Beiträge von Thraxas

    Thraxas gab Alanis' Hand sofort frei. Ein bisschen so, als habe er gar nicht gewußt, daß er sie noch an seine Brust gedrückt hatte. Dann ging er hinter der Geweihten her zu den Mänteln und setzte sich, nachdem Alanis sich niedergelassen hatte.
    Schweigend blickte er über den See.

    Thraxas' Stimme war heiser und in ihr lag eine Spur von Entsetzen. "Ich möchte nicht ankommen, Euer Gnaden. Wenn ich auf dem Silbernen Weg ankommen würde, dann wäre ich vollkommen und vollkommen kann nur ein Gott sein."
    Er schluckte, schaute kurz über die Priesterin hinweg und ihr dann wieder in die Augen. Seine Stimme war wieder fester als er sagte: "Und ich glaube immernoch, daß der Silberne Weg alle Antworten bereit hält, die man braucht. Auch, wenn viele davon nicht einfach sind.


    Wütend macht mich die Tatsache, daß ich vielleicht mein Leben lang belogen worden bin und das mir ohne diese Lügen vieles leichter gefallen wäre. Ich zweifle an der allumfassenden Weisheit der Geweihten, die Götter mögen wissen, wann was für uns gut ist, aber dann hören die Geweihten ihnen vielleicht manchmal nicht richtig zu." eine leichte Verzweifelung war Thraxas anzumerken. Aber schon im nächsten Satz mischte sich wieder Hoffnung darunter: "Bitte, gebt mir Eure Antworten, denn dann habe ich wenigsten welche und vielleicht werden es dann, wenn sie gut genug sind, auch meine Antworten oder helfen mir dabei meine Antworten zu finden. Wahrscheinlich hätte ich viel eher noch weitere Menschen nach ihrem Bild der Welt fragen sollen."

    Thraxas schwieg und schaute auf Alanis' Hand, die sich ihm näherte, mit einem Blick als würde er sie gleich abbeißen.


    Dann aber ergriff er plötzlich die Hand der Geweihten und legte sie sich auf die Brust. "Hier, mein Herz. Mein Herz weiß die Antworten, wußte die Antworten schon immer, aber mein Kopf hat noch Fragen, so viele Fragen und er will antworten." sagte er etwas ruhiger als vorher. "Und darf ich meinem Herzen allein überhaupt Entscheidungen überlassen, die mein Kopf nicht versteht? Und wer, wer hat die Antworten für mich, wenn noch nicht mal ihr sie habt, Meisterin?"

    Thraxas entzog sich der Berührung durch Alanis' Hand mit einer wütenden Geste, ging rasch an ihr vorbei und blieb dicht vor dem Ufer mit dem Rücken zu ihr stehen, so das sie nicht mehr vor ihn treten konnte.
    Zornig sagte er: "Dann ist es also so, wie ich es jetzt vermute? Dann war ich also blind, blind im und durch den Glauben! Blind gemacht von den Priestern! Das ganze Volk ein Spielball in einem Spiel der Macht und des Einflusses! Und warum dürfen sie entscheiden, wann ich soweit bin? Mit welchem Recht entscheidet irgendwer, wann ich wozu bereit bin? Thraxas' Stimme bebte.
    Dann drehte er sich abrupt zu Alanis herum und die Geweihte konnte Tränen sein zornesrotes Gesicht entlangfließen sehen. "Ich will diese ganzen angeblichen Geschenke nicht! Geschenke sollen schön sein, einem Freude machen und das Leben erleichtern." Thraxas' Hände waren zu Fäusten geballt.

