Ashabas Hütte am Oberen Stichweg

  • "Ehrlich gesagt weiß ich nicht, wie brisant meine Informationen sind, so dass ich auch nicht einschätzen kann, inwieweit sie bereits bekannt sind."


    Sie schürzt die Lippen.


    "Man würde mir den Arsch aufreißen, wenn ich diese Informationen weiter gäbe. Nur so viel: Möglicherweise erzähle ich dir nichts neues, wenn ich dir sage, dass diese Nymbra nicht das größte Problem sind. Dieser plötzliche Friede hat einen Sinn."


    Kurz überlegt sie, was sie noch preiß geben darf und entscheidet sich dann, nichts mehr zu sagen. Zuerst müsste sie Rücksprache halten mit seiner Excellenz. Der Katschmarek hatte ihr zwar nicht direkt untersagt darüber zu reden, doch wusste sie auch nicht, was in diesem Forlond genau vor sich ging und wie viel die Bevölkerung wusste. Oder wissen durfte ohne in heillose Panik zu verfallen.

  • Alanis verschränkt die Arme vor der Brust und blickt Ashaba aus den Augenwinkeln an.


    "Also einmal rein in's Blaue hinein gesprochen: wenn zwei Rassen, die sich jahrelang bis auf's Blut bekriegt haben und von denen die eine als besonders blutrünstig, hinterhältig und schwer zu besiegen dargestellt wird, plötzlich Frieden schließen, könnte das bedeuten, dass es etwas gibt, von dem sie denken, dass sie es nur gemeinsam bezwingen können."


    Sie räuspert sich.


    "Nun, dann werde ich ein paar Verbände mehr einpacken."

  • "Schaden wird es nicht. Zur Not kann man Kissen mit den Verbänden ausstopfen oder sie den Kindern zum Untote spielen geben."


    meint sie und zuckt mit den Schultern. Etwas überrascht stellt sie fest, dass Alanis scheinbar wirklich nur einen kleinen Teil dessen zu ahnen scheint, was ihnen dort bevorsteht. Das würde ein böses Erwachen geben, wenn sie es erst mal feststellte.

  • Alanis seufzt.


    "Also ganz ehrlich: das ist mir noch nie im Leben passiert, dass ich Verbände hätte weggeben können. Aber ganz ehrlich: wenn man einen Mann wie Arnulf zum Befehlshaber an diesem Ort macht, muss dort wirklich der Scheiße dampfen, wie man so schön sagt. - Gehst Du auch dorthin?"

  • "Das kommt drauf an, wie sich die Procuratoren und der Präfekt entscheiden. Möglicherweise hat das auch so viel Tragweite, dass der Rat der Tempestarii die Entscheidung fällen wird. Wenn es dazu kommt, dass wir uns dort einmischen, dann werde ich wohl zugegen sein. Die meisten der anderen Sergeanten ziehen den Dienst hier in der Siedlung vor. Wir werden also sehen."


    Sie lehnt sich zurück und sucht eine entspannte Haltung.


    "Was ich darüber denke, ist vorerst völlig egal."


    Dann sah sie Alanis forschend an.


    "Dieser Arnulf. Ich muss zugeben, dass ich einige Vorbehalte gegen ihn habe. Ist er ein guter Anführer? Als Ausbilder scheint er nicht allzu gut zu sein."

  • "Der Soldat in Dir wird sich wohl vorerst keine Meinung erlauben, aber der Mensch in Dir hat sicherlich eine." Ein feines Lächeln zuckt um Alanis Lippen. "Aber Du hast Recht, wir werden sehen. - Was Arnulf angeht: er ist unbeherrscht, brutal und unfair. Ich halte ihn für einen exzellenten Krieger, ob er ein guter Anführer sein kann, weiß ich nicht."

