Der Himmel zeigte sich in einem düsteren Grau, Wolkenverhangen, kühl und unnahbar, ein zögerlicher Herbst umrahmt vom salzigen Rauschen schaumumspülter Wellen. Das rissige Holz unter ihren Füßen, aufgedunsen und mit Salzkristallen gesprengelt bot als Kai dem unruhigen Meer die Stirn.
Sie hatten den Umschlaghafen vor nicht mehr als zwei Stunden angelaufen. Die Mannschaft frischte ihre Vorräte auf und die wenigen Reisenden von denen sie sich stets ferngehalten hatten, vertraten sich die Beine an Land. Das Handelsschiff hatte Kurs auf Daynon genommen aber diese Nacht würde es hier vor Anker bleiben, eine Nacht sanft von Uferwellen in den Schlaf gewiegt werden, ehe es morgen, nach Sonnenaufgang erneut hinaus in den Kampf mit der See stach.
Kahri war dankbar für die Pause. Obwohl schwer nachvollziehbar und sicherlich ungewöhnlich, bedachte man wer sie war, was sie tun konnte... litt sie unter dem Wellengang. Ihr Magen spielte ihr Streiche, festes Essen war schon seit zwei Tagen keine Option mehr gewesen und allein der Gedanke sich an einen einzigen festen Punkt zu klammern bescherte ihr Übelkeit. Dennoch war es keine Seekrankheit, nicht im üblichen Sinne, es war das Gefühl eingesperrt zu sein. Umgeben von dynamischen Gittern, die passierbar waren aber dennoch zum Tod verurteilten. Es war der Gedanke, nirgendwohin zu können, nicht in ihre Welt zu springen, dort zu wandern, weil das Wasser allgegenwärtig war.
Jetzt da sie mehr oder minder auf Land saß, die Knie angezogen, den Blick auf die Spitzen ihrer schwarzen Stiefel und ihre Beine umarmend, war die Übelkeit verschwunden, ebenso wie das seit Beginn der Schifffahrt anhaltende Panikgefühl. Jetzt schien das Rauschen der Wellen eine beruhigende Wirkung auf sie zu haben, der Geruch von Sand und Salz, Fisch und Tang, selbst die wachsamen Rufe der Möwen gefielen ihrem Geist.
Fast darin versunken, legte sie ihre Wange auf ein Knie und ließ das dunkle Haar wie einen Mantel aus Satin über ihren Körper fallen. Der Griff des Messers lag locker in ihrer kühlen Hand und ihr Blick verlor sich in in den Dünen links des Hafens...