Zum brennenden Tisch 22

  • Alanis seufzt.


    "Nun, das ist schon einige Male vorgekommen. Es gibt Länder, in denen die Elemente sehr schwach sind - es scheint tatsächlich so, dass es Gegenden gibt, wo alleine die Anzahl der Gläubigen die Macht eines Gottes oder der Elemente steigen oder fallen lässt - und ich habe nicht wenige davon besucht."


    Wieder verschränkt sie die Finger auf der Tischplatte und blickt hinunter auf ihre Hände, so als könne sie dort eine Hilfe finden, wie sie die Dinge formulieren sollte.


    "Wie ich damit umgehe? Ich versuche mich darauf zu verlassen, was mir mit Geschicklichkeit und Geisteskraft möglich ist. Wenn es nicht reicht, dann bedauere ich das, doch ich lasse mich davon nicht grämen. Solange ich nicht aufhöre, in meiner freien Zeit zu lernen und besser zu werden, sehe ich dafür keinen Grund."

  • "Ah! Jetzt kann ich auch Eure Aussage zum Thema des konventionellen Heilens nachvollziehen!"


    Chandra nickt verstehend,


    "Das erinnert mich ein wenig an Schwester Sarah, eine Heilerpriesterin der Wissenden..."


    Sie verstummt mit einem verlegenen Lächeln, nicht sicher wie solche Dinge hier wohl bewertet werden. Dann formuliert sie vorsichtig,


    "In Adalonde gibt es einige Wenige, denen die Götter die Gabe verliehen haben... einen Verstorbenen ins Leben zurück zu rufen... wenn der Tod erst vor kurzem eingetreten & der Leichnam noch nicht bewegt worden ist..."


    Ein prüfender Blick Richtung Alanis,


    "Schwester Sarah ist von der Wissenden mit dieser Gabe gesegnet... und doch hat sie mehr als einmal Gefährten verloren geben müssen...!"


    Sie erinnert sich an das Gespräch mit dem seinerzeitigen Mentor der jungen Frau, der sie damals um Rat gefragt hatte...

  • Alanis braucht eine kleine Weile, um sich eine Antwort auf die Situation zurechtzulegen.


    "Wenn jemand unter meinen Händen stirbt, dann bitte ich das Sein, mich spüren zu lassen, ob noch ein Rest Leben in dieser Person ist. Dann bitte ich das Sein, dieses Leben zu stärken, notfalls auch, indem ich mein eigenes Leben als Gegenleistung anbiete. Hat das Sein jedoch den Körper verlassen, beginnt dieser augenblicklich, sich zu verändern. Natürlich mag es möglich sein, das Leben mit Hilfe des Gebets zurückzuführen, schließlich habe ich es selbst gesehen. Doch ich glaube, daß es immer ein Risiko ist. Für den, der bittet und für den, für den gebeten wird."


    Ihre Stimme ist ruhig und so leise, dass man sie am Nachbartisch nicht verstehen kann.


    "So etwas sollte eine Ausnahme bleiben. Immer. Man sollte die Gunst der Überirdischen nicht überanstrengen. Und man sollte einsehen, dass die Kraft der Magie, die man zu den selben Dingen, nämlich der Wiederbelebung, ebenfalls einsetzen kann, wohl selten so umfänglich sein kann wie die Kraft eines Gottes."


    Ihre Stirn furcht sich leicht.

  • Die Magierin lächelt äußerst selbstironisch,


    "Bislang habe ich so etwas nur bei Priestern gesehen... als Wirken der Götter! Wenn ein Zauberkundiger so etwas tut, so ist er meist ein Nekromant und der Vorgang des Wiederbelebens ist selten ein guter, geschweige denn ein gewünschter!"


    Sie schüttelt den Kopf,


    "Man hat mir gesagt, dass die Götter dieses Wunder niemals gegen den Willen des Verstorbenen geschehen lassen... und dass es einen hohen Preis von dem bittenden Priester als auch von den anderen Beteiligten fordert."


    Ein fast erleichterter Zug liegt auf Chandras Zügen als sie bemerkt,


    "In solchen Momenten bin ich froh, dass die Götter mir die Ausübung der Heilkunst verwehren... ich glaube, wenn man alles tut, was in seiner Macht steht und am Ende reicht es doch nicht..."

