Die Küche 6

Anna schaut auf und der Elbe direkt in die Augen. Ihr Gesicht zeigt weder Mitleid noch sonst eine Spur einer emotionalen Regung.
"Warum habt ihr mir... das... hinterlassen?"

Silia betrachtet die junge Frau lange bevor sie schliesslich antwortet.

"Ihr wart dabei euch mit Thiran zu verbinden. Die Magie, die ihr in euch trugt hätte nicht nur euch und euer Kind weiter verdorben, sondern schließlich auch Thiran.
Etwas das ich auf keinen Fall zulassen konnte.
Als ich euch eure Magie genommen habe, habe ich euch mit wilder Magie berührt. Tief in eurem innersten habe ich sie genutzt um etwas zu entfernen, das ein Teil von euch gewesen war. Die Lücke die dort entstand musste mit etwas gefüllt werden, oder sie wäre durch etwas anderes gefüllt worden.
Vielleicht hättet ihr die Magie eures Kindes in euch aufgenommen und es damit getötet, oder ihr hättet etwas anderes gefunden, dass dort Platz finden könnte.
Das Risiko war mit zu groß. So habe ich euch etwas gegeben, von dem ich weis was es ist. Etwas, dass ich dachte euch lehren zu können wenn die zeit reif ist.
Eure Verbindung zu Thiran und die Macht des Kindes hat die wilde Magie jedoch schneller wachsen lassen, als ich es angenommen hatte und auch mein... Zustand... war nicht geplant."

Anna hört regungslos zu und starrt danach eine Weile vor sich hin.
"Nein... wer würde so etwas planen", sagt sie dann.
"Ich... bin nicht sicher, ob ich euch dankbar sein kann, für das, was ihr getan habt", fährt sie nach kurzem Zögern fort. "Vielleicht wenn etwas mehr Zeit vergangen ist." Überzeugt klingt sie nicht. "Wie dem auch sei, ich muß damit leben. Diese Lücke... Hattet ihr gehofft, das was ihr mir hinterlassen habt könnte sie wieder füllen?"

"Ich bin mir sicher, dass es das tut, ja... warum?"

Sie seufzt
"Ich habe nicht erwartet, dass ihr mir dankbar seid oder es sein würdet, da ich es weder mit eurem Einverständnis gemacht habe noch für euch. "
Sie fährt sich müde über das Gesicht und durch die Haare, dann steht sie auf
"Ich kann euch auch nicht sagen, dass es mir leid täte. Ich hoffe jedoch, dass ihr versteht warum ich es getan habe."

"Sicher kann ich es verstehen... Die Magie könnte die Leere, die der Verlust in euch hinterlassen hat ebenso füllen, oder?"

Die Elbe guckt erstaunt und überlegt dann etwas

"Das könnte sie, zumal sie ursprünglich von mir kam, aber..."
sie versinkt in Gedanken
"Es ... ich weis nicht was dann passieren würde ... meine Magie ist an gewisse Regeln gebunden und..."

Anna zieht eine Augenbraue hoch.
"Regeln, von denen ich wissen sollte?"

Die Elbe lacht
"Nein, sie betreffen euch nicht. Es ist etwas in mir."
Sie tippt sich auf die Brust.
"Eine Kraft, die von der wilden Magie gespeist wird. Und diese hat ihre Regeln. Doch ihr habt nur die wilde Magie. Sie lebt in euch und mit euch. Sie tut das, was ihr fühlt, was ihr denkt und das was ihr wirklich wollt. Ihr seid in der Lage mit der Magie zu töten, doch nur, wenn euer tiefstes Selbst dies wirklich will. Das ist der Grund warum ich in euch keine Gefahr für Thiran oder euer Kind sehe. So unwissend wie ihr auch seid."

"Wie beruhigend...", sagt Anna trocken.

Silia sieht sie mit einem Lächeln an.
"Ja, nicht wahr? Dennoch ist euer leben jetzt ungefährlicher als es einmal war."

Anna erwiedert das Lächeln nicht. "Ein Leben zu führen, das ungefährlicher ist als ich es vor einem Dreivierteljahr geführt habe, ist nicht schwer", antwortet sie prompt.

Die Elbe zuckt mit den Schultern.
"Ich habe euch die Möglichkeit gegeben dieses Leben mit Thiran zu führen. Einen anderen Weg gab es nicht für euch."

"Wie dem auch sei..." Das klingt nicht als wolle Anna dieses Thema weiter vertiefen.
"Wie fahren wir fort?"

"Ich würde vorschlagen, dass ihr die Übung mit der Kerze etwas vertieft und wenn ihr sie gemeistert habt, dann wenden wir uns anderen Dingen zu. Die Übung sollte euch ein erstes Gefühl für die Magie vermitteln"

Anna nickt. Dann löscht sie eine der Kerzen aus, um sich dann darauf zu konzentrieren, sie wieder zum brennen zu bringen.
Immer wieder wiederholt sie die gleiche Übung ohne sichtbare Ermüdungserscheinungen.