Die Hafenstadt Merndil

  • Aethelred, der Wirt des roten Stiers, schritt mit Gräfin Lucy-Fa durch die Straßen der Hafenstadt und führte sie Richtung Marktplatz. Während sie langsam der Straße folgten, sagte Aethelred:


    Ich freue mich wirklich, dass es Euch in meinem Gasthaus gefällt. Entschuldigt noch einmal meinen Ausfall, aber die Aussagen dieses Jefric waren einfach zu provokant für mich. Er kommt mir irgendwie bekannt vor. Ich weiß nur nicht mehr woher.


    Mit dem Fisch mögt Ihr zumindest hier am Meer recht haben. Doch dies gilt erst, seitdem die Insel Ihren Platz im Weltengefüge gefunden hat. Ihr müsst wissen, dass bis vor Kurzem Montralur dauernd in Bewegung war und erst durch eine gewaltige Kraft die Insel zum stehen kam. Vorher war an ein Fischen nicht zu denken, da die Fischer die Insel niemals wiedergefunden hätten.


    Seis drum. Wie ich vorhin mitbekommen habe, stammt Ihr aus Glacien. Doch was hat Euch nach Montralur verschlagen? Es scheint doch ein unerhört weiter Weg gewesen zu sein?

  • "In der Tat ist es ein weiter Weg. Aber mein Fürstentum braucht endlich mehr Verbündete und ich will Handelsabkommen schließen. Das ist der Grund warum ich mich so für Eure Waren interessiere. Wenn ihr noch nicht sehr Erfahren im Umgang mit dem Fisch seid, dann könnten wir Euch auch etwas beibringen und im Gegenzug, erteilt ihr uns eine Lehrstunde. Meine Grafschaft muss sich nur erstmal wieder von Frantor erholen, der das Land fünf Jahre lang in Atem gehalten hat."


    Lucy-Fa roch das Meer. Obwohl es das gleiche Meer war, roch es hier doch anderes als in ihrer Heimat. Es schien salziger und herber zu sein.

  • Hmmm, dann seit Ihr wohl auf dem richtigen Weg, wenn Ihr Fürst Talris aufsuchen wollt. Er ist wirklich ein fürsorglicher Herrscher und ich denke, dass Ihr mit Sicherheit Gehör finden werdet. Dort werdet Ihr wohl auch etwas über die Handelsgüter Montralurs erfahren. Ich bin da leider nicht sehr bewandert.


    Die Insel ist zwar groß, doch gibt es wenig befestigte Städte. Montralur war lange Zeit eine Insel der Götter und den Menschen und anderen Völkern nicht zugänglich. Daher sind auch noch viele Gebiete nicht erforscht. Doch ich habe gehört, dass man bereits Edelmetalle gefunden hat. Aber nicht welche und in welchem Umfang. Es ist noch Vieles zu ergründen.


    Zumindest weiß ich, dass es auch Handelsposten anderen Länder auf Montralur gibt. Und seitdem Talris Fürst ist laufen immer mehr Schiffe unseren Hafen an. Dies bietet natürlich ein vortreffliches Warenangebot.
    Insbesondere Spezialitäten anderer Länder sind seit Kurzem auf dem Markt zu bekommen. Daher bin ich auf dem Weg, um einige Spezereien zu erwerben, damit Ihr heute Abend auch ein standesgemäßes Essen bekommt. Bestehen Eurerseits irgendwelche Vorlieben?
    Ihr solltet wissen, dass ich ein begeisterter Koch bin.

  • Lucy-Fa mußte über die Bemühtheiten Aethelreds lächeln.


    "Ich würde gerne das probieren, was ich noch nicht kenne! Die einheimischen Meeresfrüchte, Euer Wild- oder Nutztier... Ich lasse mich überraschen was ihr auf den Tisch zaubert!"


    Die Gräfin streckte ihre Nase in die Sonne.


    "Es ist sehr warm bei Euch und ich hörte jemanden sagen, dass dies die kalte Jahreszeit sei!"

  • Wir befinden uns schon weit im Süden. Einen richtigen Winter gibt es nur in den Gebirgen, doch bis dahin bin ich noch nicht gekommen.


    Er überlegte einen Augenblick und sagte dann:


    Ich stelle mir vor, dass wir heute Abend einen gefüllten Seewolf aus der Salzkruste haben werden. Dazu gibt es Eierteigstäbchen sowie einen bunten Salat. Außerdem schwebt mir noch ein Dessert vor. Wie wäre es denn mit "Joghurt nach Talrisart"? Es ahndelt sich dabei um Joghurt mit Honig sowie einer Auswahl von erlesenen Nüssen sowie einem Schuss eines Anislikörs.


