Der singende Wald auf dem ehemaligen Gelände der Komturei

  • Nun gut, wir werden sehen
    Endúneath öffnet die Augen. Irgendwozu musste der Exkurs in chaotische Musik an der Akademie doch gut gewesen sein. Er legt den Kopf schief. Das Lächeln auf seinem Gesicht ändert sich von reiner Freude über die Musik auf das bei der Annahme einer Herausforderung. Wieder schließt er die Augen, doch diesmal konzentriert er sich nicht auf die gesamte Melodie sondern auf Abschnitte. Sortiert sie nach Tonhöhe, versucht die passenden Enden wie in einem geistigen Puzzle aneinander zu ordnen. Manches ergibt Sinn, vieles nicht und doch wird ihm die Melodie immer vertrauter. Immer wieder bringt ihn das wundersame, freundliche Chaos aus der Fassung, ab und an öffnet er die Augen, muss lachen, geht ein paar Schritte bevor er weitermacht. Es vergeht eine ganze Weile bis er glaubt sowohl Melodie als auch Text in die richtige Reihenfolge gebracht zu haben.

  • Jetzt ergibt alles einen Sinn. Er erinnert sich an Shinoriels Worte, an Kassandras Gesang bei der Wanderung, an den Text aus dem Buch das sie ihm in Mythodea gab.
    Daher also. Nun gut, dann hört mal zu.
    Damit dreht er sich um und geht zu seinen Sachen die neben ihm unter den Bäumen liegen. Zunächst entledigt er sich der Teile seiner Rüstung die ihn beim Spielen stören würden, dann macht sich an dem Kasten zu schaffen der neben seinem Rucksack liegt. Er spannt den Bogen und versucht das Instrument zu stimmen, was durch das ständige Singen nicht gerade vereinfacht wird. "Einen Moment Pause, bitte." Er muss wieder lachen. Wie sollte der Wald diese Bitte verstehen oder ihr nachkommen? Also muss er improvisieren. Das A hat er schnell gefunden, es kommt in der Melodie ja oft genug vor. D und E kann er nach dem Wald stimmen, solange das A vorherrscht, lediglich das G erfordert etwas nervlichen Aufwand bis es dem feinen Gehör des Spielers gefällt.
    Nach vollendetem Werk stellt er sich mit Blick zum Wald und geschlossenen Augen hin und setzt den Bogen an.
    "Du fängst an!"
    Es ist gar nicht so leicht einen Startpunkt zu finden, immer setzt irgendwo eine Stimme an. Also fasst Endúneath sich ein Herz und fängt einfach an die Töne über den See und in den Wald zu senden, so klar wie das Wasser; irgendwo wird er schon richtig landen.

  • Die Melodie in den Bäumen... zögert. Ändert sich nicht wirklich, aber scheint sich an sein Tempo anzupassen. Hallt über dem Wasser nach. Nimmt dann die Schwingungen der Saiten auf als ob ein Wind aufkommt und die Melodie, die Endúneath spielt hallt nicht nur über den Teich sondern scheint im ganzen Wald zu erklingen.

  • Überwältigt von den Auswirkungen seines Spiels fällt es ihm nicht leicht die Spannung und das Tempo zu halten. Wie viele Jahre ist es nun her seit er in den Hallen der Akademie spielen konnte bevor sie zerstört wurde? Sechs? Acht? Die Erinnerung an die vergangene, sorgenfreie Zeit füllt ihn mit Sehnsucht und ein wenig Trauer. Ein wenig davon spiegelt sich nun auch in seinem Spiel wieder.

  • Die pure, reine Lebensfreude des Waldes schwemmt die Trauer hinweg -ohne sie zu begraben oder für unwichtig zu erachten. Sie füllt sie nur aus und sprudelt darüber hinweg.
    Ehe er sich versieht ist sein Spiel zum Mittelpunkt der Melodie geworden, die durch den Wald klingt.

  • Gleiche zwei Eindrücke schießen dem Mondelben durch den Kopf. Zum einen die immer stärker werdende Wirkung seines doch so unbedeutend wirkenden Spiels - und zum anderen die möglichen Auswirkungen dessen was er da tat. Was würde wohl passieren wenn er sich verspielte? Was, wenn...
    Mit einem Mal lässt er sein Spiel verklingen, denkt kurz nach, lächelt dann.
    Lasst uns etwas neues probieren. Er wartet den Verlauf der Melodie noch einmal ab und setzt dann erneut an.


