Der Dorfplatz von Renascân (2)

  • "Ja, das ist wirklich ein ganzes Stückchen von maranakar. 30 Tage hat die Fahrt gedauert. Und Käse war auch keiner an Bord, soweit ich mich erinnere." Johanna verzieht bei der Erinnerung an die Schifffahrt ein wenig das Gesicht. "Und ob ich länger hier bleibe - ich denke schon. Ich werde im Waisenhaus arbeiten, wenn es fertig ist."

  • Delpior strahlt


    "Oh, das ist schön! Ich mag's, wenn sich Leute um andere kümmern, die's nötig haben. Und nötig haben's zuhause wahrlich genug. Die Waisenhaus-Sache war schon eine gute Idee, das muss man den hohen Herren und Damen lassen. Ich hoff' doch mal, dass man dabei an die Waisen gedacht hat..."


    Im letzten Satz schwang etwas seltsames mit, das man schwer verorten konnte, und Delpiors Strahlen verschwand kurz, um dann wieder zurückzukehren


    "Das heißt ihr seid dann sowas wie...äh...wie nennt man das...Kinder...äh...aufpasserin...Ersatz...mutter...ja...wie eigentlich?"

  • "Es ist eine Herzenssache meiner Kirche, sich um die Kinder zu kümmern. Daher ist es für mich eine Selbstverständlichkeit gewesen, alls Lehrerin herzukommen. Und natürlich auch ein kleines Abenteuer."
    Der seltsame Tonfall irritiert Johanna ein wenig., also hakt sie nach. "Wie meint Ihr das - ob die hohen Herren dabei an die Waisen gedacht haben? Meint Ihr sie machen das im Endeffekt nur - für sich?" Ihre Stimme ist ein wenig leiser geworden. Interessiert legt sie den Kopf schief und verschränkt die Arme vor der Brust.

  • Er zögerte kurz, dann winkte er heftig ab


    "Äh...nein. Neinein, da...da müsst ihr mich missverstanden haben. So was..so was würde ich nie behaupten. Ich bin sicher, das ist alles so...also...alles so wie es sein soll. Ja..."


    Ein kurze Pause entstand


    "Als Lehrerin? Eure Kirche? Ihr seid Priesterin?"

  • "Ja, ich bin Priesterin. Bekomme ich deswegen keine ganze Antwort?" Johanna grinst breit. "Und bloß weil man etwas nicht behauptet, heißt das nicht, dass man etwas nicht denkt."


    Sie wendet sich kurz ab, um Delpior einen Moment zu lassen, sich zu sammeln und kauft kurzentschlossen an dem Marktstand auch einen kleinen Laib Käse, um ihn der Klosterküche zu spenden.


    "Aber nun ja. Ich bin gespannt, wie das Gebäude für das Waisenhaus aussieht. Heute wollte ich mir die Baustelle ansehen."

  • Er zog seinen Mantel zurecht und nickt (ebensoheftig, wie er eben gefuchtelt hatte)


    "Ja, jaja. Das Gebäude ist natürlich wunderbar. Es war früher ein Lagergebäude, aber dann hat sich ja der Hafen verlagert, und da war's dann zu groß, und das hat die Obrigkeit dann umbauen lassen. Schön groß. Und selbstverständlich denke ich, dass die Obrigkeit stets zum Wohle von Renascân uns seiner Bürger handelt. Und...und der Waisen...die ja dann auch Bürger von Renascân sind...oder? Also, ich kenne mich ja da nicht aus."


    Er wartete, bis Johanna den Käse gekauft hatte


    "Ah, hab' ich euch für den Käse begeistert? Ja, mit Essen kenn' ich mich schon eher aus. Obwohl das andere bestimmt auch besser können, also Morgaine zum Beispiel, die...Moment, die kennt ihr ja gar nicht. Morgaine arbeitet im Zaunkönig, wenn sie nicht studiert, und da kennt sie sich bestimmt besser mit Essen aus als ich. Mit dem Zubereiten, meine ich. Im Essen aufessen bin ich schon ganz gut."

  • Johanna verstaut den Käse in ihrer Umhängetasche.


