Das Meer - Zwischen Magonien und anderswo...

  • "Wenn du mir sagst wann du dort bist, nicht das ich den ganzen Weg umsonst auf mich nehme."


    Er lächelte sie an. Sein Atem wurde ruhig. Ein wohliges Gefühl breitet sich in seinem Körper aus. Ein leiser Seufzer kam über seine Lippen

  • "Der Weg ist gar nicht so weit" , gibt sie zurück und lacht. "Geh nach Norden, wenn Du in den Mittellanden bist. Wenn Nebel aufziehen, geh hinein und denk dabei an Dargaras oder an die Person, die Dich dorthin eingeladen hast. Wenn sich der Nebel lichtet, wirst Du im Land sein. Ich habe keine Ahnung, warum das funktioniert, aber es ist einfach so."


    Sie zuckt leicht mit den Schultern und wirft einen Blick zu den Fenstern der Messe, hinter denen langsam die Abenddämmerung herankriecht, gebrochen von niedrig hängenden, bleigrauen Wolken.


    "Ich werde nach dem Besuch in Lupien erst einmal nach Dargaras gehen und mit ins Winterlager reisen. Vielleicht magst Du ja im Frühjahr vorbeikommen? Oder ich komme nach Renascân, die Winter in den Wägen des Fahrenden sind nicht immer einfach."

  • "Dann werde ich dort vorbeikommen, versprochen. Auch wenn mir das Land immer noch sehr eigenartig vorkommt. Aber man soll ja nicht über Sachen urteilen, welche man nicht kennt."


    Auch Damorg wirft einen Blick nach drausen. Er wird dabei wieder etwas nachdenklicher.


    "Der Nebel war ein Schutz, oder?"

  • "Es gibt die Geschichte über Dargaras, dass die beiden Götter Tairis und Siriat, der Mann und die Frau, der Tag und die Nacht, das Leben und der Tod, dieses Land für sich schufen und es mit den Nebeln umgaben, um ihre Schöpfung vor dem Rest der Welt zu schützen. So lag das Land eine Ewigkeit unbesiedelt von Menschen da, bis der Sohne der beiden Götter, Dargaran, sich entschloss das Land zu verlassen, um zu sehen, was jenseits der Nebel lag. Er nahm die Gestalt eines Menschen an, ging durch die Nebel und traf im Rest der bewohnten Welt andere Menschen. Er nahm ihre Lebensweise an und lernte sich darüber zu freuen, worüber sie sich freuten. Doch als er sah, wie die Menschen trotz aller Freude, die in ihrer Natur liegt, auch Leid und Hunger zu ertragen hatten, suchte er viele von ihnen zusammen und führte sie durch die Nebel ins Land seiner Eltern. Und da Eltern ihren Kindern bekanntlichermaßen selten etwas abschlagen können, ließen sie die Menschen hinein und sorgten für sie. Dargaran wurde Namenspatron jenes Landes, dessen Nebel es vor all jenen Kreaturen des Bösen schützen, die von außen einzudringen versuchen und er wird bis heute als Gott des Glücks, der Liebe, des Rausches, des Spiels und des zechens verehrt."


    In Alanis Stimme ist große Zuneigung zu ihrer Wahlheimat zu vernehmen.


    "Ich bin vor einigen Jahren nach Dargaras gekommen und hatte gleich das Gefühl, angekommen zu sein."

  • "Das klingt fast wie ein Märchen. Ich erinner mich noch daran wie du mir das erste mal von Dargaras erzählt hast. Ich wollte dir das nicht glauben. Mittlerweile habe ich soviel gesehen, das mir daran fast nichts mehr unwahrscheinlich vorkommt."


    Mit seiner Hand streichelt er über Alanis Arm.


    "Diese Gefühlt hat man selten, ich habe es seit dem ich in Renascan bin nicht mehr gespürt."

