Ashabas Hütte am Oberen Stichweg

  • Nach einer kurzen Weile war die Frau zurück, im Eimer schwappte Wasser. Sie stellte den Eimer neben die Feuerstelle und holte zwei Spieße aus dem Haus. Damorgs Blick hatte sie nicht bemerkt.
    Die Spieße sahen aus wie übergroße Gabeln mit zwei Zinken. Daran war ein langer, metallener Stab, der in einem hölzernen Griff endete. Zusammen mit einem Schneidbrett und einem Messer streckte sie die Mordgeräte Damorg hin.


    "Ich habe keinen Rost. Also wird es so gehen müssen."


    sagte sie und verheimlichte dabei, dass sie sich bewusst gegen einen Rost entschieden hatte. Wer so Gabeln hatte, wer brauchte da schon sowas Schnödes wie einen Rost?! Als sie mit einiger Mühe ein Feuer entzündet hatte, stellte sie ein Dreibein bereit und befüllte einen Kessel mit Wasser.
    Dann setzte sie sich und streckte die Beine weit von sich.


    "Hier oben wirds saukalt nachts. Aber die Aussicht ist unvergleichlich."


    stellte sie fest.

  • Mit dem Werkezug und dem Fleisch machte Damorg sich an die Arbeit und fertigte zwei Spieße die sich über dem Feuer braten liesen.


    "Und die Ruhe hier oben ist wahrscheinlich auch unbezahlbar, jetzt wo du hier wieder alleine bist, verirrt sich bestimmt niemand mehr hier her."

  • "Hier oben ist man oft alleine. Und auch wenn sie da ist, ist sie selten so laut, dass sie stören würde."


    sagte Ashaba und grinste. Damit überspielte sie ein gewisses Erschrecken über Damorgs Worte, die so fatalistisch geklungen hatten. Als wüsste er, dass sie nicht zurückkehren würde.

  • Als der Priester die Arbeit beendet hatte, streckte er sich ebenso wie Ashaba aus und stellte die Spieße mit dem Brett vor sich auf den Boden. Seinen Blick lies er über die Umgebung schweifen. Ein leises Seufzen entfuhr ihm und für einige Herzschläge schloss er seine Augen.

  • "Der Sommer geht vorbei."


    sagte Ashaba leise.


    "Jetzt müssen wir uns an den Gedanken gewöhnen, dass es wieder kälter werden wird."


    fügte sie hinzu. Eigentlich hatte sie wirklich den Wechsel der Jahreszeiten gemeint. Dass man es auch anders verstehen konnte, wurde ihr erst danach klar.

    "Wenn ich nächstes Jahr wieder raus gehen würde, wärest du an meiner Seite? Und wenn es nur ein kleiner Botengang ist. Ich kann mir nicht vorstellen, dass du damit zufrieden bist, einen Tempel zu hüten. Das ist natürlich auch wichtig, aber sieht dein Gebet nicht eigentlich anders aus?"

  • Damorg schwieg eine Weile und dachte über die Worte des Serganten nach. Die Augen hatte der Priester in die Ferne gerichtet.


    "In einem Jahr kann sich viel ändern, aber du hast recht. Es zeiht mich eigentlich schon lange wieder weg. Growin wird sicherlich einige Wochen auch ohne mich auskommen."

  • Ashaba pustete noch ein paar Male ins Feuer. Als sie die Glut für gut erachtete, nahm sie die Spieße, drückte Damorg einen davon in die Hand und hielt ihren über das Feuer.



    "Kommen eigentlich außer den Gardisten noch viele andere Leute in den Tempel?"


    fragte sie dann unvermittelt. Ein ganz anderes Thema hing unausgesprochen im Raum. Aber das würde sie ganz sicherlich nicht anschneiden.

  • Damorg beugte sich auf der Bank nach vorne, damit er seinen Spieße ebenfalls über das Feuer halten konnte. Bei der Bewegung brumte er leise und streckte sich, seine Knochen knackten.


    "Einige der Handwerker, der Schmied natürlich allen voran.Sonst aber auch alle anderen, wenn sie ein Alniegen haben, auch wenn das eher selten ist. ICh kann mich zumindest nicht beschweren."

  • "Manche Leute ziehen es eben vor, nicht direkt seine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Wer könnte es einem Bauern verübeln?"


    antwortete Ashaba und grinste. Testweise hob sie den Spieß aus dem Feuer und drückte das Fleisch mit spitzen Fingern. Eindeutig noch zu roh. Also hielt sie es wieder in die Hitze, auch wenn ihr der Magen bereits knurrte.


    "Auf dem Fest der Drachen sagte man mir, mein Weg läge irgendwo zwischen Grau und Grün. Ein seltsamer Gedanke. Nun ja, beide sind Ausformungen unserer Götter: Ellyris und Akestera. Also hätte es mich nicht verwundern dürfen. Oder?"

