Am Ostufer des Caranduin

  • Kassandra seufzt wieder.
    "Ancale kriegt zu viel mit", sagt sie.
    Und was soll sie ihnen erzählen? Hey, macht euch keine Gedanken. Ich sehe ab und zu Geister oder Leute die sterben werden. Ach ja, und jetzt grade wieder Dinge, die sich ein gewisser Mondelb jeden Vormittag in seinen Meditationen anschaut. Und das ist echt eklig. Ach ja und ich hab keine Ahnung ob und wie sich das beheben läßt...

  • Alanis lächelt sanft.


    "Ein kluger Kopf. Kommt ganz nach seinen Eltern." Sie bleibt kurz stehen und zupft sich einen kleinen Zweig aus ihrem Rocksaum, der sich dort vergangen hat. Als sie sich wieder aufrichtet, knackt es hörbar in ihrem Rücken. "Also fassen wir zusammen: Du hast Visionen, die Dich immer wieder ereilen und die Du hasst. Du sagst mir nicht, woher sie kommen, also weißt Du es entweder nicht oder Du weißt es und willst es mir nicht erzählen. Dein gutes Recht. Du willst sie loswerden, willst aber nicht mit Deiner Familie reden, aus welchen Gründen auch immer. Deine Freunde sind auch nicht die richtigen Ansprechpartner und entweder nicht im Thema oder gerade nicht verfügbar, wie ich vermute. Du hoffst auf ein paar Tränke von diesem Golo, den ich nicht kenne, der sich aber hoffentlich trotzdem damit auskennt. Und wenn es nicht klappt willst Du anfangen zu trinken, obwohl du schon denkst, Dein Sohn bekäme viel zu viel mit."

  • "Es klingt großartig unreif wie du es zusammenfaßt", stöhnt Kassandra und hält vor der Stadtmauer an um sich mit der Stirn gegen einen Baum zu lehnen. Und wieder. Und noch mal.
    "Kannst du die Klappehalten? Wenn ich es dir erzähle?" Sie schaut Alanis nicht an dabei.

  • Eine Hand schiebt sich dorthin auf den Baumstamm, wo die Stirn das nächste Mal aufprallen wird und Alanis Gesicht taucht in Kassandras Blickfeld auf.


    "Klar kann ich die Klappe halten. Sonst wäre ich wohl eine miserable Priesterin, hm?" Sie lächelt aufmunternd.

  • "Und eine miserable Freundin" murmelt Kassandra.
    "Bellaria und ich haben Ende des Sommers ein Artefakt gebaut", beginnt sie dann zu berichten.
    "Es gab ein paar Komplikationen... eine der Folgen ist, daß ich jeden Vormittag Endúneaths Meditationen sehe. Am Anfang dachte ich ich komme damit klar..."

  • "Artefakt kaputtmachen?", schlägt Alanis spontan vor. "Also, sofern Ihr das Ding nicht mit irgendwelchen Fäden an Euch drei gebunden habt oder so?"


    Ihr Blick gleitet kurz bezeichnend zu Kassandras Handgelenk.

  • "Ich bin mir nicht sicher ob das überhaupt was bringen würde", antwortet Kassandra.
    "Wir haben, hat Silia herausgefunden, aus Versehen mit unserem Ritual ein... eine Art Feuerelementar gestört. Das sich eingemischt und ein paar Dinge durcheinander gebracht hat. Diese Verbindung habe ich vermutlich ihm zu verdanken, nicht direkt dem Artefakt..."

  • "Also eine Art Rache für ein teilverpatztes Ritual?" Alanis zieht die schnupfenrote Nase kraus und wirft Kassi dann einen fragenden Blick zu, der zwischen der Stirn, der Hand und dem Baum hin und her geht. Konnte sie die Hand wegziehen? "Hm, also doch eher ein typisches Magierproblem. Und Endu sieht solche Bilder jeden Vormittag? Weiß er, dass Du diese Dinge siehst?"

  • "Endu meditiert tagsüber. Meistens Vormittags."
    Kassandra sieht nicht so aus als wolle sie den Kopf weiter an den Baum schlagen.
    "Nein, ich bin mir ziemlich sicher daß er das nicht weiß. Das sind auch Dinge... die privat sind. Er würde das sicherlich nicht teilen wollen. Schon gar nicht mit mir."

