Ashabas Hütte am Oberen Stichweg

  • "Schwierig." antwortet Ashaba. "Denn entweder man schließt sich an, oder eben nicht. Spezialisten wie Heiler und Bogenschützen können jedoch vom Kommandanten erfahrungsgemäß nur selten bis gar nicht sinnvoll koordiniert werden."


    Nachdenklich nagt sie an ihrer Unterlippe.


    "Deswegen lassen wir sie meistens auch ihr eigenes Ding machen. Wir vertrauen darauf, dass sie am Ehesten wissen was sie tun und wo sie am Besten eingesetzt sind. Im Härtefall unterstehen sie jedoch nach wie vor der Befehlsgewalt des Kommandanten."


    Ihr Brot zerkrümelt sie eher, als dass sie es isst.


    "In diesem Falle wäre es vielleicht nicht schlecht, bei seiner Exzellenz di Lorenzo vorstellig zu werden. Er wird dir am Ehesten sagen können, was von dir erwartet wird. Einen Heiler wird er in jedem Fall zu würdigen wissen."

  • Alanis blickt nachdenklich hinaus auf die See.


    "Manchmal sind die Anforderungen an einen Priester eben sehr konträr zu dem, was in einer festen Truppe passieren sollte." Sie fragte sich immer noch manchmal, wie Damorg das vereinen konnte, ohne in Konflikte zu geraten - oder ob er sehr wohl diese Konflikte zu spüren bekam, es ihr aber nicht erzählte. "Beim Prokurator selbst?" Ihre Augen weiten sich kurz. Eigentlich hatte sie den Augenmerk auf ihre Person in Renascân so gering halten wollen wie möglich. "Ich habe noch niemals einer militärischen Ordnung irgendeiner Art unterstanden. Das In-der-Reihe-Stehen beim Manöver war mein erster Kontakt mit einer derartigen Disziplin."

  • "Man erwartet von einem Heiler keine militärische Disziplin. Sie sind ja keine Soldaten."


    In ihrer Stimme schwingt etwas Überraschung mit.


    "Im Normalfall werden die Heiler bei der Marschformation in die Mitte genommen, damit sie möglichst gut geschützt sind. Und das ist zu deinem eigenen Vorteil."


    Dann sah sie Alanis mit hochgezogenen Augenbrauen, jedoch ohne Vorwurf an.


    "Und ich vermute, dass du beim morgendlichen Gottesdienst sowieso nicht teilzunehmen gedenkst. Im Übrigen ist seine Exzellenz di Lorenzo sehr umgänglich. Er ist... sehr volksnah, möchte man fast sagen. Wie könnte er auch nicht hier in Renascân? Er hat genug von der Welt gesehen, um deine Zweifel zu erkennen. Und am Ende hat er zu entscheiden."

  • Alanis schmunzelt leicht bei dem Schutzangebot und erklärt dann weiter:


    "Nein, teilnehmen werde ich an Euren Götterdiensten wohl nicht. Was übrigens dann noch die Frage aufwerfen würde, für wen von Euch ich beten dürfte und für wen nicht - und ob überhaupt - ich denke das sollte ich wirklich mit demjenigen besprechen, der es mir im Endeffekt verbieten oder erlauben zu meinen kann."

  • "Vielleicht solltest du das mit Damorg bereden. Gerade für die Gardisten ist sein Urteil sehr wichtig. Was mich persönlich angeht..."


    sie zögert kurz.


    "Ich möchte dich bitten es nicht zu versuchen. Lass mich lieber verbluten, wenn es nicht anders geht. Magisch, ja. Aber ich möchte nicht, dass irgendwelche fremden Götter in meinem Leben oder Eingeweiden herumpfuschen."


    In ihrer Stimme war so etwas wie Resignation zu hören.

  • Alanis zögert und für einen kurzen Moment merkt man, dass Ashabas Vorschlag ihr unangenehm ist.


    "Ich - möchte eigentlich nicht so gerne Einfluss auf diese Menschen nehmen, indem ich es über eine andere Person versuche. Zudem über eine Person, mit der ich - naja, da frage ich lieber selbst."


    Auf Ashabas Worte hin nickt sie.


    "Das verstehe ich gut und ist hiermit versprochen."

  • "Oh, verstehe mich nicht falsch. Ich möchte keinesfalls, dass du jemanden zu überreden versuchst. Damorg würde wohl auch kaum dahingehend Einfluß nehmen. Ich persönlich würde jedem Fünfgötterfürchtigen am liebsten verbieten, sich dem Wirken anderer Götter auszusetzen."


    Trotz dieser vom Inhalt doch sehr harschen Worte bleibt sie ruhig und auch ihr Tonfall bleibt neutral.


    "Doch so ein Verbot liegt nicht in meiner Macht. Möglicherweise ist das auch gut so. Was wissen wir schon vom Wirken der Götter?"


    Die letzten Worte kommen etwas leiser und kurz scheint sie den Horizont abzusuchen nach etwas, was nie kommen wird.


