Beiträge von Thraxas

    Der Landsknecht nahm sich ebenfalls eine Frucht aus Alanis' Topf, genoß sie und beantwortete dann erst Alanis Frage. "Ich würde gerne im Frühjahr weiterziehen können, wenn es möglich ist, aber wenn nicht, dann werde ich auch länger bleiben."
    Dann sah er kurz zum dunklen Fenster und dann wieder zu Alanis. "Euer Gnaden, solltet ihr irgendwann feststellen, das wir nicht weiterkommen, so bemüht euch dann nicht fruchtlos, ich möchte eure Zeit nicht über Gebühr beanspruchen."


    Eine weitere Frucht verschwand in seinem Mund.

    "Ihr klingt realistisch, Euer Gnaden." erwiderte der Landsknecht lächelnd. "Und genau deshalb habe ich mich entschieden zu euch zu kommen. Ich brauche jemanden, der den Realitäten ins Auge sieht und mich nicht mit Schönfärberei zu beruhigen sucht.
    Ich mag ehrliche, offene Worte und da seid ihr genau die Richtige."

    Thraxas lächelte gequält. "Ich möchte den Menschen dienen. Ich möchte in dem kleinen Teil, den ich beeinflussen kann, die Welt zu einem besseren Ort machen."
    Seufzend fuhr er fort: "Vielleicht kann mir diese neue Gabe dabei helfen und dann werde ich sie dankend annehmen und begrüßen."

    Sofort wiegelte der Landsknecht erschrocken ab. "Ich glaube nicht, daß ich ein größeres Geschenk als Schwester Lora bekommen habe. Wir sind sicher nicht vergleichbar und zur freien Verfügung habe ich gar nichts."
    Etwas ruhiger fuhr er fort: "Frau Alanis, ich will und werde mit meiner Gabe nichts anderes tun als bisher auch. Ich möchte heilen und wenn es der Silbernen gefällt, dann in seltenen Fällen auch mit ihrer Hilfe, aber ich werde mit dieser Gabe nicht hausieren gehen und ich werde sie nicht zur Schau stellen. Ich will Thraxas bleiben, Feldscher und Armbruster. Ich möchte erreichen, das diese Gabe mich nicht mehr kaputtmacht, das ich die Kraft in den seltenen Fällen, in denen ich um sie bitten werde so lenken kann, das ich an Körper und Geist unversehrt bleibe.
    Ich will kein Priester werden und ich kann sicher keiner sein. Ich scheine mich überhaupt nicht dazu zu eignen Menschen auf den richtigen Weg zu führen und dort zu halten."
    Bei den letzten Worten vibrierte auch Thraxas' Stimme, aber vor so viel Bitterkeit, daß sie mit Händen greifbar schien.

    "Ja, das wohl! Und ihr habt Schwester Lora gesehen, die vor mir niedergekniet ist und das ist falsch. Es ist aus zwei Gründen falsch. Einmal sollte ihro Gnaden nicht vor mir knien, sondern ich vor ihr und zum zweiten ist es falsch, weil ich nicht irgendetwas geleistet habe, was Respekt und Verehrung verdient, sondern einfach weil irgendwas in mir ist." Der Landsknecht redete sich in Rage.

    Thraxas verstand sehr wohl, was Alanis sagen wollte und nahm den Ball auf. "Unwillig kann ich ja eigentlich nicht gewesen sein, denn ich wußte ja nichts von dieser Kraft die durch mich floß und die in mir war. Ich muß sie jedes einzelne Mal unbewußt freigesetzt haben."
    Der Landsknecht machte eine säuerliche Miene. "Und ja,ich weiß, daß ich mich ausgesprochen unwillig gezeigt habe diese Gabe zu akzeptieren.
    Nein." korrigierte er sich sogleich. "Ich war ausgesprochen unwillig zu akzeptieren, daß ich eine solche Gabe habe, denn ich befürchtete es sei Magie und Magie ist ein Fluch und was anderes konnte es eigentlich nicht sein, denn wer bin ich schon, daß mir das Recht zu teil wird göttliche Kraft zu erbitten und zu lenken?
    Jetzt weiß ich, daß sie da ist und woher sie kommt. Ich heiße sie nicht wirklich willkommen, denn sie wird mein Leben verändern, auch wenn ich das nicht will. Und wenn die Leute mitbekommen, das ich diese Gabe besitze, dann wird das auch ihr Verhältnis zu mir ändern und das ist nichts, was ich für erstrebenswert halte."