  • "Tja, aber ich vermute, wenn er es über Umwege herausfindet und nicht von Dir direkt, dann ist es eher schlimmer als besser, oder?" Sie zieht vorsichtig die Hand weg, jederzeit bereit, sie wieder einzusetzen. "Vielleicht haben ja die Mondelben Erfahrung mit solch unfreiwilligem Mithören? Was für uns ungewöhnlich und furchtbar ist, ist für sie vielleicht nur ein kleiner Unfall." Sie sagt 'Mondelfen', aber es klingt wie ein liebevolles 'Schmuddelkinder'. Bereits vor einiger Zeit hatte sie sich mit Kassandra darüber unterhalten, dass es ungut enden konnte, wenn man sich zu sehr mit den Unsterblichen einließ.

  • "Ich erzähls ja auch nicht jedem rum", brummt Kassandra.
    "Eh, bevor ich DIE da drin rumstochern laß ertränk ich mich im Tisch in nem Metfaß..."
    Sie zuckt die Schultern.
    "Ich könnte Silia noch mal belästigen gehen, deshalb." Auch wenn die sie wieder auslachen würde.
    "Sie war der Meinung, daß das vielleicht irgendwann von selber nachlassen würde..."

  • "Es ist einige Zeit her, daß ich mit ihr darüber gesprochen habe. Damals war es noch nicht so schlimm..." Sie richtet sich wieder auf.
    "Ich könnte auch weg gehen. Entfernung scheint die Bilder zu dämpfen. Es war jetzt ein paar Wochen lang ganz weg. Er muß weit weg gewesen sein..."
    Sie gibt sich einen Ruck und macht Anstalten auf die Straße zurückzukehren, winkt Alanis mit dem Kopf ihr zu folgen.
    "Alles keine wirklichen Lösungen..."

  • "Ja. Weggehen ist natürlich eine Alternative. Ich hab da so ein gemütliches Haus, das Du haben kannst. Ich zieh dann zu Damorg in seinen Tempel. Seine Novizin freut sich sicherlich." Alanis Worte tropfen vor wohlmeinender Ironie, dann wird sie wieder ernst. "Nein, das ist doch Käse, Kassi!" Sie tritt auf die Straße. "Lös Dich bitte von dem Gedanken, dass Dir eh keiner helfen kann oder dass es zu privat ist, mit Enduneath darüber zu reden. Das Kind ist nämlich im Brunnen. Seine Gedanken sind nicht mehr länger privat. Und mit jedem Tag, an dem Du untätig bleibst, hättest Du schon längst mit ihm darüber reden und ihn vielleicht mit seinen Gedanken wieder alleinlassen können. Das ist so, als hättest Du beim Staubwischen eine Seite in einem Tagebuch überflogen und würdest es, anstatt Dich zu entschuldigen, dann jeden Tag lesen, weil es ja einmal schon passiert ist!"

  • Kassandra brummt. Sie wollte Endúneath nicht mal sehen, geschweige denn mit ihm über diesen Mist reden. Dann würden irgendwelche eiskalten Hochnasen... Nasen in dieser Geschichte rumstochern und wenn sie Pech hatte auch in ihren Gedanken. Sie schüttelt sich.


    Die beiden Frauen passieren das südliche Stadttor. Kassandra folgt dem Weg einfach weiter geradeaus und läßt sich von ihren Füßen zum Marktplatz im Zentrum der Siedlung tragen.

  • Alanis schüttelt sich ein wenig Schnee von ihren Schuhen, als sie durch das Tor treten. Hier ist der Schnee längst plattgetreten und zu Eis oder Matsch geworden. Sie folgt Kassandra, die sich scheinbar einfach treiben lässt und belässt es erst einmal bei freundschaftlichem Schweigen.


    So erreichen sie irgendwann auch den Marktplatz.

  • Nachdem sie Amonlonde Stadt und auch den Tavernenbesuch hinter sich gelassen hat, wendet sich Tear den weniger oft besuchten Wegen zu und hält sich zunehmend an Pfade, die nicht zum singenden Wald führen, sondern fort davon. Einen Grund dafür kann sie nicht finden, auch wenn ihr Blick öfter als sie bewußt wahr nimmt in seine Richtung geht.


    Die Luft ist schneidend kalt und immer wieder bilden sich kleine Nebelschwaden vor dem Gesicht der Wildelbe. In der Ferne kommt das Rauschen des Flusses näher, die Gerüche der Stadt bleiben hinter ihr zurück.


