Vom Hafen zur Stadt- und andersrum

  • Alanis seufzt leise. Ein unangenehmes Thema durch ein anderes unangenehmes Thema zu ersetzen- sie war eine Närrin. Kurzentschlossen krabbelt sie hinter ihn, kniet sich hin und umarmt ihn, die Hände unter seinen Armen durchschiebend und über seinem Bauch verschränkend.


    "Entschuldige" , sagt sie leise, das Kinn auf seine Schulter gelegt, nahe an seinem Ohr. "Ich treffe Dich ständig mit irgendetwas auf's Neue. Auch wenn Du es mir zutrauen magst- dahinter stecken weder böse Absicht noch böses Wesen. Ich war nur - unheimlich lange mit niemandem zusammen, der mich und meine Art nicht sehr gut kennt oder dem ich gestattet hätte, mir so nahe zu kommen."

  • Als sie ihn erneut berührt vergeht seine Anspannung in nur wenigen Augenblicken. Als er die Augen schloss spürte er nur ihre Wärme, roch ihren Duft und hörte ihre Stimme. Alll das war neu für ihn, es streichelte seine Seele und er wollte es nie wieder missen wollen, das Gefühl von Geborgenheit.


    "Wie könnte ich dir etwas unterstellen."


    Die Worte waren keine Frage, was sie hätten sein sollen. Sie waren eine Aussage.


    "Ich glaube ich bin nicht einfach, ich mache mir Gedanken über Sachen die andere einfach so hinnehmen würden. Der Fluch eines Priesters."

  • "Du hast mir noch heute morgen einiges unterstellt" , murmelt sie und zieht eine kleine Spur von Küssen seinen Hals hinunter bis zum Kragen seines Hemdes. Doch in ihren Worten liegt kein Vorwurf, im Gegenteil, sie lächelt. Wenngleich er es auch nicht sehen kann, sie ist sich sicher, spüren wird er es auf jeden Fall. Dann legt sie ihre Wange an seine Schulter und seufzt. "Ja, ich weiß. Wir vermuten hinter jedem Sinn den Hintersinn, hinter jeder Ecke eine Falle, hinter jedem Fluch Ketzerei und so fort. Und das gräbt sich irgendwann in den Menschen, der wir ja auch noch sind. Damit lernt man umzugehen, so oder so. Entweder man wird zum Fanatiker, der sein Selbst auf die pure Existenz zurückschraubt oder man wird sehr, sehr zerbrechlich."

  • Bei ihren Worten stahl sich auch auf sein Gesicht ein kurzes Grinsen, sie hatte recht. Allerdings versuchte er sich erst garnicht zurechtfertigen. Es nagte noch immer an ihm das er nichts anderes als seine Sicht der Dinge warhaben wollte.


    "Das Erste will ich nicht sein und werde ich auch bei allen Fünfen hoffentlich nie sein. Das Zweite darf ich nicht sein. Habe ich noch eine andere Wahl?"


    Er sog erneut mit einem tiefen Atemzug ihren Duft ein.

  • Alanis löst ihren Griff um seinen Bauch und rutscht, gefolgt von einer ganzen Menge Heu, das sich im Spitzensaum ihres Unterrocks verfangen hat, wieder neben ihn. Aus der fast vergessenen Weinflasche nimmt sie einen Schluck Wein, dann verkorkt sie sie und stellt sie ein Stück beiseite. Man merkt ihr an, dass sie über die Frage nachdenkt, die er ihr gestellt hat. Doch vorerst scheint sie keine Antwort darauf zu haben. Schweigend blickt sie ihn eine Weile sinnend an.


    Schließlich nimmt sie seine Hand in ihre, jene Hand, die von Wandors erstaunlich geschickten Fingern wieder angenäht wurde. Mit den Fingerspitzen streicht sie über die Narben.


    "Fühlst Du inzwischen wieder etwas darin?" , fragt sie behutsam.

  • "Nein."


    Presst er kurz hervor und schaut in das Stroh vor sich.


    "Es macht für mich keinen Unterschied ob du sie vorsichtig streichelst, oder ob ich sie mir breche, wenn ich zu fest zuschlage. Aber auch damit lernt man recht schnell sich zu arrangieren, Fehler machen es einem leicht."


    Man merkt ihm schnell an das er traurig ist ihre Liebkosung nicht zu spüren, er wirft einen kurzen Blick aus seine rechte Hand nur um dann wieder schnell zum Stroh zu schauen.

