[Alanis Quest] "Spiel im Schatten"

  • Die Wachstube war leer. Bis auf die dunklen Blutflecken... und natürlich die Toten, zeugte nichts davon das er je hier war.


    Der dritte Schlüssel am Bund passt in die Türe und nachdem Alanis zweimal mit Kraft herum gedreht hatte öffnete sich die Türe auch. Dahinter und das löst in ihr schon fast ein deplaziertes Lachen aus... war ein Büro. Ein ordentliches aufgeräumtes Büro... mit Regalen voller Pergemantroleln. Einem adrett gerichtetem Tintenfass, nebst sauberer Feder, Abtupftuch, einem kleinen stapel Löschpapier mit Stempel...


    Ein sauberer Schreibtisch mit leeren Pergamentbögen, eine kleine schwarze Truhe mit goldenen Beschlägen, dekorativ und von überall sichtbar aufgestellt, sogar eine sorgsam gepflegte Zimmerpflanze.

  • Alanis wollte das Büro schon fast wieder verlassen, als ihr Schritt stockte. Die Truhe -. Vielleicht ein Sammelplatz für die Wertsachen, die den Gefangenen abgenommen worden waren. Die Priesterin ging darauf zu und besah sie sich, bevor sie versuchte, die Truhe zu öffnen - sei es nun mit bloßen Händen, einem Schlüssel oder roher Gewalt.

  • Das Schloss war eher dekorativer Natur und nachdem Alanis es einige Momente erfolgreich mit bloßen Händen versucht hatte, tat der Brieföffner aus Metall, der ebenfalls auf dem Schreibtisch zu finden war das Gewollte.


    Alanis öffnet die Truhe und...


    Es waren mehr als erwartet... Lederbänder, Silberbänder... Amulette, Broschen... jedes war ein Symbol für Glück, Gold, Mut, Gesundheit... oder Religonen... das Dreieck von Lukranis lässt sich am häufigsten finden aber auch unbekannte religöse Symbole... einige aventurische... ein ganzes Sammelsurium von Talismanen... aber was noch schlimmer war als diese Symbole für viele viele Leben... war... das jedes einzelne in der Mitte zerbrochen war.

  • Nun sammelte sich wirklich Feuchtigkeit in Alanis Augen und sie mußte heftig schlucken. Blinzelnd begann sie, sehr zögerlich und respektvoll in der Kiste nach den Elementeamuletten zu suchen. Ein zerstörtes Raja-Symbol glitt durch ihre Finger, etwas, das wie ein Lebensbaum aussah. Jedes Amulett für ein Leben, das an diesem Ort zerstört worden war.

  • Nun begann die Priesterin wirklich zu weinen, als sie die vier Bruchstücke der beiden Amulette nach und nach aus der Truhe zog, bis sie schließlich auf ihrer Hand lagen. Es war ein stilles, sehr zorniges Weinen, dem sie nur einen kurzen Moment gestattete, Kontrolle über sie zu übernehmen. Es ging nicht nur darum, was diese Dinge an persönlichen und religiösen Wert für sie besessen hatten. Es ging vor allem um das Gefühl, dass sie für ihr Verhalten in dieser Krise, den Pakt mit dem Schattenmann, genau das verdiente, was sie jetzt bekam.


    Nach einem krampfhaften Schlucken wischte sie sich die Tränen weg und kehrte in den Nebenraum zurück. Vom Gürtel eines der Toten nahm sie sich ohne Skrupel eine Gürteltasche, die sie anlegte und in die sie die scharfkantigen Bruchstücke vorsichtig hineingleiten ließ. Dann schloss sie die letzte verbleibende Tür auf.

  • Kaum war die Türe auf fliegt ihr eiskalter Wind um die Ohren... draußen herrschte aufkommende Dämmerung oder ein drohendes Unwetter hatte den Himmel verdunkelt.


    Das Haus, dass sie verlasst ist eines von vielen eng zusammenstehenden mehrstöckigen und dem Verfall längst freigegebenen Gebäuden in einer Stadt, die sie nicht kennt.


    Es riecht nach Abfall, nach Kanalisation. Aus weiter Ferne hört man Menschen, sie geifern, sie reden, sie lachen...Geräusche einer oder mehrer Tavernen udn von Fuhrwerken. Die Seitengasse ist eng und es beginnt gerade zu regnen...von Spätsommer keine Spur.

  • Alanis stand für einen Moment wie vor den Kopf geschlagen in der Gasse und hielt ihr Gesicht dem eisig kalten Regen entgegen. Freiheit. Freiheit?


    Sie schaute sich kurz gehetzt um, dann schloss sie die Tür hinter sich, den Schlüssel mit Nachdruck umdrehend. Den Schlüsselbund steckte sie ein. Man konnte nie wissen. Dann humpelte sie, den Kopf gesenkt und nah an die Schemen der Häuser angepreßt, einfach davon. Die Arme hatte sie um sich geschlungen, um sich zu wärmen und um ihre Bauchschmerzen fortzudrücken. In welche Richtung sie ging, war ihr zunächst egal, weil sie nicht wußte, wo sie war.


