Gasthaus "Zum Singenden Wald"

  • Ebenso wie Dunja hatte Xanthia sich an den Tisch gesetzt. Sie bedankte sich mit einem Nicken, für Berkenbrechts Einladung und sprach dem Essen zu.


    Über zwei Bissen hinweg, schielte sie zu Dunja, gespannt darauf, was sie auf Herrn Berkenbrechts Frage antworten würde.

  • Bei des Ritters Aufforderung von sich zu erzählen und Xanthias eigentümlichem Blick, legt sich für einen Moment ein Schatten über Dunjas Züge. Ernst schaut sie den Vinländer an, dann jedoch gewinnt ihre Fröhlichkeit wieder die Oberhand. Für einen Augenblick scheint sie nach den rechten Worten zu suchen, dann lächelt sie schelmisch, deutet eine kleine Verbeugung an und beginnt schließlich,


    "Ein wenig von mir... nun gut... Ursprünglich komme ich aus Thyngary, einem Land auf Adalonde, weit fort von diesen Gefilden...
    Dort ist fast jede Art von Gegend vertreten... Von weiten Ebenen auf denen große Pferdeherden weiden, über andere, die überwiegend landwirtschaftlich genutz werden... Kornfelder, soweit das Auge reicht...
    Am besten sind mir die Berge in Dorntal in Erinnerung geblieben. Man sagt es gäbe kaum eine ebene Stelle in dieser Grafschaft, aber das ist nicht ganz richtig. Im Westen existiert ein schmaler Streifen flaches Ebenenland, jedoch ist es tatsächlich nicht viel. Der Rest besteht hälftig aus bewaldetem Hügelland und Gebirge, man munkelt es wäre dort eine wahre Freude auf die Jagd zu gehen...
    Mein Vater war in jungen Jahren Mitglied der Vardenheymer Stadtgarde, meine Mutter Zigeunerin. Aufgewachsen bin ich bei ihr und meiner Großmutter, einer Freifrau, die sehr viel Wert auf das höfische Leben legte und darauf bestand, daß ich mich ebenfalls damit auseinandersetzte.
    Irgendwann jedoch gingen wir fort und ich zog einige Jahre als Geschichtenerzählerin durch die Lande und verdingte mich in der ein oder anderen Taverne bis ich schließlich in einer, von den Dunklen Horden übernommenen Stadt selber eine eröffnete. Als die Stadt von der Lichten Seite zurückerobert wurde, verlor ich sie im Krieg und kehrte danach in meine Heimat zurück.
    Wobei man anmerken muß, Thyngary war zu jenem Zeitpunkt seit etlichen Jahren im Krieg mit den Dunklen Horden, die das Land zwischendurch immer wieder verwüstet haben und ca. zwei Jahre vor meiner Rückkehr war Vardenheym, die Hauptstadt des Landes überrannt und besetzt worden, der König getötet, Thyngary also quasi ohne Herrscher. Damals gab es einen der thyngaritischen Grafen, Gisbert von Dorntal, welcher es schaffte, die freien Teile des Landes zu einen und den Wiederstand gegen die Dunklen Horden zu organisieren, wofür ihn die Kaiserin des Reiches zum Erzherzog über Thyngary ernannte und so dem Land einen, durchaus fähigen, Herrscher gab.
    Kurz bevor mein Vater nach Thyngary zurückkehrte starb meine Großmutter und hinterließ ihm ein denkwürdiges Erbe, die Offenbarung, daß der verstorbene König sein Bruder gewesen und er damit legitimer Thronfolger Thyngarys sei. Was Dargon wiederum dazu brachte, das ganze publik zu machen, um damit dem Volk die Hoffnung auf ein freies Königreich zurückzugeben.
    Etwa zur gleichen Zeit versuchte ich mit der Situation irgendwie zurecht zu kommen und heiratete den Erzherzog Gisbert von Dorntal. Damals reiste ich viel, kümmerte mich um wohltätige Belange und führte teils ein Leben in den Kreisen des Adels teils unter den einfachen Leuten.
    Vor etwa vier Jahren gelang es den Lichten Truppen Vardenheym, die Hauptstadt Thyngarys zurückzuerobern und im Zuge dessen dankten wir als Erzherzogspaar ab und mein Vater wurde zum König gekrönt... Thyngary war wieder ein eigenständiges, freies Reich.
    Dann zerstritt ich mich mit meinem Vater, verließ Thyngary und lebe seit dem in Taron, wo wir vom Erleuchteten Kaiser Guisans mit dem Lehen einer Kaiserpfalz betraut wurden...
    Und hierher verschlug mich meine Neugierde und der Drang neue Gefilde kennenzulernen..."


