Auf halbem Weg zum Flußhafen

  • Alanis sieht kurz zu Sotirios, dem die Arbeit trotz stumpfer Messer gut von der Hand geht. Als er aufblickt und nickt, nimmt sie ihre Umhängetasche auf, in der sich neben einem Fächer und ihrem tragbaren Altar auch ihr Heilerbesteck und Verbände befinden, und legt sie sich um.


    "Am liebsten sofort, damit ich für die heisse Phase vor dem Abendessen wieder da bin. Und ob Du mir helfen kannst - mal sehen. Zumindest den Weg zu den Läden beschreiben und vielleicht hast Du die ein oder andere Idee, was ich für die Meute kochen kann. Du kennst sicherlich das hiesige Angebot an Obst und Gemüse in und auswendig. In Deinem Alter führst Du ja sicher schon einen eigenen Haushalt oder tust es bald, ich tausche mich einfach gerne aus."


    Sie steckt ihre Haare noch einmal in den strengen Knoten fest, überprüft den Sitz des Messers an ihrer Hüfte und faltet ihre Liste ordentlich zusammen, um sie als Letztes in der Tasche zu verstauen. Dann nickt sie entschlossen.


    "Bereit, wenn Du es bist. Gehen wir also einkaufen."

  • Baul kommt aus der Hütte mit einem Plan in der Hand. Er geht direkt auf einen der Zimmerleute zu die Ferd mitgebracht hat. Er zeigt ihm den Plan und bespricht ihn mit ihm.
    Der Mann scheint verdutzt zu sein und läßt sich alles wieder und wieder erklären. Dann nickt er. Baul scheint zufrieden.


    Der Zimmermann holt sich drei andere Amonlonder dazu und beginnt Balken auszuwählen.

    CETERVM CENSEO OVTILISTEM ESSE DELENDAM
    OMNIVM RERVM PRINCIPIA PARVA SVNT


    GEEK CODE: GO d- s+(+)>+:+ a C++ UL P L++ E W++ N o-- K w O-- M- V PS+ PE++ Y+ PGP+ t+ 5+ X R++>+++ tv+ b+ DI--- D G e++ h---- r+++ y

  • Jala lächelt und schaut nochmal in die Baugrube. "Ja einen eigenen Haushalt führe ich wohl bald..." Das klingt verträumt. "Matsch für die Mittellande ist immer eine Lösung für dreihunder hungrige Mägen", grinst sie dann albern. "Und Zutaten für anständigen Matsch findest du auf dem Markt und im Handelshaus. Hast du Geld dabei?"

  • "Tja, Baul sagte mir, ich solle mit seinem guten Namen zahlen. Wo das nicht funktioniert, werde ich einfach bestellen und mit meinem eigenen Geld anzahlen, das wird schon klappen!" Sie hebt die Schultern und sieht nicht aus, als wäre Geld ein Problem."Und was ist Matsch für die Mittellande?", fragt sie, schon im Gehen, verwundert.

  • "Matsch ist Eintopf", erklärt Jala. "Im Aelm kennt man hunderte Arten von Matsch. 'Matsch für die Mittellande' ist sowas wie der Schlachtruf der Aelm-Arthosischen Kampfküche."
    Die beiden Frauen verlassen den Bauplatz und halten auf die Nordstraße zu.
    "Amonlonder ziehen Honigkrustenbraten vor..."

  • Alanis umrundet eine schlammige Pfüte und deutet darauf.


    "Aha, alles klar, also Essen von diesem Aussehen und dieser Konsistenz. Muss aber nichts das Schlechteste sein, die meisten Eintöpfe werden ja erst richtig gut, wenn man sie ein bisschen ruhen und durchsumpfen lässt."


    Sie legt die Stirn in Falten.


    "Hm, Honigkrustenbraten. Habe ich lange nicht mehr gemacht, muss ich sagen. Habe in letzter Zeit viel Feldküche gemacht und keinen anständigen Herd mehr unter den Händen gehabt. Aber was soll's, kochen ist kochen, egal, für wie viele Leute. Ist mal eine Abwechslung zu meinem sonstigen Beruf."

  • Alanis betritt die Straße und klopft sich etwas Baumschlamm von den Füssen.