    Thraxas lächelte schwach und warf den Stein zur Seite. "Eure Sorge ehrt mich, Euer Gnaden! Aber sie ist unbegründet. Bevor ich mich von der Inquisition fangen lasse, wandere ich lieber wieder in andere Länder." sagte er niedergeschlagen.
    "Und jetzt sagt mir bitte, daß es ganz und gar nicht so sein kann, wie ich gesagt habe. Sagt mir, daß ich nicht mein ganzes Leben einer Lüge aufgesessen bin, die mir eine Überzeugung gegeben hat, die verhinderte, daß ich einen Teil von Tomori akzeptieren konnte. Was auch dazu beigetragen hat, daß sie jetzt wieder in der Finsternis wandelt! Sagt mir, das ich mich nicht die ganze Zeit geirrt habe! Das Magie eben doch ein Frevel ist und ihr nichts göttliches innewohnt. Das Magier eigentlich gegen den Willen der Götter ihre Kraft bekommen haben und somit ausüben." seine Stimme war immer fester und fordernder geworden.
    "Könnt Ihr das, Euer Gnaden?" fragte er.
    "Und wenn dem so ist, warum werden dann nicht alle Magier von allen rechtgläubigen Gejagt und Verbrannt? Warum gibt es sogar Kirchen, die sich der Magier bedienen und Regenten von der Götter Gnaden, die Hofmagier haben?"
    Was auch immer den Stein ins Rollen gebracht hatte, gerade schien dieser Stein alle Mauern der Gewissheiten und Überzeugungen in Thraxas in besorgniserregender Geschwindigkeit einzureißen und es war fraglich, was das mit seinem Verstand anstellen würde.

    Thraxas sah missmutig drein. "Um ehrlich zu sein, habe ich keinen mehr." antwortete er. "Vielleicht hatte ich noch nie eine Erklärung, aber früher hatte ich zumindest eine Überzeugung. Nach dieser Überzeugung war Magie etwas Falsches in den Händen der Menschen und nur durch den Frevel Madas in deren Hände gelangt. Eigentlich sollte die Magie den Göttern vorbehalten bleiben und nicht frei in der Welt verfügbar sein.
    Priester hingegen können nur um etwas bitten und die Götter selber führen die Bitte dann aus." führte er weiter aus und dabei schien ihm ein neuer Gedanke zu kommen, aber seine Miene erhellte sich dadurch nicht.
    "Wenn aber Magie etwas göttliches ist oder war oder sein sollte, dann ist die Macht der Götter nichts anderes als Magie und das was die Priester ausüben geschieht durch die Magie der Götter. Wenn wir diesen ketzerischen Gedanken zu Ende denken, dann wenden also sowohl Priester als auch Magier Magie an, nur tun sie das auf unterschiedliche Weise, vielleicht auch nur mit unterschiedlichen Ritualen und Worten. Und beide, Priester und Magier werden dazu von den Göttern befähigt, denn die Götter geben uns unsere Gaben." überlegte er laut.
    Dann stand er auf und hob einen großen Stein auf. "Ich gehe mich jetzt ertränken. Wenn die Inquisition von dieser ketzerischen Rede erfährt verbrennt sie mich sowieso." sagte er bedrückt.

    Thraxas nickte. "Ja, ein Haufen Ungereimtheiten. Gibt es eine Erklärung oder Erklärungsversuche dafür?" fragte er dann.

    "Ein Dach einzudecken ist im Vergleich zum Besuch eines Magierkonvents ein Klacks." erwiderte Thraxas gutgelaunt. Dann breitete er seinen Mantel auf dem Boden aus und setzte sich. "Nehmt doch auch Platz, Frau Alanis. Solange die Sonne uns ein bisschen wärmt läßt es sich hier aushalten, denke ich." sagte er einladend, um gleich auf die Elemente zu sprechen zu kommen. "Um auf die Elemente und das Wirken als Priester zurückzukommen," begann er, "am Gurkenpaß wurde gesagt, daß sich das Wirken der Priester und der Magier darin unterscheidet, daß der Magier die Welt mit seinem Willen formt und sozusagen zwingen kann und der Priester dies nicht kann, weil alles was geschieht, durch den Willen der Götter geschieht. Habe ich das so richtig in Erinnerung?"

    Thraxas lächelte. "Ich bin vollkommen davon überzeugt, daß Euch da etwas einfallen würde. Bezahlte Knechte zum Beispiel oder als Liebling der Elemente bittet Ihr einfach darum, daß sich die Bretter der Brücke auflösen, über die ich gehe."
    Dann sah auch er auf das Wasser hinaus und setzte ernsthafter hinzu: "Seid unbesorgt, Euer Gnaden, ich werde euch natürlich nicht ins Wasser werfen. Und bisher erscheint mir der Preis Euer Schüler sein zu dürfen nicht zu hoch zu sein."

