Zum brennenden Tisch 23

  • Etwa zwei Wochen später ist die Delegation wieder in Amonlonde Stadt angekommen.
    Hadra saß abermals im Schankraum und hatte ihr Buch sowie Schreibzeug vor sich ausgebreitet. Dieser Tisch am Fenster war inzwischen zu so etwas wie ihrem Stammplatz geworden. Ihr Buch und die Notizen darin dienten ihr als Vorlage für ihren Bericht, den sie gedachte im Wachgebäude abzuliefern.


    Sie beendete einen Absatz und hielt inne, schaute auf das Papier vor ihr und dann aus dem Fenster. Einige Situationen ließ sie vor ihrem inneren Auge Revue passieren. Ein gewisser Groll stieg in ihr auf, den sie aber mit einem leichten Anheben des linken Mundwinkels weg wischte. Zurück blieb nur das schale Gefühl, ungerechtfertigterweise gemaßregelt worden zu sein. Sie eine Diskussion beginnen lassen, bei der man ihr die Worte im Mund umdrehte? Bei der man sie keinen Satz zu Ende führen ließ um diese Diskussion, nachdem man sie wie einen Idioten hatte dastehen lassen, mit dem alles schlagenden Argument abzubrechen "Er ist der Chevalier. Er hat Recht.".


    Für einen kurzen Moment war da Zorn gewesen. Den hatte sie aber weg gelächelt und das, was in ihr ungesehen aufbrandete, mit einem lautlosen Mantra besänftigt. Sie hatte Recht gehabt. Sie hätte den Sieg in dieser Diskussion davontragen können. Sie hätte ihn auch gerne verloren, aber nicht auf diese Weise. Sie hatten sich beide auf ein Parkett begeben, das natürlicherweise dem Klügeren, Umsichtigeren Recht gab und nicht dem, der es wegen Geburtsrecht hatte. Das war es zumindest gewesen, was sie angenommen hatte.


    Vielleicht sollte sie besser das Verhalten, was sie bei Korporal Darius seit einigen Monaten anschlug, auch auf den ganzen Rest übertragen: Tun, was man ihr auftrug ohne weiter nachzufragen. Ansonsten lächeln, winken. Sie würden sie maßlos unterschätzen und sie würde niemals dazu kommen, all ihre Karten auszuspielen, all ihr Können zu zeigen. Aber zumindest bezog man dann keine Prügel. Nicht auffallen war nicht ihre Art, aber scheinbar die einzige Art, sich dem zu entziehen.


    Sie griff nach ihrem Becher mit Tee und nahm einen Schluck der lauwarmen Flüssigkeit.

    Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht.
    Homunkulus (~835 - 902)

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  • Jean - Michel war später als die anderen Gäste aus Fischbach zurückgekehrt.


    Er hatte sich allein auf den Rückweg gemacht und hatte sich auch deutlich mehr Zeit gelassen um einfach etwas Zeit für sich zu haben , damit er in Ruhe seine derzeitige Situation und Pläne überdenken konnte.


    So war er auch erst vor wenigen Tagen wieder in den Brennenden Tisch eingekehrt und beendete gerade sein Frühstück.


    Er hatte sich vorgenommen die nächste Zeit etwas intensiver mit seinen Studien zu verbringen und wollte heute bei der Akademie vorsprechen in wiefern er die Bibiliothek und anderen Einrichtungen nutzen konnte.

    Jean - Michel de Sarday
    Chevalier d´Arisent
    Magistrat des Hofes von Tir Thalessay


    Wir sind Schatten , Schemen der Nacht
    Wir sind Geister , die unerkannte Macht

  • Sylwen betritt den Schankraum und geht mit zielstrebigem Schritt zum Dresen. Am helligsten Tag ist sie ein seltener Gast. "Einen Krug Wein, bitte!" Mit mürrischer Miene setzt sie sich an einen Tisch am Fenster ohne noch eine Antwort abzuwarten.

  • Jule, die blonde dralle Schankmaid sieht erstaunt auf ob diesem Gast zu so ungewöhnlicher Uhrzeit. Doch sie wird fürs ausschenken bezahlt und nicht dafür sich zu wundern.
    "Kommt sofort", antwortet sie also und bringt Sylwen in kürzester Zeit einen Krug süßen Wein an ihren Fenstertisch.

  • "Ach Jule" Sylwen säufst und schüttet sich noch ein Glas nach. "Ich weiß nicht, warum er mir das antut...oder ob ihm etwas passiert ist?" Sylwen setzt das zweite Glas an.

