Das Haus II

  • Alanis grinst, weil sie ahnt, woraus Jala anspielt.


    "Nun, das ist sicherlich etwas, was bei Wesen, die nicht mit Wölfen und ihren Eigenheiten vertraut sind, für Nervosität sorgen kann. Jetzt verstehe ich wirklich einige Dinge, die Baul betretten. - Nun, in meiner Heimat gibt es eine Anzahl von Wolfswandlern, mit denen ich eine Zeitlang herumgezogen bin. Mein Meister war sogar eine Weile Mitglied in einem Rudel - und das als Mensch."


    Sie legte eine Hand auf Jalas Hand, die noch immer untergehakt auf ihrem Arm liegt.


    "Das erklärt dann natürlich auch die kurze Tragezeit - oder besser gesagt Schwangerschaft."

  • "Was ihn zu dem Krieger macht, der er ist. Ein weiterer Punkt, der die Leute verunsichert. Mit seiner Tat, den Anführer der Outilisten zu töten, hat er etwas getan, was als Gut angesehen wird, und dennoch schürt es die Angst vor dem, was er zu tun vermag." Alanis blickt ernst drein.

  • Alanis lächelt, doch es ist eine bittere Note dabei.


    "Nein, ich nicht. Ich habe so viel Böses in meinem Leben gesehen, vor denen man sich fürchten muss -."


    Sie bricht ab, schluckt kurz. Dann setzt sie hinzu:


    "Und auch einige Andere fürchten ihn nicht, sie schätzen ihn und seine Fähigkeiten. Wärst Du bei der Ratswahl gewesen, hättest Du gesehen, wie viel Wohlwollen ihm manche schenken, auch wenn sie es vielleicht nicht auszudrücken wissen oder es sich vielleicht nicht getrauen."


    Ihr Blick, der auf Jala ruht, ist voller Zuneigung.


    "Aus Furcht wird irgendwann Skepsis werden und aus Skepsis schließlich Akzeptanz. Das ist der Lauf der Dinge. Die Zeit wird es richten."

  • Alanis Mundwinkel zucken nach oben.


    "Böse. Gut. Kategorien, die jeder für sich selbst mit Erfahrungen und Erwartungen füllt. Darüber lässt es sich schwerlich diskutieren."


    Sie lässt den Blick durch das Zimmer streifen, in dem sie sich gerade befinden.


    "Man kann, denke ich, nur von sich selbst erahnen, welcher dieser Kategorien man zuzuordnen ist."


    Sie öffnete einen weiteren Verschluss ihres Mantels.


    "Nun, Junge oder Mädchen? Was orakelt die Hebamme?"

  • Alanis nickt und schält sich aus dem warmen Wollmantel. Ihr Kleidung steht im krassen Gegensatz zu dem abgetragenen Rock und der zerknitterten Bluse, die sie immer auf Reisen trägt und in der Jala sie kennt. Sie trägt ein Unterkleid aus cremefarbenem, edel besticktem Stoff und darüber ein grünes Kleid. An ihrem Gürtel hängen zwei Wappen, einmal der vierendige Knoten als Zeichen ihres Glaubens, daneben, auf dem zweiten Wappen, der Blutstropfen des Rings der Heiler. Nachlässig hängt sie sich den Mantel über den Arm.


    "Ein Junge. Oh je." Sie grinst. "Keine ruhige Minute mehr, wenn er das Temperament seines Vaters erbt."

  • Alanis blickt an sich herab, während sie Jala bereitwillig den Mantel überlässt.


    "Nein, natürlich für meinen Besuch bei Euch. Ich lege Wert darauf, die eleganteste ehemalige Köchin in diesem Haus zu sein." Sie zwinkert Jala lachend zu. "Auf den Schlachtfeldern der Welt lohnt es sich für mich nicht, mich fein zu machen."

  • "Dann mußt du unbedingt zum essen bleiben", sagt Jala und hängt den Mantel an einen Haken. Danach hakt sie sich wieder bei ALanis unter, um sie weiter durchs Haus zu führen.
    "Die Thermae ist eher nicht dafür geeignet, mit Straßenkleidung betreten zu werden...", sagt sie und öffnet die nächste Tür, um Alanis einen Blick über den Badebereich zu ermöglichen.

  • "Ah, die Thermae. Baul hat sie am Wahlabend erwähnt." Neugierig wirft Alanis einen Blick hiein. "Ein Wunderwerk der Baukunst, wie ich hörte." Sie wendet sich wieder Jala zu. "Und zum Essen bleibe ich natürlich sehr gerne. Arbeitet Sotirios noch in der Sklavenküche oder habt Ihr ihn hierher geholt? Er hat ein großes Talent."

  • "Nun, immerhin bist Du jetzt die Herrin eines großen Hauses. Es ist Deine Aufgabe, Tätigkeiten zu delegieren und den Überblick über alles zu behalten. Also kein Grund, so entschuldigend zu klingen, Deine jetzige Aufgabe ist sicherlich anstrengeng genug. Ein Kind zur Welt zu bringen und zu einer Persönlichkeit zu erziehen ist eine große Herausforderung."


    Ein Funken Wehmut klingt in ihrer Stimme mit und verschwindet.


    "Zankt mit den Mägden? Mit mir hat er sich niemals gezankt, aber ich habe ja auch ein strenges Regiment geführt."

  • Alanis schweigt für eine Weile, nach einer Antwort auf diese Frage suchend.


    "Sollte man nicht den Personen und den Dingen, die man liebt, einen Namen geben, ganz gleich, wie lange sie bei uns sind?", fragt sie schließlich ernst. "Eine Sache, ein Wesen zu benennen, drückt mehr Hoffnung in die Zukunft aus als jedes Gebet."