Die Hütte von Esme

  • Kurz war sie in Gedanken und fragte sich, was sie überhaupt als Vorwand angeben sollte hier vorbei zu kommen. Natürlich besuchte sie ab und an Esme, doch diesmal hatt sie einen bestimmten Hintergedanken... Als ihr auffiel, dass ihre Handfläche ihr entgegen glänzte, zog sie sofort die Handstulpen etwas vor, um es zu verdecken. Sie wartete...war wohl niemand da...vielleicht war Esme derweil wieder im Wald Kräuter sammeln...Narvi ließ etwas den Kopf hängen und überlegte, ob sie ihr den gewohnten Weg entlang in den Wald nachlaufen sollte. "Nein, ich bin doch nicht ihr Anhängsel. Ich versuche es ein anderes Mal."




    Sie drehte ab und merkte, dass sie mittlerweile Hunger bekommen hatte. Also schlug sie den Weg zum Gebäude der Späher ein. Sie blickte zum Himmel."Noch ein paar Stunden Schlaf könnten drin sein vor dem Wachdienst. Und davor Rührei...Guter Plan." So ging sie weiter zum Gebäude der Späher

  • Esme beugte sich über den Topf. Was auch immer darin brodelte: Es roch überhaupt nicht gut. Der Geruch von ranzigem Fett mischte sich mit einem weiteren, unidentifizierbaren scharfen Gestank. Dazu lag noch etwas anderes in der Luft, das Arnika oder Ringelblume sein mochte.


    Sie tauchte die Fingerspitze in das Behältnis und rieb Daumen und Zeigefinger aneinander, roch und leckte leicht an der Textur. Darauf verzog sie angewidert das Gesicht.


    "Bäh. Grade richtig."


    sagte sie und kicherte. Dann hievte sie den Pott vom Feuer. Auf dem Tisch hatte sie bereits fünf Tigelchen vorbereitet. Vorsichtig begann sie die heiße Salbe in den Pöttchen zu verteilen.

  • Sie roch die angesetzte Salbe...das roch eklig, half aber wunderbar.


    Werte Esme, ich bin es Narvi! Ich habe einen Freund dabei, der deinen Rat erfragen möchte. Dürfen wir eintreten?


    Wie immer in Esmes Nähe veränderten sich ihre Züge hin zu einem unscheinbaren, lächelnden, etwas schüchternen Auftreten. Ihre Stimme klang etwas höher udn unbedarft.

  • Als habe die Alte bereits den ganzen Tag auf Narvi gewartet, drehte sie sich nicht einmal um.


    "Komm doch rein, Kindchen. Wer ist denn dein Freund?"


    Erst jetzt setzte sie den Pott ab und drehte sich die Hände an ihrer Schürze abwischend herum. Aus ihrem runzligen Gesicht schauten wache Augen und schienen jede Einzelheit wahrzunehmen. Sie legte den Kopf leicht schief und lächelte.

  • Finlay wirkt wie aus dem Konzept gebracht, als sich Narvi von ihm entfernt, seine Hand greift und ihn ein paar Schritte weiter den Pfad entlang führt. Als sie dann noch vor einer alten Holzhütte stehenbleibt, anklopft und sich die Tür langsam zu öffnen beginnt, ist Finlays Verwirrung vollkommen.
    Sein Mund steht leicht offen und in seinem Gesicht ist abzulesen, dass er gerade nicht weiß, was vor ihm passiert. Der Umschwung in Narvis Stimme trägt sein Übriges dazu bei.

  • Narvi lässt Finlays Hand langsam los und weist mit der anderen in seine Richtung.


    Das ist Finlay. Er ist seit einigen Tagen in Renascan und fragt nach einem Rat, den du ihm sicher am Ehesten geben kannst.


    Sie lächelt Esme zu. Nichts deutet darauf hin, was noch vor wenigen Schritten passiert ist.

  • Die Alte schaut von Finlay zu Narvi und wieder zurück. 'Nein, wenn sie das wollte, würde sie allein kommen.'.


    "Setz doch Wasser auf, Liebes." sagt Esme und macht sich daran den allgegenwärtigen Tee zu mischen.


    Auf dem Tisch stehen derweil nach wie vor die Tigelchen, in denen die Salbe aushärtet und der Geruch langsam weniger wird. Ungeduldig wedelt die vom Alter gebeugte Frau in Richtung Finlay.


    "Setz dich, Jungchen. Sei nicht so ungemütlich."

  • Ein kurzes, schelmisches Lächeln huscht über Finlays Gesicht, als er Narvi ins Gesicht blickt und sich schließlich von ihr abwendet, um sich der Alten zuzudrehen. Nach kurzem Zögern - überrascht von der Gestalt, die er vor sich hat - setzt er an.


