Die Blutige Zeichnung 8

  • Scrum las sich den Brief in Ruhe durch. Dann sagte er zu dem Boten.


    Vielen Dank, dies sind beruhigende Nachrichten.


    Er drückte dem Boten ein Silberstück in die Hand und gab ihm ein Zeichen, dass er sich entfernen könne.
    Dann schaute er Connar an und sagte:


    Ein Brief von Talris. Er wird noch einige Tage in Arakur verbleiben, um sich über die Gegebenheiten dort zu informieren. Ancalima ist auch bei ihm und es geht ihnen gut. Wir werden also weiter auf sie warten.
    Ich denke, dass wir noch eine Reise zu begehen haben. Doch zuerst sollten wir nach Angis Ausschau halten. Sobald Talris zurück ist, sollten wir uns auf die Suche machen.

  • "Die Kräfte die uns umgeben...... Nun, ich habe einst ein wenig Wissen über Magie erlangt,... nicht viel, aber ich denke, dass ich - wenn auch nur in geringen Ausmaßen - Einfluss auf die Strömungen nehmen kann... Bisher hatte ich nie alzu viel Gelegenheit, mein Wissen auf diesem Gebiet zu erweitern..."


    Er betrachtet Scrum nachdenklich.

  • Maeriel kam aus der Taverne und schlenderte über den Hof. Die letzten Regentropfen fielen aus den Wolken und obwohl die Luft frisch und gut war, zog sie sich in Talris Haus und dort in ihr Zimmer zurück.


    Dort begann sie, die mit Zairon gesammelten Kräuter zu bündeln und zum Trocknen aufzuhängen. Bald roch der kleine Raum würzig und angenehm. Zufrieden betrachtete sie nach einiger Zeit ihr Werk und setzte sich dann an den Tisch, um sich ihrer Chronik zu widmen.

  • Connar wurde durch die Worte seines Freundes aus seinen Gedanken gerissen und nickte mit dem Kopf.
    An Granit gewandt sagte er schließlich:


    Du hast recht, eine solche Frage stellt man selten uneigennützig. Und bei mir verhält es sich auch nicht anders. Ich habe kürzlich jemanden verloren und es ist, als ob mir mein Herz heraus gerissen wurde. Einen solchen Verlust mußte ich jetzt zum zweiten Mal verkraften, nachdem meine Familie ausgelöscht wurde nun auch meine Frau. Ich habe Angst, den Boden unter den Füssen zu verlieren und suche nach einem Weg zurück ins Leben.


    Connar wirkte plötzlich offen und verwundbar, so hatte Scrum ihn in all den Jahren noch nicht erlebt, er vergaß sogar den Brief und hörte mit offenem Mund zu.


    Manchmal ist es mir gleichgültig, ob ich lebe oder sterbe. Ich ertappe mich sogar dabei, den Tod zu suchen. In meinem Hinterkopf höre ich zwar die Rufe meines Volkes, aber sie sind nicht laut genug. Das Bild meiner toten Frau überdeckt in solchen Augenblicken alles, ich habe den Wunsch, ihr zu folgen und bei ihr zu sein, ohne Rücksicht auf alles andere. Und dann gibt es Augenblicke, so wie jetzt, in denen ich große Angst davor habe, diesen Zustand nicht mehr verändern zu können. Ich habe Angst, mich in dieser Dunkelheit zu verlieren.


    Connars Blick war trüb und Tränen mischten sich mit den letzten Regentropfen.

  • Scrum war sichtlich betroffen von den Worten seines Freundes. Die Frage, die er an Granit richten wollte blieb ihm im Hals stecken. Dann richtete er das Wort an Connar.


    Ich war mir schon im Klaren darüber, dass der Tod von Aleyna nicht spurlos an Dir vorübergegangen ist, doch war ich mir nicht im Klaren darüber, wie schlimm es wirklich um Dich steht.
    Dennoch habe ich keinen hilfreichen Rat an Dich. Nur, dass die Zeit alle Wunden heilen wird. Denke daran, dass das Leben so viele schöne Seiten hat. Mit der Zeit vergißt man die schlimmen Dinge und nur die positiven Ereignisse behält man immer in Erinnerung. So ist die Natur des Menschen. Und außerdem solltest Du nicht die vergessen, die auf Dich bauen. Das ist nicht nur unser Volk sondern auch Deine Freunde und Weggefährten. Sei Dir sicher, dass wir immer zu Dir stehen werden, auch jetzt in dieser dunklen Zeit.


