Der Tempel der fünf Gottheiten (2)

  • "Hallo, Damorg." Ein feines Lächeln gleitet über Johannas Gesicht, das reichlich undeutbar erscheint. "Ich glaube ich mach mir eine Kanne schwarzen Tee - Du möchtest ja sicherlich auch welchen."


    Die Tatsache, dass sie gerade eigentlich auf dem Weg nach draußen gewesen ist, wird übergangen, ebenso wie das Warten auf eine Antwort. Sie lächelt noch einmal und dreht sich dann um, um in Richtung Küche davonzugehen.

  • Damorg bleibt für ein paar Herzschläge lang ruhig stehen und räuspert sich dann leicht verlegen und ruft der Priesterin hinterher.


    "Ja, gerne. Ich komme gleich."


    Schnellen Schrittes eilt er nach oben in sein Zimmer um sich in neue Kleidung zu werfen. Außerdem taucht er noch schnell sein Gesicht in die Wasserschale und trocknet es ab.

  • Johanna schlendert unterdes in die Küche und schaut in den Topf, der über der Glut hängt. Tatsächlich dampft darin noch Wasser, irgendeiner der anderen Priester scheint an diesem Tag die Küche schon benutzt zu haben. Allerdings ist es nicht mehr viel Wasser, weswegen die Layapriesterin den Kessel zu sich herüberschwenkt, frisches Wasser nachgießt und die Glut mit neuem Holz befeuert, bevor sie den Topf wieder an seine alte Position zurückbringt.


    In die alte Teekanne, die schon reichlich Patina hat, hängt sie ein Säckchen, das sie mit schwarzem Tee und einigen anderen Kräutern aus ihrer kleinen Kräuterkiste befüllt, dann setzt sie sich bequem auf einen der Schemel am Tisch und wartet auf Damorg.

  • Es dauert auch nicht mehr lange, bis der Priester des Kapals erscheint, diesmal macht er einen deutlichen Eindruck, als noch vor wenigen Augenblicken.


    "Ich danke dir."


    Spricht er als er durch die Tür tritt und sich dann auch auf einen der Schemel setzt.


    "Nicht im Wiasenhaus heute?"

  • Johanna schüttelt den Kopf.


    "Eigentlich sollte ich schon längst wieder dort sein, weil der Unterricht bald beginnen soll. Aber eine der Gläubigen hat mir Bescheid gegeben, dass das Altartuch versengt ist - also bin ich hochgekommen, um nachzusehen." Sie nickt mit dem Kopf in Richtung des Stoffes, den sie auf der Anrichte abgelegt hat. "Und dann kamen ein Gläubiger und der Tumult vor der Präfektur dazu und ich bin immer noch hier."


    Sie mustert Damorg wieder durchdringend, dann fragt sie unvermittelt:


    "Geht es Dir gut?" Aus ihrem Tonfall ist Besorgnis herauszulesen.

  • Er nickte und überlete kurz.


    "Ja ich habe heute Nacht nur nicht viel geschlafen."


    Lügen wollte er nicht, aber man musste ja auch nicht immer alles erzählen.


    "Was die Sache mit der Präfektur angeht muss ich mich auch noch genauer erkundigen, ich habe das Alles nur am Rand erzählt bekommen. Magier müssen immer nur Ärger machen."


    Brummelte er.

  • Das Wasser in den kleinen Kessel köchelt inzwischen und Johanna erhebt sich, um ihn mit Topfhandschuhen herunterzuholen und den Tee aufzugießen. Als das kräftige Aroma durch die Küche zieht, holt die Priesterin zwei Tassen aus dem Schrank. Eine stellt sie vor Damorg auf den Tisch.


    "Die Dame hat übrigens ein interessantes Duftwasser" , sagt sie leise, dann setzt sie, ein wenig lauter, hinzu: "Also, warum ein einzelner Magier auf die Idee gekommen ist, die Präfektur anzugreifen, kann ich wirklich nicht verstehen." Ihre Tasse stellt siie ebenfalls auf den Tisch und dann verschwindet sie halb im Vorratsschrank, um nach dem Zucker zu suchen.
    "Vielleicht ist er geisteskrank, der arme Mann. Aber das rechtfertigt natürlich nicht, dass sich der Gardist die Schulter gebrochen hat. Er hatte furchtbare Schmerzen, ich habe ihn noch bis zum Hospital begleitet."