  • "Die Ratswahl, ja. Damals bist Du mir direkt aufgefallen. Du hast mich angesehen als wäre ich aus einem Hospital für Geistesschwache entflohen." Alanis hebt den Kopf von seiner Schulter, als auf dem Deck über ihnen die Glasen geschlagen werden und Bewegung aufkommt. Bedauern zeigt sich auf ihrer Miene, als sie ein wenig von ihm fortrückt. Wenige Momente später öffnet sich die Tür und der Kapitän, sein erster Offizier, der Schiffsarzt und der Segelmeister betreten die Messe, alle leicht durchnässt von dem Wechselspiel aus Wind und Wellen, aber alle gut gelaunt, da das Schiff offenbar gute Fahrt macht. Die Männer begrüßen Damorg und Alanis freundlich und wenig später steht das Abendessen vor ihnen auf den Tisch, aufgetragen vom Smut und einem höchstens siebenjährigen Kajütenjungen, der während des ganzen Essens in der Messe bleibt, um den Offizieren Wein nachzuschenken, eine weitere Portion aufzutun oder andere Hilfsarbeiten zu verrichten. Es gibt Kartoffeln mit Backfisch, wozu sich letzten Endes auch noch der dritte Passagier gesellt, der sein Unwohlsein überwunden zu haben scheint. Damit alle Platz am Tisch haben, rückt Alanis schließlich doch wieder an Damorgs Seite, froh darüber, ihm so unauffällig nahe sein zu können. Sie isst ein paar Kartoffeln und lauscht aufmerksam dem Tischgespräch der Offiziere, die sich mit ihren Abenteuern auf See und ihren Begegnungen mit exotischen Lebewesen brüsten.

  • Damorg ist etwas überrumpelt davon das sich die Messe so schnell füllt, versucht aber sich nicht anmerken zu lassen. Trotz seiner Übelkeit die mittlerweile fast ganz verflogen ist freut er sich auf das Essen und verdrückt zwei ordentliche Portionen. Seeluft macht eben doch hungrig. Damorg ist recht wortkarg den Seeleuten gegenüber und antwortet nur kurz auf Fragen die ihm gestellt werden um nicht unhöflich zu erscheinen. Aber es ist ersichtlich das er keine Intresse daran hat ein richtiges gespräch zu führen. So hört er einfach die meiste Zeit den Geschichten zu, jedoch hätte er am Ende nicht viel vom Inhalt wiedergeben können, so abwesend war er mit seinen Gedanken.

  • Alanis amüsiert sich recht gut und flachst gegen Ende der Mahlzeit, als es noch einen Brotpudding mit Rosinen gibt, den sie allerdings nicht anrührt, ein wenig mit dem Schiffsarzt herum, der nur ein wenig älter ist als sie selbst und der eine ähnlich sarkastische Einstellung zu seinem Beruf zu haben scheint wie sie selbst. Dennoch fällt ihr auf, wie wenig Damorg der Unterhaltung zu folgen scheint und als der Kajütenjunge das Geschirr abgeräumt hat und die Offiziere sich wieder zum Gehen anschicken, blickt sie Damorg fragend an.


    "Noch etwas frische Luft vor dem Schlafengehen?" Aus dem Augenwinkel beobachtet sie, wie der Händler, der gerade wohl eine Unterhaltung beginnen wollte, den Mund abrupt wieder zuklappt. Sie ist froh, sich eines recht neutralen Tonfalls befleißigt zu haben, denn sie sieht auch, wie ein gewisses Interesse in den leicht hervorstehenden Augen des Mannes aufglimmt.

  • "Eine gute Idee, unter Deck wird es nachts meistens recht stickig, wenn ich mich richtig erinnere."


    Damorg stand langsam auf. Dem Händler warf er einen kurz abwertenden Blick zu bei dem er hoffte das ihn niemand bemerkt hatte. Ihm wurde kurz leicht schwindelig, er hatte wohl doch etwas zuviel gegessen.