  • El Gar ist seit einigen Stunden im leichten Laufschritt unterwegs, sein Atem geht gleichmäßig. Er kein Gepäck dabei hat, nur ein leichtes Kleidungsbündel welches er sich auf den Rücken geschnürt hat, zusammen mit dem Kurzschwert, damit es nicht beim Laufen stört.


    Die körperliche Betätigung tut gut! Ein heisser Zuber und ein weiches Bett, das wäre toll. El Gar versucht sich an die paar Tage in Amonlonde Stadt zu erinnern, als er die Akademie besucht hatte.
    Die Strecke, die man sonst zu Fuss in gut 12 Stunden geht, würde El in vielleicht 8 Stunden schaffen ... wenn mein Knie mitmacht ... und so erreichte El - durchgeschwitzt und etwas wacklig auf den Beinen, als er das Tempo zügelt - Amonlonde Stadt.

    Die Seele hat die Farbe deiner Gedanken.
    (Marc Aurel)

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  • "Du hast es geschafft, Dir in den paar Wochen, die wir uns nicht gesehen, haben, die Hand zu brechen? Warst Du wieder auf einer Expedition mit der Garde?" Neugierig blickt sie ihn an, streichelt trotz allen Nicht-Fühlens noch einmal über seine Hand und beschäftigt sich dann viel lieber damit, ihre Fingernägel sachte streichelnd von seiner Handfläche in den Ärmel seines Hemds zu bewegen.


    "Wir haben übrigens eine dritte Wahl" , sagt sie dann schließlich, fast beiläufig. "Wir stärken uns an den Dingen, die direkt um uns sind. Das ist die Lektion, die ich von meinem Meister gelernt habe. Wie soll ich dem Leben dienen, wenn mein Leben nicht erfüllt ist? Und wie sollst Du dem Feuer Deines Gottes dienen, wenn Dich Lasten, Pflichten und Regeln erkalten lassen?"


    Sie legt den Kopf schief und lächelt ihn an.

  • Damorg schien bei den folgenden Worten etwas verlegen:


    "Nein, das war auf keiner Expedition, sondern in Renascan. Aber mit der Garde hat es etwas zu tun. Und es wohl recht unmittelbar nach unserem letzten Treffen in Renascan passiert, deshalb ist sie schon wieder so gut verheilt."


    Er schürzte die Lippen und schaute sie dann mit großen Augen an.


    "Dann sind wir wohl auf dem richtigen Weg, oder?"

  • "Ah." In Alanis keimt eine lose Vorstellung dessen auf, was vielleicht passiert sein könnte und erspart Damorg tiefergehendes Nachfragen. Immerhin diente er einem Feuergott - natürlich mochte da das Temperament hin und wieder mit ihm durchgehen. Das tat es mit ihr schließlich auch regelmäßig.


    "Ich denke, es ist der richtige Weg. Er mag vielleicht hin und wieder am Weg des perfekten Priesters anecken oder auch keinen perfekten Menschen aus uns machen, aber ich halte es für möglich, den Ausgleich hinzubekommen."


    Nachdenklichkeit macht sich auf ihrem Gesicht breit.


    "Je mehr furchtbare Dinge wir sehen, desto besser muss unsere Möglichkeit sein, uns in uns selbst zurückzuziehen, zu einem Punkt, den wir für uns selbst mit schönen Dingen fühlen. Sonst ist es irgendwann zu spät."


    Sie zieht einen Mundwinkel hoch und es ist leicht zu bemerken, dass die Bedrückung, die so bei ihren ersten Begegnungen befallen hatte, nicht mehr ganz so stark ist wie sie einmal war.


    "Für mich war's fast zu spät, als ich nach Renascân gekommen bin."

  • "Wer hat von dem perfekten Menschen, oder Priester gesprochen. Alles hat Ecken und Kanten, warum sollten wir keine haben? Erst diese machen Menschen zu dem was sie sind und damit liebenswert."


    Er warf ihr einen verschwörerischen Blick zu der aber schnell wieder ernst wurde, als er erneut ansetzt.


    "Dann bin ich froh das du nach Renascan gekommen bist, egal was dort sonst noch alles passiert ist."

  • "Nein gibt es nicht, nach der Expedition kehrte Ruhe ein. Ob das gut oder schlecht ist? Das wird die Zukunft zeigen müssen."


    Er seufzte.


    "Aber darüber möchte ich mir zur Zeit keine Gedanken machen."

  • Alanis nickt leicht.


    "Ja, ich weiß. Das will ich auch nicht. Aber apropos Zeit - werden Dich Deine Leute vermissen oder hast Du heute Ausgang?"


    Bedauernd, dass sie das Ende ihres Beisammenseins andeuten muss, blickt sie ihn an.