    Thraxas lachte laut auf. "Ihr solltet den Preis nicht so niedrig halten, ich könnte wirklich versucht sein ihn zu bezahlen." meinte er sichtlich vergnügt und tat weiterhin so, als überlege er ernsthaft.
    Dann aber sagte er: "Die Zwerge in Angbar sind schon immer auf dem See gefahren. Sie teilen die Abneigung ihrer Brüder aus Xorlosch oder dem Eisenwald nicht. Und der See bietet eben eine Menge, wenn man hin zu nutzen weiß. Und vorallem, was wäre die hügelzwergische Küche Angbars ohne die ganzen Fischspezialitäten."

    Thraxas lachte. "Nein, kein alter Bekannter! Es ist Glam. Er nutzt jede freie Minute, die er hat, um zu segeln. Zum Glück ist er inzwischen gut genug, um nicht mehr nur Geld zu verlieren." meinte der Landsknecht gutgelaunt.
    "Als ich letztes Jahr nach vielen Jahren zum ersten Mal wieder hier war hat er mich nach einem Monat mit dem Segel überrascht. Er meinte, es würde ihn unverwechselbar machen, wie mich. Ich war ganz schön gerührt."
    Dann wechselte er das Thema. "Schwimmen muß man, wie alles, trainieren. Und wenn man nicht gut ist, dann bei jeder Gelegenheit." sagte er, drehte sich so, daß er seitlich zu ihr stand und schaute Alanis mit einem sehr schelmischen Gesichtsausdruck an.

    Thraxas trat neben Alanis und atmete ebenfalls tief ein und ließ seine Augen über den See schweifen. Es blies ein leichter Wind, hier und da waren Boote auf dem Wasser zu sehen, zumeist Fischer, die ihrem Tagwerk nachgingen und einige Frachtsegler. Bemerkenswert war hier, daß nicht wenige Fischer oder Bootsleute auf den Kähnen Zwerge waren. In anderen Ländern fanden sich eher wenige Zwerge, die freiwillig aufs Wasser gingen.
    "Schön hier, nicht wahr?" fragte er, vielleicht auch nur um irgendetwas zu sagen.
    Dann kniff er die Augen und lachte auf. "Dieser Junge, immernoch so vernarrt, daß er selbst beim kleinsten Lüftchen rausgeht!" rief er fröhlich.
    Als Alanis Thraxas' Blick folgte erkannte sie auf dem See ein einzelnes kleines Segelboot, das kein weißes Segel hatte, wie die anderen Boote, sondern ein schwarz-gelbes und anscheinend mit einem anderen Boot um die Wette fuhr, denn die Boote wendeten an der gleiche Stelle kurz hintereinander und fuhren dann den gleichen weg zurück.

    Thraxas lächelte immernoch und nickte nur. Dann erhob er sich, legte seinen Mantel um und ging zu Tür, um sie zu öffnen.

    Thraxas saß in der Schankstube auf seinem Platz neben dem Kamin und hörte schon an den Schritten, daß Alanis die Treppe herunter kam und das sie nicht entspannt war.
    Trotzdem lächelte er ihr entgegen, wartete aber darauf, daß sie das Wort ergriff.

    Thraxas hatte sich nicht umgezogen, wozu auch. Als er das Pochen vernahm schnappte er sich seinen Mantel und schlüpfte aus seiner Tür und nach kurzem Klopfen ohne Zögern und ohne eine Antwort abzuwarten in Alanis' Kammer. Strebte dem Stuhl unter dem Fenster zu, durch das jetzt schon das Mondlicht hereinfiel, damit er es in der Nacht im Rücken hätte und den Raum überblicken konnte. Dann setzte er sich, um über Alanis' Schlaf zu wachen, gespannt, welche Erkenntnisse die Nacht bringen würde.

