Beiträge von Thankmar

    "A wa." sagte der Kerl und lehnte sich grinsend gegen den Türrahmen "Nicht die vom Sergeanten. Gestern hat einer der Rekruten Stunk gemacht. Da ist ein.. kleiner Unfall mit seiner Nase passiert. Und die sollst du dir ansehen."

    Wenig später tauchte er bei Mira auf und klopfte artig in den Türrahmen der offenen Tür, um sich bemerkbar zu machen.


    "Mira, da ist 'ne Nase, die dich braucht." sagte der untersetzte Mann.


    "Der Sergeant hat gesagt, du sollst dich drum kümmern."

    Emmas Zusammenzucken löst bei Lamask keinerlei Reaktion aus. Mit einem lapidaren


    "Gut! Dann Pfefferminztee!"


    Geht er an Emma vorbei in einen Flur, der rechts von der Eingangstür nach hinten verläuft


    "Aber mach' die Tür zu. Da draußen laufen jede Menge Irre herum."


    Er bleibt abrupt stehen, dreht sich zu Emma, legt sich den Zeigefinger an die Schläfe und beginnt ihn dort zu kreisen, während er sein schiefes Grinsen nun noch etwas schiefer grinst.


    "Völlig Verrückte. Verstehst du, Emma?"



    Nach einer weiteren ebenso abrupten Drehung verschwindet er dann hinter dem Flur, im Gehen wirft er Kehlenschlitzer in die Luft und fängt ihn mit einer flinken Handbewegung hinter seinem Rücken wieder auf, bevor er ihn in eine honigbraune Lederscheide steckt, die zwischen zwei Taschen an seinem Gürtel untergebracht war.

    Lamask schaut sie nun wieder direkt an, dann nickt er leicht und kommentiert Emmas lange Antwort mit einem kurzen und eher leisen


    "Aha."


    Endlich macht er wieder einen Schritt zurück und sieht kurz die Treppe nach oben, bevor er sich wieder Emma zuwendet.


    "Ja, warum eigentlich nicht."

    Nochmals ein kurzer Blick nach oben


    "Finden wir es heraus...NAAAAARVI!!!"


    Emmas Ohren bebten, als Lamask wie aus dem Nichts heraus den Namen die Treppe hinauf rief - nein, brüllte. Donnerte.
    Dann sah er wieder Emma in die Augen, als wäre nie etwas geschehen.


    "Möchtest du Pfefferminztee, Emma?"

    Lamask nickte. Man konnte fast glauben, dass sein Grinsen etwas weniger schief wurde, als er die Flasche betrachtete und dann ebenfalls in einer seiner Gürteltaschen verschwinden ließ. Aber nach wie vor stand er für Emmas Geschmack etwas zu nah.


    "Sanddornsaft. Danke sehr, Emma. Sanddornsaft, geschenkt in der Obarstadt. Nicht verkauft in der Unterstadt, im Laden. Falls ich etwas brauche. Ja, bestimmt ist es gut Freunden ab und zu eine Freude zu machen. Da hast du recht, Emma. Das sehen wir ganz genauso, Kehlenschlitzer und ich. Ich und Kehlenschlitzer.


    Sein Kopf zuckte in Richtung seiner rechten Hand, in der er noch immer sein Messer hielt


    "Aber wir kennen uns doch erst seit gerade eben, Emma. Freundschaft ist selten, Emma."


    Erneut sog er Luft durch die Nase


    "Ja, ich mag Sanddorn. Magst du Sanddorn auch, Emma? Ich mag auch Pfefferminz. Pfefferminztee mag ich sehr, Emma. Guter Pfefferminztee...ist gut. Gut, wie eine gute Freundschaft. Hast du eine Freundschaft mit Narvi, Emma?"

    Zum ersten Mal in dieser "Unterhaltung" wandern die graugrünen Augen des Mannes, und zwar hin zu der Flasche.


    "Ein Geschenk? Ich mag Geschenke. Aber ich dachte, Emma, dass du Kräuter verkaufst. Das hast du doch gesagt, du verkaufst Kräuter in der Unterstadt. Und nun verschenkst du Sanddornsaft in der Oberstadt, Emma."


    Er verstaute das Stück Holz in einer Tasche am Gürtel, dann stand er langsam auf, während er sich mit der freien Hand die ins Gesicht gefallene Haarsträhne hinters Ohr strich. Er machte einen Schritt auf Emma zu, vielleicht einen Hauch zu nah. Er war nicht allzu groß, aber er überragte die Kräuterfrau natürlich. Sein Körperbau war eher drahtig, aber mit kräftigen Schultern.


    "Manche sagen, Geschenke erhalten die Freundschaft, Emma. Wie siehst du das?"

    Noch einmal sog der Mann Luft ein


    "Aaaaaaaaah. Ich mag Sanddorn, Emma. Ich mag Sanddorn fast so gerne wie Pfefferminze."


    Wieder das tiefe Einatmen durch die Nase, gefolgt vom Schmatzen


    "Nein, keine Pfefferminze. Zwar Honig, und Sanddorn, aber keine Pfefferminze. Das ist sehr schade, Emma. Sehr, sehr schade."


