An Bord der Alamlas

  • Sie zuckt entschuldigend die Schultern.
    "Eigentlich... gar nicht. Du hast mal erwähnt, daß ihr irgendwo in der Nähe von Yddland und auch nicht weit von Klippenstern einen Wald habt... Wir sind irgendwie nie dazu gekommen uns da mal drüber zu unterhalten."

  • Wieder nickt er. "Also die ganze Fassung. Gehen wir einmal dreitausend... Jahre zurück." Somit beginnt er die Geschichte zu erzählen, ein wenig ausfühlricher als auf der Akademie, aber auch nicht zu detailreich.
    "Vielleicht verstehst du jetzt auch warum jemand wie ich das tut was ich tue." schließt er ab.

  • Kassandra hört aufmerksam zu und unterbricht die Erzählung nicht.
    Auf Enduneaths letzte Bemerkung allerdings runzelt sie die Stirn.
    "Warum jemand wie du seine wahre Natur verleugnet?" Gut, sein Volk mochte Kämpfer brauchen, aber so dringend, daß dafür alles andere vernachlässigt wurde? "Nein, eigentlich nicht..."

  • Der Mondelb gibt einen tiefen Seufzer von sich. "Das was du Verleugnung nennst nenne ich Kampf um das Überleben eines ganzen Volkes. Grob gesagt: Es gibt einfach Wichtigeres als mich." Und das klingt keineswegs wie eine Ausflucht.

  • "Natürlich gibt es wichtigeres als dich. Und deshalb ist es auch gar nicht notwendig, daß du jeden Augenblick auf die Verteidigung deines Volkes ausrichtest. Was du im übrigen sowieso nicht tust. Und das ist auch richtig so." Sie schaut einen Moment auf das heftig bewegte Meer.
    "Du nimmst ihnen doch nichts weg wenn du dich nicht jeden wachen Moment mit Wächterdingen beschäftigst..."

  • "Kein... Fast kein Wesen kann sich ständig damit beschäftigen was du Wächterdinge nennst. Trotzdem versuche ich das so umfangreich zu tun wie möglich. Auch wenn es dir merkwürdig vorkommen mag, ich habe tatsächlich nicht soviel Zeit."

  • "Ja, klar." Sie lächelt und es ist deutlich zu erkennen, daß sie zumindest die letzte Aussage schlicht nicht glaubt.
    "Wer von uns beiden war nochmal das sterbliche Wesen, das noch dazu die ganze Nacht schlafen muß? Glaubst du tatsächlich daß du weniger Zeit hast als eine wandernden Schankmaid, die den größten Teil ihrer Zeit damit zubringen muß für ihren Lebensunterhalt zu sorgen?"

  • Er runzelt die Stirn. "Du meinst diese Schankmaid die vermutlich über mehr Mittel verfügt als sie für den Rest ihres Lebens benötigt? Du willst mir doch nicht weismachen dass du das was du tust nicht aus Überzeugung und deinem eigenen Willen heraus tust?" Er nimmt sich eine kurze Pause.
    "Ich habe schon mehrfach von dem Piratenüberfall auf euer Land gehört. Ich denke ich muss dir nichts über die Konsequenzen einer solchen Katastrophe erzählen, versuche dir aber nur einmal vorzustellen was passiert wenn plötzlich ein solch großer Anteil eines Elbenvolkes fort oder gar tot ist. Alagos Fuin ist nicht größer als Amonlonde... Und auch wir hatten schon Angreifer in unseren Wäldern. Ja, auch unsere Feinde sind mitunter Menschen und glaubst du im Ernst die würden warten bis ich mit meiner Ausbildung fertig bin weil ich ja eigentlich die Zeit habe noch ein bisschen mehr Musik zu machen?" Sein Gesicht spiegelt ein wenig Hilfslosigkeit, aber vor allem Skepsis wider.

  • "Noch vor fünf Jahren paßte alles was ich besessen habe in einen Henkelkorb", entgegnet Kassandra gelassen. "Und von dem Gedanken, unfruchtbares Ödland zu einem Wald zu singen oder ein halbes Volk mit Nahrungsmitteln zu versorgen war ich weit entfernt. Und das wäre ich immer noch, wenn ich mich darauf beschränkt hätte Bier auszuschenken. Und natürlich tu ich das aus Überzeugung und meinem eigenen Willen heraus. Sowohl Bier ausschenken als auch ... das andere."
    Sie mustert ihn intensiv. "Ich verstehe einfach nicht, wieso du glaubst, daß du nur als Kämpfer für dein Volk von nutzen sein kannst."