    Man hörte wie Aethelred mit der Zunge schnalzte.

  • "Das hört sich wirklich verlockend und wundervoll an! Aber wenn Ihr noch weiter von diesem Essen berichtet, dann werde ich Euch nötigen gleich alles zuzubereiten! Sagt, wärt Ihr so freundlich und würdet mich an einen Stand für feine Stoffe bringen?"

  • Aber mit dem größten Vergnügen.


    Er ging zielsicher durch einige Gassen und plötzlich standen sie auf einem großen, rechteckigen Platz, der rundherum von kleinen Häusern umstellt war. Der Lärm war ohrenbetäubend vom Geschrei der Händler, die ihre Waren anboten. Der Geruch von vielen verschiedenen Speisen stieg einem in die Nase, die in den kleinen Garküchen auf dem Markt zubereitet wurden. Über allem lag ein leichter Duft von Fisch.
    Aethelred führte Lucy-Fa in einen Bereich, der etwas ruhiger zu sein schien. Jedenfalls wurden dort die Waren nicht lauthals angeboten.
    Sie gingen langsamer und dann hielt Aethelred unvermittelt an.


    Wir sind da. Ich bringe Euch an den Stand. Sucht Ihr einen besonderen Stoff? Wie ich sehe sind wir hier genau richtig. Wie ich sehe haben wir Samt, Brokat, Leinen, Wolle sowie wunderschöne Borten. Wenn Ihr möchtet suche ich Euch etwas Passendes heraus.
    Wie wäre es mit diesem Stück grünen Samtes. Es ist von silbernen Fäden durchwirkt, die in einem schönen Kontrast leuchten.


    Er nickte dem Inhaber zu, nahm einen Ballen, rollte ein Stück ab und sagte mit fragendem Blick:


    Wenn Ihr erlaubt?


    Der Händler nickte und Aethelred legte Lucy-Fa ein Stück des weichen Stoffes in die geöffnete Handfläche.

  • Lucy-Fa lächelte und ihre Hände glitten prüfend über den Stoff.


    "Wirklich wunderschön! Aber seht ich suche einen Stoff in weiß. Ich habe vor mir ein feines Hochzeitskleid zu nähen. Doch diesem Stoff kann ich ebenfalls kaum wiederstehen. Ich denke, ich könnte noch eine schöne, grüne Ballrobe gebrauchen! Wie viel wollt ihr für 14 Ellen?"

  • Aethelred konnte sehen, wie das Gesicht des Händlers bei den Worten vierzehn Ellen leicht verrutschte.


    vvvvvierzehn Ellen?, hörte man leise.
    Mit festerer Stimme antwortete er:


    Lasst mich einmal nachrechnen.


    Man hörte das Klackern von Holzkugeln hinter der Warenauslage. Dann sagte der Händler:


    Hmm, angesichts der Menge, die Ihr wünscht biete ich Euch den Stoff für zwei Gold und fünf Silber an. Wenn Ihr wollt, lasse ich ihn Euch nach Hause liefern. Nun, was sagt Ihr?

  • "Gut, aber dann ist die Lieferung frei Haus! Und packt den Stoff ja gut ein, er hat eine lange Reise vor sich. Und was empfehlt ihr mir an Stoff für das Hochzeitskleid?"

  • Einverstanden, sagte der Händler.


    Nun zu Eurem Hochzeitsstoff. Er sollte weiß sein, wie Ihr sagtet.
    Ich schlage vor, dass Ihr zwei verschiedene Stoffe nehmt. Als Unterkleid schlage ich einen feinen, leicht glänzenden Wollstoff vor. Darüber würde ich ein weiteres Kleid aus einem durchsichtigen, weißen, golddurchwirkten Stoff nehmen, den wir hier als Spinnengeflecht nennen. Er ist fein aber dennoch nicht so empfindlich, wie er aussieht.
    Dazu würde ich Euch eine goldfarbene Borte zur Verzierung der Säume sowie des Halsausschnittes des Unterkleides empfehlen.
    Ich denke für die beiden Kleider benötigt Ihr jeweils sieben Ellen Stoff sowie acht Ellen Borte.


    Ich könnte Euch dafür einen Vorzugspreis von...


    man hörte eine erneutes Klackern der Holzkugeln


    zwei Gold und acht Silber anbieten. Würde dies Euch entgegenkommen?



    Lucy-Fa hörte, wie Aethelred neben Ihr hörbar die Luft einsog. Solche Summen war er augenscheinlich nicht gewohnt.