    "Nun - wie dieses Waisenhaus genau funktionieren wird-. Ich gebe zu, dass ich das auch nicht mehr hinterfragt habe als nötig."


    Zumal Nelas Gedrängel, sie müsse einfach gehen, sie sehr vieler kritischer Nachfragen enthoben hatte.


    "Ich weiß weder, ob es ein Haus nur für Renascâner Waisen ist oder ob auch Kinder aus Magonien selbst herkommen, weil man es - für eine gute Idee hält."

  • Delpior überlegte und schob dabei seine Unterlippe nach vorne


    "Also, so weit ich weiß, gibt's gar nicht so viele Waisen in Renascân, den Göttern sei Dank. Um ehrlich zu sein weiß ich von keinem, was aber nix heißen will. Mir hat man erzählt, dass die Waisen also von der Heimatinsel kommen sollen, dort gibt's ja genug, allein schon aus dem verdammten Krieg. Tja, und hier sollen sie eine neue...Heimat...finden. Ja, gute Sache, sicherlich. Aber bestimmt auch keine leichte Aufgabe für euch."


    Wieder klang ein Wort (nämlich 'Heimat') sehr seltsam.


    "Ja, also, ich sag's schon mal jetzt, wenn was sein sollte, bei Verletzungen oder Krankheiten oder so, dann könnt ihr euch ans Hospital wenden. Ich arbeite dort. Aber das Hospital ist trotzdem ganz gut."

  • "Ich glaube man kann etwas - Neues leichter zu schätzen wissen, wenn man damit aufwächst. Wir Älteren haben sicherlich mehr Probleme als Kinder, uns mit der Situation nach dem Krieg zu beschäftigen und dieses hier -." Sie macht eine allumfassende Geste. Sie wirkt offenkundig nachdenklich."- zu akzeptieren. Den Feind, der auf einmal Nachbar ist, als Mensch zu sehen und nicht als-." Sie stockt und es ist offensichtlich, dass sie etwas Anderes sagen will als das, was sie dann schließlich sagt: "Das ist das Wunderbare an Kindern. Sie haben keine Vorurteile."


    Kurz kaut sie auf ihrer Unterlippe herum.


    "Danke für das Angebot mit dem Hospital. Wie ich mich kenne, werde ich das wohl des Öfteren in Anspruch nehmen."

  • Delpior nickt bei den Ausführungen


    "Ja...ja, da habt ihr wohl recht. Und das Angebot halt' ich gern aufrecht, auch wenn ich hoffe, dass ihr's nicht oder möglichst selten braucht. Zu tun gibt's eigentlich immer was, ist ja auch kein Wunder, so groß wie die Siedlung mittlerweile ist. Obwohl ich mal gelernt habe, dass mehr Leute weniger Kagg...äh...also...dass...wie war das...also das man mehr Schutz hat, wenn mehr Leute zusammen sind. Komplizierte Sache."

  • Johanna kann ihm nicht recht folgen, hört aber geduldig zu.


    "Wieviele Menschen leben eigentlich hier?" , fragt sie, eine Information, die ihr noch fehlt und die sie nicht beim Präfekten hatte erfragen wollen, um vor dem Mann nicht als vollkommenes Landei dazustehen.

  • Er blies die Backen auf


    "Puuuuuuuuuuh, schwer zu sagen. Das letzte, was man mir so erzählt hat, hieß, dass es über 2000 Seelen wären mittlerweile. Wieviele drüber, keine Ahnung. Wenn man's genau wissen wollte, dann zählt man sicher eine Weile. Ganz schön viel, wenn man's bedenkt, oder?"

  • Johannas Augen weiten sich ein wenig.


    "Zweitausend - ja, für mich ist das viel." Im Gegensatz zu ihrer kleinen Klostergemeinschaft war das eine erstaunlich hohe Zahl. Sie seufzt leise, dann kehrt das Lächeln auf ihr hübsches Gesicht zurück. "Sagt mal, Delpior, so von neuer Bürgerin zum eingesessenen Bürger gesprochen: gibt es etwas, was ich über Renascân wissen sollte? Was man sich ansehen sollte, mit wem mit spricht, welche Gegenden man meiden sollte?"