  • Er schüttelt den Kopf. "Das ist es nicht... Natürlich ist Musik nützlich, und dazu muss noch nicht einmal ein Funken Magie dahinter stecken. Indoryst ist nicht umsonst das zweite der hohen Häuser. Der Punkt ist einfach was zur jeweiligen Zeit am meisten gebraucht wird. Ein Volk muss sich immer den Begebenheiten anpassen um zu überleben. Ihr Menschen macht das indem ihr einfach euren Kindern beibringt was in der Zukunft wichtig ist. Dass das bei uns so nicht funktionieren kann wird dir klar sein."

  • "Ja, und sich den Begebenheiten anpassen heißt flexibel bleiben", lächelt Kassandra. "Sich nicht auf eines zu beschränken sondern sich alle Möglichkeiten so weit es geht offen zu lassen. Ich fang doch nicht an, alle Kinder die Kampfkunst zu lehren nur weil die Zeiten grade ein bißchen turbulent sind. Nein, ich schau mir an welche Begabung und Interessen sie mitbringen und fördere die." Sie wiegt den Kopf ein wenig, als sie an ihren Sohn denkt. "Und ich lehre sie Kontrolle über ihre Gaben, damit nicht irgendwann der Wald brennt..."

  • Er zieht die Brauen hoch. "Und wenn es nun offene Politik der Outilisten wäre Amonlonde auszulöschen? Wenn ständig Angriffe kämen die auf nichts weiteres zielen würden als eure vollständige Auslöschung? Würdest du das dann immer noch tun?"

  • "Dann wäre es zu spät Dreijährigen ein Schwert in die Hand zu geben. Außerdem würden Kämpfer alleine uns nicht gegen die Outilisten helfen. Aber die Welt ist nur halb so schwarz wie du sie malst, Enduneath."

  • Er schnaubt kurz. "Als ob..." gerade noch kann er sich bremsen. Durfte sie von der Aufklärungsmission überhaupt etwas erfahren? "Aber ohne sie geht es auch nicht. Außerdem spreche ich nicht von einer plötzlichen Veränderung der Machtverhältnisse, sondern von einem langfristigen Konflikt. Natürlich ist es dann nicht zu spät mit den... Dreijährigen anzufangen. Außerdem glaube ich nicht an schwarz. Die Welt besteht aus Grauschattierungen."

  • Er fährt sich mit beiden Händen durchs Gesicht und schüttelt offensichtlich verzweifelt seufzend den Kopf. "An Bord dieses Schiffes ist es hellgrau. In Alagos Fuin ist es mittelgrau. In Dúwath, im Westen, ist es dermaßen dunkelgrau dass du es nichtmal von schwarz unterscheiden würdest. Neumond hin oder her."

  • "Du wirst immer einen Ort finden, an dem es fürchterlich dunkelgrau ist. Und wenn du dazu in die Torog Nai oder in gewisse Teile Mythodeas gehen mußt. Lupien scheint auch ein lohnendes Ziel zu sein oder Engonien, im Moment. Die Liste ließe sich fortsetzen. Deshalb ist es wichtig, nicht zu vergessen daß es auch hellgrau gibt. Und es zu genießen so oft und so lange es geht. Und genau da", fügt sie nach kurzer Überlegung und mit einem schelmischen Funkeln in den Augen hinzu. "... kommt sie Schwankmaid ins Spiel."

  • "Kassandra, die Orte die ich dir genannt habe sind meine Heimat! Torog Nai, Mythodea, Arlech, Lithanis, Luxburg... Das sind, solange sie keine direkte Bedrohung für uns darstellen nur Namen. Die können so dunkelgrau sein wie sie wollen, das ist für mich nur insofern von Belang als dass ich dort hingesandt werde um Berichte zu verfassen und meine Fertigkeiten zu erproben und zu verbessern. Dass es solche Orte gibt mag Teil eines Gleichgewichts sein, dennoch kann ich nicht ruhig in hellgrauen Erinnerungen, und davon habe ich reichlich, schwelgen und so tun als wäre das Normalität, solange sich eben in unseren Wäldern Dunkles umhertreibt. Und was ich von der Schwankmaid halte weißt du."

  • "Glaube nicht, daß ich das nicht ernst nehme, Enduneath." Seine Worte lassen den Ernst auch in ihre Stimme zurückkehren. "Was in deiner Heimat passiert ist furchtbar und natürlich muß dagegen etwas unternommen werden. Trotzdem glaube ich nicht, daß das Grund genug ist, ein Talent das ganz offensichtilich vorhanden ist, zu vernachlässigen."

  • "Siehst du... das ist dann wohl der Punkt an dem unsere Meinungen schlicht auseinander gehen." Er wendet den Blick in Richtung des Horizints, nur um sofort wieder zu Boden zu sehen. Zwar ist der Himmel bewölkt, doch sind die Verhältnisse trotzdem noch viel zu hell für seine empfindlichen Augen.
    "Wollen wir uns derweil nicht mit Anderem beschäftigen? Ich meine ich weiß nicht einmal was genau ihr auf dieser Fahrt vorhabt."