Malglins und Kassandras Reise

  • Im Gegensatz zu ihm ist sich Kassandra sicher, daß niemand sie hereinbitten wird, deshalb geht sie einfach durch die Tür.
    "Ich bin's, Kassandra." Sie gibt sich Mühe nicht resigniert zu klingen -und auch nicht ängstlich. Immerhin hat sie die Zeit ihres Besuches so kalkuliert, daß die Männer noch auf dem See sein müßten... oder?


    Die Augen brauchen einen Moment um sich an das dunkle, rauchige Innere des Hauses zu gewöhnen, dann wird an der zentralen Kochstelle eine Gestalt sichtbar. Klein ist sie, die langen dunklen Haare sauber unter einem Tuch versteckt und in einem verwaschenen aber sauberen Gewand. Den Leib geschwollen von der Schwangerschaft und das Gesicht mit dunklen Flecken -Schmutz?
    "Kassandra?" Die kleine Frau schaut sie etwas erschreckt an.
    "Und du muß Fredericks Frau sein. Nett dich kennenzulernen." Kassandra läßt der anderen jetzt keine Zeit mehr sich zu wundern oder sie womöglich hinauszuweisen. "Ich suche meine Mutter. Weist du wo Eva-Lina ist?"

  • "Sie schrubbt oben die Böden...", antwortet die Frau schüchtern. In einer dunklen Ecke fängt ein Kind an zu weinen und Kassandra nutzt die Ablenkung und geht zielstrebig zur engen Treppe.

  • Die Frau ist jetzt viel zu sehr mit dem Kind beschäftigt, als daß sie Malglin antworten könnte.
    Kassandra stapft die Treppe hoch.
    "Mutter? Bist du da?"
    Oben fällt irgendetwas um. Nach einem Moment der Stille fragt eine Frauenstimme zurück: "Kassandra?"
    "Hast du sonst noch Töchter?" Kassandra, im Obergeschoß angekommen, grinst jetzt.
    "Unmögliches Kind!", schilt die Stimme fröhlich. Eine blonde Frau in einem blauen Kleid richtet sich auf und kommt Kassandra entgegen.
    Kurz vor ihr bleibt sie stehen und mustert die Schankmaid kritisch. "Sieht so aus als seis dir gut gegangen", stellt sie fest. "Du hast zugenommen."
    "Ja, ich freu mich auch dich zu sehen", seufzt Kassandra und schließt sie in die Arme.

  • Eva-Lina drückt ihre Tochter fest an sich und sieht über Kassandras Schulter Malglin am unteren Ende der Treppe stehen.
    "Mit dir hab ich gar nicht gerechnet", sagt sie dann als sie Kassandra wieder los läßt. "Aber du kommst mir grade recht. Komm, laß uns runtergehen und was trinken. Und du erzählst mir was du die letzten Jahre so getrieben hast und stellst mir den Herrn in der Robe vor, den du in unsere Hütte schleppst..."
    Sie geht Kassandra voraus die Treppe herunter und reicht Malglin die Hand. "Willkommen in diesem gastlichen Haushalt." Ihre Stimme klingt freundlich und nur leicht ironisch.

  • "Sehr schön, Malglin."
    Eva-Lina ist derweil im unteren Geschoß, der Wohnküche, angelangt, wo die kleine Frau mit dem Kind auf dem Arm wieder am Herd steht.
    Kassandras Mutter stellt auf einen grob gezimmerten Tisch in der Ecke ein paar Tonbecher und einen Krug mit dünnem Bier.
    "Setzt euch", fordert sie ihre Tochter und Malglin auf. "Und du auch, Elli", sagt sie zu der Frau am Herd.
    Die schüttelt ängstlich den Kopf. "ich bin mit meiner Arbeit noch nicht fertig...", sagt sie leise.
    "Ich auch nicht. Na und? Na, dann gib mir wenigstens meine Großnichte." Sie nimmt ihr das Baby ab.
    "So, setzt euch, setzt euch", scheucht sie ihre Gäste auf die rauhen Bänke. Während sie einschenkt schaut das Baby die beiden aus großen Augen an und gibt keinen Ton von sich.

  • "Das ist Thyra", verkündet Eva-Lina schließlich und schiebt ihren Becher aus der Reichweite der kleinen Hand.
    "Da!", sagt Thyra und lehnt sich so weit sie kann nach vorne um den Becher doch zu erwischen. Eva-Lina langt in ihre Schürze und holt einen kurzen, knotigen Stock hervor, den sie dem Kind statt dessen anbietet. Sofort greift die Kleine danach, haut ihn kurz auf den Tisch und beginnt dann an dem Holz herumzulutschen.
    "So, dann erzähl mal was dich hier her führt", fordert Eva-Lina ihre Tochter auf.

  • "Eigentlich nur, daß Malglin dich kennenlernen wollte", antwortet Kassandra leichthin. "Er sagt er will wissen wessen Tochter er heiratet."
    Wenn Kassandra geglaubt hat ihre Mutter mit dieser Nachricht zu überraschen dann wird sie jetzt enttäuscht.
    Eva-Lina schaut von einem zum anderen und nickt dann leicht. Einen kurzen Blick wirft sie zu Ellemir am Herd.
    "Malglin...", sagt sie dann. "Ich kenne euch nicht, aber ich kenne Kassandra... Also, was für ein Mann ist das, der meine Tochter heiraten will?"