    So,wie Alanis das verstanden hatte, hatte er das nicht gemeint, aber es zu korrigieren machte er nicht den Versuch, weil er glaubte es ihr sowieso nicht erklären zu können.
    Stattdessen beantwortete er die Frage der Priesterin. "Ich kann das nicht erklären." gab er zu. "Aber die Haelga und der Yuron haben versucht mir etwas darüber zu erzählen.
    Es soll so sein, daß sich die Kraft, die wirkt wenn man die Gabe anwendet oder die göttliche Kraft, die dann durch einen hindurchfließt oder so...ja also das sich diese Kraft, wenn sie nicht richtig kata...kano...kala..." suchte er das Wort, welches Yuron verwendet hatte. Es hatte etwas mit Wasser zu tun gehabt. "Äh, kanalisiert wird. Ja, kanalisiert, wie Wasser, also, wenn der Kanal der das Wasser führt nicht richtig befestigt ist, dann reißt das Wasser ja auch kleine Stückchen aus dem Ufer." sagte er dann glücklich das Wort gefunden zu haben. Und fuhr fort: "Und das macht die Kraft mit dem Körper genauso. Sie setzt dem Körper zu, wenn man nicht irgendwelche Dämme in seinem Inneren errichtet."
    Erst lächelte er Alanis stolz an, dann fragte er aber besorgt: "Oder habe ich das falsch verstanden?"

    "Nein, ich denke nicht, daß es eine andere Quelle ist, denn das hätte Schwester Lora gesehen." wehrte Thraxas ab. "Es ist eine Kraft aus dem Licht und das Licht ist die Silberne, daran zweifle ich nicht. Und eigentlich ist es ja auch egal, warum ich diese Gabe habe. Wichtig ist, daß es keine Magie ist und wichtig ist, daß es eine Gabe des Lichts ist." stellte er fest.

    "Ach, ich weiß auch nicht!" winkte Thraxas ab. "Wenn sie es mir direkt geschenkt hätte, dann hätte sie es mir doch sicher gesagt oder so. Aber das hat sie nicht, zu keiner Zeit. Auch als sie mich darauf ansprach, sagte sie nur, es sei etwas in mir, das ich untersuchen und dann gegebenenfalls ausbilden müßte. Nichts davon, daß es von ihr käme."
    Nachdenklich sah der Landsknecht Alanis an. "Anscheinend ist es ja eine Gabe, die von ihr kommt, aber... Ach, ich weiß nicht, wie ich es sagen soll." er brach ab.

    Thraxas seufzte und begann zu essen. "Ihr solltet auch was Essen, Frau Alanis!" brummelte er mit halbvollem Mund.
    "Die Frage, was hätte sein können, beschäftigt mich zu keiner Zeit im Bezug auf meine Gabe, der Platz ist anders belegt und zwar mit den Verlusten für die ich verantwortlich bin, nicht mit der Frage nach einem Geschenk."

    Der Landsknecht kehrte nur langsam ins hier und jetzt zurück, blinzelte kurz und sagte dann: "Was?...Oh, verzeiht, ja...ja, als Lagerkommandant des Silbernen. Ich war das für zwei Jahre und ja, es war vor eurer Zeit bei uns."
    Dann erklärte er: "Ich glaube nicht, daß mir der Silberne von sich aus einen Hinweis gegeben hätte, wahrscheinlich hätte ich es selber merken sollen und damit zurecht kommen. Haelga und Thure, vorallem Haelga haben auf mich geachtet und sich wohl sorgen gemacht. Ich denke, Haelga hatte da einen konkreten Verdacht und da ich sehr uneinsichtig war und davon nichts wissen wollte, hat sie sich wohl an die Silberne gewandt, nachdem auch Thures Gespräch mit mir fruchtlos war."
    Thraxas blickte wieder zum Fenster. "Und Tomori, Tomori wußte es auch irgendwie, aber auf sie habe ich da gar nicht gehört."