    "Danke...", sagt er und macht ein paar Schritte in die Holzhütte hinein. Er folgt ihrem Zeig und geht auf einen Stuhl zu.
    "Narvi hat mir von dir erzählt, und ich.... äh... ich bin Finlay", antwortet er schließlich und reicht ihr die Hand, bevor er sich hinsetzt.

  • Narvi nimmt sich aus der Situation heraus und setzt Teewasser auf. Es sieht sehr gewohnt aus, als hätte sie es schon tausend Mal getan. Alles für Tee steht bereit und während Finlay und Esme sich unterhalten, bereitet sie den Tee vor und hält sich im Hintergrund, was bei dem beengten Raum der Hütte eher begrenzt möglich ist. Sie bleibt beim Teewasser stehen und hört zu.

  • Esme kicherte leise.


    "Jaja, Narvi." sagte sie.


    Kurz prüfte sie, welche Konsistenz die Salbe inzwischen hatte und beschloß wohl, dass man sie noch nicht versiegeln sollte. Stattdessen ging sie um den Tisch herum und hievte sich mit einem vernehmlichen Stöhnen auf die Bank. Sie zuppelte ihr Schultertuch zurecht und schaute dann Finlay an.


    "Die Leute kommen ja selten wegen meiner Schönheit. Manchmal wegen meinem Kuchen. Aber meistens haben sie irgendwelche Wehwehchen. Also wo drückt der Schuh?"

    Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht.
    Homunkulus (~835 - 902)

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  • "Äh ja...", Finlay zögert einen Moment und setzt lächelnd fort, "Ist wohl richtig und das es Kuchen gibt, wusste ich nicht"


    Er schaut sich ein wenig in der Hütte um, blickt kurz zu Narvi und dreht sich danach wieder Esme zu.


    "Ich bin allerdings nicht für mich selbst hier... sondern für jemand anderen. Weiß selbst, dass es wohl besser wär wenn'er selbst hier wäre, aber das geht leider nich.... Meinem alten Herrn gehts seit diesem Sommer nich mehr so gut.


    Er blickt kurz auf und schaut fragend Richtung Emse, setzt aber nach einem Augenblick fort.


    "Anfangs hatte er oft Schwindel und bekam kaum Luft. Das ging so weit, dass er die meiste Zeit ans Bett gefesselt ist. Und seit Kurzem.... naja, seit Kurzem hat er krampfhafte Hustenanfälle und spuckt öfters Rotz und Blut."

  • Esme kaute auf ihrer Unterlippe herum und ließ Finlay ausreden.


    "Hmm.. hmm.." sagte sie dann nachdenklich.


    Sie schaute auf die Tischplatte, dann über Finlays Schulter hinweg.


    "Das kann vieles sein. Und nichts davon ist gut, Jungchen." fügte sie nach einer Weile hinzu. "Wenn sie erst einmal Blut husten..." Die Alte schüttelte bedächtig den Kopf. "... dann geht es oft nicht mehr lang. Nur selten ruft Ellryris dann den Vogel unverrichteter Dinge zurück."

  • Narvi schenkte moittlerweile den Tee ein und verhielt sich so still es ging, um nicht zu stören. Dennoch kam sie sich unheimlich unwohl vor und schluckte schnell den Tee herunter...was zu einem unangenehmen Verbrennen führte "Mist, du dummes Ding, Narvi!" Sie biss sich auf die Unterlippe, drehte sich weg und überwandt den Schmerz, um sich dann verhalten lächelnd zu Finlay und Esme zu drehen.


    Entschuldigt, ich möchte hier nicht stören und ...habe auch noch zu tun, also...dank an dich, Emse, und bis abld Finlay.


    Beim Gehen legte sie ihre Hand kurz auf seine Schulter, was wohl Mitgefühl vermitteln sollte.

  • Als Narvi sich zum Gehen bereit macht und sich neben Finlay stellt, dreht sich dieser im Sitzen zu ihr um. Seinem Blick ist zu entnehmen, dass er sich bei Esmes Worten ein wenig unwohl fühlt. Dennoch versucht er, ein wenig zu ächeln.


    "Danke.... ich werd später nochmal zu dir kommen."


    Im Moment scheint ihm nicht nach großen Worten zu sein und nach kurzem Zögern dreht er sich wieder zu Esme.

    "Das kann doch nich sein.... so lang gehts ihm doch noch nicht schlecht...?"

    Die Frage scheint er eher an sich selbst zu stellen, blickt dabei dennoch fragend zu Emse auf.


    "Was kann ich denn machen?"

  • Esme saugte an einer Zahnlücke und schwieg wieder einige Augenblicke.


    "Meistens ist es die Lunge, die dann Schaden genommen hat. Oder der Magen."