    "Ich bin Feldscherin. Die Kocherei ist mir als Leidenschaft aus meiner Jugendzeit übrig geblieben, damals habe ich zusammen mit meiner Mutter meine ganze Sippe versorgt und wann immer ich heute mal kein Geld habe, kann ich froh sein, in irgendeiner Küche in irgendeinem Land immer eine Anstellung finden zu können."


    Sie schreitet forsch voran, die Freunde über ihre neue Aufgabe ist ihr anzusehen.


    "Also wirst Du bald heiraten, ja? Ich gratuliere Dir, das ist eine wunderbare Sache."

  • Jala hüpft neben ihr über die Pfützen.
    "Heiraten... nicht so richtig. Das darf er nicht wegen seiner Religion... Aber sowas in der Art, ja. Danke." Ihre Augen glänzen, ein Strahlen liegt auf ihrem Gesicht.

  • Alanis zieht eine Augenbraue hoch.


    "Ich wundere mich ja immer wieder über Religionen, die Dinge einschränken, die seit jeher fester Bestandteil des Lebens sind und deren Verzicht oftmals nur Probleme bringt. In meinem Glauben verpflichtet man sich durch das Priestertum zu nichts außer dessen Wahrung und das ist Prüfung von Leib und Geist genug.."


    Dann aber hebt sie die Schultern und lacht auf, als sie Jalas sonnigen Gesichtsausdruck sieht.


    "Aber jeder wie er oder sie meint. Solange Ihr glücklich seid und alles nach Deinem Herzen ist. Ich bin ja fast ein wenig neidisch."


    Sie spricht es aus und merkt, dass sie es tatsächlich ist - ein wenig neidisch. Mit einem schiefen Lächeln schüttelt sie den Kopf über sich selbst.

  • Ihr Blick wird kurz weich und verschmitzt, dann winkt sie ab.


    "Ach, das mit dem Heiraten ist nicht mein Ding, für mich muss es keine Zeremonie sein, keine Ringe, Bänder oder zertretenes Geschirr - wenn ich jemanden liebe, dann geht das auch so. Du kennst das." Sie stutzt kurz, überlegt sehr genau, wie sie weiter formuliert. "Aber sich auf jemanden festzulegen bedeutet das Ende meiner Freiheit, meiner absoluten Selbstbestimmung, der Tatsache, daß ich bisher nur für mich, meine Wünsche, meinen Glauben und meine Arbeit gelebt habe. Ich kenne keine Familie, habe einige Freunde, die auch immer unterwegs sind und denen ich mich nicht über alles verpflichtet fühle. Im Kopf oder mit dem Körper sesshaft zu werden, ist einfach nicht mein Weg. - Und deswegen bin ich ein wenig neidisch, denke ich, weil ich Angst habe vor solch großen Veränderungen." Ihre Mundwinkel zucken ein wenig nach oben, ihre Worte sind fern jeglicher Bitterkeit.

  • "Ja, das ist schön. Bis Du irgendwann ganz allein verletzt im Regen in irgendeinem Land in einem Graben liegst und Dich fragst, wo das Gefühl, die Person, die Sache ist, die Dich aufrichtet, wenn Du nichts mehr alleine aufstehen kannst und willst. Da verliert die Sache mit der Eigenständigkeit und Ungebundenheit ihren Reiz und fängt an, an Dir zu fressen. Bei mir ist es mein Glaube, der mich stützt. Bei Dir sind es Deine Familie, Deine Liebe, Dein eigenes Haus. Da ist nicht das Eine besser, nicht das Andere. Beides hat seine Vor- und Nachteile. - Also sollten wir wohl nicht neidisch aufeinander sein, schätze ich."


    Ihr Blick ist nachdenklich, geht sowohl auf den friedlichen Wald zu beiden Seiten der Strasse, als auch tief in sie selbst hinein.

  • "Gut, dann sind wir einfach nicht neidisch aufeinander", beschließt sie lächelnd. "Ich will auch gar nicht wild in der Gegend herumwandern. Meine Mutter würde sich schreckliche Sorgen machen und ich würde Baul so vermissen..." Sie vermißt ihn bereits, dabei hat sie ihn grade erst gesehen.
    "Es wäre nur manchmal leichter wenn einem die Eltern nicht immer dazwischenreden."

