Das Meer - Zwischen Magonien und anderswo...

  • Er nahm ihr den Beutel aus der Hand und verharte bei der Berührung etwas länger als nötig.


    "Danke..."


    Dann knotete er sich den Beutel an seinen Gürtel.


    "Den werde ich sicherlich noch brauchen."

  • Das Licht in Alanis Hand verlischt so plötzlich, wie es aufgeflammt ist und zurück bleibt im Dämmerlicht ein nach salzigem Holz und Tabakrauch riechender Raum, in dem es im Gegensatz zum Deck seltsam ruhig scheint. Nur das leise, schabende Geräusch geschäftiger Füße auf dem Deck einige Schritt über ihren Köpfe erinnert noch daran, dass sie keinesfalls so allein sind, wie man zunächst erahnen könnte.


    Alanis lächelt vor sich hin und schaut Damorg an.


    "Wollen wir wieder hochgehen? In der Schiffsmesse gibt's sicherlich einen Platz für uns."


    Ihre rechte Hand verirrt sich in seine Linke, vor jedwedem neugierigen Blick in den Falten ihres weiten Mantels verborgen.

  • Damorg bleibt kurz der Atem stehen, dann lächelte er zurück.


    "Dann auf zur Schiffsmesse."


    Er hatte tatsächlich kurz geglaubt alleine mit Alanis zu sein, bis ihn die Schritte aus seiner Illusion holten. 25 Tage noch, mit dieser Aussicht wurde er fast wahnsinig.

  • Entgegen ihrer eigenen Aufforderung bleibt Alanis jedoch weiterhin genau an dem Platz stehen, an dem sie schon vorher gestanden hat. Ihre Finger verflechten sich mit den seinen, während sich ein Augenblick ins Unendliche dehnt. Dann folgt ein abgrundtiefer Seufzer."Ja, das wäre wirklich klug." Ein weiteres Rollen des Schiffes trägt sie noch ein wenig näher an ihn heran, mehr ein kleines Stolpern als eine wirklich bewußte Bewegung.

  • Damorg dreht sich zu Alanis um, so dass er ihr genau gegnüber steht. Seine frei Hand legt er auf ihre Schulter. Mit leiser Stimme, fast schon einem Flüstern sagt er.


    "Es wäre klug...."


    Auf das wäre legt er dabei die Betonung.

  • "Hm" , macht Alanis lediglich, die ihrer Stimme inzwischen längst nicht mehr traut. Ein kurzer Blick huscht hoch zum Niedergang, doch das sich nähernde Wetter verspricht keine Störung durch neugierige Matrosen. Schließlich beugt sie sich vor und gibt Damorg einen kurzen, bestimmten Kuss, der der ganzen Situation Rechnung trägt, aber nicht weniger ehrlich gemeint ist als jeder Kuss, der in Ruhe gegeben wird. Kaum eine Sekunde später weicht sie wieder ein wenig zurück, wieder geht der Blick hoch zur Luke.

  • Damorg schließt kurz die Augen und atmet tief ein, als wolle er sie nicht mehr loslassen.


    "Nur noch 25 Tage bis zur Ungewissheit was dann kommen mag."


    Er gibt ihr einen kurzen Kuss auf die Stirn und nimmt dann seine Hand von ihrer Schulter, dabei macht er einen halben Schritt zurück.

  • "24 Tage, 21 Stunden" , gibt sie altklug zurück, lacht leise und wendet sich dann zum Niedergang. Auf Deck angekommen, blickt sie sofort mit zusammengekniffenen Augen gen Horizont. Erleichtert atmet sie auf. Zwar bedeuten die dunklen Wolken scharfen Wind und nicht unbeträchtlichen Seegang, aber ein schwerer Sturm scheint nicht aufzuziehen. Dennoch ist die Gischt, die an der dem Meer zugeneigten Backbordseite empor zischt, von großen Schaumkronen gekrönt und einer der Maate eilt bereits auf Alanis und Damorg zu, um ihnen zu sagen, sie mögen entweder in die Gästelogis oder in die Messe gehen.


