Der Tempel der fünf Gottheiten (2)

Johanna nickt leicht zu Enrils Worten.

"Wie - empfindet Ihr Ellyris Wirken in Euch? Spürt Ihr dabei, welcher Weg der ihre ist? Oder ist es dann doch ganz Euch überlassen, mit gesundem Menschenverstand zu entscheiden, welcher Weg zu gehen ist?"

"Teilweise beides. Sie hört meine Gebete und gewährt mir Gaben, doch ich denke das es auch ihrem Wunsch entspricht das wir uns selbst bemühen. Die Natur ist freigiebig mit ihren Gaben, doch man muss um sie wissen - sonst kann man umkommen."

"So ist der Kreislauf" , schließt Johanna ab und lächelt. Sie geht zum Tisch, um an Enrils Becher zu fühlen. "Hm, kalt geworden. Soll ich noch einen aufbrühen? Ich habe noch einen Rest heißes Wasser." Sie schaut zum Kessel hinüber, aus dem es noch dampft.

"Gern, Früchtetee diesmal?"

In das Laken eingewickelt ließ sie sich auf einen Stuhl fallen und betrachtete nachdenklich den nassen Haufen ihres Kleides. "Ich glaube das wird ein neues Arbeitskleid werden..."

"Besser ist das - ich möchte nicht zweimal am Tag erleben, dass ich einen Gesprächspartner so langweile, dass er oder sie einschläft." Sie sagt das mit einem Augenzwinkern. Leise summend sucht sie die Teemischung heraus, macht die Kanne sauber und brüht dann frisch auf. "Wegen des Gartens-" , sagt sie dann. "Ich bräuchte einige Kräuter, die eine berauschende Wirkung haben. Meine Vorräte gehen zur Neige. Vielleicht könnte man ein gemeinsames Beet anlegen, bis der Garten fertig ist?"

"Ein Kräuterbeet ist das erste was angelegt wird." greift sie begeistert den Faden wieder auf. "Doch wir müssen warten bis die Erde aufgetaut ist und das erste Grün sprießt. Ich werde die Excellenzen einmal fragen ob sie bereit wären ein ausgesuchten Flecken Land der Priesterschaft zu überlassen. Wenn sie ja sagen werde ich mich darum kümmern das du im Kräutergarten anbauen kannst was immer du möchtest Johanna.... Damorg ist vorhin beim gespräch eingeschlafen? kommt sie völlig unvermittelt auf die Aussage von Johanna zurück - gerde so als wäre ihr diese eben erst bewusst geworden.

"Großartige Idee, das machen wir." Johanna strahlt. "Ich fände es gut, wenn das ein Stückchen vom Waisenhaus weg ist - ein paar Dinge wie Tollkirsche und Bilsenkraut sollten nicht in die Hände von Kindern gelangen. Darauf haben wir zuhause immer großen Wert gelegt." Sie schenkt den Tee aus und blickt dann Enril wieder an, ein wenig ernster. "Ja. Mag daran liegen, dass ich das Johanniskraut untergemengt habe. Aber die wirkliche Ursachen war es nicht, denke ich. Er sieht nicht gut aus. Vollkommen übernächtigt und angespannt. Irgendwas drückt ihm auf die Seele."

"Männer..." murmelte Enril leise und schüttelte den Kopf.

"Ich denke der Garten wird schön werden. Ich kann dir sagen welches Kraut was machst und du kannst sagen welcher Busch wo schöner zur Geltung kommt..."

"Ja, Männer. Erst rücken sie nicht mit der Sprache heraus und wenn sie dann krank oder unglücklich sind, leiden sie furchtbar. Und wir Frauen kümmern uns dann darum. Meiner war genauso." Sie trinkt einen Schluck Tee und verbrennt sich fast die Lippe. "Gut, machen wir es so. Das wird eine sehr - fruchtbare Verbindung." Sie schmunzelt.

"Du warst verheiratet?" fragte Enril neugierig, aber doch vorsichtig. "Fruchtbare Verbindungen sind gut... wie gut das uns niemand hört, man würde da wieder sonstiges denken..."

