Das Haus von Alanis am Oberen Stichweg

  • Alanis lächelt sachte und nimmt sich noch ein Stück Wurst.


    "Es ist gut, dass wir nicht immer die Kinder unserer Väter sind. Denn nicht alle Väter sind vollkommen fehlerlos", gibt sie zu bedenken und bemüht sich, den Hintersinn, den diese Worte für sie selbst haben, mit einem neutralen Gesichtsausdruck zu überspielen. "Und ist es nicht die Aufgabe der Kinder, die Fehler zu finden und richtigzustellen - oder jenes, was Gut ist, für sich selbst zu übernehmen?"

  • "Ich nenne die hundert Orte an dem das nicht geschieht, nenne du mir hundert Orte, an denen diese Wahrheit Anwendung findet."


    Tear stockt und schmunzelt.


    "Ich bin die Tochter meines Vaters und er hat oder hatte Fehler, die nun die meinen sind und dennoch ist er jemand Großes genauso wie er Monster ist."

    Pink fluffy unicorns dancing on the rainbow..dummidudidummm

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Tear ()

  • Alanis runzelt kurz die Stirn, hauchfeine Linien graben sich in die blasse Haut.


    "Das - unterschreibe ich so auch für mich. Obwohl Deine Definintion eines Monsters sicherlich anders ist als die meine, allein, was die Tragweite angeht."


    Tear'asel wird die Bilder des oft betrunkenen, zügellosen Menschen, der niemals vor Gewalt zurückgeschreckt hatte, und den sie 'Vater' nennt, gesehen haben. Für einen Moment entsteht ein Hauch Scham, dass die Elbin so viel über sie weiß, das sie vielleicht erklären sollte - aber ob das überhaupt nötig war?

  • "Deine Geheimnisse Priesterin sind auch die meinen. Als Geschenk hast du einen Blick erhalten, auf dass, was ich wirklich bin. Das haben wenige Sterbliche je geschafft."


    Sie lächelt aufmunternd.

    Pink fluffy unicorns dancing on the rainbow..dummidudidummm

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Tear ()

  • Alanis hebt wieder eine Augenbraue und sie erwidert das Lächeln. Ihr Sinn für Humor scheint von den Ereignissen wahrlich nicht beeinflusst worden zu sein. Die grauen Schatten unter ihren Augen sprechen jedoch eine andere Sprache. Die Priesterin wirkt gehetzt und älter, als sie eigentlich ist.


    "Was mache ich nur die Tage, bis wir aufbrechen?", fragt sie voller Unrast. "Was willst Du tun? Soll ich Dir die Siedlung zeigen?"

  • Tear kaut auf ihrer Wurst und betrachtet die Unruhe ihres Gegenübers ein wenig so, wie ein Besucher ein Zootier.


    "Nicht direkt zu ihm zu können, jetzt da du weißt, wo er ist, macht dich ein wenig... unruhig?"


    Die wüstentrockene Ruhe in der Wahl ihrer Worte, lädt geradzu wie ihr passender Blick zum Lachen ein, denn auf Alanis Frage geht sie mitnichten ein.

  • Die Priesterin seufzt und schüttelt den Kopf. Ihre inzwischen getrockneten Haare knistern leise und gleiten aus den Schultern ihres weichen Wollkleids hin und her.


    "Halb wahnsinnig, trifft es eher. Es fällt mir schon jedes Mal schwer, ihn gehen zu lassen, wenn ich weiß, daß ihm Gefahr droht. Aber die Sicherheit zu haben, dass etwas geschehen ist und dass mir nun die Hände gebunden sind, das ist wirklich eine Qual."


    Sie trinkt noch einen Schluck Tee. Schließlich zuckt sie mit den Schultern, halb traurig, halb amüsiert - eben wieder Galgenhumor.


    "Ich glaube es geht ihm mit mir ähnlich."

  • Tear lächelt sanft, sie versteht die Priesterin, ihre Mimik macht das deutlich. Wie gut es war, dass sie Endú mit den Mitteln, die ihr gegeben waren, oft finden konnte, mehr noch, dass er ihr antwortete, dass er ihr zu verstehen geben konnte - es geht mir gut- selbst, wenn sie getrennt waren... wenn diese räumliche Trennung nicht zu weit war. Das die Menschen nicht über diese Fähigkeit verfügten, gerade, wenn sie durch Liebe so litten, machte die Wildelbe ein wenig traurig.


    "Wenn es anders wäre, würde es mir zu denken geben."


    Wirklich? War es andersherum bei ihr und dem Wächter ebenso. Sie kannte Endúneaths eher unemotionale Haltung... Emotionen gegenüber. Würde sie irgendwann mit einer Gefühlregung seinerseits rechnen können?


    "Es ist so, sonst würde er nicht nach Amonlonde gehen, dort weiß er sicher, dass du sein wirst... er will zu dir, noch eher als alle anderen Gründe dorthin zu gehen ist dies seine Prämisse."

