Der Tempel Kapals

  • Johanna warf ihm über dem Butterbrot einen schelmischen Blick zu. Dennoch nahm sie sich Zeit, genüsslich zu kauen, bevor er eine Antwort bekam.


    "Tatsächlich habe ich über den Winter auch einiges schleifen lassen - in meinem Fall natürlich keine Plattenteile."


    Sie schlug ein Bein über das andere, ihre Fußspitze tippte in einem gleichmäßigen Rhythmus gegen das Tischbein.


    "Ich habe von den meisten anderen Priestern so wenig mitbekommen, dass ich mir gestern vorgenommen hatte, mal bei Ihnen und in den Tempeln vorbeizusehen."

  • "Und das obwohl der Winter eigentlich die ruhige Jahreszeit ist, hier am Festland."


    Mit nur wenigen Bissen war das Brot in seinem mund verschwunden.


    "Aber jetzt im Frühling machen Spaziergänge natürlich auch gleich viel merh Freude. Da macht man den ein oder anderen Besuch mehr."

  • Johanna grinste schief.


    "Wirklich ruhig ist's bei mir nie. Leider sitzt mir die Stadtkämmerei im Nacken und bereitet mir schlaflose Nächte. Da wir nur einen Teil unserer Kosten mit unserer eigenen Arbeit decken können, müssen wir auf jedes Kupfer schauen. Mein Versuch, eine zusätzliche Arbeitskraft anzustellen, wurden leider auch stark reglementiert. Ergo komme ich auch deswegen zu Dir."


    Johanna wirkte stark ernüchtert, was ihre Lehrtätigkeit anging.


    "Der Kämmerer legte mir nahe, einen Mäzen für das Waisenhaus zu finden, um die finanzielle Lage zu entspennen. Würde Dir jemand einfallen, an den ich mich wenden könnte?"

  • Damorg blähte die Backen auf und lies die Luft entweichen. Das war ein rascher Themenwechsel.


    "Hm. Auf Anhieb würden mir da nur die Händler einfallen, die sich hier niedergelassen haben. Sonderlich viele reiche Bewohner gibt es sonst nicht."


    Er schnitt sich eine weitere Scheibe Brot vom Leib.

  • Johanna dachte an Tauron von Daik und wurde in einer Folge flammend rot und dann wieder blass. Sie senkte rasch den Kopf, damit man ihr die Verlegenheit nicht ansah, verschluckte sich prompt und musste husten, bis ihr das Wasser in den Augen stand.


    Als sie sich wieder gefangen hatte, versuchte sie es erneut mit einem Themenwechsel, eher zurück zum alten Thema.


    "Und, gehst Du dieses Jahr auch wieder mit der Garde auf Reisen?"

  • Damorg warf der Priesterin einen etwas irritierten und fragenden Blick zu, dann räusperte er sich, um ebenfalls das alte Thema zu umgehen.


    "Bis jetzt sieht es so aus. Aber es werden wohl eher ruhige Botenreisen."

  • Der Priester schmunzelte.


    "Das ist nur layagefällig."


    Es lag noch immer ein fertig geschmiertes Brot vor Damorg auf dem Brett, welchem er sich nun widmete. Pflaumenmus und Butter, der Genuß war dem Priester anzusehen.


    "Du wirst hier bleiben?"

  • Johanna wischte sich die Finger über dem Teller ab und ein paar Krümel fielen dennoch auf die Tischplatte.


    "Tatsächlich würde ich die Garde gerne einmal begleiten. Meine gegenwärtigen Verpflichtungen lassen es jedoch nicht zu. Wenn ich eine Person mehr wüßte, die das Waisenhaus leitet, solange ich nicht da bin, dann wäre das alles keine Frage."

  • Damorg grübelte.


    "Hm, da fällt mir leider auch keine Person ein. Aber wenn sich die Gelegenheit ergibt ist es die Erfahrung wert, einmal die bekannte Welt zu verlassen, solange man weiß das man zurückkehren kann."


    Nachdem er das Brot vollständige verdrückt hatte, blickte er der Priesterin kurz in die Augen.


    "Aber es wird sicherlich bald jemand von der Insel kommen, dem du vertrauen kannst, was das Waisenhaus angeht."

  • Ein verschmitzter Ausdruck trat in Johannas graue Augen.


    "Wir werden sehen. Ich werde niemanden kommen lassen, bloß weil ich durch die Weltgeschichte reisen möchte. Schwester Miriel werde ich noch einmal fragen, denke ich. Ich weiß nur nicht, ob sie Lust darauf hätte, sich mit vierzig Kindern abzugeben. Zumal sie die Einzige ist, die sich momentan um den Schrein kümmert, weil ich den ganzen Tag eingebunden ist."


    Sie nahm sich ein Stückchen Käse und biss genüsslich davon ab.


    "Aber naja, das wird die Zeit zeigen. Und vielleicht sollte ich wegen der geldlichen Förderung nicht wieder denselben Kämmerer ansprechen."
    Eine kleine, steile Falte erschien auf ihrer sonst glatten Stirn.

  • Damorg nickte bedächtig, als er einen Schluck aus seinem Becher nahm.


    "Genau viele Dinge ergeben sich mit der Zeit von selbst. Habt ihr wegen eures Problems mit dem Wiasenhaus schon einmal mit dem Procurator selbst gesprochen? Vielleicht könnte das etwas bewegen."


    Als der Priester sich erwischte wie er das Geischt Johannas genauer musterte schaute er schnell leicht verlegen in seinen Becher.

  • Der Priester schüttelte erneut leicht den Kopf und blickte wieder zur Priesterin auf, ein schmales Lächeln auf seinen Lippen.


    "Ich habe nur noch nie eine Sorgenfalte auf deiner Stirn gesehen, oder bemerkt, das war ungewohnt. Was eine Zeit wenn sich selbst die Priester der Lächenlnden Sorgen machen müssen."


    Damorg seufzte leise.

  • Johanna lächelte sachte.


    "Die Falte ist schon seit ein paar Jahren da, Damorg. Und tatsächlich - um Dir ein gut gehütetes Geheimnis meiner Kirche zu verraten - sind wir Laya-Priester auch nur Menschen mit allen Sorgen und Nöten. Das Lächeln sollte uns darüber erheben, aber es schließt sie nicht aus. Im Gegentei. Je mehr wir tragen, desto mehr müssen wir lächeln."


    Sie lehnte die Ellbogen auf die Tischplatte und blickte ihn durchdringend an.

  • Damorg zog eine Uagenbraue nach oben und war ihr damit einen fragenden Blick zu. Den Becher den er eben noch in der hand gehalten hatte, lies er sachete auf der Tischplatte los.


    "Habe ich etwas falsches gesagt?"

  • Die Priesterin grinste plötzlich, alles milde und erhabene wich von ihr und machte schalkhafter Belustigung platz. Die Sorgenfalte war nicht mehr zu sehen, dafür umso mehr Lachfalten, sie sich um Johannas graue Auge tummelten.


    "Nein, wieso?"

  • "Nunja, so ein musternder, durchdringender Blick kann viel bedeuten."


    Er zuckte mit den Schultern und wirkte dabei leicht verlgen.


    "Mein alter Kestor hat mich häufig so angesehen, wenn ich etwas ausgefressen hatte."

  • Damorg grübelte kurz, leicht gespielt, bevor er antwortete.


    "Nicht das ich wüsste und sicherlich erinnerst du mich nicht an meinen Kestor. Er war bereits ein alter Mann als ich ihn das letzte mal gesehen habe. Da gibt es keine Ähnlichkeiten. Aber was hatte der Blick dann zu bedeuten?"