  • Damorg der sich gerade nach hinten an die Wand lehen wollte erstarrt in seiner Bewegung und sein Mund öffnet sich leicht. Sein Blick fixiert die Priesterin ungläubig. Mit einem tiefen Atemzug fasst er sich langsam wieder.


    "Ein Magier eben, die sind alle nicht ganz normal."


    Ver sucht er möglichst trocken zu sagen, aber seine Verwirrung ist ihm immernoch anzumerken.

  • Johanna schmunzelt vor sich hin, als sie einen kurzen Blick hinter der Schranktür hervorwirft, und schüttelt leicht den Kopf. Schließlich findet sie die Zuckerschale ganz oben und holt sich ihren Hocker, um daraufzusteigen.


    "Du kannst den Mund wieder zumachen, Damorg. - Weißt Du, wer den Zucker nach da oben gestellt hat?"


    Der Hocker kippelt gefährlich vor sich, als Johanna nach oben langt. In Johannas Stimme klingt leichte Anspannung mit, als sie hinzusetzt:


    "Ich habe noch nie mit einem Magier gesprochen. Das sollte ich wohl mal nachholen - oder sind die alle so, dass es sich nicht lohnt?"

  • Damorg schließt den Mund und schüttelt den Kopf.


    "Nein, weiß ich nicht."


    Er stützt den rechten Arm mit den Ellbogen auf den Tisch und reibt sich dann mit der Hand durch das Gesicht, als sie am Kinn ankommt, verweilt sie dort. Er wirkt immernoch verwundert und gibt seine Antwort nur bieläufig.


    "Es gibt ein paar Ausnahmen."

  • Johanna steigt vorsichtig vom Hocker, stellt die Zuckerdose auf den Tisch und gießt dann den Tee ein.


    "Man hat es gerochen", sagt sie dann beiläufig und schaufelt sich Zucker in den Tee. "Also - ich habe es gerochen, mach Dir keine Sorgen. Mir fallen solche Dinge eben auf. Verspätungen, Gerüche, abwesender Blick, interessante blaue Flecken."


    Sie nippt an ihrem Tee und mustert Damorg über den Rand der Tasse hinweg. Ein sanftes Lächeln liegt auf ihrem Gesicht.


    "Aber Du siehst nicht aus wie ein glücklicher Mann, das ganz und gar nicht. Und das kommt nicht vom verpassten Schlaf."

  • Der Priester seufzte und nahm dann mit der freien Hand die Tasse nur um sie dann wieder loszulassen.


    "Und ich dachte schon es steht mir auf der Stirn."


    Mit seinem Zeigefinger fährt er über den Rand der Tasse.


    "Nicht glücklich stimmt nicht. Nicht vollkommen zufrieden. Aber wer ist das schon?"

  • "Auf der Stirn? Nicht gerade. Das wäre auch schlecht."


    Sie betrachtet ihn recht genau, seine Gesten, die Art, wie er seufzt, seinen Blick.


    "Eine Frau zum Heiraten oder keine Frau zum Heiraten?"


    Johanna legt den Kopf schief. Die Frage ist im Vergleich zu dem sanften Herantasten der vergangenen Minuten wie ein Pfeilschuss auf ein Ziel, an das man sich bisher nur herangeschlichen hat.

  • Damorg nippt an dem Tee und stellt die Tasse wieder ab. Sein Geischt verzieht sich kurz. Schnell gibt er drei Löffel Zucker in den Tee.


    "Eine Frau zum Heiraten."


    Gibt er ernst zurück und es ist ihm anzumercken, dass kein Zweifel in seinen Worten liegt. Etwas resignierter ist dann allerdings sein Zusatz.


    "Aber ich kann es nicht."