  • Damorg atmete tief ein und durch die Nase wieder aus.


    "Ja sie werden mich wohl vermissen,....... leider."


    Er warf ihr einen herzerweichenden Blick zu.


    "Die gute Pflicht ruft, manchmal bin ich doch neidisch auf jene , die ihre Entscheidungen frei treffen können."

  • Alanis hört ihm zu, doch sie wiegt den Kopf hin und her. Ihre Art, mit den Dingen umzugehen, ist hin und wieder deutlich nüchterner als seine. Das mag eine Folge ihres höheren Alters oder ihrer Lebenserfahrung sein. So klingt auch ihre Stimme eher gemäßigt als wirklich bereits schon wieder sehnsuchtsvoll, als sie ihm antwortet. Unterdessen erhebt sie sich, um sich ihren Rock anzuziehen und den Gürtel anzulegen.


    "Sag das nicht. Erstens gibt es niemanden, der vollkommen frei in seinen Entscheidungen ist und zweitens wünschen sich viele, ein solches Geschenk zu erhalten, wie wir es innehaben - auch wenn sie meistens nicht abschätzen können, welches Maß an Verantwortung auf sie zukommen würde."


    Sie schlüpft in ihre Schuhe und beginnt, sich das Heu aus den Haaren zu zupfen. Die Verspielheit der vergangenen Augenblicke weicht aus ihrer Gestalt, wenngleich das Putzen eher eine weibliche Eigenart ist.

  • "Ja, so ist es wohl. Wobei mein ganzes Leben von Verpflichtungen gefüllt ist, sei es die der Garde oder die meines Gottes. Aber es ist eine Ehre."


    Die Worte kamen mit wenige Überzeugung über seine Lippen, als sie es hätten sein sollen. Auch er sammelte seine restlichen Sachen zusammen und zog sie sich an. Kettenhemd, Wappenrock, Stiefel, Gürtel und Streitkolben.

  • Alanis wartet geduldig, bis er sich angezogen hat. Sie nutzt die Zeit, ihr offenes Haar wieder in einen ordentlichen Zopf zu flechten, das Essen zusammenzupacken und Mantel und Tasche schon einmal mit einem gezielten Wurf von Heuboden hinunter zu befördern. Dann tritt sie zu Damorg und beginnt, auch ihn von den verräterischen Anzeichen der Geschehnisse auf dem Heuboden zu befreien. Dabei liegt die ganze Zeit ein Schmunzeln auf ihrem Gesicht.


    "Nicht verzagen", sagt sie schließlich warm, stellt sich auf die Zehenspitzen und nimmt sein Kinn in die Finger, um mit sanftem Nachdruck seinen Kopf zu sich hinunter zu ziehen. Erst gibt sie ihm einen tröstenden Kuss auf die Stirn, dann einen deutlich unkeuscheren auf den Mund. "Und jetzt schau, dass Du in die Stadt kommst. Ich gehe etwas später los."

  • "Du denkst aber auch an Alles."


    Er schmunzelte, dann ging er zur Leiter, mit etwas Wehmut in seinem Blick machte er sich daran die Sprossen nach unten zu steigen. Als nur noch sein Oberkörper zusehen war hielt er inne.


    "Wir sehen uns die Tage, ich freu mich."


    Erst dann nahm er die letzten Sprossen nach unten. Langsamen Schrittes ging er zur Tür und öffnete sie, bevor er ins Freie trat drehte er sich noch einmal um und warf einen letzten Blick nach oben zu Alanis. Mit einem Lächeln auf den Lippen ging aus der Scheune in die Richtung der Stadt. Er war kein Freund von langen Abschieden.

  • Alanis hebt lediglich stumm lächelnd die Hand, als er sich in der Tür noch einmal umblickt. Als sich die Tür hinter ihm schließt, atmet sie tief aus und setzt sich wieder in's Heu. Sie zieht die Beine an, legt die Hände darum und legt die Stirn auf ihre Knie. Eine ganze Weile bleibt sie so sitzen, nachdenklich, reglos. Schließlich erhebt sie sich und stellt das wieder her, was vor ihrer Ankunft ein ordentliche Heuboden gewesen ist. Als sie sich sicher ist, nichts im Heu verloren zu haben, steigt auch sie die Leiter hinunter und sammelt ihre Sachen zusammen.


    Vor der Tür der Scheune ist inzwischen der Nachmittag angebrochen. Sie klopft sich noch einmal endgültig die Kleidung ab und legt dann den Riegel an der Scheune vor. Dann schlendert sie, sich alle Zeit der Welt nehmend, mit entspanntem Gesichtsaudruck in die Stadt zurück.