In den Wäldern Montralurs

  • Feena hatte dem Gespräch zwischen Corridiel und Xanthia bislang schweigend zugehört, immer zwischen beiden hin und her blickend, und hatte ab und zu von ihrem Tee getrunken. Ihr brummte ein wenig der Kopf bei all diesem Gerede über den Tod. Sie selbst hatte sich über ihren Tod noch nicht wirklich viele Gedanken gemacht. Er war für sie etwas abstraktes gewesen, dass weit weg schien. Insofern deckte sich dies zum Teil mit dem was Corridiel über sein Elbenvolk sagte. Andererseits war sie nun um eine Erfahrung reicher, die ihr zeigte, dass ihr Tod vielleicht gar nicht so weit entfernt war wie sie annahm. Und die ebenfalls belegte, dass die Geschichten der Menschen zumindest einen wahren Kern enthielten. Das war zumindest verwirrend und sie grübelte gerade darüber nach, was wohl für eine Halbelfe gelten würde, als sie merkte, dass das Gespräch ihrer Reisegefährten unterbrochen schien.


    Sie sah beide an.


    "Nun, ihr erzählt über Menschen und Elben. Was meint ihr, gilt denn für jemanden wie mich?"


    Sie sah zu Corridiel und dann zu Xanthia, ein gespielt gequältes Lächeln auf dem Gesicht, um dem Thema ein wenig den Ernst zu nehmen. Dennoch war zu sehen, dass die Frage durchaus ernst gemeint war.

  • "Hand aufs Herz, Feena - ich weiß es nicht! Ich bin ein Elb und kann nicht einmal für alle Elben sprechen. Was ich weiß von Halbelben ist, dass sie ein langes Leben haben, aber eines, dass irgendwann endet. Wie das bei Dir ist, will ich nicht fragen, noch weniger weiß ich, was für eine Rolle der Tod für Dich spielt, diese Frage musst alleine Du ergründen!" antwortete der Elb und er lächelte nicht, denn ihm war die Antwort sehr ernst.

  • Xanthia hatte Feena mit einem langen Blick bedacht, als sie deren Frage hörte und auch jetzt spiegelte sich wieder eine Hauch von Unverständnis in ihren Zügen. Was war so schwer daran, das Endliche allen Lebens zu akzeptieren? Feena und Corridiels Lebensspanne mochte gemessen an der eines Menschen ungleich länger sein, einigen wohl auch unendlich erscheinen, doch waren das für Xanthia nur Trugbilder.
    Wie lang das Leben eines Elfen oder eines anderen Lebewesens auch erscheinen mochte, irgendwann würde es enden. Der Tod würde zu ihnen allen kommen, Zeit war für ihn ohne Bedeutung.
    Sie überlegte noch, ob und wie sie ihre Gedanken in Worte kleiden sollte, als Corridiel zu sprechen an fing und Xanthia hörte ihm aufmerksam zu. Der Abend begann eine seltsame Wendung zu nehmen oder zumindest einen ungewöhnlichen Gesprächsfortgang. Nichts desto trotz waren seine Worte in ihren Augen gut gewählt und sie nickte leicht, wie zur Bestätigung, als der Elf geendet hatte.


    Abwartend und mit einer Spur Neugier sah sie zu Feena, gespannt darauf, was diese darauf antworten würde

  • Feena, jetzt wieder sehr ernst als Corridiel zu sprechen begann, hörte aufmerksam zu. Sie nickte, sah ihn aber mit einem eigenartigen Blick an.


    "Ja, das werde ich wohl selbst herausfinden müssen."


    Sie machte eine kleine Pause.


    "Es ist nur interessant, die Einstellung eines anderen Lebewesens zu hören, eines anderen Volkes. Von jemandem, der zum Teil mit mir verwandt und auch wieder nicht verwandt ist. Ich habe nicht das Gefühl, dass ich mir aussuchen kann, welche Sichtweise mir die angenehmere ist."


    Sie sah jetzt Xanthia an und ein leises Lächeln zeigte sich auf ihrem Gesicht.