    Als Dunja endet, ist ihr Blick für einen Moment gesenkt und sie spielt gedankenverloren an ihrem Weinbecher. Dann jedoch fängt sie sich und lächelt ihre Zuhörerschaft entschuldigend an,


    "Soviel dazu...!"

  • "Ja..."


    Dunja zuckt mit den Schultern, dann muß sie doch grinsen,


    "Schön, daß Euch die Geschichte gefällt! Für meinen Geschmack hätte sie gerne an der ein oder anderen Stelle weniger Aufregung bereithalten können, aber wenn es der Wunsch der Götter ist... gibt man sich redlich Mühe, seinen Pflichten nachzukommen und seine Aufgaben zu erfüllen...!"


    Sie nimmt einen kleinen Schluck von ihrem Wein,


    "Ich hoffe, Ihr könnt verstehen, wenn ich lieber als einfache Adlige unterwegs bin... das erleichtert meist sowohl mir als auch meinen Reisegefährten vieles..."

  • Für einen winzigen Moment ist Dunja von Xanthias Frage irritiert, dann gibt sie vorsichtig zur Antwort,


    "Tut mir leid... eigentlich ist das eher eine Redewendung, als eine ernstgemeinte Aussage!"


    Ihre Züge verdunkeln sich leicht,


    "Ich habe schon so viel Leid und Unrecht im Namen diversester Götter gesehen, daß ich mich zu diesem Thema stets eher zurückhaltend zeige... wer mag und kann, soll an seine Götter glauben und ihnen huldigen, wer dies nicht vermag, soll sein Leben nach seinen Vorstellungen ausrichten... aber beide sollten die jeweils andere Richtung zumindest tolerieren...!"

  • Nach kurzem durchfragen hatte William das Gasthaus erreicht.Er öffnete die Tür,trat ein und blieb wie er es immer tat in der Tür stehen um sich Umzuschauen.Kurz hielt die Tavernengäste inne und dann wanndten sie sich wieder ihren Geschäftlichkeiten zu.Eine Schankmaid kamm auf William zu und er unterhielt sich kurz mit ihr und sie ging zurück zum Tresen.William schloß die Tür und ging ebenfalls zum Tresen,wobei er seinen Reisegefährten beim vorbei gehen zunickte.

  • Xanthia hebt ihren Becher zum Gruß in Richtung Dunja. Ihr sind der Edeldame Gemütsbewegungen nicht entgangen.


    Mit weicher und versöhnlicher Stimme begleitet sie ihren Prost:


    " Darauf einen guten Trunk Dunja. "


    Sie führt den Becher an die Lippen und trinkt. Als Sir William an ihnen vorbei geht, hebt sie kurz erneut den Becher, wendet sich dann aber im Plauderton an Hern Berkenbrecht


    " Sagt, Herr Berkenbrecht, werdet ihr von Euren Gefährten in Merndil nicht vermißt werden, wenn ihr so lange ausbleibt ? Und denkt bitte nicht wieder, ich wolle Euch loswerden. "


    fügt sie spitzbübisch hinzu

  • "Das ist schön, das Hr mich nicht loswerden wollt, werte Xanthia... Indes werden mich meine Gefährten nicht vermissen, zumindest nicht in dem Sinne, den Ihr meintet. Eskann gut sein, dass sie schon in die Heimat aufgebrochen sind, wenn ich wieder nach Merndil komme, aber das ist halb so schlimm. Ich wollte so oder so auf Fahrt gehen, da macht es nichts aus, wenn dies früher passiert..."