  • "Bisher war ich immer der Meinung, dass ein guter Anführer gleichzeitig ein guter Ausbilder sein muss, ein guter Ausbilder jedoch nicht gleichzeitig ein guter Anführer. Ich sehe diese Entwicklung also mit ein wenig Stirnrunzeln. Gleichzeitig kann und darf ich dem Katschmarek nicht die Urteilskraft absprechen, dass er diese Dinge klug entscheiden kann und den Richtigen hin sendet. Möglicherweise bedarf es dort nun Unbeherrschtheit und Brutalität. Doch als Anführer musst du überlegt sein. Wenn er das nicht kann oder nicht zumindest lernt, ist diese Sache zum Scheitern verurteilt."


    Sie seufzt. In ihrem Gesicht sind Sorgen zu lesen.


    "Ein exzellenter Krieger zu sein, heißt nicht, dass du zum Anführer geboren bist. Im direkten Kampf ist z.B. Damorg wesentlich gefährlicher als ich. Doch für einen Anführer ist er zu hitzig. Der Kampf benebelt sein Denken. Er würde sich wohl niemals freiwillig zurückziehen, auch wenn der Kampf entschieden ist und nur noch der Tod am Ende stünde. Vermutlich würde er alle, die unter ihm stehen mit in den Tod nehmen. Ich hoffe, dass Arnulf nicht nur ein exzellenter Krieger ist, der den Tod nicht fürchtet, sondern auch genug Sorge um die Menschen in seinem Herzen trägt und die Ruhe hat, mit kühlem Kopf Situationen zu beurteilen."

    Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht.
    Homunkulus (~835 - 902)

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  • "Feuerpriester haben es nun einmal an sich, dass sie nicht zum Führen geboren sind. Mit ihnen über militärisch sinnvolles Vorgehen zu diskutieren oder Taktiken zu entwickeln, bedeutet, gegen eine Wand zu rennen." Um Alanis Mund zuckt es kurz, leicht amüsiert. Wenn sie selbst das Feuer in sich trug, in ihren Händen barg, wo es das Fleisch abschälte, weil Feuer immer Feuer war und sein würde, dann spürte sie weder Schmerz noch konnte sie einen klaren Gedanken fassen.


    "Arnulf ist ein guter Ausbilder. Das, was letztes Jahr in der Akademie geschehen ist - nun, ich für meinen Teil war gut informiert. Ich wußte, was mich erwartet und auch, dass mich die Simulation hätte töten oder nachhaltig verstümmeln können. Mir war das egal."


    Sie hebt die Schultern und umfasst nachdenklich das Amulett, das um ihren Hals hängt, in einer unbewußten Geste.


    "Arnulf hält mir hin und wieder einen Dolch an die Kehle, nur um zu sehen, ob ich genug gelernt habe und aufmerksam genug war. An seiner Fähigkeit, nachhaltig denken und handeln zu können, zweifele ich nicht, ebenso wenig wie an seiner direkten Ehrlichkeit Sein Temperament macht mir jedoch auch Sorgen, was die Führungsposition angeht, ja. Falls es wirklich gefährlich werden sollte - wovon ich ausgehe, wenn ich das, was Du nicht gesagt hast, richtig auslege -, könnte die Expedition einen kühlen Kopf besser gebrauchen."

  • "Jemanden aus völlig undurchsichtigen Gründen während der Ausbildung halb umzubringen, halte ich für nicht nur keinen Erfolg sondern kopflos und dumm. Ich gehe davon aus, dass er eine persönliche Abneigung hat gegen Damorg und diese Situation deswegen zustande kam. Ja, durch Schmerzen lernt man. Ja, auch bei meinen Leuten gibt es Prellungen, es fließt zuweilen Blut doch bisher musste noch nie jemand von der Schwelle des Todes gerissen werden. Was soll dabei heraus kommen, wenn man seine Rekruten verrecken lässt bevor sie einsatzfähig sind?"


    Ashaba macht eine wegwerfende Handbewegung.


    "Ich werde mich persönlich dagegen aussprechen, dass jemals noch mal einer unserer Leute eine derartige... Ausbildung bei Arnulf absolviert. Es ist schön, dass er diejenigen, die ihm am Herzen liegen gut behandelt. Dieses Risiko werde ich aber nicht für meine Leute tragen."