    Zunächst ist die Melodie noch die gleiche, doch er beginnt sie zu verändern. Lässt sie spielerisch um die alte herum gleiten, erlaubt sich die ersten größeren Spielereien und Ausreißer, doch nie verletzt er die Harmonie dabei. Sein Herz beginnt schneller zu schlagen. Die Situation ist so surreal, er zum ersten Mal seit langem wieder in seinem Element. Und ein gewaltiges, lebendes Orchester um ihn herum.
    Langsam glättet er die Wogen seiner Variationen bis sich eine gleichmäßige zweite Stimme entwickelt hat, die die erste umschließt und unterstützt.
    Sag mir, wie findest du das?

  • Der Wald hält die Harmonie, läßt sich durch die zweite Stimme nicht von seinem ursprünglichen Pfad abbringen. Für wenige Momente scheint es, als ob zwei Geigen über dem Wasser klingen. Als sei die zweite Stimme immer schon Teil der Melodie gewesen.
    Wäre Endúneath nicht so konzentriert, würde ihm auffallen, daß die Worte des Liedes immer mehr in den Hintergrund geraten, während die Melodie zunehmend an Kraft gewinnt.

  • Das spielen immer wieder der selben Stimme wird ihm allmählich zu langweilig, ab und an lässt er sich dazu verleiten vom eigentlichen Verlauf abzuschweifen. Ein erhabenes Gefühl hat sich eingestellt, wie einst bei den großen Vollmondkonzerten, nur ohne die Anspannung. Wo ist nur die Schwere geblieben? Die Schwere...
    Irgendetwas zieht ihn wieder auf den Boden zurück, wie eine große Wolke die sich über den sternenklaren Nachthimmel legt.
    Er schlägt die Augen auf, lässt erneut das Spiel verklingen. Doch es ist kein Traum, er steht immer noch hier am See, umgeben vom singenden Wald. Irgendetwas hat sich dennoch verändert. War es der Sonnenstand? Er muss sich eingestehen dass er keinen Schimmer mehr hat wie lange er hier nun verweilt hatte.
    Verzeih, ich muss los.
    Hastig ist er mit wenigen Sätzen bei seinem Gepäck, verstaut das Instrument im Kasten und legt so gut es eben geht die restliche Rüstung wieder an. Fertig bepackt dreht er sich noch einmal im Kreis, verneigt sich zu allen Seiten: "Auf bald, es war mir ein Vergnügen." Doch bevor er die Baumreihen zum Weg durchschreitet hört er ein letztes Mal nach dem Spiel der Bäume. Hatte er etwas bewirkt?

  • Das Lied der Bäume wird leiser, die Worte sind wieder deutlicher zu erkennen, auch wenn das Lied selber undeutlicher wird, auffasert. Sie singen die urprüngliche Melodie. Nichts scheint sich geändert zu haben, so sehr er auch lauscht.
    Und als er sich schon abwenden will hört er, nur für einen kurzen Moment -wirklich oder eingebildet- einen kurzen Melodiestrang der Tonfolge der zweiten Stimme...

  • Endúneath lächelt. Mit wenigen Sätzen ist er zurück auf dem Pfad.
    Und je weiter er sich von dem Teich entfernt desto mehr holt ihn die Schwere der Realität hier draußen wieder ein, nimmt zu bis sie nahezu unerträglich wird. Er geht in die Knie und wartet bis das Gefühl sich abschwächt, bis er sich daran gewöhnt hat. Ein letzter Seufzer entgleitet seinen Lippen, dann beginnt er, vorsichtig und auf Abstand von der verführerischen Melodie um das Gewässer herum laufend, die Gegend und die Ruinen nach Auffälligem abzusuchen.

  • Die feuergeschwärzten Steine und Mauerreste finden sich hauptsächlich im Zentrum. Ein Teil von ihnen ist überwachsen, viele lassen sich erst auf den zweiten Blick erkennen. Sie scheinen zu einer Art Festungsanlage gehört zu haben, die durch einen gewaltigen Brand offensichtlich vollständig vernichtet wurde. Nichts außer diesen Steinen ist von der Komturei übrig geblieben, keine Reste von hölzernen Befestigungen, aber auch keine Überbleibsel wie Geschirr, Metallene Alltagsgegenstände oder ähnliches.

  • Das sollte fürs erste reichen. Er macht einen ausgiebigen Schlenker durch den Wald bevor er sich auf den Weg zurück zum Pfad macht um nach den anderen Ausschau zu halten. Eine gründliche Inspektion des Waldes würde er ohnehin nicht alleine vollbringen können, zumal er dazu wohl kaum besonders geeignet war. Und sollte es noch irgendetwas von größerem Interesse im Verborgenen geben, so würden es ohnehin die Echadith noch am ehesten finden. Desweiteren steht die Sonne nun schon bedeutend tiefer als bei ihrer Ankunft an diesem Ort, daher ist es wohl an der Zeit zurück zu kehren. Sein Weg führt nun wieder zum Waldrand wo er die anderen vermutet.