  • Alanis rutscht hinter Damorg aus der Bank, nickt dem Händler unvermittelt freundlich zu und öffnet dann die Tür zu dem kurzen Flur, der hinaus auf's Deck führt. Inzwischen ist es ganz dunkel und das einzige Licht an Deck schimmert von den Decklaternen in die Nacht. In den Wanten sind noch immer Matrosen unterwegs und überprüfen, ob stehendes und laufendes Gut ausreichend vertäut sind, um dem frischen und böeigen Wind trotzen zu können. Alanis blickt respektvoll hinauf zu den Männern in der schwindelnden Höhe, dann geht sie langsam und vorsichtig über das schräg stehende Deck in Richtung des Bugs, wo es fast vollkommen dunkel ist. Hier und da muss sie sich festhalten und ihr Schritt stockt, da ihre schlechte Nachtsicht sie wieder einmal im Stich lässt, doch dann findet sie das nächste Tau oder eine Deckaufbaute, an der sie sich festhalten kann. Tief atmet sie die salzig-frische Luft ein, als sie schließlich an der Bugreling steht und sich umdreht, um nach Damorg zu sehen.

  • Damorg ist Alanis gefolgt, ihm erging es mit dem Weg nicht viel besser. Das schauckelnde Schiff war einfach ungewohnt für ihn und die Dunkelheit machte es ihm nicht leichter. Ihm lief ein kalter Schauer über den Rücken, hier auf dem Meer war es Nachts noch um einiges kälter als auf dem Land und selbst dort waren die letzten Nächte alles andere als angenehm. Er stellte sich neben Alanis, seinen Blick auf sie gerichtet.

  • Einen Arm auf die Reling gelegt, um den Seegang auszugleichen, begegnet Alanis Damorgs Blick mit einem Lächeln, wenngleich das in dem schwachen Licht kaum zu sehen ist. Eine Weile blickt sie ihn stumm an, so als wolle sie jede Einzelheit seines Anblicks in sich aufnehmen, dann beendet sie das Schweigen wieder, wie das so ihre Art ist.


    "Das Abendessen gut überstanden?" , erkundigt sie sich, ganz besorgte Heilerin. Dass sie allerdings wieder im Schutz der Dunkelheit seine Hand nimmt, hat wenig mit beruflichem Interesse zu tun. Ihre Finger streicheln im Ärmel seines Hemdes sacht seinen Arm hinauf. "Du frierst" , stellt sie dann fest.

  • "Die Seeleute haben es ja ganz gut geschafft sich selbst zu unterhalten. Zum Glück."


    Damorg genießt die Berührungen und vergisst dabei fast auf ihre Frage zu antworten. Er scheint die Welt um sich herum zu vergessen. So kommt nur ein kurzes "Ja." über seine Lippen.

  • "Amüsante Gesellschaft allemal. Auf dem Schiff, auf dem ich nach Renascân gekommen bin, war die Gesellschaft nicht so amüsant. Im Gegenteil." Sie zieht ein wenig die Schultern hoch, als eine Böe ein wenig vernebeltes, kaltes Wasser in ihren Nacken treibt und schaudert kurz. "Geh am besten schlafen. Direkt nach dem Essen hat man meistens die beste Hängemattenschwere."

  • Damorg musst schmunzeln.


    "Ja die Idee ist vielleicht nicht die Schlechteste. Du bleibst noch wach?"


    Er warf ein paar vorsichtige Blicke in die Umgebung, ob jemand in ihrer Nähe war, der sie hätte in der Dunkelheit beobachten können.

  • "Ja, ich bleibe noch etwas wach. Die Dunkelheit und die Enge dort unten - das ertrage ich nicht. Entweder ich schlafe etwas in der Messe oder ich schlafe morgen früh unten, wenn wieder etwas Licht da ist."


    Alanis bemerkt Damorgs prüfenden Blicke in die Dunkelheit und zieht mit einem Seufzen die Hand zurück, seine Bedenken über nächtliche Beobachter teilend.