    Sie wiegte den Kopf leicht hin und her. Dann stand sie unter Stöhnen auf und sah sich im Raum um. Sehr zielgerichtet ging sie auf eine Stange zu, von der einige Büschel getrockneter Kräuter hingen. Sie zupfte hier ein Blättchen ab und dort, überlegte kurz, holte noch ein Buch und brachte alles zum Tisch.


    "Junge, ich sage dir gleich, dass es schwer ist auf die Entfernung zu erkennen, was ihm helfen kann. Es gibt kein Allheilmittel und am Ende entscheiden nur die Götter, wer geht und wer bleibt."


    Sie legte eine faltige Hand auf seine und drückte sie sachte.


    "Aber der Herr Kapal sieht es nicht gern, wenn wir die Hände in den Schoß legen. Also tust du gut daran selbst alles zu versuchen was geht."

  • Finlay blickt zu Esme auf und meint


    "Darum gehts mir auch... mir ist klar, dass das alles andere als erfolgsversprechend ist... ich hab nur leider keine anderen Möglichkeiten und versuch das zu nutzen, was in Reichweite liegt." Er wird etwas lauter, als die Worte wie von selbst aus ihm herauszusprudeln scheinen, "Wenn ichs mir aussuchen könnt, würd ich jetzt auch viel lieber daheim an seinem Bett sitzen!"


    Er atmet kurz aus und sein Gesicht nimmt einen leicht beschämten Ausdruck an. "Entschuldige.... ich sollte mich ein wenig besser im Griff haben... es kommt nicht wieder vor"

  • Die Alte winkte ab und lächelte ihr faltiges Lächeln.


    "Ist schon gut, Jungchen. Ich hab schon andere viel lauter werden sehen. Hören. Du weißt schon."


    Sie tätschelte noch einmal seine Hand und nahm dann eines der Blätter zur auf.


    "Ich zeige dir jetzt ein paar Sachen in der Hoffnung, dass etwas dabei ist, was auch bei euch wächst. Die Schwierigkeit daran ist auch, dass es oft schon von Dorf zu Dorf unterschiedliche Namen für eine Pflanze gibt. Also pass gut auf."


    In ihrer erhobenen Hand befand sich ein vertrocknetes, dunkelgrünes Blatt, dessen Ränder sich leicht eingerollt hatten. Dazu schlug sie das Buch auf einer Seite auf, die eine grüne Pflanze zeigte.


    "Minze. Die kennst du sicherlich. Sie ist am Besten frisch und aufgebrüht als Tee zu verwenden. Wenn du sie zwischen den Fingern reibst, dann riechst du ihren typischen Geruch."


    In der nächsten Stunde erklärte sie ihm allerlei Pflanzen, zeigte ihm getrocknete Beispiele und das gezeichnete Bild dazu. Sie beschrieb Blattformen, ließ ihn schmecken und riechen. Kamille war noch darunter, Huflattich, Mistel und ein paar andere. Sie erklärte ihm, dass man den Kranken am Besten aufrichten sollte, wenn er hustete, dass er viel trinken sollte, langsam und gemächlich, aber viel und noch so einiges anderes; dass er gute Nahrung bekommen sollte um nicht zu entkräften. Hühnerbrühe sei gut und gestampfte Äpfel und Möhren, nichts mit großen Stückchen, an denen er sich verschlucken konnte. Am Ende klappte sie das Buch zu und war sich ziemlich sicher, dass sie den armen Kerl völlig überfordert haben musste.


    "Kannst du dir das merken?"

  • Nachdem Esme die ersten Sätze beendet hat, kramt Finlay kurz in seiner Tasche und holt ein zusammengeknülltes Stück Pergament und einen Kohlestift hervor. Mit zackiger, unsauberer Handschrift beginnt er, unsicher ein paar Zeilen zu Papier zu bringen und notiert die wichtigsten Stichwörter, die er aus Esmes Erzählungen heraushören kann. Von fehlerfreiem Schreiben kann dabei keine Rede sein, dennoch scheint er bei jedem erfolgreich geschriebenen Wort innerlich zu Jubeln.


    Das sollte seinen Zweck erfüllen...

    Als Esme nach ein paar Stunden eine Pause macht, legt auch Finlay sein Schreibzeug beiseite und atmet tief durch und nimmt einen tiefen Schluck aus dem Teebecher.


    "Das... war anstrengend.... aber... uff... gibt es denn noch mehr, was man machen kann? Vielleicht...", er schaut sich unsicher im Raum um und bleibt auf dem großen Kessel hängen, "... gibt es irgendetwas, was man mischen und verschicken kann? Irgendetwas was... Ach!, ich weiß doch auch nicht, was sowas macht..."