  • "Ich habe vor Kurzem lernen müssen, dass ich, trotz all meines Wissens, meines Willens und meiner Kraft, manchmal die Dinge geschehen lassen muss. Denn was ist vermessener als eine Priesterin, die meint, überall sein und helfen zu müssen, sich selbst dabei zerstört und anderen jede Chance nimmt, teilzuhaben und zu wachsen. Das ist weder im Sinn des Lebens noch des Gleichgewichts."


    Alanis Lächeln ist nachdenklich und wirkt für einen Moment müde, wenn auch nicht weniger ehrlich.


    "Deswegen mache ich hier auch - Urlaub, bevor ich wieder auf Wanderschaft gehe."

  • Chandra schaut Alanis eine ganze Weile nachdenklich an und nickt schließlich,


    "Ja, Ihr habt Recht! Dinge geschehen zu lassen ist ebenso wichtig... wenn nicht gar wichtiger!"


    Ihre Stimme ist leise und sehr beherrscht, während in ihren Augen eine alte Trauer zu liegen scheint. Letztendlich jedoch wischt sie die Schatten der Vergangenheit mit einer energischen Handbewegung fort und fragt stattdessen lächelnd,


    "Und? Gelingt Euch das?"


    Ihr Blick ruht prüfend auf den Zügen der Heilerin,


    "Urlaub zu machen und Euch zu entspannen?"

  • Heiterkeit huscht über Alanis Gesicht und ihre weißen Zähne blitzen auf.


    "Nun, ich leide vor allem Anderen an dem unersäglichen Fluch der Neugierde. Immer gibt es so viele interessante Dinge und Personen, Geschichten, in die man sich einmischen könnte. Und wenn man sich auch denkt, die Dinge wäre harmlos - schwups, steckt man bis zu den Knien in neuen Problemen."


    Wieder wird sie ein wenig ernster, wenngleich ein kleines Leuchten über ihr Gesicht geht.


    "Ich glaube, dass es unerlässlich ist, einen Punkt zu finden - einen Ort, eine Person, eine Erinnerung, ein Gedanke - die es uns ermöglicht, die Geschehnisse und Gefahren der Reisen, die wir unternehmen, von uns abzustreifen. An den wir uns zurückziehen können und den man uns nicht nehmen kann. Auch wenn wir in unserer Lebensführung niemals wirklich zur Ruhe kommen können, so wiegen doch jene Momente, in denen wir ganz bei uns selbst und unserem Innersten sind, alle Mühsal auf."

  • Erneut kommt Chandra jener verzauberte Ort in den Sinn, den sie stets besucht hat, wenn sie nicht weiter wußte und an allem gezweifelt hatte,


    "Und wieder muss ich Euch recht geben, werte Frau Alanis!"


    Ein zustimmendes Lächeln liegt auf ihren Zügen,


    "Ich glaube ich würde Euch zu gerne einmal in einem unserer Tempel begrüßen... vielleicht sogar einmal in der Feste des Feuerordens... ich könnte mir vorstellen, dass es Euch gefiele."

  • "Es wäre mir eine Ehre, Euch zu besuchen - wenn Ihr mir sagt, in welcher Eurer Wirkungsstätten diese Tempel liegen, werde ich sicherlich einmal die Gelegenheit finden, sie mir anzusehen. Denn wie ich schon sagte - das Leben ist ständiges Lernen und ich bin zu neugierig, um mir so etwas entgehen zu lassen." Alanis schmunzelt. "Vor allem wäre es erfreulich, dort so offenen Menschen wie Euch zu begegnen."

  • "Ihr müßtet Eure Schritte gen Adalonde oder aber gen Cornia lenken."


    Die Magierin lächelt,


    "Wobei die Mitglieder der cornischen Tempel wohl um einiges weltoffener sind als die Adalonder! Aber wie überall gibt es solche und solche... die Diener der Wissenden teilen sich in die Suchenden & die Bewahrenden, wobei letztere schon mal konservativer sein können als erstere, die nun einmal ständig Neuem ausgesetzt sind und dies auch suchen."

  • "Wo finde ich diese Länder - sind sie Teil der Mittellande?" Bei diesen Worten greift sie nach ihrer Umhängetasche und fördert ein abgegriffenes, grünen Buch hervor, das sie aufschlägt, um sich Notizen zu machen. "Darf ich mich bei einem solchen Besuch auf Euch beziehen? Ratet Ihr mir einen bestimmten Tempel an?"

  • "Nein... sie liegen nicht in den Mittellanden..."


