Die Wälder von Renascân

  • Johanna nickt freundlich.


    "Auch wenn ich erst einen Tag in diesem Tempel bin und vielleicht noch nicht für die Gemeinschaft der Priester dort sprechen kann, würde ich mich freuen, Euch dort zu sehen. Allerdings glaube ich - wenn ich an mein Zuhause denke - dass es einen Laya-Gottesdienst wohl doch erst zur Mittagsstunde geben wird."


    Ihr Lächeln wird zu einem Grinsen.


    "Der Dienst von jenen, die den Rausch genossen haben in der letzten Nacht, ist sicherlich innbrünstiger, wenn sie ausgeschlafen haben."

  • Er lächelte.


    "Nun wer feiern kann, kann auch beten, oder so ähnlich. Hat man mir mal erzählt. Aber ihr habt wohl recht, die wenigsten werden zu so früher Stunde entweder die Lust, oder die Zeit haben um einen Gottesdienst zu besuchen. Bei uns gab es nur selten welche. Immer nur wenn einer der Prediger zu Gast im Dorf war."

  • "Woher aus Scorien stammt Ihr denn?" , erkundigt sich Johanna und versucht, sich an die Karte der Provinz zu erinnern , die sie vor einigen Jahren mal gesehen hatte - bei einem reisenden Akestera-Priestern. Ihr Blick gleitet fort und wirkt, als würde sie durch ihren Gesprächspartner hindurchsehen. Dann erinnert sie sich an wage Details und setzt hinzu: "Die Ellyris-Priesterin ist auch Scorierin."

  • "Aus Thrymir, also dem Osten. Es gibt hier eine Ellyris-Priesterin?"


    Er schien etwas verwundert.


    "Es gibt hier also mehr als zwei Priester? Dann müssen die Götter wohl ein Auge auf Renascân geworfen haben."


    Xann zwinckerte.

  • "Dann kommt Ihr sogar aus der selben Gegend. Vielleicht kennt Ihr Euch sogar?" , stellt Johanna fest. Sein offenkundiges Erstaunen über die Anzahl der Priester entlockt ihr ein weiteres Schmunzeln. "Soweit ich weiß, gibt es neben mir noch eine weitere Laya-Priesterin. Dann noch Enril, die Ellyris-Priesterin, wohl noch Kapal-Priester und -." Sie stockt kurz. "Mehr habe ich noch nicht rausfinden können."

  • Jetzt schien er vollständig überrascht, er nahm seine Finger und zählte noch einmal die aufgezählten Personen nach.


    "Das sind mindestesns fünf!."


    Er schüttelte kurz den Kopf.


    "Auf der anderen Seite weiß ich garnicht wie viele Priester es in Maranakar gibt, das ist glaube ich die größte Stadt die ich je gesehen habe."


    Er machte mit den Armen eine weit ausholende Geste.

  • Bei seinem Versuch, Dinge zählenderweise mit den Fingern zu erfassen, muss sie an Nela denken, die hoffentlich zu dieser frühen Stunde noch gemütlich im Bett liegt und sich von der Reise ausruht.


    "Ich war ein, zwei Mal in unserer Hauptstadt, die auch recht groß ist. Ansonsten habe ich mein ganzes Leben im Kloster verbracht. Maranakar war wirklich - eine Erfahrung."


    Sie pustet sich eine Schneeflocke von der Nase.

  • "Mir hat die Stadt Angst gemacht, muss ich zugeben."


    Er warf einen verlegenen Blick zum Boden, schaute dann aber schnell wieder vor sich auf den Weg.


    "Aber ich habe in meinen Plänen auch nicht vorgesehen, noch einmal dorthin zurück zukehren."


    Fügte er mit trotziger Stimme dazu.


    "Auch wenn mir hier alles fremnd erscheint, selbst die Wälder."

  • Johanna hört sich schweigend an, was da so alles in bitterem Ton aus dem jungen Mann herauspurzelt. Ihr Blick bleibt freundlich und aufmerksam. Nicht ein Zug in ihrem Gesicht ließe darauf schließen, dass sie etwas von dem, was er sagt, nicht ernst nimmt.