    Thraxas grinste: "Natürlich, Euer Gnaden, wie Ihr wünscht, Thema beendet. Wenn Ihr soweit seit, dann klopft einfach an die Wand, ich werde dann zu euch kommen."

    Danke für das Stichwort! schickte Thraxas einen kurzen Dank an keine bestimmte Gottheit.
    Thraxas lächelte Alanis an und war drauf und dran Ihr zu versichern, das es natürlich seine Absicht sei, sie zur Weißglut zu treiben, weil sie dann so lebaft und ungemein interessant sei.
    Allerdings konnte er sich auch hier wieder zügeln und brachte sein eigentliche Anliegen vor, ohne auf Ihre Frage einzugehen.
    "Ja, das Madamal mag seinen Einfluß haben." bestätigte er. "Erinnert Euch bitte, was beim letzten Mal passierte als sich Mada in voller Größe zeigte. Ich hatte etwas angeboten und Ihr hatte überlegen wollen. Mein Angebot gilt weiterhin, aber natürlich könnte ich verstehen, wenn Ihr es wegen meiner Unschicklichkeit weiter aufschieben wollt. Oder auch, wenn Ihr es gar nicht mehr in Betracht zieht." sagte er vorsichtig.

    Thraxas schaute Alanis fasziniert an. Etwa 8 Spann voller Energie, die sich vollständig entladen würden, wenn er jetzt den falschen Hebel umlegte. Was ihn reizte, denn in diesem Moment war die Geweihte so lebhaft, wie nie, was den Landsknecht faszinierte. Nein, er mußte erkennen, daß sie ihn gerade faszinierte. Zum Glück für wahrscheinlich alle Beteiligten gab er der Versuchung aber nicht nach und antwortete statt dessen: "Wie Ihr wünscht, Frau Alanis! Möge Marbo Euch sanft umarmen und Bishdariel..." Thraxas brach ab. Es ist Vollmond, eigentlich hatte wir noch etwas für diesen Fall besprechen wollen, aber ist nun wirklich der richtige Zeitpunkt?
    Egal, er hatte seine Hilfe angeboten und konnte nun dahinter nicht mehr zurück.

    Thraxas Kampfgeist war geweckt. Was hat sie in meinen Augen herausgefordert? fragte er sich und war nun die Bemerkung über den unpassenden Ort ein Hinweis darauf, daß sie an einem anderen Ort doch darüber sprechen wollte oder nur der verklausulierte Hinweis, daß er sich in die Niederhöllen scheren sollte?


    Der Landsknecht sagte nichts und folgte Alanis einfach nach oben, als sie die Tür zu ihrem Zimmer erreicht hatte, stand er hinter ihr und sagte mit einem unerklärlichen, leicht amüsierten Unterton: "Gute Nacht, Euer Gnaden! Es sei denn wir sind jetzt an einem Ort, den Ihr für geeigneter haltet, um mir den Schädel einzuschlagen oder mir mit bloßen Händen mein Herz aus der Brust zu reißen."

    Thraxas hatte mit einem Wutanfall gerechnet und Einsicht erhofft, aber diese kalte Verachtung traf ihn hart. "Euer Gnaden ich...ich wollte..." stotterte er betreten. "So war das nicht gemeint!" brachte er dann schnell noch heraus und schob ein leises, kaum noch zu hörendes "Vergebt mir!" hinterher und sackte dann in seinem Stuhl zusammen, den Kopf gesenkt, die Augen auf die Tischplatte gerichtet.


    Im gleichen Moment aber rasten seine Gedanken und seine innere Stimme insistierte: Was soll das? Du hast nichts Falsches gesagt! Sie hält sich jetzt an diesem einen Wort fest. Das ist Quatsch. Sie will sich nur nicht damit auseinander setzen müssen. Duck Dich nicht weg! Wenn Du weißt, daß es richtig ist, dann sag es auch!


    Und dann hob er den Kopf und sagte ruhig, ohne Unterwürfigkeit, aber auch ohne Herausfoerderung: "Dann sagt mir doch bitte, was Ihr wollt, Frau Alanis!"