    "Sein Urteil wird den Leuten helfen eine Entscheidung zu treffen. Es wäre also nur gut, wenn du ihn zu Rate zögest. Es würde deine Ehrlichkeit unterstreichen. Viele würden dir wohl mit Misstrauen begegnen, wenn es wie ein Alleingang aussieht."

  • "Zwischen Fragen und Überreden gibt es einen himmelweiten Unterschied. Mein Glaube, wie ich ihn von meinen Lehrern gezeigt bekam, verbietet mir, andere von ihrem Glauben abzuwenden. Ich darf nicht missionieren und werde es auch nicht tun. Es sind immer Angebote. Nie Zwänge. Die gibt es schon genug."


    Sie wiegt leicht den Kopf hin und her, folgt Ashabas Blick und sieht einige Möwen in einiger Entfernung Kapriolen in der Luft schlagen.


    "Und natürlich wissen wir nichts über das Wirken der Kräfte, die wir auf so unterschiedliche Art sehen und benennen. Deshalb ist Vorsicht doppelt angebracht. - Und natürlich werde ich ihn zu Rate ziehen. Wie könnte ich denn auch nicht?"


    Sie steckt sich das letzte Stück Käse in den Mund und reibt sich die Finger an den Grashalmen ab. Von ihrer Baustelle klingt Arbeitslärm herüber zu Ashaba und ihr.

  • "Ich wollte dir nichts unterstellen."


    Ashaba zieht die Beine ein wenig an.


    "Mit Meanor hatte ich vor einigen Monaten eine Diskussion über das Thema Missionierung. Er wurde sehr schnell sehr grantig und berief sich mehrere Male auf seine Stellung als Hohepriester."


    Sie schnaubt und ein freudloses Lächeln verzieht ihre Lippen.


    "Er hat nicht verstanden, dass ich die Leute hier schützen will. Und zudem hat er nicht verstanden, dass er als ... Person hier zwar Bürger ist, seine Religion aber nur geduldet. Seine Position als Hohepriester kann er hier nicht geltend machen und sie ist hier nichts wert."


    Die Sonne schickt ein paar Strahlen durch die Wolken und lässt das Meer glitzern.


    "Die Leute hier sind von einfachem Geiste. Sie würden nicht mit so etwas umgehen können. Deswegen sehe ich das alles mit einigen Bauchschmerzen. Sogar die, die bereits einiges gesehen haben, kann die Erkenntnis, was es alles gibt, tief bestürzen. Mancher vergisst das und muss auf unangenehme Weise daran erinnert werden."


    Ihre Worte klingen nachdenklich und sorgfältig gewählt.

  • Um Alanis Lippen spielt ein feines Lächeln, als Ashaba Meanor erwähnt.


    "Ja, er kann furchtbar aufreizend sein und hin und wieder, wenn man ihn reden hört, möchte man ihm eine rechte Gerade verpassen. Er war einmal ein Elfenmagier und hat seine Selbstwahrnehmung in die Priesterschaft mitgenommen. Das lässt ihn sicherlich oft über das Ziel hinaus schießen. Aber er liebt Renascân als seine Heimat, dessen bin ich mir sicher. Und vielleicht stammt ein Teil Deiner Abneigung ihm gegenüber ja auch aus der Tatsache, daß Du Deine Leute beschützen willst und Meanor ein Symbol aller mächtiger Andersartigkeit ist, die Renascân betreten kann, ohne dass Du etwas dagegen tun kannst."


    Sie lehnt sich zurück, die Hände hinter sich abstützend, die Fingerspitzen in das leichte Gras grabend.

  • "Es ist nicht mal Abneigung. Ganz im Gegenteil: Ich schätze ihn."


    Die Bilder, die vor ihrem inneren Auge auftauchen, wischt sie schnell wieder weg. Kurz schüttelt sie den Kopf und fährt dann fort.


    "Er ist selbstherrlich und arrogant, manchmal albern und oft benimmt er sich wie ein Magier und nicht wie ein Priester. Aber ich zweifle nicht daran, dass er einige Welten in Schutt und Asche legen würde um dieses Dorf... diese Stadt zu schützen. Manchmal möchte ich ihn nur vor eine Wand klatschen und schütteln. Aber das weiß er vermutlich auch. Wahrscheinlich würde ein Versuch meinerseits ihn an die Wand zu heften damit enden, dass er es seinerseits versucht. Und das macht ihn irgendwie sympathisch."


    Sie wendet ihr Gesicht in die Sonne und seufzt.


    "Möglicherweise ist er eben dieses Symbol der Andersartigkeit. Darüber habe ich mir nie Gedanken gemacht. Aber ich kann nicht alles und jeden schützen. Und darüber habe ich mir Gedanken gemacht."


    Mit geschlossenen Augen verharrt sie so. Möglicherweise um die Helligkeit der Sonne auszuschließen, möglicherweise um Alanis nicht den Schmerz sehen zu lassen, den sie sicherlich in ihren Augen wahrgenommen hätte.

    Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht.
    Homunkulus (~835 - 902)

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  • "Am Ende dieser Gedankengänge, was einem mögöich ist, und was nicht, stehen zwei Dinge. Entweder man akzeptiert es und macht weiter oder man geht daran kaputt." Die Worte klingen als absolute Gewissheit aus Alanis heraus. Es ist keine Frage, die sie stellt, um aus Ashaba etwas herauszulocken. Doch sie wirkt nicht traurig oder gar resigniert, im Gegenteil. Sie lächelt weiterhin, freundlich und betrachtet den Sergeanten, die ganz weit fort zu sein scheint.

  • Die Priesterin nickt leicht. Ihre Mundwinkel heben sich noch weiter.


    "Ich auch", stimmt sie zu. Es klingt trocken und weder beleidigt noch zornig. "Aber vermutlich aus anderen Gründen als Du. Also erklär es mir."

  • Ashaba wendet sich Alanis zu.


    "Weil du Wahrheiten aussprichst. Und nur die Wenigsten vertragen die Wahrheit oder können sie ertragen. Du fasst in kurze, präzise Worte was Welten erschüttert. Das macht Menschen Angst."


    Forschend schaut sie der anderen Frau ins Gesicht.


    "Vermutlich.. nein, eigentlich bin ich mir sicher, dass das einer der Gründe ist, wieso Damorg dich liebt."


    Sie wendet sich wieder der Sonne zu. Das Lächeln bleibt auf ihrem Gesicht.

  • Bei Damorgs Erwähnung in diesem Zusammenhang wird Alanis Gesicht weich und verliert den abgeklärten Ausdruck, den es vorher gehabt haben mag.


    "Es liegt mir fern, jemand ängstigen zu wollen. Oder Probleme zu verursachen, was ich sicherlich hier getan habe und tun werde -." Sie schüttelt leicht den Kopf und ihre kastanienbrauner Zopf rutscht auf ihrem Rücken herum. Dann jedoch zuckt sie mit den Achseln. "Aber man kommt nicht darum herum und wenn es dann soweit ist, dass man sich den Konsequenzen stellen muss, dann ist es eben so."

  • "Bisher hatte ich eigentlich den Eindruck, dass du dich recht unauffällig verhältst. Habe ich etwas nicht mitbekommen und rechne dir das zu Unrecht hoch an?"


    Fragend zog sie eine Augenbraue hoch.


    "Die Sache mit Damorg... Ich kann nicht einschätzen, wie die Leute reagieren, wenn sie von euch erfahren. Wenn es das ist, was du meinst. Möglicherweise müssen dann Konsequenzen gezogen werden. Wie auch immer die aussehen mögen."

  • Die Priesterin legt den Kopf in den Nacken und blickt hinauf in den Himmel, der die zarte Färbung des frühen Morgens verliert und das satte Blau des Vormittags angenommen hat. Dabei atmet sie tief durch, zieht die Morgenluft tief in ihre Lungen und muss grinsen, als Ashaba sie so direkt fragt.


    "Ich kann normalerweise nicht von mir behaupten, dass ich mit meiner Meinung und der Durchsetzung von dem, was ich will, hinter dem Berg halte. Aber in diesem Fall bemühe ich mich redlich -."


    Ihr Kopf kommt wieder nach vorne, in seine normale Position.


    "Er kann sich glücklich schätzen, dass es eine solche Freundin in Dir hat."

  • Sie zieht die Nase kraus.


    "Die Frage ist nur, wer hier Glück hat."


    Dann reibt sie sich müde über das Gesicht und setzt etwas leiser hinzu.


    "Er ist ein Anker. Möglicherweise mehr als er das ahnen kann.


    Eine wegwerfende Geste mit der Hand und ein fast strenger Blick in Richtung Alanis.


    "Und das ist auch gut so. Wir wollen ja nicht, dass er übermütig wird."

  • Alanis nickt, als das Wort 'Anker' fällt und ihre Miene wird für einen Moment düster, nur um sich dann sofort wieder zu fangen, sich zu glätten und Ruhe auszustrahlen, die sie zwar nicht empfindet, aber vermitteln kann. Es geht niemanden etwas an, dass sich an der drückenden Verzweiflung, die sie manchmal Nächte lang nicht schlafen lässt, wenig geändert hat und daß es momentan nur eine einzige Person in ihrem Leben gibt, die sie daran hindert, dieser Verzweiflung wieder zu erliegen.


    "Er darf es ahnen. Wissen darf er es nicht. Mit Übermut hat das wohl leider nichts zu tun, wie ich fürchte. Er muss nicht noch mehr auf den Schultern tragen, als er es eh schon tut."


    Damorg wissen zu lassen, was er bedeutete, und was für einen Unterschied er machte, war aus Alanis Warte aus gesehen mehr als nur ungerecht.