  • Von Kassandras und Malglins Haus kommend, stromert Alanis eine ganze Weile in der Stadt herum, besieht sich die Geschäfte und die Menschen und holt dann im "Brennenden Tisch" ihre zweite Umhängetasche, in der sich ihre Ritualutensilien befinden. Eine ganze Weile macht sie sich Gedanken, wohin sie gehen soll, dann lässt sie sich einfach vom Wind treiben und geht wieder auf die Nordstrasse. Nach einer Weile entdeckt sie einen kleinen Pfad, der in den Wald führt und beschließt, ihm zu folgen.


    Vögel singen in den Kronen der Bäume. Alanis lauscht und genießt die Sonnenstrahlen, die auf ihr Gesicht fallen, wenn sie durch das Stamm- und Blätterwerk zu dringen vermögen. Sie atmet tief durch, schließt hin und wieder die Augen.


    Nach einer Weile bleibt sie abrupt stehen. Vor ihr heben sich inmitten des perfekten Grüns rußgeschwärzte Teile von Mauern in den Himmel, ihr Anblick schneidet fast schmerzhaft in Alanis Herz, denn sie hatte nicht erwartet, an einem unberührten Ort die Zeugnisse von menschlichem Tun zu finden - und vielleicht auch von menschlicher Tragödie? Sie tritt näher, legt eine Hand an die Mauern und wird still. Eine ganze Weile horcht sie in sich und den Ort hinein, fühlt sich seltsam erkannt an diesem Platz. Ist sie doch selbst mit soviel Leben erfüllt, gleicht ein kleiner Teil ihres Selbst in letzter Zeit einer schwarzen, tote Ruine.


    Ihre Hand zittert ein wenig, als sie sie wieder von dem kühlen Stein löst, dann geht sie ein Stück weiter. Ein kleiner See liegt inmitten der Mauern und glitzert einladend. Alanis spürt den Übermut des Elements, selbst wenn es derart ruhig erscheint. Seit ihrer Priesterweihe vor einigen Monden sieht sie tiefer, kann die Elemente um sich herum auf eine Weise erkennen und spüren, die ihr manchmal Angst macht. Denn ihr Empfinden öffnet sie auch für die Dinge, die die Harmonie der Elemente stören und sie weiss manchmal nicht, wie sie sich schützen soll.


    Sie lässt sich auf dem Boden in der Nähe der Ruinen nieder, lehnt den Rücken an einen Baumstamm und schließt in die Augen, um ihr Gesicht der Sonne zuzudrehen und die Wärme und Zuversicht des großen Feuers am Himmel in sich aufzunehmen.

  • Der Wind flüstert in den Blättern, singt sein silbriges Lied.
    Das Element, dessen Präsenz am stärksten zu spüren ist, aber ist die Erde. Fest und sicher, ruhend und doch unglaublich lebendig trägt sie Alanis, ...unnachgiebiger Stein, summernder Humus ...Mutter allen Lebens und Schwester alles Lebendigen ...ahnungsvoll murmelnde, uralte Bäume... doch die Bäume sind jung

  • Sie legt ihre Hände auf die Erde, ihre Fingerspitzen drücken sich in den weichen Boden. Ihr Atem geht ruhig, die Luft um sie herum, lebhaft und voller Kraft, wird von der Ruhe der Erde, die ihr im Kreis der Elemente gegenübersteht, umfangen. Alanis Körper wird schwer und sie greift hinab, fühlt die Verbindung zwischen der Erde, aus der ihr Leib ist und der Erde an diesem Ort. Alt, wissend, stoisch und doch von Veränderung betroffen, langsamer Veränderung, wie eine leichtes Beben einem Berg. Alles ändert sich, so wie sich die Elemente stets in ihrem Stand zueinander ändern. Das einzige, was ewig ist, ist die Erkenntnis, dass sie das Leben formen, in ihm zusammenfließen wie Farben in einem Bild, wie Fäden in einem Knoten.


    Atmen. Alanis fühlt sie Ruhe der Erde, versenkt sich weiter darin, doch die Luft ist stets bei ihr, verlässt sie nicht, ist in ihr verankert. Atmen. Sie lauscht der Erde, lauscht dem Echo, das das Leben im Element hinterlassen hat - oder das Element im Leben? Wasser und Feuer erspürt sie, dort in der Tiefe, im Lebensfunken kleiner Tiere, in den kleinen Wasseradern, die den fruchtbaren Humus nähren. Alles pulsiert, ist eins, ist verbunden. Atmen.