  • Damorg drehte seinen Spieß über dem Feuer und blickte wie zuvor im Tempel in die Flammen, als ob er sich dort eine Antwort auf seine Frage versprach.


    "Es gibt viele Wege, zwischen den Wegen. Man muss nur den richtigen für sich finden und wenn es drauf ankommt auch bereit sein den Weg zu wechseln."

  • Ashaba zuckte mit den Schultern und gab Damorg ein seltsam zufriedenes Lächeln.


    "Grau ist es nicht mehr, glaube ich. Zumindest nicht diese Ausprägung, die gerade vorherrscht. Es ist seltsam, einen Punkt zu erreichen, an dem man etwas friedlich abschließen kann. Es ist, als ob man sich von außen betrachten würde und dann ganz nüchtern feststellt, dass es das nicht mehr ist. Ich habe Jahre damit gekämpft und gerungen und mich dabei fast selbst verloren. Und dieses Jahr... kam diese Erkenntnis und sie war so einfach."


    Wieder testete sie das Fleisch an und kaute vorsichtig ein kleines Stück davon ab, das offensichtlich schon gar war. Den Rest hielt sie wieder über die Glut und drehte es leicht.

    Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht.
    Homunkulus (~835 - 902)

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  • Damorg seufzte leise.


    "Ja manchmal sind Entscheidungen so einfach, obwohl sie einem selbst wie große Berge vorkommen. Und manchmal werden treffen sie andere für einen."


    Er lehnte sein Fleisch an den Rand der Feuerschale und griff neben sich. Die Flasche die er dort hingestellt hatte war immernoch dort, also nahm er sie und öffnete sie mit einem Korkenzieher, den er aus seiner Gürteltasche holte.

  • "Der Lauf der Dinge."


    meinte die Frau und zuckte wieder mit den Schultern.


    "Manchmal ist es besser so. Dann hat man eine Entscheidung und man musste sie nicht mal selbst treffen. Man muss nur mit den Folgen leben. Aber das hätte man ja auch, hätte man sie selbst getroffen."


    Und wieder fragte sie sich, ob sie versucht hätte sich Alanis in den Weg zu stellen, damit ihre Freundschaft aufs Spiel gesetzt, aber ihr möglicherweise die Haut gerettet hätte.

  • Damorg schaute den Serganten kurz an und nickte dann nur bedächtig. Er reichte ihr die Flasche, aus der ein leicht süßlicher Duft schwebte.


    "Eigentlich sollte man froh sein, wenn andere Leute einen Entscheidung abnehmen."

  • "Nur zu."


    Er deutete mit einer Geste an, das sie einfch aus der Flasche trinken sollte. Der Priester kümmerte sich dann wieder um sein Fleisch und drehte es erneut über dem Feuer.

  • Erneut ein Schulterzucken, dann setzte sie an und nahm einen Schluck. Seit ihrem Absturz im letzten Jahr trank sie nicht mehr so oft Alkohol und wenn, dann nicht so viel. Das war ihr noch viel zu gut in Erinnerung.


    "Das ist normalerweise der Augenblick, in dem Moclin auftaucht. Naja, eigentlich war der, als du das Fleisch ausgepackt hast. Also nehme ich an, dass er ein Opfer im Zaunkönig gefunden hat."


    Sie gab Damorg die Flasche zurück.


    "Zuweilen ist es unbefriedigend."


    kam sie dann auf das vorherige Thema zurück.


    "Auf der einen Seite unglaublich befreiend, auf der anderen ist man unzufrieden, weil mans doch nicht selbst getan hat. Es ist feige... aber allzu menschlich."

  • Damorg nahm ebenfalls einen tiefen Schluck aus der Flasche und stellte sie dann zwischen sich und Ashaba.


    "Manchmal kommen andere einem nur zuvor. Aber egal ob feige, oder zu langsam, es bleibt ein schales Gefühl. Es braucht dann glaube ich einfach nur Zeit bis es verschwinded."


    Der Priester schaute an den Himmel und suchte einen Augenblick lang nach dem noch jungen Mond an diesem Abend.

  • Nachdenklich schaute Ashaba den Priester an. Dass irgendetwas in seinem Leben gerade nicht so lief, wie es sollte, war offensichtlich. Sorge um Alanis? Das Gefühl hier eingesperrt zu sein? Wenn er Redebedarf hatte, würde er es schon sagen. Bei dem Gedanken musste sie grinsen. Nö, würde er nicht.


    "Ah, Entscheidungen sind für dich ein Wettrennen? Wer darf zuerst?"


    fragte sie foppend.

  • Damorg zuckte mit den Schultern und nahm noch einen Schluck Wein.


    "Naja. Ich würde sie nicht so nenen. Es ist nur,..."


    Der Priester seufzte.


    "Wenn jemand eine Entscheidung trifft, die zwei Personen betrifft, dann ist sie für jenen der sie trifft deutlich besser zu tragen und weniger verletzend. Eine Art Schutz."