    Mit halbgeschlossenen Augen lauscht sie dem Knirschen des Schnees unter ihren Füssen und lässt ihn absichtlich aufstoben.


    Das weitläufige Ufer ist umrahmt von kleinen Schollen, die zum Tel am Ufer festgefroren oder von kahlen dunklen Ästen, die von den Bäumen ins Wasser ranken festgehalten werden. Darunter fließt wild und beständig der Caranduin entlang.


    Weiter im Westen fern der Brücken... liegt das Gebiet der Waldelben. Sie waren schon lange aus den Gedanken verschwunden und taten nichts dafür, das man sich ihrer erinnerte... aber... warum auch.


    Irgendwann hat sie einen Stein entdeckt, der ihr geeignet erscheint. Ein Halbkreis schützender Bäume im Rücken, entfernt sie den Schnee und lässt sich dann im Schneidersitz nieder. Die Waffen behält sie auf dem Rücken, griffbereit, aber sie löst die Zöpfe aus ihrem Haar und die Federn und genießt den kalten Wind, der augenblicklich durch ihre Locken weht.


    Ein Teil von ihr geht auf Reisen, wie sie es gelernt hat, nach den Ereignissen um Alanis Suche nach ihrem Gefährten aber sie berührt damit dennoch keinen anderen, um seine Träume zu teilen. Statt dessen bewahrt sie sich einen winzigen wachen Teil ihres Selbsts und streift damit das Herz ihres Gefährten. Vorsichtig, nur um zu wissen, dass er noch irgendwo in einer bekannten Nähe ist.

    Pink fluffy unicorns dancing on the rainbow..dummidudidummm

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  • Endúneaths Geist ist nicht besonders abgeschirmt und stellt Tear'asel also keinerlei Schwierigkeiten in den Weg. Eine Antwort kommt allerdings auch nicht. Als wahrscheinlichster Aufenthaltsort stellt sich - wenig verwunderlich - die Botschaftssiedlung heraus.

  • Zumindest ist er unter den seinen und somit vermutlich nicht ganz ungewollt in der Situation seine Gefühle wieder kontrolliert handhaben zu können und die Sicherheit eines strukturierten Auffangnetzes vor den Überraschungen des Lebens.


    Sie kontaktiert ihn nicht, vielleicht spürt er die kurze mentale Anwesenheit ihrer Seele, aber es ist nicht mehr als ein kurzer Blick, nur um zu wissen, dass es ihm gut geht... wie auch immer sich das äußert.


    Der Atem der Wildelbe wird tiefer, die Hände legen sich auf die Knie, als sie perfekt im Schneidersitz Platz genommen hat. Ihr klarer Blick fixiert die freiliegenden Bewegungen im Wasser, bis sie die feinen sanft leuchtenden Lebenslinien des Element erkennen kann. Sie begibt sich in ihr Spiel, lässt die Geräusche plätschernden Wassers und leise knackenden Eises in ihren Geist und schwimmt schließlich mit ihnen davon.

    Pink fluffy unicorns dancing on the rainbow..dummidudidummm

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  • Vier Stunden später ist es ein erstes Blinzeln, dass andeutet, dass die Wildelbe aus ihrer Meditation erwacht. Langsam, da ihre Glieder in der Kälte steif geworden sind, hebt sie eine Hand und streift sich den leichten Raureif von den Wimpern. Die Sonne ist dem Nachmittag anheim gefallen und taucht das Wasser zu ihren Füssen in diamantfarbenes Glitzern. Das Licht bricht sich auch in den Eiszapfen und bringt den Schnee zum Leuchten.


    In den Wäldern von Anthar mag es jetzt auch so aussehen... die Zeit des weißen Schlafes. Bald jedoch würde der Frühling kommen und damit das scheinbar abwesende Leben. In ihrer Heimat Anhor würde bald Grüngras gefeiert werden und viele der erwachsen gewordenen Welpen würden ihre Reise antreten, um einen der Pfade zu dienen.


    Sie schüttelt ihre Schultern aus und wirkt für einen Moment, wie sie da auf dem Felsen sitzt wie ein aufgeplusterter Spatz, auch wenn sie mitnichten seine Harmlosigkeit inne hatte.


    Federn und anderer Haarschmuck findet den Weg zurück in ihr dunkles langes Haar, dann springt sie mäßig leichtfüssig vom Fels herunter.


    "Noresh taine n'aer ll."


    Tears Blick wischt augenblicklich nach hinten und die blauen Augen glühen auf.