  • Jule ist erst einmal damit beschäftigt darüber zu staunen, daß Sylwen trinkt als gäbe es kein Morgen. Das ist doch mehr als nur ein bißchen ungewöhnlich. Und beunruhigend. Außerdem Verschwendung von gutem Wein.
    "Euer Herr Gemahl?", fragt sie mitfühlend als die Händlerin das zweite Glas ansetzt.

  • "Er wollte schon vor zwei Wochen zurück sein. Das passt gar nicht zu ihm, dass er mich mit all der Arbeit hängen lässt. Vor allem ...es kommt keine Nachricht an. Die Schiffe kommen zurück, aber keiner hat etwas von ihm gehört oder gesehen seit....ich kann mir nicht vorstellen, dass Golodion wirklich..." Kopfschütteln füllt sie den Rest des Kruges in ihr Glas.

  • "Stürme...mh...aber unsere beiden Schiffe, die auf dieser Route unterwegs waren, sind zurück im Hafen. Ich verstehe das nicht. Er hätte doch einen Boten geschickt, wenn er länger in Engonien bleiben wollte. Und dafür gibt es keinen guten Grund, nein, nicht vor unserem Ball! Gregor würde es nie wagen mich mit den Vorbereitungen allein zu lassen...und nicht auszudenken, wenn er bis Samstag nicht da ist...." Sylwen redet sich immer weiter in Rage."Er soll doch mein Ballkleid mitbringen...." Verzweifelt hält sich Sylwen die rechte Hand vor Auge und Stirn. "Ihm muss etwas passiert sein!"

  • Mit wachsender Sorge stellt Jule fest, daß sich Sylwen beim trinken nicht beruhigt sondern nur weiter aufregt.
    "Ach, es sind ja noch ein paar Tage." Tröstend klopft sie der Händlerin auf den Rücken. "Bestimmt hat ihn nur etwas ganz harmloses aufgehalten..."
    Was das sein sollte fällt ihr aber selber nicht ein. Also füllt sie das Glas ihres Gastes wieder.

  • Sylwen seufst, trinkt nochmal einen kräftigen Schluck und kramt umständlich eine großzügige Zahl Kupferstücke hervor, die sie auf den Tisch legt. "Ja, wird wohl was harmloses sein..." sagt sie in wenig überzeugtem Ton und eher zu sich selber. "Ich muss nach Hause...so viel Arbeit..." Sylwen erhebt sich, lächelt Jule gequält an und lässt den restlichen Wein einfach stehen.

  • "Kommt gleich", nickt Jule und stellt ihm schon mal den Krug Met auf den Tisch, bevor sie in der Küche verschwindet um Brot und Braten zu holen.
    Der Braten ist kalt, doch das Brot ist frisch und über beides hat sie noch einen großzügigen Schwung Bratensoße gegeben.
    "Ist ja ein Ding, daß du wieder hier bist, Tribun", bemerkt sie als sie den Teller vor ihm abstellt.
    "Wollten sie dich in Forlond nicht mehr gehen lassen?"

  • Hjaldir lächelt still vor sich hin. Dann blickt er Jule an.


    "In Forlond laufen die Dinge derzeit auch ohne mich und Tribun Arnulf hat dort die Lage im Griff. Der Sommer ist fast vorrüber und ich muss mich um die Belange hier in Amonlonde kümmern. Zu lange schon war ich fort. Gibt es Neuigkeiten von denen ich wissen sollte?"


    Dann beginnt er genüßlich am Brot und Braten zu kauen.

  • Jule zuckt die Schultern. Dann erzählt sie ihm vom Klatsch und Tratsch auf dem Marktplatz, vom neuen Sohn des ehemaligen Katschmarek, den neuen Siedlern, die Celeb Dols Einwanderungspolitik anlockt und davon, daß Gregor, Sohn des Grog, Mitinhaber des mächtigen Handelshauses Rothfeder, noch immer als verschollen gilt und seine Frau die Hoffnung auf seine Rückkehr allmählich aufgibt.

  • Hjaldir kaut auf einem Stück Fleisch herum. Er nickt bedächtig.


    "Malglin hat also einen Sohn? Dann werde ich wohl später dort meine Aufwartung machen. Gregor verschollen? Doch nicht hier im Lande etwa?"


    Hjaldir schluckt das Fleisch herunter. Dann spült er mit einem kräftigem Schluck Met nach.