  • " Auf Fahrt ? "


    Xanthia schaut neugierig über ihren Becherrand hinweg zu Herrn Berkenbrecht Arnulfson und fragt dann interessiert weiter:


    " Ist dies so etwas wie eine spirituelle Suche ?"

  • Herr Berkenbrecht sah Xanthia ein wenig verwundert an, wog dann unentschlossen den Kopf hin und her und meinte schließlich:
    "Man könnte es so ausdrücken, werte Xanthia. Auch wenn es vielleicht die Sache nicht ganz trifft. Nach spritueller Erleuchtung suche ich nicht, da ich meinen inneren Frieden diesbezüglich schon gefunden habe. Aber auf gewisser Weise bin ich schon auf der Suche, ich versuche mehr Erfahrungen zu sammeln, denn später werde ich als Ritter wohl ein Gut verwalten und permanent im Gefolge meines Herren dienen."

  • Auf Xanthias Worte hin hat Dunja ebenfalls ihren Becher erhoben und zustimmend genickt. Als William den Schankraum betritt und gen Tresen strebt, erwiedert sie dessen Gruss freundlich und schaut ihm einen Augenblick nachdenklich hinterher. Dann jedoch widmet sie sich wieder ihren Tischnachbarn und lauscht dem Gespräch zwischen Xanthia und Herrn Berkenbrecht. Bei der Erwähnung der Gutsverwaltung muß sie etwas schmunzeln und fragt schließlich vorsichtig,


    "Ist auf Vinland die Ritterschaft für die Verwaltung der Güter zuständig?"


    Sie schaut den großen Ritter interessiert an...

  • Auch der große Ritter hatte den Damen zugeprostet, dann wandte er sich zu Dunja, um deren Frage zu beantworten:
    "Nein, nicht direkt. Das Konzept eines Ritters ist eigentlich eher fremd auf Vinland, ein Feudalsystem, wie es in den Mittellanden üblich ist, gibt es kaum. Stattdessen herrschen Sippen über bestimmte Landtsriche, die zumeist um ein Dorf herum liegen. Sie werden von Hetmännern oder Hersiren geführt. Jeder Hersir hat eine Anzahl Huskarle, welche eine Art Ritetrschaft darstellen, aber auch ein Hersir ist durchaus mit manchen Rittern der Mittelande zu vergleichen. Dann gibt es die Jarle, die über größere Teile der Insel herrschen, ihnen steht der Jarlfürst vor - zumeist zumindest. Es gibt das Konzept der Gefolgschaft auf Vinland, aber Sippe ist wichtiger. Und wichtiger als Sippe ist Familie. So gelten die Loyalitäten auf Vinland. Auf Kronland sieht das ein wenig anders aus, Kronland ist die Heimat der vinländischen Ritetrschaft. Hier werden durchaus auch Lehen vergeben. Herr Frederic war zum Beispiel auch lange Zeit Lehensnehmer der bretonischen Krone und war Markgraf von Neu-Havre. Dort hatte er auch Lehen an seine Ritter vergeben, so zum Beispiel an Herrn Thorgyr oder an Herrn Wigald. Aber auch innerhalb der Ritterschaft lebt die vinländische Tradition weiter, und so ist freundschaftliche Bande sehr viel enger als das Band Lehensnehmer-Lehensgeber."

  • Dunja hat den Ausführungen des Vinländers aufmerksam zugehört, schließlich fragt sie,


    "Und Ihr werdet bei Eurer Rückkehr ein Lehen von Herr Frederic erhalten? Und trotzdem weiter in seinen Diensten als Ritter stehen? Für Thyngarytische Verhältnisse gehörtet Ihr damit dem niederen Landadel an... im Gegensatz zu den einfachen Rittern, die im Gefolge eines höheren Adligen ihren Dienst versehen, jedoch ohne Landbesitz sind...!"


