Zum brennenden Tisch 23

  • Und wenn sie es tat, liess Kahri das in keinem Blick oder Wort anklingen. Sie setzte das Glas wieder von den Lippen ab und neigte ihren Kopf ein wenig zur Seite um ihr Gegenüber besser mustern zu können.


    "Habt ihr im Gegenzug zu diesen Überlegungen schon einmal daran gedacht, dass alles was ihr einmal wart, bevor ihr ihm begegnet seid... dazu geführt hat, dass er euch begegnet ist?"


    Eine kurze Pause folgte, ehe sie noch etwas zu ihrem eben getätigtem Satz hinzufügte.


    "Darüber hinaus und fast so wichtig wie meine Frage eben... wieso glaubt ihr, wenn ihr euren Wünschen und Sehnsüchten nachgebt, dass ihr immer mehr zu einer Fliege in einem Netz werdet... das er gesponnen hat?"

  • "Dass mein Leben, wie ich es geführt habe, die Begegnung mit ihm bedingt hat, ist weder als gut noch als schlecht zu sehen. Es ist eben passiert, eine Schuld kann ich nicht zuweise - schlecht ist nur, was es am Ende für mich bedeutet hat."


    Mit einem kritischen Blicke betrachtete Alanis die Füllhöhe in ihrem Becher. Da war nicht mehr allzu viel drin.


    "Ich kann mir nun einmal nicht sicher sein, welche meiner Wünsche von ihm und seinem Einfluss berührt sind und welche es nicht sind. Daher ist Zurückhaltung angesagt. Die Imitation dessen, was ich war, ist daher immer noch die beste Lösung für diesen Zeitpunkt. Bis ich unterscheiden kann, was ich wirklich will."

  • Sie schien gehört zu haben, was sie hören wollte und wiederholte das eine entscheidende Worte fast nicht hörbar.


    "...Imitation." Ein leichtes Nicken folgte.


    Sie schenkte Alanis Kelch ebenfalls einen Blick und die Situation schien sie für einen Augenblick zu amüsieren. Wortlos bot sie der Priesterin ihren Becher an... der irgendwie noch genauso voll wie am Anfang war.


    Schon wieder Neugierde, ja schon fast ein wenig Begierde formte sich in ihren Augen.


    "Habt ihr schon einen Plan, wie ihr unterscheiden könnt... zu wissen was die Unterschiede sind...?"

  • "Imitation eines Lebens." Alanis winkte ab, als Kahri ihr den Becher entgegen hielt. Sie wollte trinken, aber keinen Unsinn machen. Und sie ahnte, wie nahe sie daran war. Vorhin schon im Schankraum, nun aber ebenso auch hier vor der Tür. "Ich weiß es nicht", schüttelte sie dann nach längerem Nachdenken den Kopf. "Ich werde den Gesetzen meines Glaubens folgen und was meine Gefühle angeht - so werde ich es schon noch lernen, wo der Unterschied liegt."

  • "Der Unterschied zwischen dem, was ich als selbstbestimmter Mensch fühlen darf und dem, das ich empfinde, seit sie sich in mir eingenistet hat. Dieses unendliche, tiefe Nichts, das alles auf die Probe stellt und dennoch so absolut bedeutungslos erscheinen lässt."


    Alanis war den Zigarillo zu Boden und trat ihn aus. Eine Gänsehaus zog sich über ihre Arme und ihren Nacken.

  • Kahri lächelte und schien dabei mit einer Weisheit gesegnet zu sein, die Alanis entweder entging oder von ihr auch nur vorgetäuscht war.


    Dann und während sie zu einer Antwort ansetzte löste sie die große Gugel, die um ihre Schulter ruhte und ebenso schwarz war wie der Rest ihrer Kleidung und reichte das noch körperwarme Gewand der Priesterin. Es roch nach Wildrosen und feiner Erde.


    "Man darf alles fühlen, zu jeder Zeit. Man darf dem meisten davon nachgeben und das wenigste davon bekämpfen. Man kann von IHR halten, was man will... Dame Alanis. Eines aber ist sicher... sie suggestiert nichts... man betet sie für den Aspekt der Klarheit an, für die Essenz, die sie aus dem Versteckspiel aller denkbaren Möglichkeiten und Gedankenwindungen herauslöst, damit man von der Vorspiegelung falscher Grenzen nicht länger angelogen oder verklärt wird."


    "Mit diesem Wissen... nicht der Interpretation... lässt sich nicht aufrecht erhalten, dass sie Lüge und Verschleierung schenkt oder eine Krankheit des Herzen ist... sie ist... NICHTS davon."

  • Alanis legte sich die Gugel wortlos um die Schultern.


