Er gibt ihr einen Klapps auf den Hintern. Dann steigt er auf. "Du bist deinem Pferd ähnlicher als ich dachte."
Nach Norden zum Gebirge
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"Was?!", fragt sie empört und zieht sich ebenfalls in den Sattel.
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"Naja, eine Pferdenatur. Sagt man nicht so?"
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Sie sieht ihn zweifelnd an, nicht sicher ob das grade ein Kompliment oder eine Beleidigung ist -oder ob er sie einfach wieder aufzieht.
"Wenn du das sagst..." -
"Und natürlich die Augenfarbe." Er lacht kurz, dann verzieht er das Gesicht und greift sich an die Seite. "Wir sollten los"
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Sie schaut sich noch mal nach dem Lagerplatz um, ob sie auch nichts vergessen haben, dann treibt sie den Wallach an.
Eine ganze Weile reitet sie schweigend neben ihm her, scheint abwesend.
Um sich von dem pochenden Schmerz in ihrem Kopf abzulenken versucht sie diese seltsame Begebenheit vom Vortag noch einmal durchzudenken. Und stellt fest, daß sie sich an jedes Bild, jedes Wort, jedes Gesicht deutlich erinnern kann. Wenn sie nur wüßte, wer der Mann und die sterbende Frau sind... Sie hat schon wieder vergessen ihn danach zu fragen.
Sie wirft ihm einen Blick zu und überlegt, wie sie das Thema anschneiden kann. -
Er hält sein Pferd neben ihr und hält sich die Seite. Er wittert mehr als auf dem Hinweg. Dann dreht er sich zu ihr. "Was ist, dir brennt etwas auf der Seele. Ich kann es riechen."
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"Das auch?" Sie fühlt sich ertappt.
"Gibt es irgendwas, was du nicht riechen kannst? Das ist ein sehr unfairer Vorteil, den du da hast..." Doch sie lächelt dabei, ihre Stimme klingt sanft.
"Ja, du hast recht... Ich weiß nur nicht genau wie..." Sie seufzt.
"Als du... als wir... uns geliebt haben, gestern... Du hast irgendwas gesagt. Es klang wie ein Gebet..." -
Er macht ein unschlüßiges Gesicht. Dann wird sein Blick nachdenklich. Er sieht zu ihr auf. "Bist du sicher? Ich könnte mich nicht daran erinnern."
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"Doch", nickt sie und schaut ihn erstaunt an. "Du erinnerst dich nicht?"
Sie nagt an der Unterlippe.
"Du hast meinen Namen gesagt... Draug kam vor. Hat die Göttin, deren Namen ich trage, eine Tochter?"
Sofort fällt ihr auf, was für eine dumme Frage das ist. Natürlich hat sie die. Jede Menge.
"Eine besondere Tochter. Eine, die keine Elbe oder Einhorn ist..." -
"Ja Luana. Die Mutter Draugs und der Menschen. Warum?"
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Jalas Augen werden immer größer. Tränen sammeln sich in ihnen, die Erinnerung an das Gesehene schlägt sie in ihren Bann.
"Sie hat mich ihre Tochter genannt. Und ihre Mutter. Warum ist sie gestorben?" -
Er hält das Pferd an, und sieht zu ihr. "Wer hat dich wie genannt und wann?"
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Zu spät hält sie ihr Pferd an, dreht den Wallach dann mit leichtem Druck um Baul wieder anzuschaun.
"Gestern", sagt sie. "Nachdem du diese fremde Sprache gesprochen hast." Sie schluckt und versucht ihm zu beschreiben, was sie gesehen hat. "Eine Frau saß auf einem Felsen und weinte. Sie war so schön, obwohl sie geweint hat... ich habe nie etwas schöneres gesehen. Sie weinte wegen einer anderen Frau, die am Boden gelegen hat, mit einem Speer in der Brust. Wenn das Luana war, dann ist sie doch eine Göttin, oder? Wieso können Götter sterben?" -
Er blickt sie entgeistert an. Er scheint desorientiert, blickt zu Boden. "Ähm, der Speer ist geschmiedet von ihrem Gefährten, und geschleudert wurde er von seiner Mutter, Kama der Dunklen."
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"Kamalos..." Draugs Vater, der Name war ihr entfallen.
"Aber er war völlig zerstört, als sie gestorben ist. Er hat sie geliebt. Wieso macht er einen Speer, der sie töten kann?" -
"Seine Mutter hat ihn dazu gebracht."
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Sie starrt ihn an.
"Wie dumm", flüstert sie.
Dann kommt sie zu seiner ursprünglichen Frage zurück.
"Sie hat mich ihre Tochter genannt. Und ihre Mutter. Mutter ihrer Kinder und der Kindeskinder ihres Sohnes." Was dann wohl Draug wäre...
"Sie sagte ich soll denen Kraft und Zuversicht geben, die zweifeln und sie zurück auf den Weg zu ihrem Sohn schicken. Ich soll dem Wolf helfen und ihm Stütze sein. Ein Anker für die Verlorenen..." Ihre Stimme wird zum Ende immer leiser. -
Er starrt sie an. Schüttelt den Kopf. Blickt verloren in den Wald, dann wieder zu ihr. "Du hattest eine Vision von meinen Göttern während wir uns liebten?"
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Sie nickt. "Ich glaube... ja..."
Der verlorene Ausdruck in seinen Augen zerreißt ihr das Herz. Sie drängt ihr Pferd näher an seines heran, tastet nach seiner Hand.
"Du bist der Wolf... Sie meinte dich...", sagt sie sehr leise.