  • "Joaaaaaaaaaaah, also eingesessen, da gibt's viele, die schon viel länger hier sind als ich. Aber so das ein oder andere weiß ich schon. Also, wenn ihr hier bleiben wollt, so mit Ansiedeln und so, dann solltet ihr unbedingt in die Präfektur. Die kriegen bestimmt auch so alles mit, aber wenn man sich dort meldet, dann sind viele Sachen einfacher. Da solltet ihr also hin. Was noch gut ist, ist der Zaunkönig. Eine prima Taverne...naja, noch die einzige hier, aber wirklich gut. Bald macht ja Miravs neue Hafentaverne auf, aber man munkelt, dass die ganz anders wird, aber wohl auch gut. Was noch....hmmm....für so Kleinkrams und Allerlei, da geht ihr am besten zu den Tedenheims, Krämerei und so."


    Er überlegte


    "Ludwigs Allesbraterei, wenn man's mal deftig mag, dann zu Ludwig. Der brät alles, aber lecker. Eine große Schneiderei gibt's auch, aber das ist nix für meinen Geldbeutel, aber vielleicht...äh...braucht ihr ja mal was. Och, und da gibt's noch so einiges hier. Das meiste bekommt man aber schnell raus, wenn man ein bissl rumschlendert."


    Wieder dachte er nach


    "Und wohin man nicht gehen sollte...pffffffffffffffff...weiß nicht. Dass es irgendwo hier in der Stadt gefährlich sein sollte, da hab ich noch nie nix von gehört. Ich würde mich spät nachts nicht in den Gassen unten beim Hafen rumtreiben, wer weiß, was so besoffene Matrosen von sonstwoher für Ideen haben. Aber das würd' ich eh in jeder anderen Hafenstadt genauso machen. Nicht, dass ich viele kennen tät, aber...ja, das macht man halt so. Oder vielmehr: Man macht's nicht."

  • Johanna hört aufmerksam zu, nickt hin und wieder sagt dann, als Delpior geendet hat.


    "Ich komme gerade aus der Präfektur. Aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass man einfach mal jemanden fragen sollte, der die Dinge erlebt, anstatt sie zu verwalten."


    In ihrer sanften Stimme klingt keinerlei Wertung mit.


    "Und der 'Zaunkönig' klingt recht gut. Ich denke da werde bald einmal vorbeischauen. Vielen Dank."

  • "Bitte, bitte, man hilft doch gern. Noch dazu, wenn's so einfach ist. Ja...also...ich werd' dann mal wieder. Wenn ihr noch irgendwelche Fragen habt, dann kommt doch einfach mal vorbei, im Hospital. Oder, ihr seid ja Priesterin, genau, dass ich da nicht gleich drauf gekommen bin, fragt Damorg, der ist in Ordnung. Manchmal etwas brummelig, aber er meint's gar nicht so. Ein Kapal-Priester muss wohl so sein. Ja, der weiß wahrscheinlich noch viel mehr als ich. Bestimmt sogar."

  • Johanna lächelt. Also ist der keksklauende, grummelige Kapalpriester wohl der richtige Ansprechpartner - hofft sie.


    "Dann danke ich für die Hilfe und - ähm." Sie lacht. "Entschuldigung nochmals wegen des Schneeballs und so."

  • Delpior winkte grinsend ab


    "Ach, kein Problem. Ist ja nix passiert. Ja...äh...dann bis bald, lebt euch gut ein, hier...so. Schönen Tag!"


    Er nickte er nochmal zu, überprüfte, ob sein Beutel gut verschlossen war, schob noch seine seltsame Kopfbedeckung (eine braune Stoffmütze mit Lammfellrand) zurecht und stapfte durch den Schnee davon

  • Johanna hebt kurz grüßend die Hand, dann lächelt sie eingedenk der vielen unterschiedlichen Begegnungen an diesem Tag und geht noch über den Markt, um etwas zu Essen einzukaufen. Schließlich hatten sie und Nela am vergangenen Tag von den Vorräten des Tempels gegessen, also ist ihre Tasche recht voll, als sie in die Tempelküche zurückkehrt, um sich um das Mittagessen zu kümmern.