    Wenige Minuten später schließt sich die Tür der Messe hinter den beiden Priestern. Der kleine Raum dient als Aufenthalts- und Essraum für die Offiziere und die zahlenden Gäste. Der einzige andere Mitreisende, ein kleiner, dicker Händler in der Mitte seines Lebens, befindet sich bereits im Raum. Die Hände über dem Bauch gefaltet, sitzt er auf der langen Bank, die den Esstisch umläuft, zwischen Lehne und Tischkante eingeklemmt, und schläft den Schlaf der Gerechten - oder der Seefesten -, den Kopf im Nacken.


    "Der Glückliche" , seufzt Alanis leise, ihre Lippen zucken amüsiert. Am Tisch mit der versenkten Platte, aus dem sicherlich selbst beim heftigsten Sturm kein Becher fallen wird, ist noch genug Platz, weswegen Alanis ebenfalls in die Bank rutscht, sich auf's Eck setzend. Über dem Tisch schwankt eine nicht angezündete Laterne hin und her. Das Geschirr in dem offenen Schrank, dessen Bretter ebenfalls mit Holzbrettern an der Vorderseite gesichert sind, klirrt leise. "Das Geschaukel wird zum Glück wohl nicht so schlimm" , prophezeit sie vorsichtig.

  • "Nicht so schlimm?"


    Damorg machte großen Augen die dann nach oben wegrollten.


    "Du scheinst viel Erfahrung mit Seereisen zu haben, ein Glück das ich auf die gleichen bisher zum größten Teil verzichten konnte."


    Eigentlich wollte er zuerst stehen bleiben, überlegte es sich jetzt aber doch anders und setzte sich ebenfalls.

  • "Da ich auf Reisen die meiste Zeit an Deck verbringe, bekommt man das ein oder andere mit" , gibt sie leise zurück, um den einsamen Schläfer nicht zu stören. Dabei bemüßigt sie sich eines entspannten Plaudertons, so als hätte der kurze Moment unter Deck nicht stattgefunden - oder sie nicht im geringsten berührt. "Wir können auch später wieder hinaus gehen, denke ich. Aber momentan haben die Seeleute alle Hände damit zu tun, die Segel für eine Durchfahrt durch schweres Wetter zu setzen, da ständen wir sicherlich nur im Weg." Alanis verzieht ein wenig das Gesicht und murmelt: "Alles ist besser als da unten im Deck eingesperrt zu sein." Bei der Vorstellung wird sie wieder merklich blass.

  • "Ich hatte bisher glaube ich immer Glück mit meinen Überfahrten, in ein Unwetter bin ich noch nicht gekommen. Naja, es gibt für alles ein erstes Mal."


    Damorg stütze seinen Ellenbogen auf dem Tisch ab und fuhr sich mit der Hand über die Stirn, bis er merckte das dies bei dem Wellengang keine gute Idee war. Kopfschmerzen machten sich in ihm breit.


    "Irgendwie hate ich das Alles viel angenehmer in Erinnerung."

  • Alanis hebt, ein wenig spöttisch, die Augenbraue und schüttelt den Kopf.


    "Angenehm wird das wirklich nicht. Aber ich denke auf Deinen bisherigen Überfahrten hattest Du mehr Gesellschaft als jetzt, oder? Die Jungs aus der Garde wirken, als könnten sie einen von den schlimmsten Dingen gut ablenken."


    Sie blickt ihn mitfühlend an, kramt aus ihrem Beutelchen zwei Stück Ingwer heraus und reicht ihm eines davon.


    "Das Zeug schmeckt ziemlich scharf, aber es wird die Übelkeit bekämpfen. Atme tief und entspannt durch. Ansonsten, wenn es schlimmer wird, könnte ich Dir auch etwas zum Schlafen geben - das aber ungern."

  • "Ja das ist eins der Dinge die sie ganz gut können, neben trinken und kämpfen. Wobei mir diese Reisebegleitung durchaus lieber ist"


    Er versuchte zu grinsen. Dann nahm er das Stück Ingwer und steckte es sich in den Mund. Das Gesicht verformte sich kurz zu einer Grimasse.


    "Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich behaupten du versuchts mich zu vergiften."


    Dann atmete er wie befohlen mehrmals tief durch.