    Scrum überlegte einen Augenblick.


    Ich habe einen Vorschlag. Um zu sehen, welchen Stellenwert Du in dieser Welt hast, werden wir in unsere Heimat reisen. Dies mag zwar gefährlich sein, doch Yerodin ist so nahe wie noch nie.
    Was sagst Du?

  • Connar blickte auf und sah Scrum an. Die Heimat ... wie lange hatte er schon nicht mehr an sein Land und sein Volk gedacht? Diese Ereignisse warfen noch immer ihre Schatten auf ihn und seine Gedanken kreisten um Aleyna oder den Tod. Er mußte auf andere Gedanken kommen, das wußte er, aber die Reise schien ihm eher unwirklich. Wie lange hatte er sein Land nicht mehr gesehen? Wie mochte es dort aussehen? Wie mochte es seinem Volk gehen? Was mochten die Assynther, Connar spuckte plötzlich aus, aus dem wunderbaren Yerodin gemacht haben?
    Diese Fragen suchten nach einer Antwort, also blickte er seinem Freund fest in die Augen.


    Du hast recht, dies ist ein guter Zeitpunkt für diese Reise. Wir besuchen unser Volk und berichten noch einmal von der Möglichkeit, auf Montralur Zuflucht zu finden, bis Yerodin frei ist. Wir werden gehen und nehmen auf jeden Fall Raven mit, denn er ist der Einzige, der in letzter Zeit dort war und uns sicher durch die Reihen der Feinde bringen kann.

  • Scrum klatschte begeistert in die Hände. Endlich ging es wieder los. Er schlug seinem Freund auf die Schulter und sagte:


    Dann auf Fion. Die Heimat ruft. Lass uns packen gehen.


    Dann rief er eine Wache zu sich und schickte sie nach Raven.


    Sag ihm, dass er sich umgehend im Zelt des Herzogs einfinden soll.


    Die Wache nickte und machte sich auf den Weg. Connar war schon mit beschwingtem Schritt Richtung seines Zeltes geeilt. Wie es schien, hatte er ein wenig neuen Mut gefasst.
    Scrum drehte sich noch ein letztes Mal zu Granit um.


    Und schon wieder bin ich fort. Doch wie Du siehst benötigt mein Freund einen Fingerzeig, der sein Leben wieder lebenswert macht.
    Eines wollte ich aber noch sagen. Solltest Du magische Kräfte in Dir haben und Deine Kenntnisse erweitern wollen, so stehe ich Dir nach meiner Rückkehr gerne zur Verfügung. Ich habe auch schon eine Idee, wie wir es umsezten können.


    Er verneigte sich knapp vor diesem Wunder der Natur und machte sich frohen Schrittes auf in seine Turmkammer.

  • Maeriel verließ nach einiger Zeit ihr Zimmer, um sich etwas die Beine zu vertreten und sich etwas Wind um die Nase wehen zu lassen. Nahe ihres Lieblingsplatzes auf der Mauer sah sie das Wesen aus Stein, dass nun schon eine ganze Weile dort verharrte.


    Da es offenkundig freundlich zu sein schien, stieg sie mit gerafften Röcken die steinere Treppe hinauf und nickte dem Wesen freundlich zu. Dann ging sie einige Meter weiter und lehnte sich dort an die Brüstung.


    Mit einem Lächeln genoss sie den Blick über die Landschaft Montralurs, fühlte den leichten Wind im Haar und fragte sich ganz instinktiv, ob sie es hatte besser treffen können.


    Nach einer Weile begann sie sich zu fragen, wo Tear'asel sein mochte. Sie hatte die freundliche Elbin seit einiger Zeit nicht mehr gesehen und begann, sich Sorgen zu machen. Mit dem Fürsten war sie nicht gereist, das wusste Maeriel.


    Mit gerunzelter Stirn blickte sie einige Male über den Burghof.

  • Scrum kam mit kleinem Gepäck aus dem Turm. Er ging hinüber zu Maeriel und sagte:


    Wie mir scheint bist Du die letzte, die hier noch übrig geblieben ist. Ich möchte Dich bitten, dass Du Talris bei dessen Rückkehr ausrichtest, dass der Herzog und ich zusammen mit Raven nach Yerodin gereist sind und in ein paar Tagen hoffentlich wieder unversehrt zurückkommen werden.