  • "Ach, ich hätte von Anfang an nach Amonlonde gehen sollen, wie ich es geplant hatte. Deswegen haben die Elemente auch keine Antwort gegeben - das tun sie immer, wenn eigentlich keine Antwort nötig ist. Ich hätte nur die Zeichen erkennen müssen."

    Resigniert nimmt Alanis noch ein Stück Wurst und dreht es zwischen den Fingern, denn steckt sie es sich in den Mund und kaut es meiner einer Vehemenz, als sei es ihr persönlicher Feind.

  • "Aber sicher, dorthin zu gehen, bist du dir doch erst hierdurch gewesen... es findet seinen Weg, durch deine eigenen Entscheidungen, das ist was die Elemente durch ihr Schweigen vermitteln wollen - jedenfalls ist das meine Ansicht der Dinge. Irrtümer vorbehalten."


    Wieder lächelt Tear und klaubt sich eine weitere Wurst aus der Schüssel um diese jedoch weniger aggressiv zu kauen, als die Priesterin.


    "Und nun wird aufgehört ein armes Lämmchen zu spielen. Respektiere deinen Einsatz und deine Opferbereitschaft, die du gezeigt hast, um deine Liebe zu finden. Erfreue dich auch an den schwierigen doch durchaus positiven Ergebnissen. Was wäre wenn... hat noch niemandem geholfen."

  • Alanis muss grinsen, als Tear'asel sie maßregelt.


    "Ja, Du hast natürlich Recht. Ich sollte mich darauf konzentrieren, dass ich wieder in Ordnung komme, um mit allem umgehen zu können, was mich erwartet. Hauptsache ich habe ihn endlich wieder bei mir."


    Tiefe Sicherheit spricht aus ihren Worten und eine Entscheidung, die eigentlich schon längst überfällig war, hat sie an diesem Morgen getroffen. Manchmal mußte man mit der Nase auf die Dinge gestoßen werden, um sie zu begreifen.

  • "Genau," ist die schlichte Antwort der Elbe, auch wenn Alanis keine Frage gestellt hatte und genaus so offen bleibt, ob sie auf ihre Worte oder ihre Gedanken geantwortet hatte.

  • "Avaraen," schickt sie ein wenig auf und verfällt dann in einen Tonfall, der an das Vorlesen der Überschrift eines Akademievortrags erinnert. "Wie unterhält man eine Wildelbe in Renascân."


    Ein Seufzen folgt. "Zeige mir den Ort an dem du lebst," fordert sie die Priesterin dann auf.

  • "Heute Nachmittag", gibt Alanis zurück und verspeist die letzten Krümel von ihrem Teller. "Ich werde mich nochmal ein wenig hinlegen. Ashaba würde mich in Stücke hacken, wenn ich bei der Abreise nicht wieder gesund bin." Sie blickt hinüber zur Treppe, dann wieder zu der Elbin. "Wie schon gestern gesagt, Du kannst gerne oben schlafen, wenn Du es aushalten kannst."

  • "Ich könnte..., mich muss nur nicht. Mach dir keine Gedanken, ich halte gerne Reverie im Freien, der Geist reist dann weiter."


    Wieder ein Lächeln, wieder ist es sanft.


    "Wenn du wieder wach bist, werde ich hier auf dich warten." Mit diesen Worten erhebt sie sich und macht Anstalten das Haus hinter sich zu lassen.

  • "Bis später", ruft Alanis ihr nach und steht dann auf. Sie muss kurz durchatmen, weil Müdigkeit und Kopfschmerzen wie mit einer Welle zurückkommen - aber vielleicht hat sie auch nur das warme Feuer im Rücken schläfrig und benommen gemacht.


    Wenig später kniet die Priesterin jedoch, anstatt in's Bett zu gehen, vor ihrem kleinen Schrein und betet sehr lange. Erst als sie meint, ein kleines Echo der Aufmerksamkeit zu verspüren, die ihr die Elemente normalerweise angedeihen lassen, dankt sie den fünf Elementen und erhebt sich, um sich auf den Weg in's Bett zu machen.


    Wenig später rollt sie sich in ihrem Bett zusammen und schläft ein.

  • Tear genießt hingegen die erneute kalte Luft, die ihr ausserhalb des Hauses entgegenschlägt und wandert ein wenig im "Garten" der Priesterin herum. Ab und an fällt ihr Blick auf das Nachbargrundstück.


    Trotz der Mühen in den letzten Tagen und ihre Reise durch die Waldgebiete von Forlond war sie erleichtert. Es war vieles einfacher geworden... viel einfacher, seit ihre eigenen Gefühle Einklang mit ihrer Vergangenheit gefunden hatten. Die Stimmen der Fenyar in ihrem Kopf waren weniger geworden, auch wenn sie ihre Anwesenheit immer noch spürte. Sie waren auch da gewesen, als sie ihre Reise durch die Gedankenwelt von Alanis angetreten und hinter sich gelassen hatten.