    "Mir steht nicht im geringsten der Sinn danach, sie ergründen zu wollen", gab sie nach einem Moment des Schweigens zurück. "Ich will sie aus meinem Leben habe. Die Erinnerung zur Seite schieben und wieder ich selbst sein."

  • "Und wieso wird das nicht funktionieren?"


    Die Frage klang wie die eines Lehrers, der einen Schülter auf einen Fehler aufmerksam machte. Gleichzeitig lud sie Alanis mit einer sanften Bewegung ihrer linken Hand ein, aus der Gasse und fort von dem Feuerkorb zu treten, um ein wenig spazieren zu gehen. Die ersten Schritte dazu tat sie bereits und drehte Alanis somit ihren Rücken zu.


    Im Nacken dort wo man die realtiv helle Haut unter dem dunklen Pferdeschwanz sah, lugte das Hautbild einer Katze hervor, die mit ihren giftgrünen Augen zu Alanis hinübersah.

  • Alanis zögerte für einen Moment, dann fiel sie neben Kahri in einen gemütlichen Schritt. Die Bewegung tat ihr gut, wie sie merkte, auch wenn ihre Bewegungen nicht mehr wirklich sicher waren. Die kleine Katzentätowierung nötigte ihr ein Lächeln ab.


    "Weil ein Teil von mir, den ich wirklich abgrundtief hasse, das, was geschehen ist, angenommen hat. Mehr noch, gut heißt."

  • Kahri blieb stehen und schien einen Augenblick über Alanis Worte nachzudenken. Inzwischen war die Temperatur soweit abgesunken, dass sich vor den Gesichtern beider Frauen kleine Nebel beim Atmen bildeten.


    "Interessant."


    Sie verharrte noch zwei drei Wimpernschläge lang, ehe sie weiterwanderte, erstaunlich wenig Geräusche auf dem Straßenpflaster machend und sich Alanis Schritt, wenn auch nicht ihrer ungenauen Motorik anpassend.


    "Es wäre auch schade gewesen, wenn ihr diese so selten gebotene Möglichkeit ausschlagen würdet. So schade, wie... wenn etwas unbrauchbares aus euch werden würde, sofern ihr Dummheiten anstellt... im Rausch von zuviel Wein, quälenden längst gegegangen Liebschaften oder einer zu einseitigen Betrachtung überalteter Ansätze von richtig oder falsch."


    Ihre Worte wirken leicht, leicht wie ihr Spaziergang durch die Dunkelheit, ihren Krug vergessend in ihrer Hand haltend...

  • "Ich habe nicht gesagt, dass ich etwas ausschlagen oder annehmen werde." Alanis Lippen kräuselten sich unfroh. "Ich nehme das Angebot in dem Sinne an, dass ich das, was ich bisher begreifen konnte, als Erfahrung akzeptiere und versuche, das Beste daraus zu machen. Aber das heißt noch lange nicht, dass ich mich irgendetwas verschreiben werde."


    Ein schräger Seitenblick traf Kahri.


    "Was bringt Euch dazu zu glauben, ich hätte 'Dummheiten' vor?"

  • Kahri erwähnte den Seitenblick der Priesterin in gleichem Maßen, wenn auch mit amüsierterer Miene als sie.


    "Was würde mich zu dem Glauben bringen, es wäre anders?"


    Sie nickte kurz auffordernd in Alanis Richtung, lässt Alanis jedoch nicht wirklich antworten und ihre Stimme wird sehr leise.


    "Eure Bewegungen sind akzeptabel aber längst nicht mehr sicher. Ihr schafft es euch immernoch auf hohem Niveau zu artikulieren aber die Nuancen eurer Stimmlage, der weiche Unterton, fast ein zartes Lallen... verrät wie anstrengend das ist. Wie eure Gesichtszüge, eine brüchtige Maske, wann immer ein bestimmtes Gefühl an die Oberfläche will...


    Wein ist ein böser Geist... so oder so... alles an euch zeigt das ihr schon viel zu lange zu viel trinkt, nicht genug, um euch selbst restlos einzugestehen, dass ihr ein Problem damit habt aber doch genug, um zu wissen, dass es bald soweit ist. Eure Ringe unter den Augen zeigen deutlich den Mangel an Schlaf und das der Alkohol ein mäßig gutes Wiegenlied ist... und dieser Tanz zwischen euch und dem hübschen Mann mit den dunklen Augen eben in der Tavene ... es wäre ein gefundenes Fressen, für jeden, der euren fragilen Geisteszustand auch nur annähernd riechen kann."