    Alles schmerzte, jeder Schritt, so als habe die Rückkehr in die Wirklichkeit dafür gesorgt, dass sich ihr Körper jetzt mit Macht daran erinnerte, was man ihr angetan hatte. Sie sah sich unauffällig um, vermied Augenkontakt, ging immer weiter, auf der Suche nach etwas, das Sicherheit und Vertrauen versprach.

  • Sie war ungefähr zwei Block durch die ewig graue Suppe dieses unwirtlichen gehenden Tages gelaufen, vorbei an vielen windschiefen Häusern. Keine Garde, keine Zeichen wie Wappen oder ähnliches, dass ihr Aufschluss darüber geben würde wo sie hier war. Die Leute, wenn sie denn welche sieht, gehen ihr und sich selbst aus dem Weg. Die Gesichter waren zumeist verbraucht oder überschminkt, die Kleidung schäbig oder gewollt aussergewöhnlich und jene die besser aussahen oder besser gekleidet waren... nun sie wurden ebenso gemieden wie alle anderen. Einzelne Laternen russten vor sich hin... in den Seitengassen eng und schmal fast nicht zu passieren tummelten sich Ratten.


    Dann setzt der Regen ein... ein wenig schmeichelnder, sanfter sondern ein kalter mit schweren Tropfen. Die Leute stellten sich zum Teil unter oder verschwanden in schäbigen Häusereingängen.


    Dann hört Alanis Gesang und das Spiel einer Laute irgendwo zwischen den Häusern, gedämpft da sie von innen zu kommen scheint.

  • Die Priesterin hob frierend den Kopf, als sie die Klänge vernahm. Ein Gasthaus? Dort würde sie sicherlich etwas zu Essen finden und eine trockene Unterkunft. Andererseits waren ihr zwei Blocks definitiv nicht weit genug vom dem Ort ihres Gefängnisses entfernt. Wer weiß, wer noch mit dieser Tarou verbündet war. Und wer weiß, was diese Leute in dieser Stadt für eine Einfluss hatten?


    Sie strich sich die nassen Haare aus der Stirn und ging dann dennoch in die Richtung, aus der die Musik kam.

  • Einige verschlungene Weggabelungen später steht sie vor einem besser in Stand gehaltenem mehrstöckigem Haus mit Spitzdach. Auf dem dann doch windschiefen Eingangsschild steht "roter Rabe".


    Von drinnen her riecht es nach Gebratenem und jeder Menge Alkohol. Soweit sie die Tageszeit richtig einschätzt war es vielleicht früher Abend und daher noch nicht voll... Es sah nicht sehr einladend aus... aber in den verschiedenen Abstufungen von schäbig, durchaus annehmbar. Und vielleicht barg das obere Geschoss unter dem Dach... Zimmer und irgendwo eine Waschmöglichkeit.

  • Alanis zog sich erst einmal in eine Ecke zurück und rechnete zusammen, wieviel Geld sie den Männern abgenommen hatte und für was es wohl reichen würde. Dann straffte sie die Schultern und betrat nach kurzem Zögern das Wirtshaus, während ihr eine Böe die Regentropfen in den Nacken ihres Kleids trieben.

  • Ingesamt waren etwas mehr als 12 Kupfer in ihrer Tasche gelandet. Betrachtete man das Etablisment war das mehr als ausreichend, um ein Bett und etwas zu Essen zu bekommen, vor allem ein langes säuberndes Bad.


    Der Gastraum, der direkt hinter der Eingangstüre liegt ist rauchgeschwängert. Das rührt von einem einsamen Pfeifenraucher mit verkniffenen Gesichtszügen her, der sich in der Nähe eines entzündeten und damit wohlige Wärme verströmendem Kamin niedergelassen hatte.


    Durch den Pfeifengeruch konnte Alanis die verschiedenen Aromen eines fetten Eintopfs schmecken. Eine längliche Theke aus längst mal zu erneuerndem Eichenholz beherbergte einen Wirt mit obligatorisch schmutziger und ein wenig vor Fett glänzenden Schürze, ein riesiges Bierfass und mehrere kleine, die sicherlich mit Schnaps gefüllt waren. Eine große Auswahl war hier allerdings nicht zu erwarten.


    Am anderen Ende des Schankraums sitzt eine Frau mit schwarzen Haaren auf einem Schemel und spielt nun deutlich leiser auf ihrer Laute. Jetzt da es nicht mehr gedämpft war, schien sie nur noch halb so gut zu spielen, wie man es draußen vermutet hätte.