    Ihr Schweigen, dass sie als stumme Zustimmung nahm, liessen in ihr auch das Gefühl zurück, dass sie genügend genesen war und das ihr dunkles Erbe endlich in Einklang mit dem Licht stand, aus dem sie eigentlich in diese Welt gegangen war.


    Wie wunderbar diese Freiheit war, das Wissen, dass der Tag und die Stunde ihr gehört und nicht der Pflicht oder dem, was man als solche interpretierte. Nicht zu wissen, wohin man ging und warum. Ihre Finger streichen über nasskalte Rinde und sie genießt den Geruch des Baumes neben ihr. Schmerz nur dann, wenn sie ihn ertragen wollte, nicht musste. Helfen nicht um der Pflicht wegen, sondern aus dem Wunsch heraus.


    Und Liebe, allem voran Liebe... sie geht in die Hocke und lässt die tiefblauen Augen über das gelbgraue Gras schweifen. Liebe, ohne Angst... er wußte nicht, wie es jetzt war, auch wenn er ihre Freiheit fühlte. Er fragte nicht, hatte es nie, wie seltsam...


    Sie blickt wieder in den Himmel...


    Den Schatten hast du hingenommen, irgendwie... als Teil von mir mitgenommen in dein Leben aber die Liebe hast du verleugnet... von viel mehr Zweifeln über das für und wider zerfressen als ich.


    Kopfschüttelnd aber mit einem Lächeln auf den Lippen schließt sie die Augen und sucht nach ihm, ganz vorsichtig, ohne Zwang aber mit der Hoffnung sein Licht irgendwo auszumachen, vielleicht nur um es kurz zu streifen und sich daran zu wärmen.

  • Einige Wochen später ist Alanis wieder da. Sie stellt ihre Kiepe in der dunklen, kalten Küche ab und streckt sich, bis es in ihrem Rücken knackt. Sie sieht sich um und lächelt zufrieden - zumindest so lange, bis sie entdeckt, dass sie kein Holz mehr im Haus hat.


    Wenig später steht sie im Schuppen neben dem Haus, die Axt in der Hand und macht sich daran, Holz zu hacken. Die Tätigkeit tut ihr gut, auch wenn sie bald trotz der eiskalten Luft einen hochroten Kopf hat. Nachdem sie das Holz hineingetragen hat, entzündet sie das Feuer und schleppt die Kupferbadewanne vor den Herd. Während im größten Kessel, den sie besitzt, das vom Brunnen geholte Wasser warm wird, räumt sie ihre Kiepe aus, sortiert die Wäsche in einen Korb in der Ecke der Küche und geht in ihr Schlafzimmer.


    Mit einem Lächeln blickt sie auf das Bett, dann holt sie ihre Lieblingsbadeessenz und kehrt zurück in die Küche. Bald ist die Wanne mit heißem, dampfendem Wasser gefüllt und obwohl sie recht klein ist, bietet sie genug Platz, damit die Priesterin sich darin hinsetzen kann. Mit einem entspannten Seufzen lässt sie sich nieder und schließt die Augen, den Kopf auf den Wannenrand legend.


    Die Rückreise mit Alexandre hat ihr gutgetan. Genug Schlaf, keine Alpträume, keine Platzangst. Bücher, gute Gespräche, gutes Essen. Es ist, als wäre sie ein vollkommen neuer Mensch und zum ersten Mal seit Wochen hat sie das Gefühl, wirklich zufrieden zu sein. Nun, zufrieden, wenn sie über gewisse Dinge einfach nicht nachdenkt.


    Die Priesterin weicht sich noch eine ganze Weile genüsslich ein und nickt schließlich weg, im warmen, duftenden Wasser zusammengerollt. Sie träumt nicht, sondern schläft eine kleine Weile traumlos und ruhig. Irgendwann wird sie davon wach, dass sich ein metallischer Geschmack in ihrem Mund ausgebreitet hat. Verdutzt tastet sie nach ihrem Gesicht und stellt bald fest, dass sie wieder einmal Nasenbluten hat. Mit einem Seufzen steht sie aus der Wanne auf und wäscht sich das Gesicht, bevor sie sich in ein Handtuch hüllt und sich auf einen Stuhl an's Feuer setzt. Der kalte Lappen, den sie sich in den Nacken legt, bewirkt schon bald, dass das Nasenbluten aufhört.


    Ihre Gedanken gleiten zu Tear'asel und Ashaba und nicht zuletzt natürlich auch zu Damorg und sie schüttelt den kleinen Moment der Melancholie, der sie immer überkommt, wenn sie an ihn denkt, mit einem Kopfschütteln ab. Wenig später kriecht sie in ihr Bett und kuschelt sich zwischen die Kissen. Endlich wieder zuhause. Alles würde gut werden. Irgendwann.