    "Also, alles in allem meine liebe wunderschöne in Zerwürfnisse und Dunkelheit gekleidete Unbekannte ... ja was würde mich wohl zu dem Glauben bringen, es wäre anders?"

  • Alanis blickte hinaus in den Nacht und schwieg. Sie horchte in sich hinein, um herauszufinden, welches Echo Kahris Worte in ihrem Inneren erzeugen würde.


    "Das stimmt alles", gab sie irgendwann leise zurück und blickte Kahri dann an. "Aber das wird wieder vorbei gehen. Es gab schlimmere Zeiten - es wird Bessere geben."


    Letzteres klang sehr sicher.

  • Kahris Blick wird wieder sanft, fast schien es so als wollte sie ihre Hand eben um Alanis eine Haarsträhne hinters Ohr zu streichen aber die Geste ist so privat, dass es reiner Unsinn ist, überhaupt daran gedacht zu haben..


    "Das sind nur Symptome... keine Ursachen. Vielleicht trinkt ihr morgen weniger, vielleicht mehr. Füllt euer Bett mit der Wärme eines Mannes oder einer Frau oder eben nicht... alles kann besser werden oder schlimmer."


    Sie hebt leicht ihre Schultern und nimmt den Spaziergang wieder auf, nahe bei der Priesterin bleibend. Häuser ziehen vorbei, aus deren Fenster sanfter Kaminschein nach draußen dringt, hier und dort stehen Windlichter auf den Fensterbrettern. Ein wunderschöner Herbstabend... einer kühlen Nacht... inmitten einer in sich ruhendenden Stadt - wenn man das so mochte.


    Ein leises Seufzen folgt...



    "Eine wie dich, sucht ich schon lang
    wie Phönix dunkler Asche
    zart gebrochen
    Schneeglas feiner Schimmer.
    Flüsterst blutig süß dein Lebenslied.
    Wiegst dich selbst im Zwielichtschlummer.
    Ach könnt ich...
    würd ich wecken dich und fortnehmen....
    Fort in meine kleine Welt,
    einer Blüte gleich
    gefüllt mit Liebe und in Dunkelheit gehüllt."

    Pink fluffy unicorns dancing on the rainbow..dummidudidummm

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  • Alanis hörte zu und irgendwann sickerte ein Gedanke bei ihr durch. Nun war der Blick, der Kahri traf, sehr fragend.


    "Eine - äh - Frau?" Nun wirkte sie wirklich irritiert. So als gäbe es nicht noch unendich viele Dinge mehr, mit denen sie sich beschäftigen müsste.

  • Kahri kehrte aus ihren laut gesprochenen Gedanken zurück ins Hier und Jetzt der Nacht und erwiderte Alanis Blick.


    Dann huschte ein Schmunzeln über ihre Züge.


    "Ein Ausflug dieser Art würde das weingeschwängertes Blut wohl kaum ertragen," antwortete sie dann sanft und beruhigend. "aber ich gebe zu, ich finde es auf eine seltsame Art sehr wohltuend, euch ein wenig verwirrt zu wissen."


    Das Lächeln verschwand auch nicht, als sie ihren Blick wieder auf die Straße vor sich lenkte und einen Schritt vor den anderen setzte.

  • Nach dem Alexandre gut gespeißt und getrunken hatte und Alanis nun schon aufgebrochen war .. entschied er sich auch zu gehen.


    Beim Gehen verabschiedete er sich im vorbeigehen von Luriel und Arnulf ... " Wünsche Euch noch einen schönen Abend , schätze mal man sieht sich die Tage und sonst wohl spätestens auf der Expedition "


    Auf der Strasse angekommen schaute er sich kurz um und nahm dann den Weg in Richtung der Akademie.


    Nach einem kurzen Stück blieb er an einer Seitenstraße stehen und eine dunkle Gestalt, die wohl auf Ihn gewartet hatte, tratt aus den Schatten zu Ihm. Sie wechselten ein paar kurze Worte und die Gestalt übergab Alexandre eine Tasche , die er sich umhängte und seinen Weg weiter fortsetzte. Die Gestalt verschwand im Dunkel der Seitenstraße.

    Jean - Michel de Sarday
    Chevalier d´Arisent
    Magistrat des Hofes von Tir Thalessay


    Wir sind Schatten , Schemen der Nacht
    Wir sind Geister , die unerkannte Macht

  • Alanis schnaubte leise, aber nicht abfällig.


    "Ihr seid grausaum - aber zumindest auf eine sehr erträgliche Art und Weise. Ihr bedient Euch auch so vieler schöner Worte, aber Ihr vermögt zumindest, dass eine trunkene, müde Frau sie einigermaßen verstehen kann."