    Die Holzschnitze vor Emmas Füßen erhielten weitere Verstärkung


    "Man nennt mich Lamask. Das ist MEIN Name, Emma. DER 'ich' heißt Lamask, genau wie DIE 'ich' Emma heißt. Sehr lustig, nicht wahr, Emma? Zwei Ichs, jetzt und hier, und trotzdem heißen sie unterschiedlich, genau wie das dritte 'ich". Das hier, das ist Kehlenschlitzer, mein Messer. Kehlenschlitzer, Lamask, Emma."


    Und erneut atmete er sehr hörbar ein


    "Ich mag Sanddorn."

    Wieder vergingen bis zur Antwort einige lange Sekunden.


    "Aha. Emma. Die 'Ich' heißt also Emma. Und du verkaufst also Kräuter, Emma. In der Unterstadt. Aha. Aber das hier ist gar nicht die Unterstadt, Emma."


    Er sog tief, lange, und deutlich hörbar Luft ein und verzog mit einem hässlichen Schmatzen den Mund, als würde er etwas erschmecken wollen. Dann neigte sich sein Kopf wieder in die andere Richtung.


    "Sanddorn. Das ist Sanddorn, Emma. Habe ich recht, Emma?"

    Es vergehen quälend lange Sekunden, ehe der Mann den Kopf bewegt, indem er ihn zur anderen Seite neigt.


    "Aha." raunzt er schließlich. "Die 'Ich' sucht also Narvi. Und wer ist 'Ich' "?


    Er schnitzt weiter, er grinst weiter, er starrt weiter. Ein weiterer Holzspan fliegt vor Emmas Füße. Dann noch einer.

    In Emmas Blickfeld auf dem Boden springt ein gekrümmter Holzspan. Dann noch einer. Und dann noch einer. Der Mann auf der Treppe hat in der rechten Hand ein Messer und fuhrwerkt damit an einem Stück Holz herum, das er in der anderen Hand umklammert hält. Allerdings starrt er weiterhin Emma an, ohne auch nur für einen Moment seine Schnitzerei - falls es überhaupt eine war - eines Blickes zu würdigen. Als er seinen Kopf leicht zur Seite neigt rutscht ihm eine Haarsträhne ins Gesicht. Weiterhin grinst er. Er sitzt einfach da, grinst, starrt, und schnitzt hin und wieder einen Span vom Holz herunter.

    Direkt gegenüber der Tür, auf einer Treppe nach oben, saß ein Mann mit langen dunklen Haaren. Er trug einfache Kleidung in gedeckten Farben. Dabei saß er genau auf der Höhe, dass er mit seinen hellen graugrünen Augen Emma direkt ins Gesicht schauen konnte - was er mit einem leicht schiefen Grinsen auch tat. Er starrte Emma geradezu an, und sie hatte das Gefühl, als würde sie dieser Blick treffen wie ein Schlag, dem sie nicht ausweichen konnte. Er sagte kein Wort. Nur dieser Blick und das leicht schiefe Grinsen.

    Eine Hummel (ein Naturgelehrter hätte sie als Bombus terrestris erkannt und zu einem kleinen Vortrag angehoben...) summt heran und inspiziert am oberen Ende der Tür den Spalt, der sich da gerade aufgetan hatte. Offenbar hält sie ihn für nicht lohnenswert, also dreht sie wieder ab und fliegt davon. Die Tür rührt sich nicht, und aus dem Inneren des Gebäudes kommen weder Geräusche, noch eine von Emma erhoffte Antwort. Als das Hummelsummen verklungen ist herrscht Stille.

    Scheinbar lagen die drei Zettel wirklich schon länger. Aber es war eindeutig, die bläulich-schwarzen Flecken waren wirklich Schrift. Oder zumindest das, was die Feuchtigkeit hier draußen von ihr übriggelassen hatte. Was mochten sie wohl bedeuten? Und wer hatte sie hier hingeworfen? Oder verloren? Herbstlaub waren sie jedenfalls nicht.



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    Ren....n macht sich mit........ – Freiheit für I..... Lan....!!! ....isch-Vin... für alle Ze..!!! Niede. ..t Al......ngen!!! Tod und Verde.. den blut.......en Auf.....isc..n!!!



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    ......ân ma... ...h ......uld.. – ....heit ..r .si..or ....ara!!! Loren....-....gy fü. .... ..it!!! Ni...r ..t Alt......gen!!! ..d ..d Ve.... den .......stig.. ........ischen!!!


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    .......n ...ht si.. .......ldig – ...ih..t für ...dor ..ng...!!! Lor....ch-...agy f.. a... .eit!!! N....r mit ....einin...!!! Tod ..d ...derb d.. b...rüns....n A...tändis...n!!!

    Ganz in der Nähe der Siedlung lagen drei bekritzelte kleine Fetzen Papier verloren am Wegesrand. Offenbar hatten sie schon einen herbstlichen Regenguss abbekommen, denn sie waren wellig und die Tinte darauf war schon leicht verlaufen.

    Vom Osttor kommend flog eine Taube im Auf und ab des Taubenflugs auf die Akademie zu. Auf dem Giebel ließ sie sich nieder und zog die eine oder andere Feder durch ihren Schnabel um sie zu säubern.


    Aus dem kleinen runden Fenster schräg unter ihr wehten dunstige Schwaden heraus. Schimmerte da etwas grün? Spiegelte es sogar? Oder war das eher rötlich?


    Die Taube hob wieder ab und platzierte sich auf einem Baum. Neugierig betrachtete sie das diffuse Glänzen und flog dann darauf zu. Als sie im Fenster verschwunden war, schlugen die Läden mit Wucht zu.