Seelenwege ,
ist eine Fantasy-Kurzgeschichte über zwei Drows.
Ich bin Ta`ri aus dem Volk der Dunkelelfen und in meinem Herz schlägt das Blut von mehr als dreitau-send Jahren. Ich sah die menschliche Rasse gebären, leben und sterben und blieb von ihren verwesenden Körpern unberührt und von ihren Sorgen und ihrem Leid weit entfernt.
Ich weiß, das ich die Macht habe, jeden Einzelnen allein mit einem meiner Gedanken zu töten. Ein Kral-lenhieb würde ihre zarten Kehlen einfach zerreißen.
Ihre Hilflosigkeit und meine Überlegenheit sind wie ein Rausch, der mein Herz lauter schlagen lässt und ich fühle wie das Blut in meinen Adern wie ein Lavafluss brodelt.
Ich beobachte sie, Sie, die wie Ameisen Steine zusammentragen und sich Unterkünfte und Tempel fal-scher Götter bauen, sich in ihrem Egoismus und ihrer nicht vorhandenen Überlegenheit sonnen.
Vielleicht jage ich heute Nacht einen der Ihren, nur so, nur zum Spaß. Ihr Fleisch würde ich in tausend Jahren nicht anrühren. Es würde mich wahrscheinlich vergiften und es würde Tage dauern, bis ich mich von ihrem blassen und geschmacklosen Fleisch erholt hätte.
**Du bist zu grausam mit den Menschen!**
**Bin ich das?**
Ich spüre den warmen Atem von Ku`ri hinter mir.
**Du kommst spät!**
**Ich hatte noch etwas zu erledigen.**
Ich bemerke getrocknetes Blut an seinen Händen. Auch an seinen Mundwinkeln und Lippen. Mein plötzli-ches Hungergefühl lässt mich aufknurren.
**Du hast wieder nur an dich selbst gedacht.**
Sein Lächeln sagt alles, seine Jagd war vorbei und an seinem gesättigtem Gesicht bemerke ich, das sie von großem Erfolg gekrönt war. Seine spitzen Fängen blitzen hell im schon fast verschwundenen Tages-licht auf.
**Was machen deine Ameisen heute?**
Seine tiefen schwarzen Pupillen gleiten an mir vorbei auf die Siedlung der Menschen.
**Sie riechen schlecht.**
Ich bemerke wie sich seine Nasenflügel weiten und er versucht in ihre Richtung zu schnuppern. Für einen Moment streift seine Wange die meine und ich höre wie sich seine Pranken an der Baumrinde festkrallen um besseren Halt zu finden. Die Wärme seines Körper wird fast übermächtig.
**Nicht schlecht, nur anders Ta`ri.**
In seinem nahen Atem rieche ich leichten Blutgeruch. Sein Kopf gleitet wieder zurück und ich spüre den leichten Hauch seines langem weißen Haares auf meiner Schulter. Der Geruch nach Blut macht noch mehr Hunger, nicht nur auf die bevorstehende Jagd.
Unabsichtlich folgen meine Augen seiner Bewegung nach hinten. Mein Atem geht schneller als ich möch-te.
**Dort, da ist sie, das kleine Menschenkind.**
Sein langer krallenbewährter Finger schnellt nach vorne und zielt auf eines dieser gebrechlichen Wesen. Sie vielleicht vierzehn, fünfzehn Winter alt, schleppt in Lumpen gehüllt Eimer zum Brunnen. Ihr langes blondes Haar ist ungewaschen und verfilzt. Er schnurrt und beginnt zu lächeln, als er mit leicht geneig-tem Kopf ihren fahrigen unbeholfenen Bewegungen folgt.
Die Wut auf ihn kommt plötzlich und ich kann den Zorn nicht zurückhalten. Es tut mir schon fast leid, bevor ich treffe.
Drei blutige Striemen hinterlassen baldige Narben auf seinem Hals. Erst schaue ich reumütig an, dann gewinnt der Zorn wieder die Oberhand. Meine Kralle liegt noch immer auf seiner Kehle, er zieht sich nicht zurück. Ich bin viel zu erregt um mich darüber zu wundern. Ich kann nur hoffen, er versteht mein Knurren nicht falsch.
**Ich bin auf deinesgleichen nicht angewiesen!**
Meine Kralle zieht sich wieder zurück und für einen kurzen Augenblick bemerke ich den zarten Kontrast seiner dunklen Haut zu der meinen.
**Du bist ein Narr Ku`ri, wenn du denkst, mich so beherrschen zu können!**
Er lächelt nicht, sein Blick erwidert den meinen starr und ausdruckslos, die goldenen Pigmente seiner Augen blitzen für einen winzigen Moment auf, als sie auf die letzten Strahlen der Sonne treffen.
Plötzlich kann ich seine Unsicherheit riechen. Sie liegt wie ein zerschlissener Mantel um ihn. Er bemerkt es und verwehrt mir jede Gefühlsregung. Ich schäme mich schon fast, bis jetzt zeigte ich ihm noch nie meine Eifersucht auf diese zweifüßigen Tiere.
