick aus den Flammenaugen wandert genau so prüfend über die Gestalt des Gardisten.
    "Aber du", sagt er langsam, "Du hälst auch fest..."
    In unbedarftem kindlichen Vertrauen greift er auch nach dessen Hand.

    "Oh", macht das Kind.
    "Du träumst", sagt es dann und schaut Alanis sehr ernst in die Augen. "Du mußt nur aufwachen. Und ihn loslassen." Er zeigt auf Tarant.
    "Wenn man mit anderen zusammen träumt ist es nicht gut zu vergessen daß man selber den Traum baut", sagt er dann etwas leiser und es klingt fast tadelnd.

    "Hier raus?" Ancale schaut sich um als ob er eine Tür sucht, über die sie geredet hat.
    "Wo willst du denn hingehen? Da hinten hast du ein Zigeunerlager gebaut." Er zeigt mit dem Finger in die Richtung, nur für den Fall, daß sie vergessen hat wie sie selbst ihre Umgebung gestaltet hat. Das kann ja mal vorkommen. Wenn man sich zu sehr auf einen Teil des Spiels konzentriert vergißt man schon mal andere Teile, mit denen man eigentlich auch spielen wollte.
    In seiner Nähe ist der Schnee und die Kälte tatsächlich weniger beißend, weniger - real. Als sie näher zu ihm kommt legt er den Kopf schief und lächelt zu ihr hinauf. Flammen tanzen in seinen Pupillen, deutlich sichtbar hier und allein der Anblick bringt es fertig Wärme zu verströmen. Seine Augen sind nicht blau, wie in der Realität, sondern von einem warmen Orangeton, flackern, wechseln die Farbe zu Rot und wieder zurück.

    Das Kind nickt.
    "Ich wollte wissen was du machst das so Krach macht", sagt er entschuldigend, doch wirklich verlegen über sein Eindringen scheint er nicht.
    "Aber kein Wunder daß ihr so laut seid, zu zweit", bemerkt er dann altklug. "Warum machst dus so kalt wenn du nicht rodeln willst?"
    Er greift nach einem Ast des Busches und der Schnee verwandelt sich sofort in Wasser. die darunterliegende geschwollene Knospe betrachtet er einen Moment bevor er den Ast wieder losläßt.

    Der Schnee in der Nähe des Knaben schmilzt tatsächlich. Auch ist das Kind nicht im geringsten naß, die blonden Haare stehen in wilden Locken von seinem Kopf ab. Knochentrocken.
    Und sind das Flammen, die in seinen Augen tanzen?
    "Du warst sehr laut", antwortet der Ancale genannte mit kindlicher Unbekümmertheit auf Alanis' Frage. "Ich wollte wissen warum. Wollt ihr rodeln?"
    Sein Blick schweift über die tief verschneite Landschaft.

    "Alanis, bist du da?"
    Die Kinderstimme kommt hinter dem Busch hervor, den sie gerade passieren und der auf den ersten Blick wie eine Schneewehe ausgesehen hat. Die Luft wabert darüber.
    Ein etwa siebenjähriger, strohblonder Junge kommt durch den Schnee auf die beiden zugestapft. Die Luft um ihn herum flimmert als wäre die Kindergestalt glühend heiß.
    Perplex blickt er von einem Erwachsenen zum anderen.
    "Was macht ihr hier?"

    In das allgegenwärtige Geschrei der Möven mischt sich, nicht plötzlich sondern ganz allmählich, das heisere Rufen anderer Vögel. Weit entfernt klingen die Stimmen, hoch am Himmel, unerreichbar für Pfeil oder Bolzen der Menschen am Boden.
    Jetzt werden sie lauter und dann taucht die erste Formation über den Dächern der Hafengebäude auf. V-förmig, die Spitze zur Sonne zeigend ziehen die vom Boden aus so klein wirkenden Tiere über den Himmel. Von dieser weit entfernten Position scheint die Formation stabil, doch betrachtet man sie länger verändert sich die Linie immer wieder. Der Vogel an der Spitze wechselt ständig - nicht aus Gründen ungeklärter Rangordnung, sondern weil das hier der anstrengendste Platz in der Gruppe ist. Alle anderen können sich von den Luftwirbeln, die die Flügel des Vordermanns erzeugen, tragen lassen.
    Das hier ist nur der erste Schwarm, der die Reise übers Meer antritt, viele andere folgen ihm. Sie kreisen über dem Nebelgebirge, lassen sich vom Aufwind in die Höhe tragen von der aus sie dann den langen Weg übers Meer in die südlichen Winterquartiere antreten.

    Interne Bekanntmachung


    Als Magister für Kampfmagie gehört Meister Trullock Rosso ab sofort dem Kollegium der Akademie an.


    Die unterrichteten Veranstaltungen sind dem Vorlesungsverzeichnis zu entnehmen.


    Gez.
    Für die Leitung
    Anna Urdenbach
    10. Tag des 10. Monats im Jahre 10 d.G.d.R.