    Ihre Direktheit verwundert ihn nicht, hat sie es doch geschafft ihn innerhalb der kurzen Zeit zu entlarven, die er nun hier ist.

  • "Nein, sicherlich nicht."


    Nachdem er den Zucker im Tee verrührt hat, probiert er nocheinmal einen vorsichtigen Schluck und befindet ihn als gut.


    "Sie kommt nicht aus Magonien."


    Antwortet er dann um eine unnötige, lange Fragerunde zu umgehen.

  • "Oh." Das Kupfer fällt. "Dann glaubt sie nicht an die Fünf." Und dann, aus tiefster Seele mitfühlend: "Verdammt."


    Johanna blinzelt, realisiert, dass sie geflucht hat und legt ertappt eine Hand auf den Mund. Ihre Wangen röten sich.


    "Ehm, ich meine: ich muss das jetzt missbilligen. Glaube ich." Sie wirkt für einen Moment nachdenklich, schüttelt dann den Kopf. "Ich glaube Du bist aber auch der erste Mann, den ich kenne, der mit einer Andersgläubigen verbandelt bist. Also weiß ich nicht recht, was ich davon halten soll."

  • Der Priester schürzt die Lippen und nickt mehrmals leicht resigniert. Seine Augen sind dabei geschlossen, dann wirft er Johanna einen fragenden Blick zu.


    "Was soll ich machen? Sie ist die eine Frau für mich. Ich weiß, dass ich hier ein Vorbild zu sein habe. Aber ändern kann ich nichts daran. Seitdem ich sie kenne, ist es für mich immer nur bergauf gegangen. Ich nehme dies als Zeichen, das die Götter es damit willigen. Aber wie soll ich das allen erklären?"


    Er beisst sich auf die Unterlippe.


    "Was du davon halten sollst, kann ich dir auch nicht sagen."

  • Rasche Schritte kommen den Gang entlang, als Nela auf die Küche zuhält. Als sie die Stimmen hört, steckt sie für einen Augenblick den Kopf in die Tür. Eine Haarsträhne steht ihr in grotesker Art und Weise vom Kopf ab, aber sie grinst glücklich. Ihr ehemals helles Kleid weist einige matschbraune Flecken in Höhe ihrer Knie auf. Auch ihre Hände lassen darauf schließen, dass sie wohl einer Matschpfütze zum Opfer gefallen ist. Oder die Matschpfütze ihr. Je nachdem wie man es sieht.


    Sie winkt Johanna und Damorg zu und rumpelt dann weiter den Gang entlang. Hoffentlich Richtung Waschschüssel.

  • Johanna stützt das Kinn in die Hand und blickt einen Augenblick in's Leere. Als Nela vorbeikommt, hebt die kurz grüßend die Hand.


    "Hallo, Liebes!"


    Sie wartet, bis Nela abgezogen ist, dann atmet sie tief durch.


    "Aus meiner Warte als Frau gesehen wäre ein Rat recht einfach zu geben, glaube ich. Wenn Du Dir so sicher bist, dass sie die Richtige ist und Du es niemals bereuen wirst, Dein Leben mit ihr geteilt zu habe, dann heirate sie. Du - oder vielmehr Ihre beide - werdet dereinst erfahren, ob es die Götter missbiliigen oder nicht."


    Ihr Gesicht wird ernst.


    "Aber das ist der Rat, dem ich einem Mann geben würde, wenngleich er mir schon Bauchschmerzen bereitet. Einem Priester würde ich jedoch sagen, dass er es noch nicht einmal wagen darf, daran zu denken, mit solch einer Heirat die Fünfe zu erzürnen, auch wenn er das Gefühl haben mag, dass es nicht so ist."


    Ihre grauen Augen, die sich verdunkelt haben, werden wieder weich.


    "Vergiss die Anderen. Sie werden es akzeptieren, wenn sie erkennen würden, daß es aus Dir keinen schlechteren Priester macht. Aber wage nichts ohne eine Weisung der Götter - vielleicht, so hoffe ich für Dich, schenken sie Dir eine. In jedem anderen Fall versündigst Du Dich an ihnen."