Die Reise eines Bootsmeisters

  • Graue Wolken jagten über das Hafenbecken, der Wind blies heftig. Ein Sturm lag in der Luft. Trotzdem tauchte über dem Horizont das Segel eines Langbootes auf. Das Schiff lief vor dem Sturm, und wurde schnell deutlicher. Auf dem weißen Segel konnte man jetzt einen blauen Drachen erkennen. Mit fast unverminderter Geschwindigkeit fuhr das Schiff in das Hafenbecken ein, und legte mit einem halsbrecherischen Manöver an einem freien Platz an.


    Zwei wilde Gestalten, unverkennbar Vinländer, sprangen auf die Kaimauer, und vertäuten das Schiff. Ein Steg wurde auf die Kaimauer gelegt, und auf diesen Steg sprang leichtfüßig, trotz seines beachtlichen Körperumfangs, ein Mann.


    „Ich danke euch Bootsmeister Björnson, das ihr mich mit genommen habt“ sprach der Mann.


    Der Angesprochene nickte. „Hrothgar, ich kann euch ja wahrlich keinen Wunsch abschlagen.“ Dann lachte er. „Ihr habt mich ausgebildet, was sagt ihr zu meinem ersten Kommando?“


    Hrothgar lächelte. Björn Björnson war ein guter Mann; wild zwar, wie seine Fahrt heute bewiesen hatte, aber er hatte seine Lektionen gelernt, und das Schiff gut geführt. Aber man sollte Männer nicht übermütig machen: „Zu schnell, zu wagemutig. Insgesamt … gut gemacht Björn.“


    Die Männer auf dem Schiff gröhlten und ließen ihren Bootsmeister hochleben. Währenddessen ging Hrothgar weiter nach oben und betrat die Kaimauer. Björn kam hinterher und ging neben seinem Lehrmeister. „Sag Hrothgar, ist das wirklich eine gute Idee? Du bist immerhin Eidmann von Ritter Berkenbrecht.“


    Hrothgar lächelte. „Er hat es selber gewünscht, Björn.“ Überraschung zeichnete sich auf dem Gesicht von Björn ab. „Er hat es gewünscht, dass Du zu dieser Reise aufbrichst?“


    Hrothgar nickte. „Ja. Ich habe Dir doch die Geschichte erzählt, die uns widerfahren ist als ich mit ihm unterwegs war. Als wir zurück kamen, rief er mich zu sich. Und eröffnete mir, dass er auf mich sehr stolz gewesen wäre, und ich mehr über die Länder hinter den Häfen lernen sollte. Deswegen hat er mir während der Sturmmonate … frei gegeben.“


    Björn nickte. „Hrothgar, dann sei aber bitte vorsichtig. Was Du so erzählt habt, machte mir manchmal Angst. Besonders diese … Wesen, die nach Belieben ihre Gestalt wechseln konnten… wie heißen sie nochmal?“


    Hrothgar lachte. „Pakk heißen sie, und sie sind Menschen mit einer besonderen Gabe. Und sprich nicht schlecht von ihnen, denn einer von ihnen hat uns allen den Hals gerettet, denn allein sein Wagemut, den Toten gegenüber zu treten, hat uns die Lösung des Rätsels offenbart.“


    Björn blieb stehen. Seine Stimme klang rauh, als er sprach: „ich wünsche Dir eine gute Reise hier in diesem fremden Land. Und … pass auf Dich auf, ich möchte ungern … „ seine Stimme versagte. Hrothgar drehte sich um, und umfasste den rechten Unterarm seines ehemaligen Schülers. „Sei im vierten Monat nach der Wintersonnenwende wieder hier im Hafen. Und hab keine Angst, ich habe hier Freunde, die mir helfen werden, mich zurecht zu finden. „


    „Eine letzte Bitte habe ich an Dich Björn. Hab ein Auge auf unseren guten Bootsbauer Loki. Ich will ihn nicht einen Kopf kürzer machen, weil er bei der Reparatur meines Schiffes Mist gebaut hat.“


    Björns Gelächter dröhnte über den Kai. „Aye, ich werde ihm das sagen, genau mit diesen Worten.“ Dann wurden seine Augen feucht. „Geh mit dem Blauen, und möge sein Wind Dir immer wohlgesonnen sein.“


    Björn drehte sich um, und ging zurück zum Schiff. Hrothgar ging weiter nach oben, und blickte sich nicht mehr um, denn das wäre für die Männer, die er jetzt verließ, ein schlechtes Zeichen gewesen. Mit schnellen Schritten ging er auf die Häuser, die am Rande des Hafens lagen, zu.


    Was ihn hier wohl erwartete?

  • Im Hafen herrschte buntes Treiben. Fischer riefen ihre Ware feil. Es wurde lautstark über den Preis und über die Qualität diskutiert.


    Wachen liefen standen an den Ecken und beobachtetn die Menge mit ernsthaften Blick.


    Ein Fischer sprach Hrothgar an.


    "Nordmann, möchtet ihr nicht bei mir euren Fisch kaufen. Beste Ware zu einem kleinen Preis." Er hielt ihm den Fisch hin, dieser sah wirklich sehr gut aus.


    "Du findest keinen der günstiger ist als ich es bin."

  • Hrothgar schaute sich den Fisch an, dann den Verkäufer. Ich danke euch für das freundliche Angebot, aber momentan steht mir nicht der Sinn nach Fisch sondern eher nach einer Auskunft. Hrothgar holte ein paar Kupferlinge aus seiner Tasche und hielt sie dem Fischer hin. Wo kann man hier gut speisen und auch gut nächtigen? fragte er den Fischersmann.