    Einen Moment überlegt sie, wie sie Alanis am besten den Weg dorthin beschreiben kann,


    "Ich gestehe, ich selbst benutze einfach eins der Tore... "


    Erneut scheint sie unschlüssig, dann kramt sie in ihrer Tasche und legt schließlich einen kleinen grünen Stein mit goldenen Sprenkeln vor die Heilerin auf den Tisch,


    "Dies ist ein sogenannter "Schlüsselstein"... er sorgt zum einen dafür, dass er Euch zum nächstgelegenen Tor bringt... und zum anderen, dass Ihr innerhalb des Tores nicht 'verloren' geht!"


    Sie lächelt verhalten,


    "Ob Ihr damit den Weg nach Cornia oder Adalonde wählt, ist Euch überlassen! Und natürlich könnt Ihr Euch jederzeit auf mich berufen!"


    Ein belustigter Ausdruck huscht über ihre Züge und sie fügt an,


    "Falls Ihr es einrichten könnt, geht in den Hochtempel zu Cornia! Der Tempel zu Meggido ist zwar um ein vielfaches beeindruckender, aber dort findet Ihr nur in Begleitung eines Führers hin... obwohl..."


    Sie bricht ab und beginnt erneut in ihrer Tasche zu suchen, bis sie ein Schriftstück gefunden hat, welches sie neben den Stein legt. Darauf sind fremdländische Schriftzeichen und ein goldenes Schlangensiegel zu erkennen,


    "Dies ist ein 'Begleitbrief', ausgestellt von... der Hohepriesterin... mit ihm solltet Ihr keine Schwierigkeiten haben einen 'Führer' zu finden!"


    Ein feines Lächeln umspielt Chandras Lippen...

  • Alanis beugt sich interessiert vor, als Chandra den Stein zum Vorschein bringt und mustert ihn. Ob der Tatsache, dass sie ihn neben seines praktischen Zwecks noch sehr hübsch findet, muss sie lächeln. Das Schreiben hingegen nötigt ihr eine hochgezogene Augenbraue ab, da sie die Schrift nicht kennt.


    "Ich sehe es also richtig, dass mich dieser Stein führt -." Sie lässt die Hand über dem Stein schweben, berührt ihn jedoch nicht. "Welche Art der Führung darf ich erwarten? Wird es sich verändern oder wird es mich verändern?"

  • "Hmm... vielleicht läßt es sich am besten so beschreiben... wenn Ihr den Stein bei Euch tragt und Euch auf die Suche nach einem der Tore macht, so werdet Ihr automatisch die richtige Richtung einschlagen, ohne dass Ihr weiter darüber nachdenken braucht... bis Ihr dort seid. Beim, bzw. im Tor selber sorgt der Stein nur dafür, dass Ihr den richtigen Ausgang erwischt."


    Sie lächelt leicht und versucht dann zu erklären,


    "Ein Tor besteht aus einem Ort mit unendlich vielen Möglichkeiten des Seins, bzw. des Wo man ist... indem man eine auswählt, wechselt man die Welt oder das Land oder die Dimension."


    Mit einem kurzen Schulterzucken fährt sie fort,


    "Nicht alle Tore führen überall hin... manche Tore führen nur hin aber nicht zurück... das meistbenutzte Tor in Adalonde führt in den Tempel der Wissenden nach Felia in Laguna, dort wird man Euch auch bezüglich einer Reise gen Meggido weiterhelfen können."


    Erneut huscht ein Lächeln über Ihre Züge,


    "Solltet Ihr Sorge haben, dass der Stein Euch in irgendeiner Form beeinflusst, so könnt Ihr beruhigt sein... eher ist es so, dass er auf seine Weise mit Eurem Unterbewußtsein kommuniziert und nur die Fragen beantwortet, die ihm in Bezug auf den Weg zu den Toren gestellt werden."

  • Alanis lauscht der Beschreibung und nimmt dann den Stein auf. Matt im Licht glänzend, liegt er auf ihrer Handfläche.


    "Ein interessante Einrichtung." Ihre Mundwinkel heben sich. "Meine Wahlheimat Dargaras findet man auf ähnliche Weile - man muss dafür nur einen Nebel betreten und seine Gedanken auf das Land richten, dann gelangt man meist dorthin. In einigen Fällen läuft man allerdings gegen den nächsten Baum."


    Schalk blitzt in ihren Augen auf, dann zieht sie auch das Schreiben zu sich heran. Als sie von dem Pergament wieder aufblickt, nickt sie Chandra zu.