**Geh doch zu deinen Menschenkindern Ku`ri, verbinde dich mit ihren sterbenden Körpern und wenn du dabei Lust empfindest, es ist mir gleich.**
Ich weiß nur all zu gut, das ich ihn treffe mit solchem Senden. Wenn ich etwas hasse, dann ist es so was. Ku`ri weiß das und es ist ihm nicht egal. Mir heute schon. Ich stoße mich vom Ast ab und lande geräuschlos auf dem noch nassen Waldboden. Er bleibt oben zurück, nur sein Blick folgt meinen schnel-len Schritten zurück ins Dickicht.
Ich bin jetzt mehr wütend auf mich selbst, als auf ihn. Ich empfinde Eifersucht auf dieses menschliche Ding, mit den zarten Gliedern, dem goldenen Haar und den blauen Augen, die er manchmal aufsucht, um seinen Hunger zu stillen. Mehr als ein duzend Mal war ich versucht, es um meine Vorteile willen auszu-merzen.
Ich kann mich nur mit der Zeit trösten, die ihren Körper langsam verfaulen lässt und ihre zarte glatte Haut runzelig erscheinen lassen wird.
Gleichzeitig bin ich verwirrt, so nahe wie heute war Ku`ri mir eigentlich noch nie gewesen. Diese Tatsa-che hatte ich in meiner Wut außer Acht gelassen.
Das Tier unter meinen Krallen stirbt schnell und ohne Schmerzen. Sein warmes Blut lässt mein Herz so laut und mit Seinem schlagen, das ich Angst habe, es könnte jemand hören, dem sein Laut nicht be-stimmt war. Genüsslich schlage ich meine Fänge in die Kehle des noch zuckenden Tieres. Es stillt den Durst und auch die Wut auf Ku`ri, die ich immer noch empfinde. Sein Geruch ist wieder nahe, er ist mir gefolgt, weit oben in den Baumspitzen. Ich schaue vom Fell des toten Tieres hinauf und bemerke wie ein Blutstropfen meinen Mundwinkel hinab perlt und noch ehe es entgültig mein Kinn erreicht hat, vertrock-net. Das Blut wärmt meinen Körper, obwohl er keiner Wärme bedarf.
Ku`ri lässt sich lautlos hinter mir auf den Boden fallen. Seinen Atem höre ich trotzdem. Ich will mich jetzt nicht umdrehen, auch wenn ich mich der Gefahr aussetze, das er mich rücklings tötet. Wütend ge-nug habe ich ihn gemacht, ein Gewissen oder eine Moral hat er nicht, um es nicht zu tun. Er ist mir so nahe wie eben auf dem Baum. Einen winzigen Hauch noch und er würde mich berühren. Ungerührt ver-beiße ich mich wieder in das Tier in meinen Händen. Es schmeckt nicht mehr. Ich reiße ein wenig Fleisch aus seinem Lauf, kaue lustlos darauf herum und werfe es dann achtlos in die Büsche. Ku`ri hat sich noch immer nicht gerührt. Ich weiß nicht warum, aber ich genieße die Gefahr in meinem Rücken, schon wieder, immer.
Plötzlich bemerke ich seine Berührung, nur ein Hauch, als seine Krallen kurz den Punkt zwischen meinen Schultern berühren. Er zittert, als er das tut. Unwillkürlich mache ich das auch. Sein leichtes ungeduldi-ges Knurren ist fast nicht zu hören. Trotzdem in meinen Ohren ist es fast schmerzlich. Das laute Pochen meines Herzen verbindet sich mit dem Wort, das in meinen Gedanken immer wieder hallt. **Feh`ri?**
Ich will mich nicht umdrehen, aus Angst, er wäre fort würde ich es tun. Aber seine Körperwärme ist noch immer da und wärmt meinen Rücken.
Plötzlich ist sein Griff in meinem Nacken, fast schmerzlich und seine Krallen graben sich in meinen Hals. Unsanft zieht er mich zurück, wirft mich mit dem Gesicht zu Boden. Ist über mir, bevor ich mich wehren kann. Sein kurzer, keuchender Atem fährt über mein Haar. Es ist mein Blut, das da auf den Waldboden unter mir tropft.
**Was willst du jetzt tun?**
Sein Griff lockerte sich ein wenig. Weit genug, das ich mich drehen kann. Seine Augen sind aufgerissen, lassen mich jedoch nicht heran an ihn. Ich sehe ihn immer noch fragend an.
**Was willst DU jetzt tun?**
In seinem hastigen Senden lag Unruhe und Hast. Seine Krallen hinterlassen noch immer ein Stechen in meinem Nacken und während er mich weiter mustert, spüre ich wie er meinen Kopf nach hinten zieht, so das meine Kehle schutzlos seinen Fängen ausgeliefert ist.
**Willst du mich töten, Menschenfreund?**
Für einen winzigen Moment verengen sich seine schwarzen Augen zu schmalen Schlitzen, nur das zarte Gold dringt glitzernd hervor.
**Glaubst du nicht, dann hätte ich dies schon längst getan?**
Er öffnet leicht seinen Mund und seine Lippen kommen den meinen viel zu nah. Trotzdem hält er inne. Ich spüre sein Gewicht auf meinem Körper und bin unfähig mich zu rühren.
...
(c) Tear´asel nuya wyn