    Sie atmet kurz durch.


    "Aber gut. Ich denke, dass diese Situation geklärt ist. Cornelius hat vermittelt und sogar Geld bezahlt als Abbitte. Diese Münzen sind... als Spende in den Tempel geflossen. Damorg hat sein Blut dafür gegeben auch wenn er von diesem Geld nichts weiß. Es ist also durchaus recht und billig, dass es dem Tempel zugute kommt. Meine Meinung bezüglich Arnulfs Ausbildungsmethoden wird sich zumindest so schnell nicht ändern."

  • "Ich glaube bei seinem Volk ist es üblich, neugeborene Kinder selbst in den kältesten und härtesten Nächten mit hinaus zu nehmen und sie den Göttern zu zeigen, ganz gleich, wie das für die Kinder enden mag. - Das mag zwar nicht zur Rechtfertigung dienen, vielleicht aber zur Erklärung."


    Alanis sagt das ganz ruhig, so als könne sie der Gedanke noch nicht einmal mehr schockieren.


    "Ob ich ihm am Herzen liege, weiß ich übrigens nicht einmal. Das macht mich in seiner Nähe wachsam und sicherlich nicht blind für seine Fehler. Die Frage ist, ob er in den vergangenen Monaten durch den Aufbau der Amonlonder Garde ein wenig dazu gelernt hat. Zu wünschen wäre es - auch, wenn das, was Amonlonde Garde nennt, momentan noch etwas - naja, sie ist halt keine Renascâner Garde."

  • "Sagen wir es einmal so: Auch die Renascâner Garde hatte Zeiten, in denen sie mehr einem Mob ähnelte als irgendetwas anderem. Dieses Auftreten ist eine Sache, die gelernt werden will und Zeit braucht und ich zweifle nicht daran, dass Hjaldir das schaffen kann. Zuweilen habe ich dennoch das Gefühl, dass er sich ein wenig zu abhängig macht von Arnulf und diesem Baul. Insofern ist es möglicherweise nicht so arg schlecht, dass Arnulf weg ist."


    Sie bröselte etwas an ihrem Brot rum.


    "Vielleicht sollte unsereins einfach aufhören sich anderer Leute Kopf zu zerbrechen."

  • "Nun ja, wenn ich in einem Land lebe, das Truppen in einem anderen Land stationiert, dann ist es sicherlich beruhigend zu wissen, dass dort alles gut läuft und die Kooperation funktionieren kann" , spielt Alanis auf den Aushang an, den sie beim Manöver gelesen hat. "Aber sicherlich hast Du Recht, ganz generell gesprochen. Manchmal hat man mit sich selbst schon genug zu tun und kann hin und wieder mal eine Ruhepause für den Kopf gebrauchen."

  • Noch einige Zeit saßen die beiden auf dem unbebauten Grundstück. Kurz spielte Ashaba mit dem Gedanken, dass möglicherweise eine Bank und ein Unterstand als Bebauung reichen könnten, verwarf ihn aber rasch wieder.


    Nachdem die Sonne nun hoch am Himmel stand, verabschiedete sie sich von Alanis. Es war ein Jammer, dass die Frau auch dem Elementeglauben anhing. Etwas verwundert fragte sie sich, wie Damorg das akzeptieren konnte. Aber auch diesen Gedanken wischte sie wieder weg.


    Also keine Großfamilie mit Kindermeute. Sondern eine Elementepriesterin. Ashaba war gespannt, was aus dieser Nachbarschaft erwachsen würde. Mit einem leichten Grinsen beschloß sie, dass sie Tomaten anbauen würde. In diesem Augenblick merkte sie nicht, dass die düsteren Gedanken der letzten Wochen zumindest für den Moment wie weg geblasen waren. Sie machte sich auf ins Wachgebäude.