  • "Dann würde ich vorschlagen wir machen fünf Gold für alles zusammen aus! Ich bin eher eine Freundin der glatten Summen!"


    Lucy-Fa hielt ihre Hand in Richtung des Händlers, so wie sie es gelernt hatte. Der Händler würde einschlagen, wenn er einverstanen wäre.

  • Schön! Wie niedlich diese Opferrassen doch waren. Versuchten mit des Händlers Beute noch um seinen Wanst zu schachern!


    Hochzeiten in einer Stadt, die dem Tode geweiht ist.
    "So sei es, lasst sei uns alle in Sicherheit wiegen", klangen die Worte seines Einsatzleiters ihm im Ohr........
    Information schafft Macht! Und Macht, nun...........



    Aber dieses Geseusel (respektive die Vorbereitungen dazu) war nicht sein Auftrag an diesem Ort.

    Lehrer (Lehrstuhl für Geschichte und Politik) und Direktor der Nymbrischen Universität zu Mar-Lot-Tor


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    Das Wesen des Feindes ist, dich zu töten! Also zögere nicht!

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  • Der Händler überlegte kurz, schlug ein und sagte dann:


    Einverstanden!
    Wohin soll ich die Ware liefern lassen?


    Aethelred antwortete:


    In das Gasthaus zum roten Stier. Doch liefert erst gegen Abend, wenn ich wieder im Haus bin. Ich werde die Ware persönlich in Empfang nehmen.


    Der Händler nickte und Aethelred sagte zu Lucy-Fa:


    Sollen wir nun weitergehen? Ich will sehen, dass wir für das Abendessen noch frische Ware bekommen.

  • "Natürlich! Entschuldigt, dass ich Euch mit Weibsgedanken aufgehalten habe!"


    Lucy-Fa griff wieder nach dem Arm ihres Begleiters und ließ sich führen. Diese Art von Märkten war ungewohnt für sie. Das Geschrei war das Gleiche, aber die Gerüche waren lange nicht so vielfältig wie in ihrer Heimat. Das bemerkte sie auch Aethelred gegenüber.

  • Keine Ursache, lasst uns weitergehen.


    Sie gingen weiter und kamen in den Bereich, wo der Fischgeruch fast übermächtig war.


    Wir wollen uns nicht lange aufhalten, sagte Aethelred. Ich weiß schon, wo wir unsere Ware finden werden.


    Zielsicher ging er an den Ständen vorbei uns schlug so manchen Haken, wo wohl etwas im Wege lag. Dann hielt er an, verweilte kurz und sagte zum Händler mit bestimmten Ton:


    Drei von den großen Wolfsbarschen. Liefere sie unverzüglich an meine Adresse. Alles weitere regeln wir wie immer.


    Dann zog er Lucy-Fa mit sich und sie verließen den Marktbereich. Sie hatten gerade die ersten Stände hinter sich gelassen, als Lucy-Fa einen Aufschrei hörte. Aethelred ließ sie plötzlich los und sie hörte nur noch, wie ein Körper dumpf zu Boden fiel. Dann hörte sie, wie Aethelred vor Schmerz laut schrie. Etwas schlug vor Ihre Unterschenkel und sie fiel fast um, konnte sich jedoch gerade noch halten. Das Schreien hörte nicht auf...

  • "Aethelred, nein!"


    Verzweifelt ging Lucy-Fa in die Knie und tastete nach dem Körper des Gastwirtes. Schnell suchten ihre Hände nach Wunden. Instinktiv wußte sie, dass sie sich besser zurückgezogen hätte, würde ihr ihr Leben lieb sein. Doch Aethelred war ihr mit solcher Freundlichkeit entgegengekommen. Wie konnte sie ihn jetzt alleine lassen?
    Und noch eine andere Frage beschäftigte sie. Wer konnte was gegen diesen guten Menschen haben, dass er ihn angriff?


    "Verflucht seist Du Blindheit! Verflucht seist Du Hilflosigkeit! Wachen! WACHEN!"

  • Ein Wachposten in den Farben des Fürsten kam herbeigerannt. Zwei weitere folgten.


    Was geht denn hier vor...?, fragte der Wachposten.
    Dann hörte man einen dumpfen Schlag und das Geschrei verstummte.


    Entschuldigt werte Dame, doch das war die einzige Möglichkeit, den armen Aethelred erst einmal von den Schmerzen zu erlösen.
    Sagt, kennen wir uns nicht? Habe ich Euch gestern nicht zum roten Stier geführt?


    In der Tat! Wie kann ich Euch zu Diensten sein?