    Sag ihm auch, dass diese Reise unerlässlich für den Seelenfrieden von Connar ist, damit er versteht, dass wir kurzfristig aufgebrochen sind und unsere Reise keinen Aufschub duldet.

  • Sie nickte lächelnd.


    "Das werde ich gerne tun, Meister Scrum. Möge Eure Reise sicher sein. Ich wünsche dem Herzog eine gute Erholung."


    Als sie Scrum gehen sah, wurde sie sich bewusst, dass alle, mit denen sie mehr als drei Sätze gesprochen hatte, nun nicht mehr in der Burg waren - wenn man einmal von Zairon absah, der aber schwer zu finden war. Als Heiler schien er vielbeschäftigt zu sein.


    Sie seufzte, legte die Arme wieder auf die Brüstung der Mauer und blickte ins Land.

  • Granit schien nachdem er die Beiden verabschiedet hatte kurz Maeriel zu betrachten, dann setzte sich sein steinerner Körper langsam in Bewegung auf sie zu.


    "Ich grüße euch..." Er betrachtet sie nochmals eingehend. "Elbenfrau...? Ich glaube wir haben uns noch nicht bekannt gemacht, mein Name lautet Granit... und der Eure? Ihr scheint wesentlich ruhiger als die anderen Bewohner dieser Stadt zu sein... was beschäftigt euch?"


    Leicht verwundert scheint er einen Blick auf ihre verbundene Hand zu werfen, spricht sie aber auf diese nciht weiter an.

  • Maeriel blickte auf, als sich das Steinwesen mit grollenden Schritten näherte. Sie sah zu ihm auf und versuchte, in seinem Gesicht zu lesen, doch seine Stimme klang freundlich genug, um ihren anfänglichen Argwohn zu zerstreuen.


    Sie lächelte ihn an.


    "Seid mir gegrüsst, Granit. Ich bin Maeriel und auch noch nicht lange auf Gerund. Ihr habt Recht, in meinen Adern fließt zu Teil elbisches Blut."


    Sie betrachtete ihn fasziniert.


    "Und was meine Ruhe angeht - ich ziehe es vor zu beobachten, weil man oftmals aus Gesten mehr lernen kann als aus Worten. Außerdem kenne ich noch nicht viele Bewohner der Stadt und diejenigen, mit denen ich normalerweise umgehe, sind fort in diesen Tagen. Ich hoffe, sie kehren bald zurück."


    Sorgenvoll dachte sie daran, das die fähigsten Männer und Frauen von Montralur nicht zugegen waren und hoffte, dass nichts Furchtbares geschah.

  • Zairon hatte sich für einige Tage aus GErund zurückgezogen und ging seinen eigenen Dingen nach, doch nun kam er wiede zurück und freute sich die bekannten Gesichter sehen zu können...

  • Granit schien zu schmunzeln.


    "Wohl wahr, in den Gefühlen mancher kann man mehr lesen, als in ihren Worten... Aber manche verbergen ihre Gesten
    derart geschickt, dass man irregeführt werden kann.... Somit sollte man sich nicht ausschließlich auf seine.... Menschenkenntnis?... verlassen."
    Er betrachtet sie erneut eingehend. "Aber ich vermute, dass ihr nicht allein die Vernunft als Waffe verwendet... "


    Er scheint zu lächeln.

  • "Menschenkenntnis ist wirklich ein seltsames Wort", bestätigte ihm Maeriel lachend, als sie sein Zögern bemerkte. Bei der Bemerkung mit der Waffe zog sie eine Augenbraue hoch.


    "Für ein Mädchen ist ist heutzutage nicht ratsam, sich auf einen Zungenschlag zu verlassen, da habt Ihr Recht."


    Sie lächelte wieder.


    "Und was führt Euch nach Montralur?"

  • Granit schien kurz über die Frage nachzudenken, dann antwortete er.


    "Nach Montralur.... nun, ich lebe hier schon.... lange, sehr lange.... mich führten einst die Felsen der Berge ins Leben, lange bevor die Sterblichen das Land mit dem Namen Montralur bedachten.... Ihr hingegen seid - wie ich annehme - auf anderen Wegen nach hier gekommen, als ich es bin... wo liegt eure Heimat und was brachte euch dazu diese zu verlassen ?.."