  • Mit viel Enthusiasmus werkelte Ashaba nun schon seit Stunden auf dem Grundstück. Mit Hacke, Schaufel und Beil rückte sie den Wurzeln und Büschen zuleibe. Allein der Baumstumpf, auf dem sie immer saß, blieb unangetastet. Einige lehmige Erdklumpen hatten wohl bereits ihre Kleidung angesprungen. Am Rand zum Wald hin türmten sich nicht wenige knorrige Holzstücke und das Grundstück wies nicht wenige Löcher auf.


    Bis zum Winter wollte sie zumindest einen Unterstand haben und eine Feuerstelle.


    Moclin, der ihr scheinbar verziehen hatte, packte mit an, wo er konnte. Das war zumindest seine Sicht der Dinge. Grade zerrte er wie besessen an einer Wurzel, die circa einen Meter aus dem Erdreich ragte und sich ihm störrisch widersetzte.

  • Grade verbrachte Ashaba jede freie Minute auf ihrem Grundstück. Die Wurzeln hatte sie nun fast alle entfernt, den restlichen Bewuchs aber stehen gelassen.


    Als sie heute ankam, trug sie den Mantel bei sich, den sie kurz nach dem Fest der Drachen dem Hund vermacht hatte. Zu Füßen des Baumstumpfes hielt sie kurz inne, ließ den Stoff nachdenklich durch ihre Finger gleiten und ließ ihn dann zu Boden fallen, so dass Moclin sich drauf legen konnte. Sie seufzte leise und wandte sich dann wieder den Arbeiten zu, die vor dem Winter unbedingt noch erledigt werden mussten.


    Der Unterstand nahm langsam aber sicher Gestalt an. Wie verabredet war neues Holz geliefert worden. Schweigend, alle Gedanken aussperrend, arbeitete sie und am Abend war der Unterstand so gut wie fertig. Ihre Glieder schmerzten, ihre Hände und Arme hatten ein paar Schrammen abbekommen, aber das war es wert. Die Tage würde sie nur noch die Ritzen verfüllen und einige Steine für eine Feuerstelle besorgen müssen.


    Moclin hatte sich vor einiger Zeit schon auf dem Mantel niedergelassen und beobachtete sie nun aus großen, braunen Augen, als hätte er eine Frage und wüsste nur noch nicht, wie er sie formulieren sollte. Sie ging auf ihn zu, ließ sich in die Hocke nieder und schob den Hund sanft ein wenig zur Seite.


    "Mach dich mal nicht so fett." murmelte sie und setzte sich auch auf den Stoff.


    Moclin schob ihr den Kopf auf den Schoß und sie begann ihn hinter den Ohren zu kraulen, während sie die letzten Strahlen der Herbstsonne genoss.

  • Auf einem Stapel Holzreste erschien eine kleine, grau-weiß getigerte Katze und erblickte das freundschafliche Bild zwischen Mensch und Hund. Neugierig blieb das Tier erst einmal dort sitzen, wo es war, dann streckte sich die Katze ein wenig und schritt mit kleinen Schritten auf Moclin zu, immer zur Flucht bereit, aber dennoch recht zielstrebig.

  • Moclin hatte seine Pfote neben seine Schnauze auf Ashabas Schoß gelegt und schnarchte nun leise, was nicht hieß, dass er wirklich schlief. Das leise Grunzen war lediglich Ausdruck seines Wohlbehagens.


    Plötzlich ruckte sein Kopf hoch. Mit weit aufgerissenen Augen starrte er in die Richtung der Katze. Seine Nase bewegte sich leicht während der die Luft einsog.

  • Die Katze bemerkte, dass ihr Aufmerksamkeit geschenkt wurde und machte den Rücken krumm. Das hübsche, wenn auch nicht ganz saubere Fell sträubte sich, doch anstatt zu fliehen, schien das Tier ganz genau zu wissen, was vorging. Sie schlich näher, nahm die Witterung des Hundes auf und wenn sie ein Mensch gewesen wäre, dann hätte sie wohl sardonisch gelächt. Zwei weiße, spitze Zahnreihen näherten sich Moclins Schwanz.