Johanna nickt leicht und ihr Lächeln schwächt sich ein wenig ab.

"Ja, war ich. Ich bin seit dem letzten Kriegsjahr Witwe." Ihr ist nicht wirklich anzumerken, ob ihr diese Tatsache großen Schmerz bereitet, aber Bedauern strahlt sie allemal aus. Doch dann winkt sie ab. "'Was sollte man denn denken, wenn sich zwei Priesterinnen in einer Tempelküche unterhalten?"

"Das was man über alle unverheirateten Frauen denkt die über fruchtbare Verbindungen reden - erstmal nur das schlimmste. Aber ich hoffe hier in Renascan habe ich davon endlich meine Ruhe." sie seufzte. "Mein Beileid Johanna, ich hoffe er hat trotz der Kriegswirren ein angemessenes Begräbnis erhalten. Man hatte mir berichtet das dies zum Teil... nicht immer der Fall war." Sie schüttelte den Kopf über derartige Blasphemie.

"Wir sind vom Krieg und seinen Folgen fast verschont geblieben - sieht man von den vielen Kindern ab, die wir über die Jahre aufgenommen haben. Aber Angriffe, Plünderungen blieben bei uns aus. Mein Kloster hat Glück gehabt. Mein Mann, der viele Stunden in den Wäldern an der Grenze zu Hrayland verbracht hat, leider nicht. Doch wir konnten ihn zumindest mit allen Gaben in heimatlicher Erde begraben." Sie seufzt leise und trinkt noch einen Schluck Tee, bevor dieseir kalt wird. "Das ist wirklich schon lange her. Jeder Tag, an dem ich erwache und der Krieg ist nicht zurückgekehrt, bringt mich dazu, den Göttern zu danken." Sie legt den Kopf leicht schief und schenkt Enril einen fragenden Blick: "Hat man Euch nahegelegt, Euren Zustand als unverheiratete Frau aufzugeben? Das war sicherlich anstrengend."

"2 meiner Brüder sind ebenfalls im Krieg geblieben." meint sie leise. "Es ist schön das wieder Frieden herrscht." sie nippte wieder an ihrem Tee. "Mein Vater meinte ich würde sämtlichen Jungen im Dorf den Kopf verdrehen - also schickte er mich ins Kloster. Das ich als Priesterin zurückkehrte war nicht geplant aber was sollte er machen. Da sich jedoch laut ihm nichts geändert hätte hieß es: mach dich in Renascan nützlich oder heirate. Das erstere schien mir das vielversprechendere."

"Das hattet Ihr erzählt, ja. Ich fühle mit Euch." Johanna legt kurz eine Hand auf Enrils Arm, löst den Kontakt dann jedoch wieder. Über Enrils Geschichte muss sie lachend den Kopf schütteln. "Es scheint so, als würde man Eurem Orden zutrauen, aus einer sinnlichen Frau eine keusche Jungfer zu formen und meinem, aus jeder keuschen Jungfer eine sinnliche Frau."

Sie schmunzelte bei der letzten Aussage. "Naja mein Vater meinte es würde zuviel Unruhe ins Dorf bringen. Aber ich denke hier habe ich jetzt mehr Freiheit als im Schoß der Familie..."

Johanna stutzt sichtlich.

"Schloss? Oh -. Eure Familie ist von Stand."

Sie lachte über Johannas Verhörer, es war ein gutmütiges Lachen. "Schoß der Familie Johanna, nicht Schloss. Wir gehören zwar zum Adel und können behaupten wohlhabend zu sein, aber ein Schloss können wir uns dennoch nicht leisten." Sie schmunzelte und sah die Layapriesterin freundlich an.

"Hmpf" , macht Johanna. "Jetzt sehe ich nicht nur schlecht, sondern höre auch noch schlecht." Sie grinst und nimmt noch einen Schluck Tee.

"Oder du warst mit den gedanken einfach gerade beim nahen Frühling und deswegen abgelenkt." schlug sie lächelnd vor.