  • "Noch hast Du mir keinen ausreichenden Grund dazu gegeben" , kontert Alanis trocken und steckt sich ihren Ingwer in den Mund. Der scharfsüßliche Geschmack ist wie ein alter Freund, den man zwar nicht gerne sehen will, den man jedoch notgedrungen nicht abweisen kann. "Ingwer ist ein seit hunderten Jahren in der Seefahrt bekanntes Mittel und ich habe noch niemanden erlebt, bei dem es nicht geholfen hat."


    Die Laterne über den Tisch beginnt stärker zu schwanken und das Schiff neigt sich gen backbord. Alanis atmet gegen das eigene Unwohlsein an. Der Händler am Tisch neben ihr erwacht, als das Geschirr in den Schränken besonders laut klirrt und blickt verwirrt um sich, dabei Alanis und Damorg erblickend. Auch seine Gesichtsfarbe hat sich merklich ins weißliche verändert und dann springt er auch schon auf und verlässt die Messe, die Tür mit einem Knall hinter sich schließend.

  • Damorg musste sich ein Lachen verkneifen.


    "Da haben wir es ja noch ganz gut erwischt. Deinem Ingwer sei dank."


    Er brauchte einen kurzen Moment um zu realisieren was Alanis in ihrem ersten Satz gesagt hatte.


    "Was heißt den hier ausreichend? Was für einen Anlass habe ich dir denn überhaupt gegeben darüber nachzudenken?"


    Er zwinkerte, was aber wohl bei dem ganzen Geschaukel unterging.

  • Alanis blickt zur Tür und schenkt Damorg dann ein hoffnungsvollen Grinsen."Also, wenn Du jetzt noch nicht aufgesprungen und dem armen Kerl hinterhergelaufen bist, dann habe ich doch noch Hoffnung, daß es Dich nicht ganz so schlimm erwischen wird."


    Da sie merkt, dass das Gespräch sie abzulenken vermag, geht sie auch auf seine Stichelei ein, wenngleich die Antwort ernster ausfällt, als sie es eigentlich beabsichtigt hatte.


    "Eigentlich hast Du mir bisher noch keinen Grund gegeben, Dich furchtbar zu finden. Wir mögen zwar in einiger Hinsicht anderer Meinung sein, aber ich hoffe doch sehr - auch für die Zukunft -, daß wir uns dabei nicht ins Gehege geraten. Gerade war unseren Glauben angeht, ich glaube, das versteht niemand von uns Spaß."

  • Damorg nickte.


    "Ja bisher haben wir da einen sehr guten Weg gefunden, ich hoffe das es so bleibt. Aber ich glaube das können wir beide ganz gut ein und abschätzen."


    Er kratzte sich am Hinterkopf, dieser elende Kopfschmerz, hoffentlich war er bald vorbei.


    "Aber ich bin diese ewigen Glaubensdiskussion auch leid, von daher sehen die Karten ganz gut aus, das wir eine solche nicht haben werden."

  • Alanis muss lächeln und schüttelt leicht den Kopf.


    "Leid bin ich es auch - . Also lassen wir diese Art von Diskussionen, bis es nicht mehr anders geht."


    Sie klingt erleichtert und wechselt dann das Thema.


    "Was hast Du vor, wenn wir wieder in Renascân sind?"

  • "Zunächst werde ich einmal einen Bericht abliefern müssen und die ganzen Sachen abgeben, welche wir mitgenommen haben. Dann brauche ich erstmal etwas Ruhe."


    Damorg grinste.


    "Ich glaube die habe ich nötig. Im Frühling werden dann hoffentlich die Priester von der Insel kommen, um deren Unterstützung ich gebeten habe um den Kapal Tempel in Renascan zu bauen. Du wirst dich auf zur Akademie machen?"

  • "Etwas Ruhe -" , echot sie und für einen Moment huscht ein grüblerischer Ausdruck über ihr Gesicht. Ihre nächsten Worte sind ein wenig zögerlich. "Ich denke, ich werde noch einige Tage bei Meanor bleiben, mir eine neue Passage suchen und dann abreisen. Zum Glück habe ich von der Zeit her großzügig genug geplant, um unseren kleinen Umweg ausgleichen zu können." Wieder ein Zögern, was bei Alanis, die eigentlich immer recht entschlossen wirkt, doppelt deutlich auffällt. Ein Hauch Zweifel mischt sich in ihre Worte. "Auf Renascân werden wir auch unter - Beobachtung stehen... ."