    "Vielen Dank. Ich werde es nutzen, wenn ich die Zeit dafür finde. Es ist mir eine Freude, mich auf Euch berufen zu können."

  • "Kommt mir bekannt vor...!"


    schmunzelnd nickt die Magierin,


    "Ich kann mich noch gut an meine ersten Versuche mit den Toren erinnern... wenn man seine Gedanken nicht ordentlich besammen hat und wirklich hundertprozentig auf sein Ziel richtet, landet man wer weiß wo!"


    Sie muss lachen,


    "Und ein Baum ist da noch eins der schöneren Dinge auf die man treffen kann!"


    Mit einer leichten Verneigung antwortet sie,


    "Es ist mir eine Ehre Euch diesbezüglich behilflich sein zu können!"


    Dann lehnt sie sich zurück, betrachtet die Heilerin einen Moment und fragt schließlich höflich,


    "Nachdem wir uns nun so trefflich über unsere Weltanschauungen ausgetauscht haben... mögt Ihr mir nicht etwas über Euch erzählen? Oder über Dargaras?"

  • Alanis verschränkt die Arme und lehnt sich schwer gegen die Stuhllehne.


    "Hm, Dargaras. Wie soll ich es am ehesten beschreiben - am Besten nicht so, wie ich es bei einem Ritter während der Tage des offenen Lernens tat. Er geriet beim Tanzen derart aus dem Takt-."


    Sie schmunzelt bei der Erinnung.


    "Es gibt Länder, in denen Magie und das Wirken des Götter nur schwache Spuren hinterlassen. Dargaras ist das Gegenteil jener Länder. Hinter den Nebeln verborgen, die das Land gegen das Eindringen von äußerem Übel bewahren, lebt dort eine recht kleine, aber dafür umso buntere Gesellschaft. Bunt deswegen, weil die herrschenden Sippen im Lande fahrende Sippen sind."


    Sie bestellt nun bei der Schankmaid eine ganze Kanne Tee und ein Stövchen dazu.

  • "Vor Schreck oder Ekstase...?"


    Chandra zwinkert Alanis vergnügt zu, dann lauscht sie interessiert deren weiteren Ausführungen,


    "Das klingt gemütlich... fast ein wenig familiär. Kein Adel? Keine 'Herrscher'?"


    Sie scheint fasziniert...

  • "Hm, es sah mich an, als wäre mir Hörner gewachsen - ich vermute es war der Schreck."


    Gespielt grüblend legt sie die Stirn in Falten, um dann aber zum eigentlichen Thema zurückzukommen.


    "Es ist - anders. Gemütlich ist es nicht immer, weil sich die verschiedenen Sippen in ihrer Lebensweise so sehr unterscheiden, dass es beim großen Sippenrat immer hoch hergeht. Es gibt Bootsschiffer - Fahrende, die auf Hausbooten leben und die Flüsse und Kanäle des Landes befahren. Dann fahrende Sippen, wie man sie sicherlich aus dem Mittellanden kennt und vor denen man dort sicherlich die Wäsche und die Kinder verstecken würde. Dazu noch einige anderen Sippen, die der fahrenden Lebensweise mal näher, mal ferner stehen. Doch sie alle haben ihren gemeinsamen Ursprung in den Zeiten vor mehreren hundert Jahre, als einige Fahrende den Weg in das Land fanden, den dortigen Herrscher entthronten - er soll ein übler Mensch gewesen sein - und ihre Lebensweise nach Dargaras brachten. Seitdem ist es, wie es ist. Eng mit den Geistern der Ahnen verbunden, von den göttern durch die Nebel geschützt und in letzter Zeit offener als noch vor einem halben Jahrzehnt, als mich meine Reisen dorthin verschlugen."

  • Gebannt folgt die Magierin Alanis Beschreibung. Dies ist so anders als das, was sie bisher in ihrem Leben gewohnt war. Ein Land, in dem die Fahrenden das Sagen hatten. Sie lächelt belustigt als ihr spontan jemand einfällt, der dort sicherlich äußerst glücklich wäre. Dann konzentriert sie sich wieder auf das hier & jetzt und hebt überrascht eine Augenbraue als sie Alanis letzten Satz vernimmt,


    "... als Euch Eure Reisen dorthin verschlugen?"


    Chandra schaut die Heilerin überrascht an,


    "Ich dachte Dargaras wäre Eure Heimat...?!"