  • Alanis dachte mit einem Seufzen an die Münzen, die sie normalerweise immer in einem geheimen Fach in ihrem Ledergürtel eingenäht bei sich trug. Dieses Geld war nun umwiederbringlich fort und diente Zwecken, über die sie nicht einmal nachdenken wollte. Nun mußte sie also überlegen, wie sie schnellstmöglich erfuhr, wo sie war und wie sie hier wieder herauskam.


    Sie humpelte auf den Wirt zu und bemühte sich, ihn mit genau der richtigen Mischung aus Forderung und Höflichkeit anzusehen.


    "Guten Abend. Was kostet ein Zimmer?"


    Der Duft des Pfeifenrauchs und die Essensaromen bereiteten ihr Übelkeit. Sie vermutete, dass sie Hunger hatte, aber die Aufregung der vergangenen Stunden hielt sie nachhaltig in ihrem Griff.

  • Der Wirt hatte einen leichten Silberblick und sieht deshalb ein wenig an Alanis vorbei, als diese ihn anspricht.


    "Öhm... echt nen eigenes... tja sach'sch mal nen 5er Kupfer musste scho hierlassen... äh Lady... kriegste aber auch watt zu esse. Men Eintopp is dat beste watte hier kriege kannst. Haste 5 Kupfer, wa?"

  • "5 Kupfer?" Alanis gab vor, einen Moment zu zögern. Der Preis war an sich vollkommen in Ordnung für ein Dach über dem Kopf und eine ordentliche Mahlzeit. Auch wenn er ihre Barschaft um die Hälfte schrumpfen lassen würde. "Gut, ich nehme Zimmer und Eintopf. Habt Ihr hier einen Badezuber oder ein Mädchen, das mir heißes Wasser machen kann?"


    Hoffnung klang in ihrer Stimme mit.


    "Und - könntet Ihr mir sagen, welchen Tag wir haben?"

  • Der Wirt grinst etwas dümmlich und reibt sich dann über den nur noch... rudimentär vorhanden Haarschopf.


    "Zuber hammer nisch... kannste aber in der Nähe...gehen... Zwei Gasse weiter ist dat Schwan. Kannste gut... waschen."


    Dann wirkt er etwas verwirrt und mustert Alanis etwas skeptisch.


    "Wie... watt'hamer fürn Tach? Is Wochenmitte... ich glaub Anfang vom 11. Mond oder Mitte vom 10?... brauchste auchn Jahr? Hast wohl watt uff Kopp bekommen wa? MATHILDE... DE JAST WILL WISSE... WATT FÜRN TACH HEUT IS!"


    Einige Sekunden später kommt Mathilda... sie nimmt den kurzen Weg ... und stolpert über eine Türschwelle, die Küche vom Schankraum trennt. In der Hand ein fleckiges Tuch wo sie sich die Hände reibt. Ihr Gesicht puderrot und vor Fett glänzend, ihre roten Haare stehen unter dem Kopftuch wild ab.


    "Wie watt'hamer fürn Tach? Is Wochenmitte... dritter Tag im zehnten Mond, haste wieder jesosffe Josef?"

  • Irgendwo in Alanis Magen verkrampfte sich etwas und sie bemühte sich, nicht einfach schlichtweg umzufallen. Eine Hand schloss sich um den Rand der Theke. Ein kleines, ein wenig irres Lächeln geisterte über ihr Gesicht, dann schüttelte sie den Kopf, um die wirren Gedanken loszuwerden. Es war noch nicht an der Zeit.

    "Danke"
    , sagte sie freundlich und atmete tief durch. "Dann gehe ich erstmal in den 'Schwan' und dann - komme ich wieder. Wo muss ich langgehen?"

  • "Auf de Strasse und Richtung Norden, dann zwei Jasse weiter," beantwortet Mathilda die Frage der Priesterin und nickt.


    "De Jane macht dir dat zimmer fertisch... Anzahlung hättsch dann aber schon gerne, wa?"


    Der Wirt streckt dieHand aus und ruft dann erneut laustark nach hinten.


    "Jane mach dat'de aus der Küch kommst... hier ist ne Lady, die will nen Zimmer haben, wa?!"


    Weiter hinten hört man das Getrampel von Füssen, dann knickst sich die Magd an Wirtin, Wirt und Theke vorbei ins Obergeschoss.

  • Alanis legte drei Kupferstücke auf den Tresen und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, auch wenn sie sich unglaublich erschöpft fühlte.


    "Ich bin sicher, dass alles zu meiner Zufriedenheit sein wird", sagte sie recht trocken und machte sich dann auf den Weg zum Badehaus.


    Nachdenklich ging sie durch die feuchte Dämmerung. Der Regen, der sie vor der Tür des Gasthofs empfing, kam ihr recht gelegen, weil sie die Kühle wach hielt und zumindest einen kleinen, ordnenden Effekt auf ihren Kopf zu haben schien.


    Ein Monat also. Nicht zwei. Oder wie war das mit der daynitischen Zeitrechnung?