Der Truchseß

  • (Thread kommt mit ein wenig Verspätung und spielt vor Talris´ Reise nach Amonlonde)


    Aldhayn war noch immer überwältigt von der Aufgabe die ihm der Herr Montralurs übertragen hatte. Die Reise nach Sagala hatte ihm so manche Überraschung beschert, doch von all jenen war diese hier mit Abstand die Größte. Er, Aldhayn Grauquell vom Bärengrund sollte für die Dauer einer fürstlichen Reise den Platz des Truchseß einnehmen?
    Angst und Ehre übertrumpften sich gegenseitig im Kampf um ein vorherrschendes Gefühl.
    Seit die Schlacht im Süden gewonnen war, hatte er viel Zeit gehabt darüber nachzudenken, was ihn nun in der Herrschaftsstadt erwarten sollte.
    Die Herrschaftsstadt: Nie hatte er sie bislang betreten. Er mied solche Orte, solche Plätze, an denen Leben pulsierte wie in einem Ameisenhaufen.
    Als er sie zum zweiten mal in seinem Leben erblickte, gewann Angst, das Ringen.
    Auf dem Schlachtfeld mochte er nahezu Jedem überlegen sein, doch hier, wo er noch weniger als im Bärengrund, in dessen rauem Umfeld und nach den Monaten der Entbehrung ein Jeder ihn mehr wie einen Vater und Beschützer denn einen Herrscher behandelte, konnte hier seine reine Präsenz seinen Willen durchsetzen.
    Dies war ein Ort für Redner, ein Ort für Diplomaten Händler und Intriganten, eine Stadt eben.


    Lange zögerte er, bis er einritt und als er dies schließlich tat, überwältigte ihn ein weiteres Gefühl: Erstaunen.


    Es war, wie wenn ein Kind, das niemals Schnee gesehen hatte, am Morgen in einem fremden Land erwachte und ein Glitzermeer von abertausenden Flocken erblickte. Das Strahlen und Leuchten Uralter Bäume eisgekrönt und die warme, fast angenehme Kälte ohne jede Feuchtigkeit, die im Licht der Sonne wo immer die Strahlen trafen zu einem wohligen Schauer von Hitze anwuchs - stets die Knöchel gekühlt, damit der Geist nicht vergißt, daß es Winter ist.


    Die Aura der Stadt hatte ihn bald eingefangen und je näher sie dem großen Baum ritten, dem Sitz des Herren Montralurs, desto prachtvoller und schöner wurde es.
    Bald hatten sie den Baum erreicht und erste Bedienstete, vom Mon´tra´ar wohl eingewiesen, nahmen den überwältigten Reichshüter in Empfang.


    "Herr Talris sagte uns, daß ihr bald ankommen würdet, wir erwarteten euch die letzte Woche. Der Herr ist bereits abgereist, nachdem er euch seine Truppen sandte. Kommt hinauf in den Thronsaal, dort werdet ihr in eure Aufgaben eingeführt. Danach wird man euch in euer Gemach geleiten, wo ihr euch erquicken und angemessen kleiden könnt. "


    Aldhayn merkte überhaupt nicht, wie sie ihn bereits mit sich nahmen, sein Geist war in unendlich ferne Welten des Friedens und der positiven Verwunderung entflohen, bis er schließlich in Talris´ Thronsaal war, dem Mittelpunkt Montralurs.

  • Inzwischen war die erste Woche vergangen. Anders als Aldhayn erwartet hatte, schonte man ihn mit schwierigen Entscheidungen und Anträgen. Der Herr hatte gut vorgesorgt, und so mußte er sich lediglich mit kleineren logistischen Schwierigkeiten und den tagtäglichen Truppenberichten auseinandersetzen. Ein Gebiet in dem er relativ bewandert war.
    Man ersparte ihm Peinlichkeiten und Blößen und behandelte ihn, als wenn er ein besonderer Gast des Herren war.
    Manchmal hatte er das Gefühl, Talris habe ihn zu einem Zwangsurlaub geladen. Unter dem Vorwand großer Pflichten, eine Auszeit vom Krieg erlassen.
    Doch so sehr ihn der Gedanke daran auch mißfiel so gut tat ihm diese Zeit im Frieden des großen Baumes
    Bis zum Tage an dem er erfuhr, das die kleine Mahra hier in der Herrschaftstadt weilte. Er beschloß dieses Kind des Bärengrundes zu besuchen, sobald er ein wenig freie Zeit hätte.
    Am Abend schließlich entließ man ihn aus seinen Pflichten und er begab sich zu besagtem Gemach, daß als Aufenthalt für Mahra diente.
    Er hatte von einer Amme und einer Koboldin gehört, die sich um sie kümmerten und wußte nicht, ob er besorgt oder beruhigt sein sollte.
    Dies sollte sich zeigen, als er schließlich an die Tür klopfte...