    Jetzt schaute er wieder Alanis an und in seinen Augen sah sie...Bitterkeit als er sagte: "Ich bin mir auch gar nicht sicher, ob die Silberne mir dieses Geschenk direkt gemacht hat, also, ob sie es gezielt in mich gepflanzt hat oder, ob es anders entstanden ist."

    Thraxas nickte bedächtig. Nahm dabei den Vogel vom Feuer und stellte alles Essen auf den Tisch. "Jetzt sollten wir noch einen anderen Raum in mir füllen, denn da ist gerade gar nichts drin." sagte er und rieb sich über den Bauch.
    Schnell war der Vogel zerlegt und das Essen verteilt.
    "Diese Gabe ist jetzt schon eine ganze Weile wohl in mir, ohne dass ich es wusste, aber einige Ereignisse lassen sich so besser verstehen.
    Wenn ich noch alles richtig zusammen bekomme, dann dürfte es mindestens drei bis vier Jahre her sein und somit mit meiner ersten Zeit als erster Diener der Silbernen zusammen fallen."
    Thraxas' Blick glitt schon eine ganze Weile durch Alanis hindurch.

    Der Landsknecht setzte sich gehorsam.Als sie sagte, das sich seine Gabe vielleicht nicht beherrschen ließe, zuckte er sichtlich zusammen und seine Lippen bewegten sich wohl in einem Stoßgebet.
    Als Alanis aber geendet hatte antwortete er nicht sofort, sondern stand wieder auf und ging zum Herd,um den Vogel zu drehen. Dort blieb er dann stehen und sagte: "Natürlich können wir nicht alles verstehen, denn das Wirken der Götter wird für uns in machen Teilen immer rätselhaft bleiben. Auch ist keiner ohne Fehl und wird deshalb schon gewisse Dinge nicht verstehen.
    Ich glaube aber, daß wir beide uns hier um Moral und die Vorstellung von Gut und Böse keine Gedanken machen müssen, denn sie hat uns beide gerufen und ihr Weg ist es auf dem wir beide dann wohl wandeln. Und es ist ihre Gabe, die wir zu verstehen trachten, wer also sollte eine größere Chance haben ihren Willen zu verstehen?"
    Dann lächelte er sie an: "Frau Alanis,
    ich freue mich, daß ihr es versuchen möchtet, aber bitte zweifelt nicht an euch, ich tue es auch nicht."

    Am Anfang ihres Vortrages lächelte der Landsknecht noch, aber sein Lächeln wurde immer schmaler und machte einem fragenden Gesichtsausdruck platz.
    "Ehm." begann er.
    "Ich hatte gehofft, daß ihr eine praktische Frau seid, Frau Alanis, denn ich bin ja auch ein praktischer Mann. Ich möchte gar nichts wissen, wer an was wie glaubt, ich möchte das, was anscheinend in mir ist beherrschen lernen oder mir zumindest sicher damit sein, keinen Schaden anzurichten - weder bei mir noch bei anderen."
    Er räusperte sich kurz, weil er Alanis widersprechen wollte und sich dazu erst überwinden mußte. "Verzeiht mir Euer Gnaden, ich bin nicht mit euch einer Meinung, daß jeder Mensch aus sich heraus weiß, was gut ist. Gut und Böse sind von Menschen gemachte Dinge. Gut und Böse entspringt aus der Moral, die die Menschen für ein gedeihliches Zusammenleben ersonnen haben. Wenn einem Kind ein falscher oder kein moralischer Leitfaden beigebracht wird, dann weiß es nicht automatisch, was gut oder böse ist. Ich habe dies jetzt einige Jahre direkt beobachten können."
    Er hatte die ganze Zeit Alanis angesehen, nun aber blickte er zu Boden und fragte: "Ist es denn wichtig für uns diese Dinge zu besprechen?"