  • Bei Alanis fällt das Silber kupferweise.


    "Oh, Baul ist Dein Zukünftiger? Und das wird DEIN Haus?" Sie ist sichtlich beeindruckt. "Er muss ja ganz verrückt nach Dir sein, wenn er sowas für Euch auf die Beine stellt."


    Sie tritt einen Stein voran, der ein paar Sprünge über die ausgetretene Straße macht und setzt dann ernst hinzu:


    "Eltern und eine intakte Familie sind ein großer Schatz. Irgendwann kommt man im Leben an einen Punkt, an dem man verstehen kann, weswegen einem die Eltern an gewissen Punkten der Jugend dies und das verboten haben. Die meisten ihrer Ratschläge, ganz gleich, in welchem Tonfall, zu welchem Anlass oder in welchem Umfeld sie gesprochen wurden, waren einfach nur Ausdruck von Liebe und Sorgen, auch wenn man das als Gescholtener nicht immer versteht."

  • "Gewöhn Dich daran, das wird niemals enden - denke ich zumindest. Da ich keine Familie mehr habe, die mich triezen kann, beobachte ich immer meine Freunde und deren Familien. Es ist ganz nett mitanzusehen, wie sich gestandene Männer im Angesicht einer über ihre feuchten Socken schimpfenden Mutter wieder in kleine Jungen verwandeln." Sie zupft nachdenklich an ihrem Verband herum und legt die Stirn in Falten."Natürlich sehen wir die Dinge anders als unsere Eltern. Wir machen neue Erfahrungen, sehen mehr von der Welt, freuen uns an neuen Erfindungen, Modeerscheinungen, Rezepten, Liedern und Gedichten. Der Mensch neigt dazu, dass Neue zu begehren und das Alte abzuschreiben - die Alten abzuschreiben. Aber ganz gleich wie sehr wir uns von unseren Eltern immer unterscheiden werden, Zugehörigkeit, Liebe und Sorge werden uns mit ihnen immer verbinden, ganz gleich, wie sehr man aneinandergerät. Reibung erschafft Wärme."

  • Alanis reißt gespielt entsetzt die Augen auf, zwinkert Jala dann aber beruhigend zu.


    "Mach keinen Quatsch, am Ende bin ich noch für irgendwelche Katastrophen verantwortlich und dann werde ich von Deinen Eltern UND Deinem Gefährten zu Gulasch gemacht!"


    Sie verlangsamt ihren Schritt ein wenig und schweigt eine Weile. Dann erklärt sie:


    "Du läufst schon davon, Jala, jetzt gerade in diesem Moment, in dem Du von einem eigenen Heim und Liebe sprichst. Deine Eltern haben sicherlich gerade eine Heidenangst, Dich zu verlieren, auch wenn ihr vielleicht später nur ein Stück auseinanderwohnt. Sie wollen Dich zurückhalten, wissen aber auch, dass sie das nicht engültig können.


    Wenn Menschen auseinanderstreben, dann ist das wie ein Band, an dem man zieht. Mit jedem Schritt, den Du gehst, dehnst du dieses Band zwischen Dir und Deinen Eltern, ganz langsam. Das ist mühsam, Du wirst vielleicht immer wieder zurück gezogen, doch am Ende ist das Band lang genug, damit Du den Punkt erreichen kannst, zu den Du willst. Das Band mag zwar etwas dünner sein, aber es ist da und wenn Du irgendwann allein bist, kannst Du daran den Weg nach Hause zurück finden. Wenn Du aber mit aller Macht gegen das Band anrennst, dann kann es sein, dass es reisst, verstehst Du, was ich meine? Und dann bist Du im schlimmsten Fall wirklich ganz allein.


    Dich von Deinen Eltern zu lösen und Ihnen die Möglichkeit zu geben, Dich als Tochter, als Kleinod und Augapfel in die Obhut eines anderen Menschen zu geben, ohne Zweifel und Ängste, das wir ein gutes Stück Arbeit. Aber geht den Weg miteinander, Du, Dein Gefährte und Deine Eltern, dann wird es für alle nicht so schwer und niemand wird verletzt. Und das ist es doch, was Du willst, oder?"