  • Ihre Probleme nimmt er mit Besorgnis zur Kenntnis, weiß aber nicht was er dazu sagen soll. Nachdem er sich erneut versichert hat, das niemand in ihrer Nähe ist, legt er seine Hände auf Alanis Wangen und gibt ihr einen Kuss auf die Stirn. Dann machte er einen halben Schritt nach hinten und lies sie dabei los.


    "Schlaf gut."

  • "Du auch." Alanis lächelt schwach, dann wendet sie sich ab und der Reling zu. Den Kragen ihres Wollmantels hoch schlagend, lehnt sie sich an die Reling und starrt in die nasskalte Dunkelheit. So bleibt sie eine ganze Weile lang stehen, bis sie erkennt, daß auch die frische Luft nicht unbedingt dabei helfen kann, ihren Kopf zu klären.


    Unbeholfen macht sie sich auf den Weg zurück zur Messe, wo sich unterdessen der Schiffsarzt, wohl auf der Suche nach ihr, mit ein paar medizinischen Schriften wieder eingefunden hat. In einem Fachgespräch kriecht der Abend langsam dahin, bis sich der junge Medicus verabschiedet und Alanis alleine in der nur von der Laterne über dem Tisch erhellten Messe bleibt. Da sie die Tasche mit ihrem Schreibzeug aus weiser Voraussicht bereits direkt nach dem Ablegen in den Raum gebracht hat, nimmt sie schließlich Pergament, Tinte und Feder zur Hand und macht sich daran, einige Briefe zu schreiben, für die sie lange keine Zeit hatte.


    Als zögerliches Morgengrauen über den Horizont kriecht, tappt sie übermüdet hinunter ins Zwischendeck, wo sich laut rumorend die nächste Wache für ihre übliche 4-Stunden-Schicht fertigmacht. In ihrem mit einer Stoffbahn abgetrennten Bereich schlüpft sie aus ihrer feuchten Kleidung und wirft sie über den nächsten Deckenbalken zum Trocknen. In einem warmen Nachthemd klettert sie empor in ihre Hängematte, aber nicht ohne sich wie üblich einen Tropfen milchweißer Flüssigkeit aus der kleinen Phiole auf die Zunge zu tropfen. Als sie schließlich in der Hängematte liegt und sich trotz des Tageslichts die Beklemmung der Enge auf ihre Brust zu legen droht, dämmert sie auch schon weg in einen tiefen, traumlosen Schlaf.

  • Damorgs Schritte führen ihn zum Zwischendeck.Dort wartete bereits seine Hängematte auf ihn, als wenn sie eine andere Wahl gehabt hätte. Ihr stand eine unruhige Nacht bevor. Der junge Priester brauchte eine nicht enden wollende Ewigkeit bis er einschlief und selbst dann wachte er immer wieder auf. Erst in den frühen Morgenstunden fand er etwas Ruhe.

  • So kriechen die Tage auf dem Schiff langsam dahin. Von den schweren Herbststürmen verschont, wohl aber von kräftigen Winden über die Ozeane getrieben, macht der Handelssegler gute Fahrt und es vergeht kein Tag, an dem das Schiff nicht die volle vom Kapitän avisierte Knotenzahl macht.


    Damorg und Alanis, beide nicht unbedingt seefest, zeichnen sich auch beide in diesen drei Wochen nicht durch große Redebereitschaft aus. Das mag an dem wenigen und schlechten Schlaf liegen, den beide bekommen. Während Damorg oftmals von Alpträumen geplagt aufwacht, flüchtet sich Alanis in mohnsaftgeschwängerte Schlafphasen am Tage, die sichtlich kräftezehrend wirken. Ebeso drücken noch die Erinnerungen der seltsamen Reise durch die Zeit - und der Vorausblick auf die Dinge, die unweigerlich kommen werden, wenn sie wieder in Damorgs Heimat sind.


    Eines nebeligen Morgens verkündet das Krähennest Land in Sicht und die beiden Priester packen ihre Habseligkeiten zusammen. Bald schon kommt Renascân in Sicht und es vergehen noch zwei weitere Stunden, bis das Schiff schließlich in den Hafen einläuft.