    Die Verbindung gibt ihr Kraft, stärkt sie, ohne dass sie darum bitten muss. Sie wandert weiter, öffnet sich der Erde, ihr Fühlen wandert weiter in Richtung der Ruine. Fast ist sie zu träge, um diesen Weg zu gehen, doch Alanis ist neugierig und Erde weiss unendlich viele Geschichten zu erzählen. Atmen. Sie spürt die Wurzeln der Bäume um sich herum, unendlich jung, aber schon tief und stark und sie spürt auf der Erde den Druck der Mauern, die Menschen an diesen Ort gesetzt haben. Atmen.

  • In alter Erde liegt alte Erinnerung. In der Luft flüstern die Stimmen alte Geschichten. Behutsam bittet Alanis die Erde, ihr etwas mehr zu offenbaren und löst sich ein wenig von der Luft, bittet sie, zurückzubleiben und sie nicht aus der Schwere ihres Körpers fortzutragen. Feuer, Wasser und Luft treten zurück, sie bleibt Erde, wird Erde, versinkt und bleibt doch am Platz. Sie spürt das Echo einer Erschütterung, eines Schmerzes, eines Schnittes in die Adern des Lebens, die durch diesen Ort gegangen sind. Grausam hatte man an diesem Ort die Erde gegeißelt, so dass fast alles Leben aus ihr gewichen war. Sie spürt den Widerhall von Feuer, kraftvoll und verzehrend. Erde war hier Asche geworden.


    Doch das war nicht alles gewesen. Ein Pulsieren hallt im Boden wieder, Abbild großer Kraft, die zu diesem Ort zurückgekommen ist, wohlmeinend, mächtig und stärker als alles, was den Ort zuvor widerfahren war. Lebenskraft durchpulst alles, hat einen Wald geschaffen, jung, unruhig, sprunghaft und doch von großer Macht durchflossen, die noch immer an diesem Ort ist, in ihm weiterlebt und davon spricht ... .


    Sprache. Die Luft wirbelt herbei und verlangt ihr Recht. Auch Luft ist Teil des Lebens und Luft, Sprache war zu diesem Augenblick, in dem das Leben erneut an dem Ort erblühte, beteiligt gewesen. Alanis lauscht, spricht der Erde Dank aus für alte Geschichten. Sie lässt sich nehmen und locken, fortgetragen vom Wort, von der Macht hinter dem Wort. Sie hört eine Stimme, zunächst leise, dann lauter werdend. Eine bekannte Stimme, die mit diesem Ort für immer verbunden sein wird, die ein Teil ihres Selbst gegeben hat, um das Leben zu stärken. Die Luft zerrt nun an Alanis, sie spürt, dass andere Wesen, der Luft verbunden, dem Element der Magie, selbst Magie, ebenfalls an diesem Ort waren, in ihm und mit ihm wirkten - oder noch wirken. Ihr Atem geht schnell, Wind pulsiert um sie herum. Verführerisch, mächtig, spielerisch.


    Alanis öffnet die Augen. Ihre Hand hält das Amulett fest umschlossen. Wind in ihrem Haar, Erde unter ihren Fingern, Tränen in ihren Augen, Sonne im Gesicht. Im Gleichgewicht. Wie dieser Ort. Es gab immer eine Lösung, es gab immer jemanden, der sich kümmerte, es gab immer Menschen und andere Wesen, die bereit waren, Leben zu schenken, zu pflegen, zu bewahren und dafür zu kämpfen. Sie lächelt.

  • Sie bleibt eine Weile sitzen und genießt den Nachklang des Erlebten, dann erhebt sie sich und klopft ihre Röcke aus. Eine Hand an einen der Bäume gelegt, sendet sie einen stummen Dank an die Elemente, die ihr den Einblick gewährt haben und an jene Wesen, die diesem Ort etwas Gutes getan haben. Lächelnd macht sie sich dann auf den Weg in den "Brennenden Tisch".

  • Ancalima hatte in ihrer Arbeit in ihrem Haus, das in den Wipfeln über dem kleinen See für andere Augen verborgen lag, inne gehalten und die junge Frau beobachtet...erst angespannt, dazu bereit sofort einzugreifen sollte sie dem Wald Schaden zufügen wollen, dann aber zufrieden beobachtend wie sie sich mit der Macht des Waldes zu verbinden schien...sie spürte wie sie die Magie entfachte um den Wald und die Elemente zu berühren und zu betrachten...all das besah sie mit einem freundlichen Lächeln...