Marthiana stand immernoch wie verdutzt, immernoch mit dem Kleid in der Hand da. Alle waren verschwunden und langsam kam ihr der Gedanke, dass sie nun ein kleines Kind hatte um das sie sich kümmern sollte... ein Kind! Erst ein Kuss, dann ein Kind! Das ging ihr alles ein wenig zu schnell... doch wie Aldhayn gesagt hatte, es schien so, als wäre es langsam an ihr erwachsen zu werden. Bei diesem Gedanken musste sie unweigerlich an den Fürsten Talris denken, da dieser etwas jünger als sie war und sein Schicksal, welches von ihrem gar nicht so verschieden war, schon eingenommen hatte... Vielleicht hatte Aldhayn ja Recht... Erwachsen werden musste sie nun, das Kindliche ablegen und sich endlich auf ihre Lebensaufgabe vorbereiten, egal wie viel Angst sie davor haben sollte...
Langsam setzte sie sich in Richtung des Brunnens in Bewegung, an dem sie das Mädchen glaubte und nicht weit entfernt davon saß sie auch. Alleine, immernoch in dem selben zerrissenen Kleid auf einer Wolldecke mit einer kleinen, alten Puppe spielend.
Marthianas Herz schien ihr bis zum Hals zu schlagen, sie wusste, dass sie nun die Verantwortung für dieses Kind übernehmen würde, wenn sie jetzt handelte.
Während sie noch in Gedanken versunken war, bemerkte das Mädchen sie und schaute herüber, was Marthiana sehr plötzlich aus ihren Gedanken riss, doch in diesem Augenblick vergaß sie jegliches Zögern und ging, das Kleid hinter ihrem Rücken verbergend, auf das Mädchen zu.
Mahra, so war ihr Name, grinste sie frech an und sah wohl einen kleinen Zipfel des Kleides neben ihrem Rücken hervorbaumeln und stand sofort auf und rannte strahlend auf sie zu.
"Du hast es gemacht, stimmts, du hast mir wirklich ein neues Kleid genäht, hast du, hast du?"
Marthiana kniete vor dem Kind nieder und sah sie sich genau an. Einen breiten Kratzer hatte sie an der linken Wange und sie hatte einen großen Rußfleck auf der Stirn. Lächelnd wischte Marthiana den Dreck mit einem Teil ihres schwarzen Samtumhangs fort.
"Natürlich habe ich dir dien Kleid genäht, ich habe es dir doch versprochen. Wir Elfen brechen unsere Versprechen nicht, merk dir das." Sie zwinkerte dem Mädchen bei diesen letzten Worten zu und hielt ihr das Kleid an. "Mir scheint ich habe deine Größe gut geschätzt, wenn du mit mir mit in die Burg kommst, kannst du es direkt anprobieren."
Das Kind strahlte vor Freunde.
"Oh danke! Ich habe schon Angst gehabt Mama würde schimpfen wenn ich mein Kleid kaputt mache, aber das Neue ist viel schöner, danke! Mama wird sich freuen!"
Marthiana stockte und ihr Lächeln gefror. Sie wusste nur zu gut um das Schicksal der Mutter, auch wenn sie nicht daran denken mochte...
"Aber ich bin doch nicht böse...ich werde nie böse sein bei einem kaputten Kleid, versprochen. Fürchte dich nur nicht zu mir zu kommen, dir soll es nie an etwas fehlen..."
Marthiana fing an leicht zu zittern und eine Träne lief ihr übers Gesicht. Das Schicksal dieses Mädchens hatte sie erschüttert. Sie wollte ihr eine bessere Welt zeigen, sie wollte dass sie trotz dem Tod ihrer Mutter sicher und behütet aufwuchs, dies machte sie sich zu ihrer neuen Aufgabe. Somit verbanden sich die Schicksale dieses armen, menschlichen, Weisenmädchens und der elbischen Fürstentochter von Aparcia...
"Warum weinst du denn, alles ist doch gut, die schwarzen Männer sind nciht mehr da. Und warum zitterst du, ist dir kalt? Du hast doch so einen schönen Umhang an..." , das Mädchen beäugte ihren großen, aufwendigen, mit Silberfäden durchlaufenen Samtmantel, "Bist du eine Prinzessin!?"
Mit diesen Worten nahm Marthiana das Mädchen in den Arm und drückte sie fest, den Umhang legte sie mit um ihre Schultern.
"Nicht ich bin die Prinzessin, sondern du. Höst du was ich gesagt habe, eine kleine Prinzessin sollst du sien, an nichts soll es dir fehlen, niemals!"
Sie schaute dem Mädchen in die Augen und fuhr fort: "Deine Mama hat mich gebeten auf dich aufzupassen... sie ist... fortgegangen... weit weg ist sie... eines Tages, wenn du grau und alt bist, wirst du wieder zu ihr gehen, doch vorher sollst du noch viele schöne Dinge erleben hat sie gesagt...versteh es bitte, eines Tages wirst du sie wiedersehen und ich hoffe.... ich hoffe dir ist es Recht, dass du bei mir bleiben wirst..."
Das Mädchen machte große Augen und schaute sie an. Sie konnte es nicht genau verstehen, obwohl sie dem Tod so nahe gewesen war, hatte ihr kindliches Wesen alles verdrängt was sie gesehen hatte, nichts konnte ihre Träume plagen und es würde keinen Auslöser dazu geben, nicht so lange Marthiana über dieses Kind wachte, das schwor sie sich.
Sie nahm das Kind alsbald an die, Hand, immernoch liefen ihr Tränen über das Gesicht, doch sie merkte es kaum noch. Wie sie sich schon einmal gesagt hatte, sie durfte nun kein Kind mehr sein, sie musste stark sein und ihre Bestimmung erfüllen, allein schon um diesem Kind eine lebenswerte Zukunft zu schenken... Hand in Hand gingen sie nun, Mahra und Marthiana, in Richtung der Feste, wo Ileaya auch schon auf sie zukam...
"Das, Mahra, ist eine gute Freundin, so etwas wie meine Schwester. Sie wird nun so etwas wie deine Tante sein, geh ruhig zu ihr und begrüße sie, sie ist ein wundervolles Wesen und wird genau wie ich über dich wachen..."
Und so schnell sie das gesagt hatte, so schnell war das quirlige Kind auch shcon in Richtung ihrer Gefährtin abgedüst und Marthiana ging ihre letzten langsamen Schritte als Kind und ihre Entwicklung zu einer stolzen, würdigen, zukünftigen Fürstin hatte begonnen...