Ayanyeh Tempel

  • "Laßt sehen. Der Standort des Odermenning war überwiegend gelb, mit einem dünnen roten Schleier und einigen grünen Sprengseln . . . "Ihr Blick wirkt leicht schläfrig, als sie sich langsam im Garten umdreht. "Dort am Zaun ist eine ähnliche Stelle. Der Augentrost ist von Blau durchzogen, ebenso wie dieses Kraut dort." Sie deutet. "In der Gegend wird er gut gedeihen. Für das Benediktenkraut sehe ich keinen guten Platz, vielleicht neben dem Odermenning, aber es wird schwachwüchsig bleiben. Gundelrebe und Hopfen werden direkt an der Tempelmauer - dort vorne - am besten gedeihen, oder da, aber da ist es etwas eng." Sie schüttelt kurz den Kopf, ihr Blick wird wieder wach. "Bei mir wächst das Benediktenkraut wie verrückt, wenn ihr welches brauchen könnt und es hier nicht gedeiht, könnt ihr es gerne haben. Warum habt ihr die Silberwurz dahinten sitzen? Im Blauen da drüben ginge es ihr besser." Sie blickt fragend.

  • Vittoria zieht die Augenbrauen hoch. "Versteh ich nicht. Sollte man nicht besser die fließende Magie nutzen, um die Pflanzen wachsen zu lassen, statt umgekehrt die Pflanzen zu nutzen, um die Energie fließen zu lassen? Ist sonst doch irgendwie unfair - den Pflanzen gegenüber. Das umgepflanzt werden ist schon anstrengend genug für die." Sie scheint über einen Einfall nachzudenken. "Wirkt ihr hier Magie? Ich meine, hier, im Tempel?"

  • "Schade - nein, so mein ich es nicht! Wenn hier keine Magie gewirkt würde, hätte ich vielleicht eine besondere Pflanze für euch gehabt, aber sie stört beim Wirken - ganz massiv sogar." Sie lacht. "Mein Haus steht unter so nem Baum - falls da mal jemand auf die Idee kommt, uns magisch anzugehen, erlebt der ne echte Überraschung." Sie wird wieder ernst. "Soweit ich weiß, gilt diese Baumsorte als ausgestorben, darum versuch ich, soviele Ableger wie möglich zu machen und in der Welt zu verteilen. Aber, wie gesagt, hier würde er wohl stören. Und Malglin müsste auch erst zustimmen, weils ja auch die Verteidigung Amonlondes beeinträchtigen könnte. Naja, dann such ich ein anders Fleckchen für meinen Ableger."

  • Vittoria lächelt sie traurig an. "Ich habe ein paar neue Pflanzen für euren Garten hier. Im Herbst hab ich schonmal welche gebracht. Bei diesen hier weiß ich die Namen nicht, nur ihre Wirkung. Habt ihr Interesse?"

  • "Nein! Nein, ich habe noch Ableger davon in meinem Garten."Sie holt eine Pflanze aus dem Korb, ordentlich mit einem Ballen Erde in ein Stück Tuch eingewickelt. Sie ist kleinblättrig, offensichtlich ein Bodendecker, mit hunderten kleiner, gelbschimmernder Knospen. " Diese hier verhindert oder bekämpft Wundentzündungen. Die Blüten müssen frisch zerdrückt und in ein dünnes Tuch gewickelt auf die Wunde gedrückt werden. Sie braucht viel Sonne und verträgt keinen zu feuchten Boden. Sandboden oder ein trockener alter Komposthaufen wären ideal." Ihr Augen werden leicht glasig, sie schaut sich um, dann zuckt sie zusammen und schüttelt den Kopf. "Es tut mir leid. Eurem Kollegen im Herbst konnte ich die besten Standorte im Garten zeigen, aber - momentan funktioniert meine Magiesicht nicht." Das klingt gequält.

  • Vittoria stößt ein kurzes bellendes Lachen aus. "Unbehagen ist ein zu schwacher Ausdruck. Ich hoffe, es geht irgendwann wieder vorbei. Mutter ist nicht allzu nachtragend." Das klingt flehendlich, als wollte sie es sich einreden, ohne davon überzeugt zu sein.

  • Vittoria hilft beim Pflanzen, dann packt sie eine weitere Pflanze aus. Diese besteht hauptsächlich aus einem großen Wurzelballen, aus dem die ersten kleinen Triebe herausschauen. Die Triebe schimmern blaugrün. "Die Stengel dieser Pflanze enthalten einen gelblichen Saft, wenn man sie im Hochsommer erntet, wenn die Blattspitzen anfangen einzutrocknen. Man kann den Saft tropfenweise auf ein Blatt Papier tropfen lassen und dann trocknen, möglichst im Dunkeln. Wenn man einen solchen Tropfen später in einem Viertel eines Liters heißen Wassers löst - es darf aber nicht mehr kochen - dann hat man ein starkes Mittel gegen Vergiftungen. Stärker verdünnt hilft es auch bei verdorbenem Magen und Ähnlichem. Die Pflanze braucht etwas Schatten, aber Wärme und viel Wasser."
    Sie zögert. "Angeblich kann man damit auch Besessenheit behandeln, aber" Ihre Stimme bricht und die folgenden Worte klingen fast wie Schluchzen. "das kann ich nicht mehr überprüfen."
    Sie steht eine kleine Weile Still da, die Pflanze wie einen Schatz in den Händen haltend. Als sie weiterredet, ist ihre Stimme fast ein Flüstern. "Wenn man seine Göttin so richtig verärgert hat, darf man da noch auf Vergebung hoffen?"