    Sie überlegt einen Augenblick, dann lächelt sie,


    "Erstaunlich, wie vielfälltig doch die Gepflogenheiten in den verschiedensten Ländern sind und wie sehr sich trotz allem gleichwohl viele Dinge in ihrer Grundessenz gleichen."

  • "Ich weiß nicht genau, ob ich ein Gut von Herrn Frederic erhalte - es muss nicht unebdingt sein, auch wenn dies Wahrscheinlich ist. Und es ist in der Tat nicht ungewöhnliche, im Gefolge eines Herren zu sein, und trotzdem Land zu besitzen. Wir bezeichnen als "Gefolge" so jemanden, der einem Herren Gefolgschaft geschworen hat - im Prinzip das gleiche, wie ein Lehensnehmer einem Lehensherren. Manchmal wird er Begriff Gefolge dann auch anders verwendet - zum Beispiel werden Leibgardisten oder ähnliches auch dem Gefolge zugerechnet, also Leute, die ihrem Herren folgen, um eine bestimmte aufgabe zu erfüllen."

  • "Ungewöhnlich... nun, je nach Stand des Herrn ja oder nein...!"


    Sie wirkt einen kurzen Moment nachdenklich,


    "Das Gefolge des niederen Adels besteht selten aus noch niederem Landadel... solches ist eher dem Hochadel belassen! Aber ich glaube, Ihr erwähntet, daß Herr Frederik ja den Rang eines Markgrafen inne hat, so daß es bei ihm wohl tatsächlich nicht ungewöhnlich sein dürfte..."


    Über des Ritters Unterscheidung von Gefolge und Gefolge muß Dunja dann doch schmunzeln, während sie einen kleinen Schluck aus ihrem Becher nimmt,


    "Freut Ihr Euch auf den Tag, an dem Ihr ein Gut Euer eigen nennt und Herr über Mensch und Tier sein werdet? Werdet Ihr nicht die Freiheit und den Wind vermissen, der einem als Fahrender so verführerisch um die Nase weht?"

  • Während des Gesprächs, das zwischen Dunja und Herrn Berkenbrecht entstanden war, hatte Xanthias Aufmerksamkeit doch um einiges Nachgelassen. Die Feinheiten der Lehensherrschaft und die verschieden Wertigkeiten des Adels untereinander, gehörten nicht gerade zu ihren bevorzugten Interessensgebieten.


    Sie hatte stattdessen die in der Schankstube anwesenden Gäste etwas näher betrachtet. Um jedoch nicht unhöflich zu sein, war sie nebenbei dem Gespräch in so fern weiter gefolgt, wie es nötig war, um nicht völlig den Faden zu verlieren.


    Jetzt fragt sie den Ritter:


    " Nachteile ? Welcher Art ?"

  • Der Vinländer verzog das Gesicht:
    "Da sind natürlich die üblichen Nachteile: Man ist oft auf der Straße und das Leben ist nicht das bequemste. Aber das stört mich nicht. Was mich stört, ist die Tatsache, dass man sich auf seinen Reisen mit so vielen Leuten auseinandersetzen muss, welche einem den letzten Nerv rauben können. Herr Frederic bezeichnet jene gerne als den Mob... Besserwisserische, aufgeblasene, antiautoritäre, unhöfliche und undankbare Stümper, die einer redlichen Frau und einem redlichem Mann das Lebn doch sehr schwer machen können."

  • Xanthia grinst verstohlen.


    " Da gebe ich Euch von Herzen recht. Diese Art Zeitgenossen sind reichlich unangenehm. Und derer viel zu viele."


    Sie überlegt einen kurzen Moment.


    " Aber ist es nicht so, daß man vor aroganten Besserwissern und unverbesserlichen Rechthabern nirgends sicher ist ?


    Als Reisender habe ich wenigstens oft noch die Wahl, ob ich mich mit ihen auseinander setzen will oder nicht lieber eine andere Richtung ein schlage. Angebunden an einen festen Ort, habe ich die Wahl nicht. Da muß ich schon dafür Sorge tragen, daß der Störenfried geht und das "


    Sie prostet Berkenbrecht zu


    " ist um vieles schwieriger."