    Der Landsknecht musste nicht lange Überlegen. "Ich sehe die Silberne als Aspekt der Göttlichkeit, die Göttlichkeit in ihrer Gänze verkörpert kein Gott alleine. Aus dem, was ich in all den Jahren gesehen, erlebt und erfahren habe, schließe ich, dass alle Götter Aspekte ein und der selben Göttlichkeit sind.
    Wie auch immer die Leute ihre Götter nennen mögen, es gehört alles zum selben Ganzen." sagte er. Schnell setzte er noch hinzu: "Allerdings glaube ich auch, dass es eine gute Göttlichkeit gibt und eine böse übernatürliche Kraft, die ich aber nicht Gottlichkeit nennen mag.
    Die Silberne somit verkörpert für mich einige anzustrebende Tugenden und Ideale."

    Thraxas hängte den Vogel wieder tiefer. "Ja und ja. Travia ist die Göttin des Herdfeuers und der Gastfreundschaft und ich fühle mich dem Herrn Phex nahe, weil ich mich glücklich schätze schon so lange zu leben - und das bei meinem Beruf - und weil ich gerne spiele." sagte er und grinste breit. "Natürlich ist mir auch die Göttin der Heilkunst, Frau Peraine nahe und..." Sein Grinsen wurde noch breiter. "Die Herrin Rahja verachte ich auch nicht, obwohl sie mir früher öfter ihre Gunst geschenkt hat. Ich glaube, sie ist mir ein bisschen böse, weil ich mich zwischendurch mit eher traviagefälligen Gedanken beschäftigt hatte." Er verdrehte die Augen.

    Der Landsknecht nickte nur bekräftigend, schaffte dann seine Sachen in Haus und ließ sich anschließend den Weg erklären.


    Später am Abend kehrte er zurück. Wie vereinbart hatte er beim Wiegen geholfen und die Bauern waren froh, daß er da gewesen war. Frau Nieselitz hatte man angemerkt, daß sie zuerst skeptisch war, ob so einer denn wirklich lesen, schreiben und rechnen konnte, aber diese Skepsis hatte sich schnell gelegt.


    Jetzt betrat Thraxas das Haus und rief: "Travia zum Gruße, Frau Alanis! Ich bin wieder da!"

    Thraxas bemerkte, daß er noch nicht mal genau wußte an was Alanis glaubte, woher sie ihre Gabe hatte und wer sie speiste. Hatte er vorschnell gehandelt sich diese Frau als Mentorin auszusuchen? Hätte er trotz allem nach Kargath gehen sollen?
    Nein! Thraxas beantwortete sich die Frage entschieden. Er spürte, daß er hier richtig war. Renascân war weit weg von allem, vielleicht konnte er hier zur Ruhe kommen und Alanis war eine praktisch veranlagte Frau, eine Frau, von der er wirklich glaubte, daß ihre Einstellung zum Leben nicht so unterschiedlich waren.


    Als Alanis die Knechte erwähnte mußte der Landsknecht lachen. "Ja, die können eine Plage für eine Frau sein, nicht wahr? Aber ich war in ihrem Alter kaum besser." gab er zu.


    Dann wurde seine Miene ernster. "Ich kenne eure Meister zwar nicht und es sind sicher schlaue Leute, aber mit Wankelmütigkeit hat das, was ihr angedeutet habt nichts zu tun. Ihr habt wahrscheinlich einfach ein großes Herz und seid erfüllt von dem Wunsch allen und jedem zu helfen." Er lächelte sie an. "Und das kenne ich gut. Wenn die Götter es an der Zeit finden, dann werdet ihr erkennen welche Aufgabe ihr alleinig verfolgen sollt und dann werdet ihr bereit sein euch nur darauf zu konzentrieren."


    Sie hatten das Haus fast wieder erreicht. "Wollt ihr mir heute abend, wenn ich vom Hof zurück bin von eurem Glauben erzählen?"

    Der Landsknecht wirkte nachdenklich. "Was ist falsch an Renascân? Und warum sollte es für eine Priesterin falsch sein seßhaft zu werden und eine Familie zu haben? Das man dann hin und wieder reist ist doch nicht unüblich. Und in welcher Form steht oder stand dieser Wunsch im Gegensatz zu dem, was ihr eurem Glauben schuldet, bestimmt euer Glauben ein Zölibat oder ein Leben auf der Wanderschaft?"