  • "Wenn ihr gestattet, Schwiegermutter, möchte ich euch beim Vornamen nennen."
    Also Eva-Lina nickt, fährt Malglin fort.


    "Ich bin ehemals Händler aus Tympelfelz. Mein Vater lebt heute auch noch dort.
    Ich lebe jedoch seit ein paar Jahren im Amonlonde, einem Land, welches von vielen Exil-Aelm-Arthosiern bewohnt wird, wo wir ohne Standesschranken leben. Ich besitze dort mehrere Tavernen neben ein paar anderen Geschäften und bin ein Ratsmitglied der Republik von Amonlonde."

  • Nun ist Eva-Lina doch beeindruckt.
    "Ratsherr in Amonlonde..." Sie nickt anerkennend.
    "Aber wie kommt ihr da auf meine Tochter? Ich meine, versteht mich nicht falsch, aber wenn sie nicht in den letzten Jahren über den Hort eines Drachen gestolpert ist, dann hat sie euch nichts zu bieten, Malglin. Eine Mitgift könnt ihr von ihrem Vater nicht erwarten. Und von ihrem Onkel erst recht nicht. Nein, Kind, ich meine das nicht böse. Ich bin froh, daß du einen solchen Mann gefunden hast. Ich versethe es nur nicht."

  • Malglin lächelt hintergründig.
    "Kassi braucht kein Geld. Meine vielen Reisen als Handelsherr waren einträglich genug und ich habe genug Geld für uns zwei. Ich benötige eine kluge und treue Gefährtin, die mich und meinen Haushalt gut versorgt. Geld und Stand bedeuten für mich nichts. Wohl aber Treue und gute Haushaltsführung."
    Malglin schaut Eva-Lina an.
    "Ich bin kein Unschuldsengel und habe mich in vielen Dingen an der Grenze bewegt." und drückt Kassis Hand.
    "Kassi und ich sind uns nicht unähnlich. Sowohl in der Magie wie auch in unserem Wesen.
    Wir haben uns in einer Taverne kennengelernt und losen Kontakt gehalten, bis ich sie nach Amonlonde einlud, um in der Taverne zu arbeiten. Dort haben wir uns einander verliebt und ich habe sie vor einen Jahr gebeten, meine Frau zu werden."

  • "Diese Hochzeit soll nun bald stattfinden und ich habe die weite Reise in meine alte Heimat auf mich genommen, um all jene aufsuchen, auf deren Erlaubnis ich Wert lege." und streichelt Kassis Hand.

    "Wir waren bei meinem Vater, Kassis Vater und sind nun bei dir, Eva-Lina." Malglin räuspert sich.
    "Ich bitte dich um die Hand deiner Tochter, Eva-Lina. Ich möchte sie ehelichen und als Mutter meiner Kinder haben."

  • Eva-Lina kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus.
    "Das hört sich an, als hättest du eine ganz andere Kassandra kennengelernt als die, die diese Stadt vor Jahren verlassen hat... Und ich werde mich euer beider Hochzeitspläne bestimmt nicht in den Weg stellen."

  • "Ich denke euch für eurer Einverständnis, Eva-Lina. Es bedeutet mir sehr viel.
    Ich lade ich euch herzlichst nach Amonlonde ein, um an der Hochzeit teilzunehmen. Lasst die Reise meine Sorge sein."

  • "jetzt verstehe ich warum du sagst, gute Haushaltsführung ist dir wichtig", schmunzelt Kassandra Mutter.
    Ein weing nachdenkllich schaut sie zu der jungen Frau herüber, die immer noch am Herd werkelt. Das Kind schaukelt sie auf ihrem Knie.
    "Na, wenn Kassandra erst mal Kinder bekommt dann wird sie Hilfe mit diesem Haushalt benötigen, oder?"

  • "Du hast recht, es drängt ja auch nicht", meint Eva-Lina.


    Vor der Tür rumpelt es, dann wird sie aufgestoßen und die Gestalt einer hageren Frau zeichnet sich gegen die Helligkeit draußen ab.
    "Schwiegermutter..." Ellemir am Herd eilt herbei, um der Frau einen Korb abzunehmen.
    "Sei vorsichtig damit!", weist sie sie an. Dann haben sich ihre Augen soweit an das rauchige Innere gewöhnt, daß sie die gemütliche Gesellschaft in der Ecke erkennen kann.
    "Und was wird hier gefeiert?", fragt sie. "Oh... Kassandra..." Die Temperatur im Raum scheint zu fallen.
    "Mein zukünftiger Schwiegersohn wird gefeiert." Genüßlich läßt Eva-Lina sich das Wort auf der Zunge zergehen. Und reibt das Salz weiter in die Wunde: "Darf ich ihn dir Vorstellen, liebe Schwägerin? Das ist Malglin, Handelsherr und Ratsherr zu Amonlonde. Mein lieber Junge, hier hast du Gitta Solpok, die Herrin des Hauses."
    Die Hausherrin ist einen Moment sprachlos, in ihrem Gesicht arbeitet es. Und Eva-Lina genießt jeden Moment.