    "In allem, was uns fremd ist, erwarten uns doch im Kern die offenen Arme der Götter," gibt sie dann leise zurück, hebt den Kopf und blinzelt zum Winterhimmel empor, aus dem es noch immer leicht schneit. "Ich bin sicher, dass sich Enril, die Ellyrispriesterin, freuen würde, einen Landsmann von sich im Tempel begrüßen zu können. Zudem einen, der der Natur verbunden ist."

  • Xann verstummte nach dem Johanna ihre Worte beendet hatte und man konnte sehen wie es in seinem Kopf arbeitete. Scheinbar brauchte er einige Zeit um zu verstehen was mit ihren Worten gemeint war.


    "Nun vielleicht ist sie ja freundlicher als die anderen Scorier die ich bis jetzt getroffen habe."


    Ihm entfuhr ein Seuftzer.

  • Johanna schiebt ihre kalten, vor Kälte rot gewordenen Finger in die Ärmelausschnitte ihres Kleides, um sie ein wenig anzuwärmen.


    "Sie ist sehr nett" , versucht sie seine Zweifel zu zerstreuen. "Euren Namen weiß ich übrigens immer noch nicht." Ihre Mundwinkel heben sich.

  • Bis jetzt war es ihm hier auf dem Festland gut gelungen seinen Namen nicht erwähnen zu müssen, aber eine Priesterin sollte man besser nicht belügen.


    "Xann."


    Brachte er dann kurz hervor.


    "Aber der ist nicht so wichtig."

  • Johanna bemerkt das kleine Zögern, den Widerwillen sehr deutlich. Ein ganzes Leben lang unter Menschen hatte ihr ein recht gutes Gefühl für Stimmungen vermittelt.


    "Es ist wohl eher wichtig, wer wir sind und was wir - tun? Oder getan haben?"


    Ihre Frage ist behutsam gestellt, doch ihre grauen Augen sind tief blickend.

  • "Ich bin ein einfacher Mann, der nur versucht die Aufgaben zu meistern, die ihm das Leben und die Fünfe stellen, mehr nicht."


    Wie um dies zu bestätigen stolperte er über eine Wurzel, welche sich unter dem Schnee versteckte, jedoch fing er sich rasch wieder und lief weiter als wenn nichts gewesen wäre.


    "Nur das mir manche Steine auf meinem Weg zu groß erscheinen und ich einen anderen Pfad einschlagen muss."

  • "Nun -." Johanna zieht die Hand zurück, die sie instinktiv ausgestreckt hat, um ihm aufzufangen und legt sie ihm dann kurz, aber ohne ersichtliche Scheu, auf die Schulter. "Die Götter geben uns die Kraft, um diese Brocken entweder zu überwinden oder die Schläue, sie zu umrunden."


    In ihren Worten liegt soviel Gewissheit, dass sie nicht nur aus Glaubenstiefe, sondern aus Erfahrung stammen muss.

  • Xann zuckte bei der Berührung kurz zusammen und nickte dann bedächtig.


    "Als schlau hat man mich noch nie bezeichnet."


    Er musste selbst grinsen.


    "Und dennoch bin ich hier. Aber wie ihr sagte, es hat sicherlich einen Grund."

  • "Jagdrecht? Davon hat mir der Späher in der Taverne nichts erzählt."


    Er verzog das Gesicht und schluckte deutlich hörbar.


    "Hmmm, da werde ich mich wohl noch einmal erkundigen müssen."

  • "Ich muss heute tatsächlich auch noch zum Prokurator, mich vorstellen. Ihr könntet mich begleiten und Euch erkundigen, wie das mit den Rechten in den hiesigen Wäldern aussieht."


    Sie hebt die Schultern und einiger Schnee fällt hinunter.


    "Also, nicht dass ich mich mit sowas auskenne -."

  • "Man muss sich beim Procu.... Prokuur... Prokurator vorstellen?"


    Es war nicht zu überhören das es ihm Schwierigkeiten bereitete den Titel auszusprechen.


    "Das ist der Adlige hier?"