    "Xanthias Ansicht hierzu kenne ich schon. Wir hatte bereits die Gelegenheit darüber zu diskutieren."


    Sie lächelte freundlich.


    "Willst du sie uns trotzdem mitteilen?"

  • Der Elb wollte gerade anheben, zu sprechen, doch Feena forderte Xanthia auf, etwas zu diesem Thema zu sagen, so dass Corridiel schwieg und ebenfalls Xanthia erwartungsvoll anschaute.

  • Xanthia lachte leise und sah für einen kurzen Moment hinüber zu ihrem Stab, ehe sie sich wieder Feena und Corridiel zuwand.


    Ich will es versuchen.“ meinte sie freundlich, als Corridiel sie interessiert ansah.


    Lasst mich mit einer Erzählung aus der Heimat meiner Eltern beginnen:


    Der Gärtner eines tarsianischen Fürsten kam zu seinem Herrn gelaufen und sagte: „Herr, soeben habe ich im Hof den Tod gesehen, und er hat mir gedroht. Leih mir ein Pferd, damit ich schnell nach Shareth reiten kann; so wird der Tod mich nicht erreichen.“ Der Herr erfüllte den Wunsch des Gärtners, und dieser ritt sogleich nach Shareth.
    Kurz danach traf auch der Fürst den Tod, und er fragte ihn: „Warum hast du meinem Gärtner gedroht?“ Der Tod entgegnete: „Ich habe ihm nicht gedroht. Ich habe ihn nur erstaunt angesehen; denn heute Abend soll ich ihn in Shareth holen.

    Xanthia lächelte , als sie weitersprach.
    Es mag Euch vielleicht engstirnig erscheinen oder dumm. Aber in meinen Augen, wird jedes Leben enden. Die Zeitspannen, die den unterschiedlichen Lebewesen auf der Welt gegeben sind mögen unterschiedlich sein, weit auseinander liegen oder gar unendlich erscheinen. Aber dies ändert nichts daran, dass alles Leben ein mal enden wird. Dem Tod kann man nicht davon laufen, unwichtig, welchem Volk man entstammt.“ Sie blickte zu Corridiel „Ich glaube nicht, dass so etwas wie ein ewiges Leben existiert. Ein für mich unvorstellbar langes Leben, ja, aber ein Leben ohne Ende, nein.

  • "Hmmja, das wollte ich. Doch zuerst werde ich etwas zu Xanthias Worten sagen. Ich denke, Ihr irrt da. Wie ich darauf komme?"
    Der Elb holte Luft.
    "Auf einer meiner früheren Reisen bin ich auf Tod getroffen. Zumindest haben mir die Menschen gesagt, dass dies Tod wäre. Er wollte einen Adeligen holen, bzw. er HAT ihn geholt. Manche traten ihm in den Weg, er sprach sie an und sie gingen. Mich hat er aber nicht gesehen... mich hat er nicht gehört... Elben leben nicht ewig, das mag sein. Aber wir sterben nicht einer natürlichen Ursache wegen."
    Zu Feena gewandt sagte er:
    "Ich habe gehört, dass Halbelebn bei manchen Elbenvölkern wählen können, ob sie liber Mensch oder Elb sein möchten. Ich stelle mir das sehr seltsam vor, aber es scheint wohl so etwas zu geben..."

  • Feena runzelte die Stirn.


    "Wählen? Das erscheint mir einigermassen unmöglich. Wie könnte ich etwas wählen, was mir nicht entspricht? Ich bin weder Mensch, noch Elb. Und ich bin , was ich bin. Warum sollte ich das ändern wollen?"


    Sie schüttelte den Kopf und sah Corridiel an.


    "Es mag sein, dass es sowas gibt. Aber allein die Vorstellung fällt mir doch erheblich schwer."


    Nach einem Blick in Richtung Xanthias Stab fuhr sie fort.


    "Dass der Tod dich hingegen nicht gesehen haben sollte.....nun, das ist zumindest interessant."


    Sie sah interessiert zu Xanthia und wartete auf deren Reaktion.